„… dem Kapital gut gedient“. Wo liegt des „Pudels Kern“ in dieser Krise?

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 17.10.2012

Irgendwie komme ich mit der Sicht auf diese Krisengemengelage immer noch nicht so ganz klar. Das mag einerseits an der Komplexität der Krise liegen – aber andererseits auch an den „Blickwinkeln“, die jeweils diese vielseitige „Krise“ – um diese Komplexität zu reduzieren -, in Begriffen zu fassen versuchen.

Da gibt es irgendwie mindestens zwei Sichtweisen, die sich dann doch nicht analytisch „überschneiden“ – also irgendwie doch eher nebeneinanderstehen, obwohl die Krisen-Realität mit diesen verschiedenen Strängen ja zu tun hat. Also haben wir es mit „zwei“ Krisen zu tun – oder nur zwei verschiedenen Sichtweisen auf eine Krise?

Ich weiß nicht, ob z.B. die bei Max-Planck`s es schon an- bzw. gar ausdiskutiert haben: diese Frage von unterschiedlichen Narrativen als Krisenursache.

Während Martin Höpner sich in der „Politischen Ökonomie“ (vgl. „Die politische Ökonomie der europäischen Integration“) auch schwerpunktmäßig mit den Löhnen auseinandersetzt, geht Wolfgang Streeck – gerade mit der Orientierung an den „Goldmännern“ – und damit den USA (siehe weiter unten) dem meines Erachtens „allgemeineren“ Problem der Finanzkrise, die eben auch nach der Deregulierung der Finanzmärkte für die USA gleichermaßen zutrifft, nach und speziell dann auch, wie sie die Demokratie „überformt“ (Colin Crounch „Postdemokratie“)(diesen Schwerpunkt auf die Finanzkrise legt m.E. wiederum als Ökonom auch Stephan Schulmeisters vgl. zuletzt www.foreurope.eu/fileadmin/documents/pdf/Stephan_Schulmeister_Paper.pdf externer Link , vgl. auch weiter noch – auch im noch umfassenderen Sinne mit Arrighi – die Seite 4 bei archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/trauer_bahl.html).

Die Löhne – und damit auch die Hartz-Arbeitsmarktreformen in ihrer lohn“dumpenden“ Wirkung – sind ein Problem, das aus der Einführung der gemeinsamen Währung entstand, wo die Löhne das einzige Mittel bleiben, um die jeweilige nationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, was wiederum ein Schwerpunkt bei dem Ökonomen Heiner Flassbeck sich herausschälen lässt.

Auch Heiner Ganßmann legt mit der Krisenursache Löhne m.E. das „Euro-Narrativ“ seiner Ausführung zum „Merkelantismus“ in der „Diplo“ zu Grunde. (www.monde-diplomatique.de/pm/2012/09/14.mondeText1.artikel,a0029.idx,3 externer Link)

Und er stützt die unterschiedliche Lohnentwicklung in Deutschland und dem Rest der Eurozone auf die Lohnvergleiche der OECD – und vor allem auch auf die so unterschiedliche Entwicklung der wettbewerbswichtigen Lohnstückkosten. Wozu er die Zahlen der ILO verwendet.

Ich habe deshalb einmal versucht diese „zwei“ Krisen-Narrative auseinander zu nehmen, um das Spezifische von Europa (Euro-Krisen-Narrativ) neben das Allgemeine (Finanzkrisen-Narrativ mit den „Goldmännern“) zu stellen (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl34.html ).

Wenn es also für Deutschland schon 1999 – also bei Einführung des Euro – klar war, dass „die Schere der Wirtschaftskraft zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den anderen EG-Ländern sich immer weiter öffnet“ (so Kanzler Kohl zu US-Präsident Bush im Dez. 1999 – zitiert nach dem „Neugeschichtler“ Dominik Geppert in der SZ vom 9. Oktober 2012 – „Ein Europa, das es nicht gibt“, S. 11), dann war es eine besonders infame „politökonomische“ Geschichte von Deutschland durch die „Arbeitsmarktreformen“ diesem schon vorhandenen ökonomischen Vorsprung – jetzt in der Eurozone! – noch ein offensichtliches Lohndumping „oben drauf“ zu setzen (vgl. die Intervention der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde: archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/lohn_bahl.html – allerdings ohne Erfolg.).

