Die Europäische Kriegsunion

Dossier

EU-MilitärpolitikDer deutsche Außenminister kündigt gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen den Umbau der EU zur „Politischen Union“ und ihre entschlossene Militarisierung für globale Kriegsoperationen an. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Jean-Marc Ayrault (PS) eine arbeitsteilig vorgenommene, umfassende Hochrüstung in der EU, die in Zukunft weltweite Einsätze ermöglichen soll. Es gelte, die EU nach dem Austritt Großbritanniens Schritt für Schritt zum „unabhängigen“ und „globalen“ Akteur zu entwickeln, heißt es in dem Dokument; dazu werde man alle Kräfte mobilisieren und in einer „integrierte[n]“ EU-Außen- und Militärpolitik sämtliche „politischen Instrumente der EU“ zusammenführen. Um dies durchzusetzen, dringen Steinmeier und Ayrault auf eine „europäische Sicherheitsagenda“, die etwa fordert, „einsatzfähige Streitkräfte mit hohem Bereitschaftsgrad“ zu unterhalten und ständige Marine-Einsatzverbände zu schaffen. Einmal im Jahr soll der Europäische Rat als „Europäischer Sicherheitsrat“ tagen. Der Veröffentlichung des Papiers sind Stellungnahmen des deutschen Außenministers und der Bundeskanzlerin vorausgegangen, die gleichfalls auf eine – womöglich von der EU unterstützte – deutsche Weltmachtpolitik bei massiver Aufrüstung dringen…“ Eigener Bericht vom 28.06.2016 von und bei „Informationen zur Deutschen Außenpolitik“ externer Link (german-foreign-policy.com). Siehe dazu weitere Beiträge:

  • Die Mobilmachung Resteuropas – Die Bundesregierung will die deutsch dominierte EU nach dem Brexit zu einer eigenständigen militärischen Großmacht transformieren
    „… Habe der Brexit „Großbritannien aus dem Weg“ geräumt, um nun Deutschland die strategische Option zu verschaffen, die eigene Armee zu verstärken, fragte sich besorgt Russia Today (RT) Mitte Juli. Der staatliche Auslandssender verwies dabei auf die „militaristische Nazivergangenheit“, die Deutschlands jahrzehntelang davon abhielt, zu einer Militärgroßmacht aufzusteigen. Doch nun scheine Berlin trotz alledem entschlossen, dabei „helfen“ zu wollen, „die Weltordnung zu formen“. (…) Berlin will somit sein „Resteuropa“ mobilisieren, um endlich global auch militärisch handeln zu können. Denn selbstverständlich sei „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont“, wie es Die Welt formulierte, inzwischen „global“. Gestern Europa (Willkommen in der Postdemokratie) – und Morgen die ganze Welt. Dies scheint die neu-alte Logik der Berliner „Sicherheitskonzepte“ zu sein. Selbstverständlich wäre diese „sicherheitspolitische“ Initiative Berlin ohne den Brexit nicht möglich gewesen. Ursula von der Leyen bemerkte hierzu, dass Großbritannien alle Bemühungen zur Ausformung einer europäischen Militärmacht „paralysiert“ habe, wie die Financial Times (FT) berichtete. Nun habe man „die Gelegenheit zu handeln“. Diese nun eingeleiteten Schritte könnten letztendlich zum Aufbau „einer EU-Armee“ führen, so die FT…“ Beitrag von Tomasz Konicz vom 25. Juli 2016 bei Telepolis externer Link
  • EU-Globalstrategie und deutsch-französische Militarisierungsoffensive
    „…Überschattet von der Brexit-Abstimmung verabschiedeten die europäischen Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen in Brüssel Ende Juni 2016 nahezu unbemerkt eine neue EU-Globalstrategie (EUGS). Das seit über einem Jahr unter der Ägide der EU-Außenbeauftragten Federica Morgherini ausgearbeitete Papier namens „Gemeinsame Vision, gemeinsame Aktion – ein stärkeres Europa“ ersetzt die bisher gültige „Europäische Sicherheitsstrategie“ (ESS) aus dem Jahr 2003. Die EUGS steckt als Grundlagendokument die allgemeinen Ziele ab, die die Europäische Union mit ihrer Außen- und Sicherheitspolitik verfolgen möchte und liefert damit die Grundlage, um nun – wahrscheinlich in einem