„The Times They Are a-changin“

(W)ENDE des marktradikalen Dogmas? Nur unter steigendem Krisen(Blasen)-Druck

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 9.12.2012

„Kommt Zeit, kommt Rat“, heißt ein altes Sprichwort. Auch wenn es die Komplexität einer Krisenentwicklung damit noch nicht ausreichend erfasst, so macht es doch einfach auf den Tatbestand aufmerksam, dass „mit der Zeit“ die Dinge sich so verändern können, dass es eine andere – vielleicht auch günstigere – Entscheidung möglich macht.

Deshalb hat mir das neueste Papier von Niels Kadritzke zu Griechenland „Syriza und die ungeklärte Frage….“  wieder einmal ausnehmend gut gefallen. Besonders diese Beobachtung, wie im Laufe der Zeit nicht nur die Krise selbst weiter „voranschreitet“, sondern auch wie sich dabei gleichzeitig die Interessenwahrnehmung der beteiligten „Akteure“ verändert, und damit auch die Interessendurchsetzungsmöglichkeiten wechseln, ja sich verschieben können (für Griechenland vor allem die Seite 2 f. bei (www.nachdenkseiten.de/?p=15254 externer Link)

Aber von diesem Ausgangspunkt – sozusagen einer nach „gewissen“ Regeln schwankenden Krisenszenerie – möchte ich auf einen anderen Punkt bei diesem Papier zurückgreifen – nämlich die Frage des Euro – aber nicht reduziert – wie bei Sinn u.a. – auf die Frage „Euro oder Drachme“, sondern auf eine ökonomisch sinnvolle „Spaltung“ der Eurozone als strategische Option für ein „anderes“ gemeinsames Europa – dem sich Deutschland so hartnäckig verweigert. Insoweit kann ich die Bemerkung von Tsipras, „der Euro dürfte nicht zum Fetisch werden“, mit einer solchen „veränderten“ Perspektive wieder – über den aktuellen Bezug zu Tsipras hinaus – anders einordnen. Von dieser Position aus kann man dann – zeitlich versetzt – zu der Auffassung gelangen, dass Tsipras jenseits der als Politiker gemachten verbalen Konzession an bestimmte Wählergruppen doch Recht bekommen könnte. (Siehe aber dazu dann speziell weiter unten den Abschnitt „Eine Spaltung der Eurozone zur Rettung von Demokratie und Wirtschaft“)

Jedoch liegt der Ball, der dazu aufgenommen werden muss, nicht in Athen, sondern in Paris bei dem Sozialisten Hollande.

Unterhalb dieser europäischen Grundsatzfrage „Quo vadis, Europa“ entstand aber auch hier bei uns ein ganz klein wenig  Bewegung in der politischen Landschaft, wenn die SPD inzwischen auch darum rang, der speziellen Form von Merkels Athen-Rettung zuzustimmen. (www.sueddeutsche.de/politik/griechenland-abstimmung-im-bundestag-spd-ringt-um-ja-zu-merkels-athen-rettung-1.1536261 externer Link)

Dabei scheint unterzugehen, dass die SPD nicht in das Lager der „Euro-Separatisten“ geschwenkt ist, die glauben, Deutschland  könne sich ohne zu zahlen mit all den bisherigen Vorteilen aus dem Euro davon machen (= so wohl die Euro-Rettungs-Gegner in der FDP und bei der CDU/CSU).
Der SPD – oder einigen von ihnen – scheint zu dämmern, dass diese Sozialkürzungen allein für die Griechen keine nachhaltige Lösung sein kann. (www.fr-online.de/schuldenkrise/unsicheres-votum-der-spd–kritische-stimmung-bei-der-spd,1471908,20984828.html externer Link)

So dämmert es wohl manchem Politiker anhand der jetzigen Zensur im Armutsbericht der Bundesregierung (www.sueddeutsche.de/politik/geschoenter-armutsbericht-sozialverband-warnt-von-der-leyen-vor-zensur-1.1536463 externer Link) sowie (www.nachdenkseiten.de/?p=15268#h01 externer Link)  und (www.nachdenkseiten.de/?p=15282#h04 externer Link), dass auch hier es  immer mehr Menschen in unserem Lande schwant, was das bedeuten kann, wenn man immer weiter das neoliberale Dogma wie eine Monstranz vor sich herträgt – unberührbar und nicht hinterfragbar -, obwohl es immer mehr – dann eben auch bei uns – „knirscht“ im sozialen Gefüge.

Ja, dass wir schon so weit gekommen sind, dass die Regierung ganz offensichtlich die Lage nur noch durch Ausblendung der wahren gesellschaftlichen und sozialen Tatsachen sich zurechtlügen kann.
Nur die SPD ist wohl ein wenig „nervös“ geworden, aber hat daraus noch keine Perspektive – wie z.B. Barroso (= weiter unten) – entwickelt, sondern hat sich in ihrer bloßen Nervosität gefallen. (Vgl. „Die Genossen werden nervös“: (www.sueddeutsche.de/politik/spd-und-die-euro-rettung-die-genossen-werden-nervoes-1.1537628 externer Link)

Jens Berger meint deshalb nach diesem Bundestagsbeschluss, mit jedem Tag wächst die Gefahr, dass aus einer vergleichsweise überschaubaren Finanzierungskrise ein realwirtschaftlicher Tsunami wird, der nicht nur die europäische Wirtschaft, sondern auch den europäischen Gedanken überrollt.  (www.taz.de/Kommentar-Griechenlandhilfen/!106462/ externer Link)

Alternativlos ist nur Deutschland in seiner ideologischen Stockstarre – und eine Opposition, „die Mist ist“.

Deshalb ist alternativlos an dieser bisherigen Rettungsstrategie nur der Wille, die Dinge zum Besseren zu verändern. Doch mit jedem Tag, an dem Deutschland in seiner ideologischen Stockstarre verharrt, läuft die Zeit davon, das Ruder noch herumzureißen.
Aber nicht nur in der TAZ werden solche Töne laut, selbst in der Süddeutschen erlebt Heribert Prantl diesen Euro-Krisen-Zirkus „mit einen Gefühl von Deja-vu“. Dabei stellt er noch fest, dass es ja gut sei, wenn die Deutschen sich an europäische Solidarität gewöhnen. Schlecht ist, so meint er, wenn die Menschen im Süden der EU dafür mit ihrer Existenz bezahlen. So lässt sich Europa nicht retten, sondern nur mit echter Hilfe. (www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-stimmt-griechenland-hilfe-zu-immer-weg-mit-den-milliarden-1.1538719 externer Link)

So wächst die Einsicht, dass wir mit diesem Geld immer nur die Anleger – das „Goldene Kalb“ – retten, aber kein normaler Grieche davon etwas für sein Leben bekommt – und nur in das soziale Elend stürzen muss.

Angesichts dieser perspektivischen Hilflosigkeit bei dieser neuerlichen „Euro-Rettungs-Entscheidung“  im Bundestag erscheint die Häme aus der Linken „Merkel und ihre rot-grünen Zwerge“ durchaus verständlich (www.michael-schlecht-mdb.de/merkel-und-ihre-rot-grunen-zwerge.html externer Link).

Zwergenhaft – und überhaupt nicht vorbildhaft – war diese mit so großer Mehrheit gefällte Entscheidung – „alternativlos“ und ohne diesem schwierigen Gegenstand angemessene Diskussion im Bundestag wohl sicher. Gekonnt brachte das Eric Bonse aus Brüssel auf den Punkt: „Diese Opposition ist Mist“ (http://lostineu.eu/diese-opposition-ist-mist/ externer Link).

Die EU ist weiter als die SPD? Eurobonds als seriösere und billigere Lösung

Und während die SPD hier noch  –  ohne eine konstruktive alternative Lösung – mit sich ringt, scheint sich auch auf europäischer Ebene doch auch immer mehr die Lust zu verringern, blind immer weiter der Merkel`schen Spardiktat-Fiskalpakt-Logik folgen zu wollen – und so wagt sich EU-Kommissions-Präsident Barroso doch glatt wieder einmal vor, um „Euro-Bills“ – wenigstens mittelfristig – zu fordern. (www.fr-online.de/schuldenkrise/euro-krise-barroso-stellt-sich-offen-gegen-merkel,1471908,20989828.html externer Link) und (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/strategie-in-der-schuldenkrise-barroso-fordert-euro-bonds-und-euro-finanzminister-1.1536721 externer Link)

Da springt nur der Guido Westerwelle – konditioniert wie ein „Schachterlteuferl“ auf einer Sprungfeder aus dem Kasten – hervor: „Gemeinsame Anleihen seien für die Bundesregierung nicht akzeptabel“.