Doch eine Neu-Regulierung des deutschen Arbeitsmarktes

So ist es kein Wunder, dass die Gewerkschaften – jetzt aktuell die IG Metall mit Gerhard Bosch – diese „große Niederlage der deutschen Gewerkschaften“ überwinden wollen und deshalb zunächst einmal feststellen, dass die prekäre Beschäftigung mit dem Niedriglohnsektor sich noch immer weiter ausweitet. (Vgl. Gerhard Bosch, „Prekäre Beschäftigung und eine Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt“ – Studie für die IG Metall: www.nachdenkseiten.de/?p=14642#h02 externer Link mit Link zur IG Metall)

Gleichzeitig fordern sie daher auch eine Neuordnung des Arbeitsmarktes – denn zu sehr haben die Harz-Reformen den deutschen Sozialstaat verändert – ja, zerbeult. (Vgl. dazu Albrecht von Lucke, „Hartz IV – Das doppelte Schisma oder: Das stählerne Gehäuse der Angst“: www.gegenblende.de/17-2012/++co++8e0618bc-0e04-11e2-8823-52540066f352 externer Link)

Das also wurde aus dem deutschen Sozialstaat gemacht – eine „Angst-Staat“ durch Verlust der vorher allgemeinen sozialen Sicherheit, dass selbst die konservative Arbeitsministerin von der Leyen sich an die schlimmsten Folgen, die diese „Reform“ hinterließ – die Altersarmut – heranmachen wollte. (Vgl. Christoph Butterwegge, Ursula von der Leyen oder: Die Wiederentdeckung der Altersarmut“: www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/oktober/ursula-von-der-leyen-oder-die-wiederentdeckung-der-altersarmut externer Link oder www.nachdenkseiten.de/ upload/pdf/Butterwegge_von-der-Leyen-Altersarmut.pdf externer Link )

Und Butterwegge meint, will man die Rücknahme der von mehreren Bundesregierungen zu verantwortenden Arbeitsmarkt-„Reform“-Maßnahmen mit ihrer Flexibilisierung und Prekarisierung erreichen, muss man vorrangig die Altersarmut skandalisieren.

Und die Spirale nach unten wird – auch für Deutschland – vorgezeichnet sein, wenn es nicht, als eines der reichsten Ökonomien der Welt, ausbricht aus dem so schrecklich-perspektivlosen Trend des weltweiten Anstiegs der Arbeitslosigkeit durch die Krise. So hat gerade die für den Arbeitsmarkt zuständige UN-Behörde (ILO) vorgerechnet, dass seit der Krise es – weltweit – 30 Millionen Arbeitslose mehr gibt. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/uno-bericht-millionen-mehr-arbeitslose-weltweit-seit-finanzkrise-1.1494058 externer Link – siehe des weiteren www.ilo.org/public/german/region/eurpro/bonn/aktuelles/krise-kostete.htm externer Link)

Und so werden die Reichen immer reicher (Armuts- und Reichtumsbericht)

Und am „Ende“ sind dank dieser Politik auch in Deutschland die Reichen immer reicher geworden, wie es der neueste 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung festhält. (Vgl. die hervorragende Analyse aus dem IMK von Till van Treeck und Simon Sturm „Polarisierung von Einkommen destabilisiert die Wirtschaft“, die in einer ausführlichen Studie für die ILO (englisch) ausgeführt wurde (www.nachdenkseiten.de/?p=14481 externer Link – dort gibt es auch (am Schluss) einen Link zu diesem „Reichtums- und Armutsbericht“).

Die beiden Forscher stellen dabei fest, dass die wachsende Ungleichheit der Einkommen im größten Mitgliedsland Deutschland auch zu den Kernproblemen der Eurozone zähle.

Als einen wesentlichen Faktor für diese Ungleichheit sehen sie auch die Hartz-Reformen, die den Arbeitsmarkt flexibler machen sollten. Sie haben hierzulande das Wachstum des Niedriglohnsektors weiter angetrieben – und die Schere zwischen großen und kleinen Einkommen hat sich immer weiter geöffnet. Bis in die Mittelschichten bereitete sich so ein Gefühl der Unsicherheit und die Angst vor dem Jobverlust aus.

Das Bündnis Umfairteilen warnt deshalb mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband vor dieser immer weiteren Spaltung der Gesellschaft (www.der-paritaetische.de/pressebereich/artikel/news/ reichtumsbericht-buendnis-umfairteilen-warnt-vor-spaltung/ externer Link). Dennoch lobt der Geschäftsführer sowohl den Zeitpunkt als auch die deutliche Sprache des Berichts-Entwurfes. Diese konkreten Zahlen erscheinen ihm eine recht gute Vorlage für das Bündnis Umfairteilen zu sein (www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=6049 externer Link). Mit Blick auf diesen Aktionstag des Bündnisses „UmFAIRteilen“ am 29. September hielt Gregor Gysi noch eine flammende Rede zur gesellschaftlichen Verteilung im Bundestag (www.youtube.com/watch?v=NnNklUWmR5E externer Link Video).

Und an Analysen sollte es nicht fehlen, denn auch die FES brachte es mit einer Studie „Wer hat, dem wird gegeben“ noch einmal auf den Punkt (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/09319.pdf externer Link ).
Und Stefan Bach vom DIW, der hier schon mit seinen Studien so einiges angestoßen hatte, meldete sich auch noch zu Wort „Wie können Einkommen und Vermögen wieder höher besteuert werden“ (www.gegenblende.de/17-2012/++co++995d90a0-064d-11e2-bf66-52540066f352 externer Link). In solch verteilungspolitisch produktivem Umfeld gediehen dann auch die Konzepte von Verdi zu Vermögensabgabe und Vermögenssteuer (www.ak-sozialpolitik.de/dukumente/2012/2012-10-12%20verdi%20Vermoegensabgabe.pdf externer Link ).