späteren Weißbuch – eine konkrete Militarisierungsagenda zur Umsetzung dieser Ambitionen auszuarbeiten. (…) Eines fällt gleich beim ersten Blick in das Mogherini-Papier auf: Der triumphal-optimistische Ton, der sich noch wie ein roter Faden durch den Vorgänger zog, wurde von einer deutlich düstereren Lageeinschätzung verdrängt. (…) Tenor des Ganzen ist dann aber, dass es durchaus möglich sei, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien – und quasi als Anleitung dafür, wie dies geschehen soll, dient die EUGS (…) Generell wird kaum ein Hehl daraus gemacht, welch großes Interesse daran besteht, den Regeln der neoliberalen Weltwirtschaftsordnung, von denen nicht zuletzt Deutschland als Spitzenexporteur massiv profitiert, Nachdruck zu verleihen: „Voraussetzung für eine prosperierende Union ist ein starker Binnenmarkt und ein offenes internationales Wirtschaftssystem. Wir haben ein Interesse an fairen und offenen Märkten, an der Festlegung globaler Wirtschafts- und Umweltregeln und an einem dauerhaften Zugang zu den globalen Gemeingütern über offene See-, Land-, Luft- und Weltraumwege.“ Auffällig ist in diesem Zusammenhang das flammende Bekenntnis zur TTIP, der trotz des massiven Widerstands in der Bevölkerung eine zentrale Bedeutung zugeschrieben wird …“ IMI-Analyse 2016/27 von Sabine Lösing und Jürgen Wagner vom 6. Juli 2016 bei IMI online externer Link (eine gekürzte Fassung dieses Artikels erschien unter dem Titel „Europäische Militarisierungsoffensive“ in der jungen Welt vom 6. Juli.2016, siehe unten)
  • Europäische Militarisierungsoffensive. Die neue »EU-Globalstrategie« proklamiert verschärfte Aufrüstung und die ­weltweite Durchsetzung neoliberaler Wirtschaftspolitik
    Überschattet von der Brexit-Abstimmung verabschiedeten die europäischen Staats- und Regierungschefs beim Gipfeltreffen in Brüssel am 28. und 29. Juni nahezu unbemerkt eine neue EU-Globalstrategie (EUGS). Das seit über einem Jahr unter der Ägide der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini ausgearbeitete Papier namens »Gemeinsame Vision, gemeinsame Aktion – ein stärkeres Europa«1 ersetzt die bisher gültige »Europäische Sicherheitsstrategie« (ESS) aus dem Jahr 2003. Die EUGS steckt als Grundlagendokument die allgemeinen Ziele ab, die die Europäische Union mit ihrer Außen- und Sicherheitspolitik verfolgen möchte. Sie liefert damit die Grundlage, um nun – wahrscheinlich in einem späteren Weißbuch – eine konkrete Militarisierungsagenda zur Umsetzung dieser Absichten auszuarbeiten. Und ausgerechnet der Brexit könnte sich als regelrechter Segen für die Propagandisten einer »Militärmacht Europa« erweisen, da Großbritannien bislang Initiativen in diese Richtung stets ablehnend gegenüberstand…“ Artikel von Sabine Lösing und Jürgen Wagner in junge Welt vom 06.07.2016 externer Link. Darin u.a.: „… Welche entscheidende Rolle TTIP dabei spielt, weltweit »die Regeln zu setzen«, bringt der der Rüstungsindustrie nahestehende Informationsdienst Griphan Briefe mit beeindruckender Klarheit und in einer ebenso bemerkenswerten Kunstsprache auf den Punkt: »Wir haben auf diesen Seiten grundsätzlich Position bezogen. Im Telegrammstil: Das Projekt einer gemeinsamen Währung ist mehr als die Möglichkeit, in Amsterdam den Kaffee in gleicher Münze zahlen zu können. Der Euro ist strategischer Partner des Dollar beim amerikanischen Bestreben, den Aufstieg Chinas einzuhegen. Europa ist Partner beim Setzen international verbindlicher Standards in Form von Good governance, anti-corruption, and the rule of law (gute Regierungsführung, Bekämpfung der Korruption und der Herrschaft des Rechts, jW ) Darum geht es beim Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommen (TTIP): Wer die Standards setzt, schafft Märkte! Und damit sind die Globalisierung und Geoeconomics das eigentliche Narrativ; und dieser Erzählfaden hat ein – nicht unwesentliches – militärisches Kapitel.«…“