Dabei sollte der „gute“ Westerwelle doch einmal durchrechnen, was seine Politik des Zeitkaufens von den Finanzmärkten immer mehr und immer weiter kostet. (Siehe dazu „Europa erkauft sich mehr Zeit“: (www.sueddeutsche.de/politik/rettungspaket-fuer-griechenland-europa-erkauft-sich-mehr-zeit-1.
1535006
externer Link)

Und Deutschland muss doch zahlen.

Jetzt sind erst einmal für Deutschland 730 Millionen Euro für Griechenland fällig – ohne dass die Griechen davon etwas haben werden – sondern wohl nur die „Schuldendienste“. (www.fr-online.de/schuldenkrise/deutscher-haushalt-belastet-griechenland-kostet-730-millionen,1471908,20978106.html externer Link) Ja, jetzt kommen die Lügen der schwarz-gelben Koalition, dass bei diese Krise des Euro immer nur die anderen zahlen müssen – und Deutschland nicht, auf den Tisch. Und wie die Rettung unter diesem Finanzmarktregime immer teurer und teuerer wird macht der FDP-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag deutlich, als er ausführte: „Es ist – Stand heute – nicht auszuschließen, dass weitere Maßnahmen nötig werden.“

Und er fuhr fort, schließlich seien ja alle „Anhänger der Dominotheorie“, wonach ein Staatsbankrott Griechenlands andere EU-Länder mit in den Abgrund reißen würde. (www.taz.de/Hilfen-fuer-Griechenland/!106621/ externer Link) Diese jetzt beschlossenen 730 Millionen vom deutschen Steuerzahler sind also nur der Anfang um die Finanzmärkte in ihrer Gier immer weiter bei den Schulden zu bedienen? Zunächst bei Griechenland und dann muss das „Spiel“ wohl bei Spanien weitergehen usw. usf. – eben dieses „the same procedure as every year“ – und wird man sich dabei auch immer weiter in die Taschen lügen?

Hatte nicht Paul Krugman dafür schon ein so eindringliches Stückchen aus Kindertagen in unsere Erinnerung gerufen. Er verwies uns einfach auf das alte Kinderlied „There is al hole in my bucket, dear Liza, dear Liza..“ Und damit fand er diesen – immmer wieder voraussehbaren – Gipfeltreffen-Zirkus der Regierungen der Eurozone wohl auch etwas lächerlich – mit ihrem Loch im Finanzsystem aus denen ihnen permanent wieder nur das Geld herausfließt (und für wen?) (siehe auf der Seite 4 den Abschnitt „Finanzmarktgetriebene Politik…. “ (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl13.html)

Krugman will dabei dennoch die Hoffnung nicht aufgeben: „Maybe the European leaders will come up with a truly credible rescue plan – I hope so“ – um dann etwas resignativ zu schließen: „But I don`t expect it“. Die bisherige Haltung Deutschland führt also tatsächliche ins Absurde – so interessant es ist, dass sich die FDP schon einmal darauf einstellt, dass zur weiteren Finanzmarktfinanzierung das Tor aufgestoßen werden muss – und nicht nur eine Hintertür.

Ja, wie sagte Joseph Stiglitz zu dieser Perspektive des fortlaufenden Gefangenseins in dieser Schuldenbedienung für Europa in Davos: „Ein Gefängnis ist keine Vision“ Und jetzt, wo – was voraussehbar war – doch auch Deutschland nicht mehr nur der Profiteur in der Krise sein kann und gezahlt werden muss, taucht vehement wieder die Frage auf, wird es nicht im Endeffekt doch billiger mit Eurobonds als gemeinsame europäische Anleihen gegen die sich diese deutsche Regierung seid langem mit aller Vehemenz sträubt? Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz formulierte dies schon Ende Januar in Davos: „Möglicherweise ist zusätzliche Hilfe für verschuldete Staaten im Endeffekt eine billigere Lösung.“ (vgl dazu die Seite 1 (Mitte) bei (archiv.labournet.de/diskussion/wipo/seattle/davos12_bahl.html)

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel hatte in ihrem Gepäck für die Diskussion in Davos nur den Fiskalpakt, den sie dann bis Ende Juni wieder – ohne Gegenwehr – durch die europäischen und deutschen Instanzen boxte. Ach, Stiglitz hatte dazu die – schon erwähnte – passende Bemerkung: „Ein gemeinsames Gefängis ist noch keine Vision.“ So ist es jetzt nach diesen 730 Millionen für Deutschland dringend an der Zeit, sich doch wieder die Frage stellen zu lassen, welcher Haftungsweg teurer ist – und vor allem noch sein wird?

Und die marktradikale „Rettung“ über „Schirme“ wird teurer!

Da muss ich einfach wieder auf meine These zurückkommen, diese ganze Rettungschirm-Haftung wird teurer als eine seriöse Haftung über Eurobonds! (vgl. dazu „Merkels alternativlose Herrschaft der Finanzmärkte in Gefahr: Der Kampf um Eurobonds – ein Kampf um die Entmachtung der Finanzmärkte“ (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl31.html) Nur Merkel – ganz keck, weil`s ja keine(r) merkt – hat doch glatt ihre sog. „Stabilitätsunion“ nicht nur zum Wahlkampfthema gemacht, sondern auch noch erklärt, dass sie die Bundestagswahl als eine Volksabstimmung über diese „ihre“ Stabilitätsunion sieht (vgl. (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl36.html)

Aber vielleicht kommt es im Wahlkampf – auch mit der weiteren Krisenverschärfung – dazu, dass einmal auch der Kanzlerin noch die „Rechnung“ ihrer Krisenpolitik aufgemacht wird? Es besteht, bei der ideologisch fixierten Lage unserer Medien ja nicht große Hoffnung – aber immerhin etwas Hoffnung.

Nur mit einem ersten Schritt zu „Eurobonds“ hat die EU das neoliberale Paradigma längst nicht verlassen. – Das Lohndumping bleibt ein Element der EU

Vielleicht weil bei den Schulden in den „Südländern“ der Druck am größten ist, hat hier Barroso einmal „etwas“ unternommen. Das heißt aber noch längst nicht, dass die EU jetzt wirtschaftspolitisch schon allgemein klüger geworden ist – auch wenn sie in diesem Punkte der Staatsschulden schon einmal mehr Klugheit beweist als die SPD-Bundestagsfraktion -. Bei den Löhnen, die auch wieder ein wichtiger Faktor für einen Weg aus der Krise sind (vgl. dazu ganz am Schluss bei Gustav Horn und dem IMK den Abschnitt „…. und dazu noch die schwachen deutschen Löhne“) -, geht die Europäische Kommission nämlich noch ganz den „altbackenen“ neoliberalen Weg einer Durchsetzung der Lohndumpingspirale für alle nach unten.

Eine Lohnkoordinierung, die in der Autonomie der europäischen Gewerkschaften innerhalb des von der EZB anvisierten Zieles von 2-Prozent-Inflation einen gemeinsamen Sinn geben kann, soll jetzt von der EU-Kommision gerade den Gewerkschaften aus der Hand genommen werden, um von einem EU-Gremium, einer tripartiten Lohnbeobachtungs-Gruppe, „koordiniert“ zu werden. Und deren vorgedachtes Ziel ist gerade die – weitere – Zerstörung eines kollektiven Lohnfindung durch „Flächen“-Tarifverträge.

Ökonomisch gesehen heißt das, es wird sich nicht mehr an der gesamtwirtschaftlichen Produktivität orientiert, sondern an der einzelwirtschaftlichen, betrieblichen. (www.dgb.de/themen/++co++83cb2e34-3f94-11e2-a3ee-00188b4dc422 externer Link) Es ist leicht zu „erraten“, dass das Ziel solcher „von oben“ und „außen“ den Gewerkschaften aufgezwungenen Löhne die – man muss inzwischen sagen noch stärkere – Schwächung des Zusammenhalts und der Macht der Beschäftigten ist.

Der Abbau der Arbeitnehmerrechte in ganz Europa soll damit – noch über das bisher schon erreichte „Unmaß“ hinaus – im Schatten der Krise oder mit Hilfe der Krise noch weiter voran-getrieben werden.

Und auch die Schulden werden für Deutschland teurer

Diese von der EU dennoch erst einmal unterstützenswerte Initiative für eine preiswertere Lösung für die Eurozone – jetzt – wird aktuell noch untermauert durch die Verteuerung der Rettungsschirm-Schulden auch noch auf den Finanzmärkten.

Der Euro-Rettungsschirm verliert nämlich jetzt seine Spitzenstellung – beim Rating, sodass auch hier die Schulden teurer werden. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/us-ratingagentur-moodys-euro-rettungsschirm-verliert-spitzenrating-1.1538982 externer Link) Immer weitere zusätzliche Lasten rollen so doch auf Deutschland zu. Und wir kreisen in einer Endlos-Schleife der Krisenbewältigung – oder wie Jens Berger es formulierte: „The same procedure as every year – Europa lügt sich selbst in die Tasche“ (www.nachdenkseiten.de/?p=15263 externer Link) – und vor allem ohne dass Griechenland dabei überhaupt nur die Chance hat, wirtschaftlich auf einen grünen Zweig zu kommen. Es wäre also dringend an der Zeit, dass irgendwie doch Bewegung in den „Euro-Laden“ kommen könnte, der sich bisher ziemlich stur nach der deutschen Agenda fortbewegt hat (vgl. z.B. den Abschnitt „Die Fiskalpakt-Agenda am Beispiel Griechenlands“ auf der Seite 3 f. bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl40.html)

Ja, das Finanzmarktregime über die Staatsschulden wurde am Anfang dieser Finanzmarktkrise von der deutschen Regierung richtig herbeigerufen!

Und Deutschland war sich dabei so sicher in seiner ganzen wirtschaftlichen Potenz „ewig“ auf der Sonnenseite dieses „Marktregimes“ zu stehen, nachdem wegen der Kapitalflucht aus dem Süden Deutschland als „die“ sichere Bank wirkte -, dass weiter die Finanzmärkte als oberste Instanz betrachtete. War doch jetzt der Zinssatz für deutsche Staatsschulden so gering oder gar gegen Null angelangt. (vgl. dazu „Die Angst geht um“ (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl21.html)

Wie schön war doch diese Zeit, als Deutschland von der Finanzkrise „profitieren“ konnte. Einen Ausgleich – etwa über gemeinsame Schulden (Eurobonds) – wies man da weit von sich. Der nationale Egoismus war für Merkel und Schäuble der allein seligmachende Triumph. Nur wie sich die deutsche Regierung jetzt darauf einstellt, dass es immer weiter für ihre „Rettungsschirmpolitik“ wird weiter zahlen müssen. (www.fr-online.de/schuldenkrise/ratingagentur-esm-moody-s-stuft-euro-rettungsschirm-herab,1471908,21010488.html externer Link) explodiert auch das Rettungsschirmsystem selbst immer mehr, wenn jetzt Spanien wegen des – wiederum bei dieser Spar-Politik vorhersehbaren – Nichterreichens des Sparvorhabens bald unter den Rettungsschirm schlüpfen muss. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzkrise-spanien-gesteht-probleme-mit-sparzielen-der-eu-1.1539682 externer Link) Und – wahrscheinlich zum Glück – hält diese von FDP-Brüderle erwähnte „Domino-Theorie“ die Eurozone vorläufig noch zusammen – bei zunehmender „Verelendung“ immer größerer Bevölkerungskreise nebst einem immer weiterem Finanzierungszwang (durch den Steuerzahler)

Und mit dem Platzen der nächsten Staatsanleihen-Blase muss die Effizienz der Märkte zu Grabe getragen werden

Nur gelangt auch die Theorie mit der Effizienz der Finanzmärkte an ein ziemlich unrühmliches Ende. Bei den manisch-depressiven Schwankungen rutscht anscheinend gegenwärtig auch Deutschland in die Entstehung der nächsten Blase hinein. Galt Deutschland bisher als sichere Bank für die Anleger, so bringt doch diese Eurokrise immer mehr an Risiken. Bisher sammelte Deutschland als Mitglied der Währungsunion Rekordsummen zu ultraniedrigen Zinsen ein – weil die Angst umging. Und nun sind sich die Experten sicher, wird diese Blase der Staatsanleihen platzen. vgl. zum Beispiel (www.boerse-go.de/nachricht/Experte-Anleiheblase-in-USA-und-Europa-wird-platzen,a2978487.html externer Link) umfassender haben das für die Anleger (Motto: Was tun?) zwei Witrschaftsjournalisten in einem Buch niedergelegt mit dem reisserischen Titel „Der größte Raubzug der Geschichte“ (www.nzz.ch/finanzen/uebersicht/literatur/finanz-raubzuege-und-staatliche-schneeballsysteme-1.17831684 externer Link)

Dazu bemerkt Robert Misik mit Blick auf die „mit aller Gewalt“ nach gewinnbringenden Anlagen suchenden Mittelschichten ironisch, wir befinden uns in einem „Anlage-Notstand“ (www.nachdenkseiten.de/?p=15325#h06 externer Link) Dabei ist es mit einem solchen Crash in einer Blase, die platzt, wie immer: man kann sagen, dass es irgendwann kommen wird – nur angesichts der Irrationalität der Märkte – kann man nicht genau sagen wann – wie das Stiglitz schon früher angesprochen hatte (vgl. sein Buch „Im freien Fall“)

Ja, dann hängt das Damokles-Schwert einer Staatsanleihen-Blase über uns – und zusammen mit den wirtschaftlich trüben Aussichten für den Euro-Raum könnte vielleicht doch noch mancher marktradikale Hardliner seine bisherige Weltanschauung hinter sich werfen und auf Trab gebracht werden, diesen bisherigen so sozialschädlichen Kurs doch „allmählich“ zu verlassen. (siehe „Austeritätskurs hält Euroraum 2012 und 2013 in der Rezession“ (www.nachdenkseiten.de/?p=15282#h01 externer Link)

Und inzwischen hat die EZB diese schlechten Aussichten auch bestätigt: „EZB rechnet mit Rezession“ (www.fr-online.de/wirtschaft/ezb-leitzins-ezb-rechnet-mit-rezession,1472780,21051712.html externer Link)

Und doch noch ein „Aus“ für die „Schuldenkrise“ des Staates,sondern stattdessen einfach eine Finanzkrise!

Vor diesem ökonomischen Hintergrund mag wohl auch die OECD nicht mehr nur auf das bisherige so unsoziale Spardiktat als „Heilsweg“ aus der Krise setzen – und fordert zumindest schon einmal eine gerechtere Sparpolitik, indem man auf der einen Seite sanfter kürzt und auf der anderen Seite für eine gerechtere Sanierung des Haushalts die Besserverdienenden mit höheren Steuern belastet. (www.fr-online.de/schuldenkrise/schuldenkrise-oecd-fordert-gerechte-sparpolitik,1471908,20978204.html externer Link) Ob das schon gleich ein Abschied vom Neoliberalismus bei der OECD ist, sollte man eher skeptisch sehen. (www.fr-online.de/meinung/kommentar-zur-oecd-abschied-vom-neoliberalismus, 1472602,20977798.html externer Link) denn die Problematik als Schuldenkrise (des Staates) stellt die OECD überhaupt (noch?) nicht in Frage.

Jedenfalls war da der wackere Chef-Ökonom beim IWF, Olivier Blanchard mit seiner „Dekonstruktion“ des gesamten Schuldenregimes schon weiter (vgl. ab der Mitte auf der Seite 9 bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html) Nur macht auch hier leider diese „Taube noch keinen Frühling“ – und schon gar beim IWF nicht! Aber die SPD hat sich bei uns ja noch nicht einmal dazu druchringen können ihre Zustimmung zum Griechenland-Beschluss von einer solchen gerechteren Sparpolitik abhängig zu machen – und das obwohl sie diese Politik für perspektivlos – im Polit-Jargon „nicht nachhaltig“ – hielten…

… mit einem Ende der Politk des bloßen „Zeitkaufens“

Ja, und es wäre gut, wenn wir dann auch noch dazu vordringen könnten, die Frage aufzuwerfen: Wann kommen wir zu dem Ende einer Politik des „Zeitkaufens“ im Interesse der Anleger – diesem „Goldenen Kalb“ der Politik. (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl37.html externer Link)

Aber auch hier entstehen weitere Fakten, indem auch die Schulden der Rettungsschirme – nicht allein die von Griechenland, Spanien und Italien – unter dem Regime der Finanzmärkte immer teurer werden. Jetzt nahm die US-Rating-Agentur Moodys den „Euro-Rettungsschirmen“ ihre bisherige Spitzenstellung verlieren. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/us-ratingagentur-moodys-euro-rettungsschirm-verliert-spitzenrating-1.1538982 externer Link) Und nun wird es auch für den deutschen Haushalt weiter teurer. – Wunderbar, diese perverse Logik von Merkel & Co. mit einer Disziplinierung der „Südländer“ durch steigende Zinsen erreicht unter dem Regime der Finanzmärkte auch Deutschland. Wie heißt es doch so schön, „wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“! (vgl. auch noch einmal den dritten Abschnitt „Schlechte Risiken und lediglich gekaufte Zeit für den „Untergang“ des Euro“ bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl36.html)