  • Krisenstaaten: EU-Kommission will Entwicklungshilfe für Militär ausgeben
    „Die EU-Kommission will Entwicklungshilfegelder dazu nutzen, das Militär in Krisenstaaten zu stärken. Selbst die eigenen Juristen haben Bedenken. Frieden und wirtschaftliche Entwicklung hängen eng zusammen – das ist das offizielle Mantra der EU. Jetzt aber will die Kommission beides auf eine Art vermengen, die sowohl rechtlich als auch politisch heikel ist: Mittel aus der Entwicklungshilfe sollen dafür genutzt werden, das Militär und die Sicherheitskräfte von Krisenstaaten zu unterstützen. (…) Aktueller Hintergrund ist der weiterhin ungebremste Zustrom von Migranten aus Nordafrika. Anders als die Türkei, mit der die EU bereits einen umstrittenen Flüchtlingspakt geschlossen hat, verfügen Staaten wie Libyen, Mali oder Niger weder über die Mittel noch die Strukturen, um große Zahlen von Migranten aufzuhalten oder zurückzunehmen. Eine Stärkung der Sicherheitskräfte dieser Länder soll helfen, das zu ändern. (…) Doch das Vermischen von Entwicklungshilfe und Sicherheitspolitik stößt nicht nur bei Hilfsorganisationen auf oft scharfe Kritik. Auch der Europäische Gerichtshof hat derartige Versuche bereits mehrfach gestoppt. (…) Bei der Kommission gibt man sich dagegen unbeirrt. „Der Vorschlag wird auf juristisch sicherem Boden stehen“, sagte eine EU-Beamtin. Entwicklung und Sicherheit „gehen Hand in Hand.“ Deshalb wolle die Kommission alle Akteure auf dem Gebiet der Sicherheit unterstützen – „und in besonderen Fällen auch das Militär“. Beitrag von Markus Becker vom 4. Juli 2016 bei Spiegel online externer Link
  • EU: „Eine schlagkräftige europäische Verteidigungsindustrie schaffen“
    „… Aus einem Strategiepapier der EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini geht hervor, dass sich die Mitglieder des Staatenverbunds auf ihre gemeinsame militärische Schlagkraft konzentrieren sollten – mit dem Blick auf „strategische Autonomie“. Das berichtet Spiegel Online unter Berufung auf das Papier mit dem Titel „Gemeinsame Vision, gemeinsame Aktion – ein stärkeres Europa“, das bei dem Gipfeltreffen vorgestellt wird. „Die EU wird die Zusammenarbeit in Verteidigungsangelegenheiten systematisch ermutigen und eine schlagkräftige europäische Verteidigungsindustrie schaffen, die ausschlaggebend dafür ist, dass Europa eigenständig entscheiden und handeln kann“, sagt Mogherini in dem Papier. Zur Erreichung dieses Zieles werde wohl ein Überprüfungsmechanismus eingeführt, so Spiegel Online. Technokratisch formuliert heißt es in dem Strategiepapier: „Ein jährliches koordiniertes Überprüfungsverfahren auf EU-Ebene, um die militärischen Ausgabepläne der Mitgliedstaaten zu diskutieren, könnte zu einer größeren Kohärenz bei den Planungen im Verteidigungsbereich und bei der Entwicklung von Fähigkeiten führen.“ Mogherini setzt in dem programmatischen Papier (siehe auch: neues Weißbuch der Bundeswehr) auf eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen EU und Nato, vertritt aber auch die Auffassung, dass Europa gegebenenfalls in der Lage sein müsse, ohne die Nato zu handeln: „Während die Nato dafür da ist, ihre Mitglieder vor äußeren Angriffen zu schützen“ so Mogherini, „müssen die Europäer künftig besser ausgerüstet, ausgebildet und organisiert sein, um eigenständig zu handeln, wenn es nötig ist.“ Die Außenbeauftragte der EU, die für kurze Zeit auch Außenministerin Italiens war, erwartet von der EU, dass sie auf militärischer Ebene rasch eigenständig eingreifen könne, wenn eine Lage es erforderlich mache…“ Artikel von Marcus Klöckner vom 27. Juni 2016 bei Telepolis externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=100401
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