Nur ist das noch nicht das voraussehbare Ende der Fahnestange mit dem Regime der Finanzmärkte, die eben immer wieder ganz im Gegensatz zur neoliberalen Ideologie überhaupt nicht zur Effizienz neigen, sondern ihr „Spiel“ mit den manisch-depressiven Schwankungen einfach weitertreiben (siehe weiter unten den Abschnitt „Primär eine Krise des Finanzsystems“)

Die Wahl für Europa ist: „Alle zusammen – oder rette sich jeder, wie er kann“ (James K. Galbraith)

Nur Barroso hat das – mit seinen „Eurobills“ – inzwischen doch schon einmal erkennen können – und er will damit zu einem Ende kommen. Wieviel an Erfolg ihm dabei – gegen Deutschland beschieden sein wird, können wir schon gar nicht mehr erwarten. Aber wie machte James Galbraith (zu ihm siehe weiter unten noch) die Deutschen auf ihre ganz spezielle Verantwortung aufmerksam: „Solidarität ist ein Vorrecht der Starken“. In diesem Zusammenhang erinnerte er die Deutschen an die katastrophalen Folgen einer Nichtbeachtung dieser wichtigen Verantwortung, indem er John Maynard Keynes aus seiner Schrift zum Diktat des „Versailler Vertrages“ für die Deutschen zitierte. John Maynard Keynes hatte nämlich damals schon hellsichtig, die schrecklichen Folgen dargestellt, die dieses Ausnutzen der Stärke der Alliierten nach dem „Ersten Weltkrieg“ nach sich ziehen würde – und er zog damit die Parallele zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands in der Eurozone, wenn es einfach rigoros für seine ökonomischen Interessen seine wirtschaftliche Stärke weiter durchsetzt. (weiter zu dem stark gekürzten Beitrag von James Galbraith auf dem IG Metall-Kurswechsel-Kongress siehe auch noch (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/us-okonom-furchtet-armutsmigration/#more-5528 externer Link)

Außer dem Vorschlag für eine gemeinsame europäischen Arbeitslosenversicherung (siehe unten Jill Rubery) kam von ihm noch der Vorschlag für eine gemeinsame europäische Rentenversicherung und einem gemeinsamen Mindestlohn in Europa. Es ist heute zu hoffen, dass die warnenden Worte von James Galbraith heute nicht so ungehört verhallen, wie die damaligen Worte in Richtung der allierten Siegermächte.

Und die EU doch noch immer weit weg vom Rat des Weltökonomen James Galbraith – wieder dank deutscher Intervention und die Spaltung der EU geht weiter.

Ach ja, wenn wir weiter oben doch schon meinten, die EU (Barroso) sei mit dem Vorschlag für Eurobonds doch schon weiter als die SPD, so kann das wohl inzwischen nur alks die Einzel-Meinung eines – vielleicht ökonomisch gesehen ganz vernünftigen – Herrn angesehen werden, aber doch nicht mehr als „die“ Position der EU.

Malte Kreutzfeldt kann uns nämlich wieder einmal von einem erstaunlichen Einknicken gegenüber dem deutschen Druck (- ja, und wo bleibt der französische „Gegen“-Druck?) berichten: „Das Interessanteste am neuen Fahrplan für die Zukunft der Eurozone, den EU-Ratspräsident Van Rumpuy am Donnerstag (=6.12.12) vorgelegt hat, ist, was darin plötzlich fehlt. Noch im Oktober hatte Van Rumpuy einen weitreichenden Entwurf präsentiert, der neben einer schärferen Bankenaufsicht langfristig auf eine gemeinsame Verantwortung für einen Teil der europäischen Schulden gesetzt hatte. (vgl. zu den damaligen Vorschlägen von Van Rumpuy den Abschnitt „Mehr Europa – aufbauend auf dem Spardiktat des Fiskalpaktes als „Grundlage“?“ auf der S. 9 von (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl40.html)

Das war dann vor allem in Deutschland – wieder einmal – auf so scharfen Widerstand gestoßen, dass Van Rumpuy nun nachgab: Im neuen Papier, das als Grundlage für den EU-Gipfel in der nächsten Woche dient, tauchen Eurobonds und Schuldentilgungsfonds nicht mehr auf. Staatdessen ist – wieder einmal viel die Rede von verbindlichen Verträgen (erg. „Fiskalpakt“), in den sich die Mitgliedstaaten zu Strukturreformen verpflichten sollen.“ (www.taz.de/Kommentar-EU-Reformplaene/!106979/ externer Link)

Und Malte Kreutzfeldt fährt in der Beurteilung dieses weiteren deutschen „Etappen-Sieges“ fort: „Merkel mag diese Umkehr als Triumph empfinden – für Europa ist es eine schlimme Nachricht. Eine dauerhafte Lösung der Eurokrise wird damit – wieder einmal – verhindert. Die Spaltung der Eurozone in jene die unter der Krise leiden, und jene die davon profitieren geht weiter. Dabei ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass eine auf Dauer angelegte Währungsunion die gleichen Zinsen bezahlen.“

Mittenhinein ein „Kurswechsel-Kongress“ der IG Metall

Und just in diese bewegten Krisenzeiten hinein hat damit die IG Metall ihren Krisen-Kongress für einen „Kurswechsel“ plaziert. Ja, und ein wenig muss man schon auf die hervorglänzenden „Edelsteine“ – das sind beim jetzigen Stand der Krisen-Diskussion einige Ökonomen – auf diesem Kongress hinweisen: Stephan Schulmeister und Gustav Horn kennt man ja schon ein wenig, vielleicht hat man von dem „Krisen-Propheten“ Nouriel Roubini auch schon gehört, aber der US-amerikanische Wissenschftler James K. Galbraith ist dir wahrscheinlich noch nicht so geläufig – oder? IG-Metall-Kurswechsel-Kongress in Berlin vom 5. bis 7.Dez. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/ externer Link) – und als „Star“besetzung für die eigentlich „entscheidende Krisen-Frage der Ökonomie: James Galbraith und weiter noch Stephan Schulmeister (Wien), Nouriel Roubini und Gustav Horn.

Aber – sozusagen einleitend – möchte ich auf eine „Intervention“ auf dem „Politologentag“ (DVPW), Arbeitskreis Politische Ökonomie, von Martin Höpner (Max-Planck)verweisen, dass die EU strukturell nicht demokratiefähig ist (EZB, EuGH,IWF usw.), – wie heißt es doch so schön „Der Wahrheit eine Gasse“ – Dies sozusagen als „Rahmen“ für die weitere ökonomische Erzählung: Hier möchte ich mir erlauben, jetzt James K. Galbraith, den Ökonomen – Sohn des alten John – nebst dem Finanzmarktexperten Stephan Schulmeister – zunächst vorzustellen. Keine Ahnung wie du überhaupt Zeit und Lust hast, dich mit diesem Kongress der IG Metall zu beschäftigen? Aber ansonsten ist man ja wirklich ganz angenehm überrascht, dass die IG M sich zum Anfang des Wahlkampfjahres für die Bundestagswahl 2013 an solch ein Projekt macht – und den Auftakt macht ja doch tatsächlich mit James Galbraith ein keynesianischer Ökonom. Das ist auch für die IG Metall wieder „neu“, nachdem sie zuletzt diese „Krise“ eher als Kultur-Krise verstehen wollte – und mit Erhard Eppler einen heftigen Vertreter des Anti-Keynesianismus dort einbezog (archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/gewbahl.html)

Ja, mei James Galbraith ist aus den USA – aber man braucht darüber überhaupt nicht zu lästern, denn James Galbraith hat sich gerade um die ökonomisch angemessene Aufklärung zur Euro-Krise unheimlich verdient gemacht, denn er hat bei verschiedenen „Stiftungen“ und sonstigen Geldgebern das Geld aufgetrieben, um an seiner Universtät in Texas einen großen internationalen Ökonomen- Kongreß zur „Euro-Krise“ mit internationaler Besetzung abzuhalten. (www.nachdenkseiten.de/?p=11287 externer Link) Und als Kernaussage dieses Ökonomen-Treffens hält Galbraith für die finanzmarktgesteuerte Dynamik der Eurokrise fest: „Die Schwachen werden zum Schutze der Starken zerstört“ – und der ganz zentrale Punkt dieser Konferenz waren auch die Vorschläge zur Einführung von Eurobonds. Diesen Vorschlag wiederholte er auch auf der Konferenz in Berlin. Mir ist ein solches „breites Engagement“ für die Organisierung eines Euro-Krisen-Diskurses in Europa bisher in dieser Größenordnung noch von keinem Ökonomen (oder auch anderen Wissenschaften) aufgefallen! (ansonsten zu James Galbraith vgl. seine Vorstellung für den Kongress (= mit seinen Büchern auch) (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/ james-galbraith-2/ externer Link) weiter zu seinen Ausführungen zur Gleichheit (über sein Buch hinaus) (www.ftd.de/politik/international/:james-galbraith-im-ftd-gespraech-europa-droht-eine-explosion-der-ungleichheit/70022922.html externer Link) sowie sein Beitrag auf der „INET“-Konferenz in Berlin dazu (http://ineteconomics.org/conference/berlin/james-galbraith-inequality-and-macroeconomics-dynamics-35 externer Link)

Mit diesem Schwerpunkt als Ökonom auf dem Erfordernis einer größeren Gleichheit wird von ihm thematisch der Bogen auch geschlagen zu dem Ökonomen Gustav Horn (siehe Forum 11 – „Lebenschancen und Verteilungsgerechtigkeit“ – siehe weiter unten noch) Anlässlich dieser „INET“-Konferenz wurde Galbraith von den Nachdenkseiten auch noch interviewt (www.nachdenkseiten.de/?p=13087 externer Link) Und da dann auch dieses anschließende Forum mit Galbraith auch mit Hans-Jürgen Urban (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/ hans-jurgen-urban/ externer Link), der dir ja als IG-Metall-Linker sicher auch ein Begriff ist, „bestückt“ wird, könnte es ja doch noch zu „Aussagen“ kommen, wenn es nicht im „Großen und Ganzen“ doch wieder untergeht. (auch eine Frage der editorischen Aufbereitung des Kongresses mit einem gut aufbereiteten Tagungsband, dem Einstellen von Tagungsbeiträgen auf Youtube o.ä. etc.) (http://www.igmetall-kurswechselkongress.de/wp-content/uploads/2012/11/12-11-19_Programm_Kurswechseltagung.pdf externer Link pdf-Datei)

Primär eine Krise des Finanzsystems – Effizienz der Finanzmärkte oder „manisch- depressive Schwankungen“?

Jedenfalls besteht wohl unter diesen Ökonomen – Galbraith und Schulmeister – die Gemeinsamkeit, dass sie davon ausgehen, dass diese Krise „primär“ eine Krise der Banken, also des Finanzsystems, sei (siehe Galbraith (www.nachdenkseiten.de/?p=11262 externer Link) Allerdings weiß ich weiter dann auch nicht wie Bertin Eichler einzuschätzen ist, (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/bertin-eichler/ externer Link) der in dem Forum zur Finanzmarktregulierung mit Stephan Schulmeister mitwirkt (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/stephan-schulmeister/ externer Link) – sozusagen als weiterer ökonomischer Schwerpunkt noch? (= überhaupt ein gute Idee, dass in jedem „Forum“ ein Vorstandsmitglied der IG Metall mit dabei ist.)

Zu Schulmeister kann man aktuell gerade auch auf einen neuen Beitrag „Statt Sparen“ in der „Diplo“ verweisen, wo er u.a. zum festen Bestandteil der Krise die Finanzmärkte als Grundlage ausführt: „Würden diese Ökonomen endlich zur Kenntnis nehmen – ganz empirisch -, dass die „freiesten“ Märkte, also die Finanzmärkte, manisch-depressive Schwankungen hervorbringen und damit systematisch Preise falsch generieren, dann wäre ihr gesamtes Weltbild nicht mehr zu halten.“ (www.monde-diplomatique.de/pm/2012/11/09.mondeText.artikel,a0012.idx,1 externer Link) oder auch ergänzend im weiteren Zusammenhang noch den dritten Absatz auf der Seite 8 (und vorher) bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html).

… und keine Fortschritte bei einer Finanzmarkt-Regulierung

Nur betrachten wir die Entwicklung außerhalb diese Kongresses so sehen wir gerade die Regulierung der Finanzmärkte im Argen liegen. Zwar haben wir wieder eine „Ankündigung“ aus dem Bundestag zur Finanztransaktionssteuer (www.fr-online.de/meinung/ gastbeitrag-robin-hood-ist-auf-dem-weg,1472602,21033870.html externer Link)

Aber bevor diese Steuer jetzt nicht in einen überschaubaren Beschlussprozess eingebracht ist, bei dem wir erwarten können, dass ein „angemessenes“ Ergebnis rauskommen wird, sind wir langsam bei der „FTS“ „ankündigungsabgestumpft“! Und bei einer gemeinsamen Bankenaufsicht in Europa, da liegt wieder einmal alles auf Eis. (www.fr-online.de/wirtschaft/eu-finanzminister-warten-auf-die-bankenunion,1472780,21035314.html externer Link)

Ja, und wenn es nur dieses regulatorische Versagen der Politik wäre – so als ob es nicht auch darum ginge, dass der Finanzsektor sich nicht mehr immer weiter sich auf Kosten des Steuerzahlers bereichern darf – könnte man sich fast beruhigt zurücklehnen. Nein, die Banken dürfen nicht nur „einmal“ mit Milliarden gerettet werden, sondern dürfen das immer weiter, wie wir gerade wieder erfahren mussten: Der Bankenrettungsfonds macht Milliarden-Verlust – und „kein Mensch“ will dafür die Banken zur – finanziellen – Rechenschaft ziehen. (www.nachdenkseiten.de/?p=15398#h02 externer Link)

Eine „Spaltung“ der Eurozone zur Rettung von Demokratie und Wirtschaft?

Nach diesen Vorstellungen darf ich noch einmal zurückkommen auf diese oben erwähnte Intervention auf dem „Politologentag“ zur Demokratiefähigkeit – Gerade hierauf legt der IG Metall-Kongress nämlich auch ein besonderes Gewicht.

Ein Exkurs: Italien in der Eurokrise. Ein Beispiel für eine „Revitalisierung der Demokratie“

Und hierzu möchte ich zunächst einmal den Italiener Nichi Vendola, den Präsidenten der Provinz Apulien, noch anführen, der mit seiner Partei doch immerhin auf 16 Prozent für die Parlamentswahlen im Frühjahr 2013 in Italien eingeschätzt wird. Nichi Vendola wurde ausführlich schon der „Monde Diplomatique“ vorgestellt (siehe „Le Monde Diplomatique“ „Der andere Italiener“ vom 14.1.2011 (= googeln) – und auf dem IG Metall-Kongress wirkt er in dem Forum 6 „Revitalisierung der Demokratie“ (mit Colin Crouch!) mit und in der Abschluss-Diskussion „Zukunft eines sozialen Europa“ sehen wir ihn noch einmal teilnehmen. (vgl. dazu auch die Podiumsdiskussion „Wieviel Demokratie verträgt der Kapitalismus in der Krise“, wo vor allem die Position des Bremer Ökonomen Elsner beachtenswert ist. (www.nachdenkseiten.de/?p=15325#h09 externer Link)

Und inzwischen ist irgendwie klar, dass Nichi Vendola auch im italienischen politischen System zu einer Schlüsselfigur werden könnte, wenn wir auf die Wahlen zum italienischen Parlament im nächsten Frühjahr (März oder April) blicken. Er könnte entscheidend – nach einem guten Wahlergebnis – sein, ob weiter der Goldman Sachs Mann und „Kapitalversteher“ Monti die Regierung bilden wird, der sich als rigider Sparkommissar mit einem Potential von 30 Milliarden Euro trotz des heftigen Widerstandes schon mit den radikalen Sozialkürzungen profiliert hat (vgl. dazu den Abschnitt „Monti`s erste Hürde“ bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl19.html) – oder eher doch Pier Luigi Bersani mit seinem „Mitte-Links-Bündnis“ (www.fr-online.de/politik/ parlamentswahlen-in-italien-bersani-spitzenkandidat-der-linken,1472596,21020314.html externer Link) und als ausgewiesener Pragmatiker, der jedoch noch soziale Korrekturen will. (www.fr-online.de/politik/pier-luigi-bersani-kompetenter-pragmatiker,1472596,21021352.html externer Link)

Und Bersani hat sich die Option auch mit der politischen Gruppierung von Nichi Vendola einzugehen ausdrücklich bisher offen gelassen.(vgl. auch (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/nichi-vendola/ externer Link)

Und es wäre sicher erfolgversprechender, wenn Bersani sich auf eine derartige Mehrheit für die Mitte-Links-Allianz auch festlegen würde – und damit sich auch eindeutig nur für eine Koalition mit Nichi Vendolas linker SEL (Sinistra, Ecologia, Liberta – Linke, Ökologie, Freiheit) aussprechen würde – und dafür kämpfen würde. Gerade Nichi Vendola verlangt klare Signale der radikalen Umorientierung gegen die bisher von Premier Monti phantasielos durchgesetzte Austeritätspolitik. (www.taz.de/Debatte-Vorwahlen-in-Italien/!106937/ externer Link)

Nur mit den Erfahrungen aus diesen Vorwahlen, an denen alle Italiener teinehmen konnte – und immerhin rund 3 Millionen machten davon in den beiden Abstimmungen dieser Vorwahlen gebrauch. – ist Vendola ein Experte für die demokratische Organisierung einer „Revitalisierung der Demokratie“ – sowie für die Entwicklung einer Perspektive für die „Zukunft eines sozialen Europas“. Und in dem Forum „Revitalisierung der Demokratie“ stellte Colin Crouch („Post-Demokratie“) dann fest, dass bei dieser Revitalisierung den Gewerkschaften eine gewaltige Aufgabe zuwachse – auch in der Organisierung über die Betriebe hinaus. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/wie-viel-ungleichheit-vertragt-die-demokratie/#more-5887 externer Link)

Keine Chance für den deutschen Wähler mit Peer Steinbrück das finanzkapital-bestimmte System ungerechtfertigter Privilegien hinter sich zu lassen.

Nur in Deutschland ist diese alternative Möglichkeit nach der Bundestagswahl 2013 durch den SPD-Kandidaten Steinbrück schon verbaut, denn eine Rot-Rot-Grüne Koalition – also mit Einschluss der Linken schloss er von vorneherein „kategorisch“ aus. Wahrscheinlich ist der deutsche „Kandidat“ – anders als der Italiener Bersani eben selbst viel zu sehr – trotz einiger „Absatzbewegungen“ – noch mit dem Finanzkapital verbandelt als guter „Kapitalversteher“, dass er gar nicht beabsichtigt, wirklichaus dem bisherigen finanzkapital-bestimmten System auszusteigen. Und das kann ihm eben nur mit der CDU – oder auch noch mit den Grünen gelingen. (vgl. dazu noch „… und noch einige aktuelle Wendungen im Finanzmarkt-Narrativ“ auf der Seite 6 f. bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl40.html) – sowie ebenda auf der Seite 11 f. den Abschnitt „Steinbrück hat dem Kapital gut gedient: „Kapitalversteher“ im System ungerechtfertigter Privilegien“)

Der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold wirft Steinbrück deshalb auch vor, dass er das Grundproblem bei der Finanzmarktregulierung gar nicht erfasst, weil dies nämlich nicht in erster Linie ein technisches Problem sei, sondern vor allem ein Demokratieproblem. Denn die Tatsache, dass vier Jahre nach Ausbruch der Fianzkrise immer noch so wenig Substantielles passiert, hat viel mit dem Einfluss mächtiger Akteure des Finanzwesens zu tun. Und bezahlte Vorträge von Politikern – wie Steinbrück – sind eben Teil dieses Systems zum Erhalt ungerechtfertigter Privilegien. Der Sozialwissenschaftler Wolfgang Streeck fasst dieses „System ungerechtfertigter Privilegien“ noch präziser: „Das „Kernanliegen“ des neoliberalen Staatsumbaus ist es, den Bürgern zu erklären, dass ihre politisch errungenen sozialen Rechte hinter den Rechtstiteln der Besitzer staatlicher Schuldverschreibungen zurückzustehen haben.“

Und es gibt bisher keine Anzeichen, dass der SPD-Kanzler-Kandidat dieses demokratische Kernanliegen überhaupt verstehen will. Sein rigoroser Ausschluss einer Koalition auch mit Einschluss der Linken zeigt überdeutlich, dass er ein knallharter Vertreter dieses bisherigen „Systems ungerechtfertigter (Finanzkapital)Privilegien“ sein und bleiben möchte. Glaubwürdig könnte er m.E. erst werden, wenn er bei seiner so stark finanzkapitalistisch-geprägten Vergangenheit jetzt auch offen für die Kritik der Linken wäre, die als einzige Partei nicht der „ganz-großen-Koalition-Stärkt-den-Finanzplatz-Deutschland“ angehörte. Jedenfalls mit den weiter auftauchenden Finanzkapital-Lobby-„Leichen“ aus dem Steinbrück`schen Keller kann seine Glaubwürdigkeit nun wirklich nicht gestärkt werden (www.nachdenkseiten.de/?p=15389#h06 externer Link) oder auch (www.nachdenkseiten.de/?p=15389#h05 externer Link)

Wie könnte der „Süden“ in der Eurozone gestärkt werden – mit der Perspektive eines sozialen Europa (ohne Deutschland einmal?)

Ansonsten hatten wir uns anlässlich der Vorschläge von Soros schon einmal darüber unterhalten, inwieweit eine Trennung in der Eurozone – nachdem Deutschland sich als unfähig erweist die andere Rolle des wohlwollenden Hegemon in Europa zu spielen – auch eine Voraussetzung dafür sein kann, wieder eine politische „Souveränität“ gegenüber den Finanzmärkten zu erlangen – mit einer klaren Erwartungshaltung an Frankreich und seinen sozialistischen Präsidenten Hollande. Viele zeigten sich skeptisch – aber inzwischen bläst auch Heiner Flassbeck in das gleiche Horn (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl44.html) Und es könnte im weiteren Verlauf durchaus sein, dass die Krise mit ihren jetzt zunehmend sozialschädlichen Folgen – und auch die Eurobonds gibt es ja allenfalls auf dem Papier – auch in Frankreich solche Denkprozesse stärken wird? (vgl. zur Erörterung der geänderten Haltung von Heiner Flassbeck für die Rettung Europas und des Euro (in der anderen Form) noch „Heiner Flassbeck kapituliert…“ (http://dnzs-politik.blog.de/2012/08/27/heiner-flassbeck-kapituliert-vorbereiten-14584928/ externer Link)

Jedenfalls gerät auch Frankreich noch stärker in die Schuldenspirale und somit droht auch ihm immer mehr eine gefährliche Schieflage (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-herabstufung-durch-ratingagentur-frankreich-in-der-schuldenspirale-1.1528572 externer Link) Hollande ist dann nicht in Not, sondern nur vor einer schwierigen Entscheidung – die Eurozone zu spalten. Dann könnte auch bisherige ökonomische Träume, wie „Zukunfts- und Investitions-Programm“ für die Südeuropäer – wohl auf der Grundlage gemeinsamer Anleihen – Wirklichkeit werden. (www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/1936857/ externer Link)

Wozu und wann eine europäische Wirtschaftsregierung?

Jedenfalls kann – sozusagen als „Zwischenschritt“ – dieses Vorgehen über eine Trennung wesentlich „schneller“ und sicherer eine „Rettung“ der Eurozone erreicht werden, als die – längerfristig – wünschenswerte „europäische Wirtschaftsregierung“, die wieder Berthold Huber bei James Galbraith so gefällt, (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/euro-krise-ig-metallchef-huber-plaediert-fuer-europaeische-wirtschaftsregierung/4486490.html externer Link) Leider bewegt sich der IG-Metall-Vorsitzende mit dieser bloß institutionellen „Mond“-Forderung nicht auf der Höhe dieser Krisenzeit und nur weiter bloß im defensiven Bereich – wie bisher die Gewerkschaften schon (vgl. die Seite 6 f….. „und es gelang nicht zu einer anderen Erzählung vorzudringen“ bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html)

Solche „Mondforderungen“ können langfristig durchaus richtig sein – aber sie tragen in der aktuellen Situation so verdammt wenig zur Lösung bei – obwohl sie durchaus auch von prominenter politischer Seite wie z.B. dem ehemaligen französichen Staatspräsidenten Giscard d`Estaing in umfangreicheren Form noch vorgetragen wurden (siehe vor dem letzten Abschnitt (= S. 2) bei (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl44.html)

Das ist, als wenn man alleine für einen Menschen ein Knochengerüst zum „funktionieren“ einer menschlichen Aktion wollte und das ganze Fleich und die Muskeln nicht benötigen würde, damit Europa dann auch sozial funktionieren kann. – Und es ist doch beachtlich, dass just zu diesem Thema der Übertragung von Souveränitätsrechten auf Europa in der Frankfurter Allgemeinen wieder ein heftiger Disput stattfinden konnte, (www.nachdenkseiten.de/?p=15322 externer Link) bei dem dann Oskar Lafontaine weitgehend die hier vertretene Position einnahm: „Diese Vertiefung der europäischen Gemeinschaft läuft Gefahr, die – von diesen Autoren kritisierte – Fassadendemokratie zu festigen, wenn die Übertragung von Souveränitätsrechten die Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung nicht verbessert.“ (www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/121130_Lafontaine_FAZ_ Langfassung_Europa_beginnt_zu Hause.pdf externer Link pdf-Datei) So resümiert Lafontaine: „Die mangelnde Übersetzung der theoretischen Überlegungen in praktikable Reformvorschläge ist die große Schwäche des Aufsatzes von Peter Bofinger, Jürgen Habermas und Julian Nida-Rümelin.“ (S.2 unten)

Aber mit solchen „Mondforderungen“, die immer irgendwie auch richtig sind, kommt man wissenschaftlicher- wie auch gewerkschaftlicherseits auch wieder mit den Parteien – und vor allem der SPD – in ihrem ökonomisch so verfehlten „Wahnsinn“ nicht ins Gehege. Und auf dieser Grundlage konnte man zu der Überzeugung gelangen, es soll nur keine Aussage gemacht werden, die eine gewisse Zuordnung oder „Identifikationen“ im Parteienspektrum möglich machen.

Dann doch noch der DGB mit einem Marshall-Plan für Europa

So erschien bis zu diesem Zeitpunkt erst einmal Oskar Lafontaine von der Linken übrig zu bleiben, um „konkreter“ zu werden.

Wenn dann nicht doch auch noch der DGB – gerade rechtzeitig vor der Nominierung des SPD-Kanzler-Kandidaten Steinbrück am 9. Dezember – mit einem Marshall-Plan für Europa vorgeprescht wäre – mit einem Beschluss des DGB-Bundesvorstandes und aller acht Einzelgewerkschaften – und so die Mahnungen der Ökonomen James Galbraith und Nouriel Roubini für Wachstum in der Eurozone direkt aufgegriffen hätte. 2,6 Billionen Euro verteilt auf 10 Jahre – also jeweils 260 Milliarden jährlich von 2013 bis 2022 – sollen Investitionen anschieben. Von diesen 260 Milliarden im Jahr sollen allein 150 Milliarden für die Energiewende vorgesehen werden. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/europa-in-der-krise-marshallplan-fuer-europa-1.1545203 externer Link)

Die Art der Finanzierung bleibt zunächst einem „europäischen Zukunftsfonds“ überlassen, der dann gemeinsame Anleihen ausgibt. Damit würde der DGB EU-Kommissionspräsident Barroso und auch dem EU-Ratspräsidenten Van Rumpuy (= bevor er eingeknickt ist) bei ihrem Vorstoß für eine gemeinsame europäische Anleihen-Finanzierung zur Seite springen. (siehe weiter oben). So können wir einmal gespannt sein, wie die politische Gemengelage auf dem EU-Gipfel in der nächsten Woche aussehen wird. Merkels Position gegen eine gemeinsame europäischen Anleihen-Finanzierung wird jedenfalls doch immer brüchiger. (zu dem DGB-Beschluss vom 8. Dezember 2012 für einen Marshall-Plan für Europa siehe: (www.dgb.de/themen/++co++985b632e-407e-11e2-b652-00188b4dc422 externer Link)

Nur wenn jetzt allmählich dieser Knoten für eine gemeinsame Finanzierung doch noch durchgeschlagen wird, kann dieses Projekt Marshall-Plan für Europa doch ein „Fundament“ bekommen. Und für die Deutschen und Deutschland dürfte ein solcher Marshall-Plan auch wieder von enormen Vorteil sein. Wenn wir nämlich dabei wieder auf James Galbraith zurückgreifen, könnten derartige Mittel gerade in Deutschland bzw. der deutschen Wirtschaft auf fruchtbaren Boden fallen. James Galbraith vertritt nämlich die recht plausible Ansicht, dass eine reine Ausdehnung der fiskalistischen Unterstützung – in Abgrenzung zu Paul Krugman – erst dann wirkungsvoll werden kann, wenn als Grundlage für die Umsetzung die entsprechenden Strukturen vorhanden sind. Und dafür ist die Wirtschaft bzw. die Betriebe in Deutschland – auch für die Energiewende – gut aufgestellt. (vgl. zum Beispiel unten im vorletzten Abschnitt zum „New Deal“ die beiden Arbeitskreise zur Energiewende)

Warum den Focus so auf die Ökonomie legen?

Ich muss zugeben, dass ich jetzt bei der Vorstellung dieser beiden Ökonomen für diesen Kongress, zwei dort auch vertretene ökonomische Kapazitäten noch „ausgelassen“ habe: Das ist zum einen Nouriel Roubini (Einführung: „Die Krise und Perspektiven der Weltwirtschaft“ (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/nouriel-roubini/ externer Link), obwohl gerade er diese jetzige Krise sehr deutlich vorhergesagt hatte, steht er mir nicht so nahe.(Man entwickelt eben so „seine“ Vorlieben auch) Und für das nächste Jahr 2013 sieht er ja sowohl für die USA als auch für Europa reichlich schwarz – durch jeweils eine Blockade auf der Ebene der politischen Institutionen auf beiden Seiten des Atlantik! Auf seinem Einführungsreferat warnte er die Europäer auch noch einmal vor der Gefahr zuviel über Reformen zu reden, anstatt endlich das Wirtschaftswachstum als die ganz zentrale Gefahr in den Blick zu bekommen: „Europa braucht eine Wirtschaftseinheit. Aber es werde zuviel über eine Finanzeinheit geredet und zu wenig über Wachstum“ (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/roubinis-provokanten-thesen-fur-die-weltwirtschaft-auf-dem-kurswechselkongress/ externer Link)

Hierfür könnte doch die Finanztransaktionssteuer einen finanziellen Beitrag auch liefern – neben der „Entschleunigigung“ der Finanzmärkte in ihren manisch-depressiven Schwankungen – (www.fr-online.de/meinung/gastbeitrag-robin-hood-ist-auf-dem-weg,1472602,21033870.html externer Link) In dem „Marshall-Plan“ für Europa des DGB wurde diese Aufforderung gleich umgesetzt. Zum anderen ist ein bisher in diesem Text noch vernachlässigter Ökonom Gustav Horn (Forum 11 – Verteilungsgerechtigkeit) (www.igmetall-kurswechselkongress.de/expertenportal/gustav-horn-2/ externer Link), der gewerkschaftlicherseits mir sicher am nächsten steht und allseits bekannt ist – mit „seinen“ IMK-Reporten.

Aber gerade zur Verteilungsgerechtigkeit hat er sich als Ökonom mit der Thematisierung der Gleichheit (hier wird dann auch ein Bogen geschlagen zu dem oben schon ausführlich erwähnten James Galbraith) besonders hervorgetan, denn neben seinem Buch („Des Reichtums fette Beute – Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert“) hat er auch einen IMK-Report dazu mitverfasst: „Von der Finanzkrise zur Weltwirtschaftskrise – Die Rolle der Ungleichheit“ (www.boeckler.de/pdf/ p_imk_report_41_2009.pdf externer Link pdf-Datei) Deshalb sah sich Gustav Horn in dem Forum zur Verteilungsgerechtigkeit gezwungen auch die Rolle der deutschen Löhne in der EU anzusprechen. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/lebenschancen-und-verteilungsgerechtigkeit/ #more-5859 externer Link).

… und dazu die schwachen deutschen Löhne.

Aber besonders aktuell und analytisch treffsicher wurde doch gerade auch jetzt noch ein ganz aktueller Bericht des IMK vorgelegt, „Zu schwache deutsche Arbeitskostenentwicklung belastet Europäische Währungsunion und soziale Sicherung“, der hervorragend zur gewerkschaftlichen Krisendiskussion auf diesem Kongress passt (www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_77_2012.pdf externer Link pdf-Datei) oder auch (http://idw-online.de/de/news508910 externer Link) Dort wird die ganze Ambivalenz der deutschen Lohnkosten einerseits als wirtschaftlicher Nutzen für die Exportwirtschaft und sozieler Nachteil für immer mehr Beschäftigte in Deutschland, die ins Prekariat abgedrängt werden und andererseits als „Raub“ von Arbeitsplätzen in den anderen Euro-Ländern durch diesen Wettbewerbsvorteil bei den Lohnkosten – noch einmal gut dargestellt: einerseits kann sich Deutschland im internationalen Wettbewerb gut darstellen (erg.: indem es dadurch bei „anderen“ die Arbeitsplätze „wegnimmt“) – andererseits sind deshalb diese Lohnkosten ein enormes Problem für die anderen Länder in der Eurozone und nicht zuletzt für deren Gewerkschaften – und zusätzlich untergräbt diese politisch gelenkte Lohnsenkung in Deutschland selbst auch noch die soziale Sicherung auch in Deutschland.

Also gewinnen nur die exportierenden Unternehmen. Dagegen helfen nur allgemein höherer Löhne – was uns wieder auf die Gleichheits-Diskussion wirft – dem unter dem Euro geeinten Europa (www.boeckler.de/41624_41638.htm externer Link) Diese Tendenz von vielen Verlierern und nur wenigen Gewinnern wird noch klar ergänzt durch den Bericht des IAB: „Zehn Prozent mehr Lohn in exportierenden Betrieben“ (http://idw-online.de:80/de/news508431 externer Link) So spiegelt sich das politisch gewollte „Lohndumping/Exportüberschuss-Modell“ Deutschlands noch in der Lohnstruktur wieder – und ist damit gerade jetzt als ganz zentrales Problem dieser Krise mitten unter den Gewerkschaften „abgelegt“.

Und um den „Euro-Separatisten“ ihre „schönen“ Flausen auszutreiben, schrieb Gustav Horn noch einen kleinen „Essay“ zu „Der Tag, an dem Deutschland den Euro verlässt“ (www.nachdenkseiten.de/?p=15075#h05 externer Link) in der „Zeit“. Sehr realistisch geschildert – und überhaupt nicht „rosig“. Aber vielleicht kann so etwas auch noch Denkanstoß in Deutschland werden, wenn der „Rest“ von Europa keine Lust mehr auf Deutschland hat. (= siehe weiter oben zur Spaltung der Eurozone noch einmal) – und Deutschland doch seinerseits zu einer „solidarischen“ Besinnung bringen?

Auch eine Neuordnung des Arbeitsmarktes in Deutschland

Und für den Arbeitsmarkt brachte Jill Rubery auf dem Kongress noch den solidarischen Vorschlag „einer Arbeitslosenversicherung für alle in Europa“ – um so das unbehinderte Abgleiten in den Krisenländern aufzuhalten – und vielleicht noch gleichzeitig Deutschland einen Anreiz zu geben, auch in diesen Ländern etwas für das Wachstum – statt nur „für“ die Fiskal-Disziplin – zu tun. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/der-staat-muss-sich-wieder-starker-in-die-sozialpolitik-einmischen/ externer Link)

Diesen Blick auf den Arbeitsmarkt vertiefte ein weiteres Forum, das ausgehend von der Frage nach dem langsamen Schwund des Normalarbeitsverhältnisses nach der Neuordnung des Arbeitsmarktes suchte. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/quo-vadis-normalarbeitsverhaltnis-fur-eine-neuordnung-des-arbeitsmarktes/#more-5930 externer Link) (vgl. zu einem weiteren allgemeinen Überblick über die kritischen Diskussionen in dieser Krise auch noch (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise.html)

Weitere wirtschaftliche Entwicklung mit einem „Green New Deal“ für Europa

Ich muss um Nachsicht bitten, dass ich die weiteren wichtigen und kompetent besetzten Foren und Arbeitskreise mit vor allem dem Schwerpunkt einer „ökologischen Wende“ an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen habe, aber ihnen doch keinen so breiten Raum widme. Da ist sicher vorrangig die Energiewende zu nennen, die Thema in zwei Foren war. Dem einen mehr volkswirtschaftlich orientierten „IG Metall – Vorreiter der Energiewende“ (www.igmetall-kurswechselkongress.de /inhalt/ig-metall-will-vorreiter-bei-der-energiewende-sein/ externer Link) – und einem anderen mehr betrieblich orientierten (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/grune-energie-grune-jobs-
reine-fantasie/#more-5527
externer Link) oder (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/grune-energie-grune-jobs-reine-fantasie/ externer Link) Diese Themen sind unter dem Stichwort „Grüner New Deal“ für den „Zug aus der Krise“ durchaus von Bedeutung. Ja, gerade die „höchsten Steuereinnahmen“ (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/knapp-71-milliarden-im-dezember-staat-verbucht-rekord-steuereinnahmen-11627133.html externer Link) könnten in Deutschland – neben den billigen Schulden – doch eine gute Finanzierungs-Grundlage dafür bilden, dass Deutschland jetzt Europa als „Lokomotive“ aus der drohenden Rezession herauszieht. Und dafür muss dann auch das zentrale gewerkschaftliche Thema der „Guten Arbeit“ seine bedeutende Rolle einnehmen. (www.igmetall-kurswechselkongress.de/inhalt/arbeit-muss-sich-an-den-menschen-orientieren/ externer Link)

Bei dieser von mir gesetzten Schwerpunktsetzung bin ich jedoch aktuell von der Auffassung ausgegangen, dass dieser ökonomische Diskurs für die Aufklärung über diese Krise bisher von der bei uns an den Universitäten „vorherrschenden“ Ökonomie-Lehre, der Politik wie auch den Medien ausgeblendet wird und es deshalb weitaus wichtiger ist, ihn aus dieser Versenkung ans Licht zu bringen – schon weil die anderen Themen nicht nur im aktuellen politischen Parteienspektrum bei uns, sondern insgesamt in der deutschen Öffentlichkeit schon weitaus besser – fast mainstreamhaft – verankert sind.

Der Spardiktat-Fiskalpakt-Konsens durch eine ganz große Koalition im Bundestag – mit Ausnahme der Linken – zeigt nur überdeutlich wie ideologisch blockiert für die ökonomische Krisenlösung die politischen Hirne in diesem unseren Lande noch sind – mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 erscheint deshalb diese Öffnung des ökonomischen Blickes auf diesem IG Metall-Kongress erfreulich erfrischend – und könnte auf eine konstruktivere Lösung aus der Krise hoffen lassen – jenseits des ökonomischen Horizontes einer „schwäbischen Hausfrau“ a la Bundeskanzlerin Merkel.

Der Widerhall in der Öffentlichkeit

Bei den KollegInnen im In- und Ausland fand dieser Kongress ein relativ großes Interesse, denn rund 800 TeilnehmerInnen konnte dieser „Kurswechsel-Kongress“ der IG Metall verzeichnen – davon allein 200 ausländische Gäste.

Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben seien noch ein paar Pressestimmen aufgeführt.

Da ist einmal die Frankfurter Rundschau, die unter der Überschrift „Wirtschaft geht auch gerecht“ gerade den imposanten Auftritt des früheren brasilianischen Präsidenten und Metall-Gewerkschafters Lula hervorhebt, der in der Demokratie die wichtige Bewegung sieht („Demokratie ist, wenn die Gesellschaft in Schwingungen gerät“ (www.igmetall-kurswechselkongress.de/ inhalt/lula-demokratie-ist-wenn-die-gesellschaft-in-schwingungen-gerat/ externer Link)

Und die theoretischen Grundlage für Lula sieht dieser Artikel in dem Referat von James Galbraith gelegt, der erklärt, dass die Ursachen dieser Krise in die siebziger Jahre zurückreichen. So bezeichnete Galbraith, diese neoliberale Ideologie als die „große Illusion“ einer ganzen Generation, die in den 80-er Jahren ihren Siegeszug rund um den Globus antrat“ (siehe den sog. „washington consensus“) Deshalb gibt es für Galbraith nur eine große Krise – die des Finanzkapitalismus. (www.fr-online.de/wirtschaft/ig-metall-kongress-wirtschaft-geht-auch-gerecht,1472780, 21060012.html externer Link)

Die TAZ brachte zum IG Metall-Kurswechselkongress einfach ein Interview mit James Galbraith, in dem er auf die schon lange vor dieser Krise „gewachsenen“ unterschiedlichen Wirtschaftspotentiale gerade von Deutschland hinwies, die nicht nur das Verdienst der gegenwärtigen Generation seien – dies gelte es zunächst anzuerkennen und auch auszugleichen. Die in Griechenland vorhandenen wirtschaftlichen Potentiale – Tourismus und Schiffsverkehr – seien in der Krise auch noch weggebrochen. – Und zu Ergänzung noch: die Reichtümer des griechischen Schiffsverkehrs werden – so in der griechischen Verfassung durch eine Miltär-Junta verankert – auch noch dem griechischen Fiskus entzogen. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechische-reederfamilien-geraubte-schaetze-1.1543049 externer Link) Und deshalb warnt er auch vor der wachsenden sozialen Kluft innerhalb Europas. Denn die Eurogruppe versucht die Krise dadurch in den Griff zu bekommen, indem verschuldete Peripherie-Staaten (Merke: Peripherie wird gemacht) ihre Staatsausgaben und sozialen Sicherungssysteme zusammenstreichen müssen – die Folge Auswanderung in die wohlhabenden Staaten (Brain-Drain) einerseits und zunehmende Gewalt bei der „verbleibenden“ „Rest“bevölkerung – als Menetekel für das heutige Europa sieht er die Auflösung im jugoslawischen Bürgerkrieg. (www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=in&dig=2012%2F12%2F08%2Fa0105&cHash=aea0ba58ea5163057c1ea698ca1d
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externer Link)

Dieser Überblick kann noch ergänzt werden durch eine stärker noch politische Berichterstattung mit der „Berliner Erklärung“ des Kongresses durch Axel Troost, der auch noch auf das „Neue Deutschland“ verweist. (Link) (www.axel-troost.de/article/6670.sichere-arbeit-und-oekologischer-wandel.html externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=17959
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