Nur: dieser Reichtums- und Armutsbericht ist immer noch kein europäischer Bericht, sondern er bezieht sich allein auf die deutsche Situation, die auch schon drastisch genug sein sollte.

Ohne Wirtschaftsregierung funktioniert keine Währungsunion

Wenn es weiterhin klar ist , dass – auch bisher – keine Währungsunion Bestand haben konnte, die nicht auch eine gemeinsame Wirtschaftsregierung hatte, so dürfte Robert von Heusinger Recht haben, dass wir uns in dem Stadium der USA von vor 1790 befinden, als ein damaliger US-Finanzminister Alexander Hamilton das Problem hin zu einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung löste (vgl. www.fr-online.de/schuldenkrise/eurokrise-was-euroland-aus-den-dollar-krisen-lernen-kann,1471908,17217610.html externer Link).

Dabei wurde auch damals nicht mit „Samthandschuhen“ politisch gekämpft, denn Hamilton versuchte man durch eine „Affäre“ aus dem Amt zu werfen, so dass er zurücktreten musste.
Nur haben wir aber in Deutschland und Europa schon erst einmal weit und breit keinen Hamilton, der das Euro-Krisenproblem angemessen „lösen“ könnte!

Mit diesem Blick auf die spezifisch europäische Problemlage aber lösen wir zunächst nur die „Eurokrise“, um mit einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung vielleicht solche Probleme wie Griechenland zu entschärfen und auch solches zusätzliches „Lohndumping“ durch staatliche Politik zu verhindern – so bewegen wir uns zunächst einmal auf der Ebene des „Eurokrisen-Narrativs“ ohne eigentlich die tieferliegende und allgemeine marktkonforme, neoliberale Finanzkrise (siehe unten) angegangen zu haben. (Obwohl der neoliberale Blick auch diese Lösung der Eurokrise schon verhindern könnte)

Aber dies hat im konservativen – Europa als gemeinsamen Wirtschaftsraum erhaltenden – Sinne dann der „Finanzhai“ Soros im Blick, wenn er meint – die USA dabei fest im Blick – , es sei für Europa und seine Demokratie absolut unverträglich, wenn eine Hierarchie von Gläubiger- und Schuldnerstaaten sich – wie jetzt im Moment – durchsetzen würde. (www.spiegel.de/wirtschaft/george-soros-deutschland-muss-fuehren-oder-aus-dem-euro-austreten-a-854595.html externer Link)

Und hier trifft sich im Ergebnis ein Mann wie Soros interessanterweise mit Elmar Altvater, der auch dieses „falsche Modell“ geiselt und zu der Konsequenz kommt, als reine Währungsunion ohne solidarische Regulierung kann Europa nicht überleben (www.monde-diplomatique.de/pm/.search?ik=1&mode=erw&tid=2012%2F09%2F14%2Fa0032&ListView=0&sort
=1&tx= altvater&qu=MONDE
externer Link). Mit seinem Weg zum Fiskalpakt wurde der Euro-Raum dagegen heute auf einen „antipolitischen, autoritären Pfad gedrängt“ (Altvater)
Aber ganz im Gegensatz zu solchen Gedanken wird diese perspektivisch unmögliche Spaltung in Gläubiger- und Schuldnerstaaten derzeit sogar durch eine „Fiskalunion“ – noch über den Fiskalpakt hinaus – festgeschrieben. (Vgl. den letzten Link ganz unten)

Die Fiskalpakt-Agenda am Beispiel Griechenland.

a.) das hochgetriebene Zins-Niveau

Wir können das ein wenig am Beispiel Griechenland uns anschauen, da die Bundeskanzlerin jetzt – wenn auch spät – dieses Land besucht (www.sueddeutsche.de/politik/merkel-in-griechenland-reise-ins-zentrum-der-krise-1.1490734 externer Link), dem sie selbst im anti-europäischen populistischen Wahn auch enormen Schaden zugefügt hat, indem sie im NRW-Wahlkampf offen eine europäische Solidarität mit Griechenland abgelehnt hatte (vgl. die Anmerkung bei www.nachdenkseiten.de/?p=13201#h02 externer Link).

Bereits vorher hatte diesen die Eurozone so systematisch erodieren-lassenden Fehltritt der Kanzlerin im NRW-Landtagswahlkampf 2010 Robert von Heusinger ökonomisch auf die Anklagebank befördert (www.das-parlament.de/2010/43/Themenausgabe/31941239.html externer Link).

Der Euro war als ein Projekt gegen die Währungsspekualtion gedacht

„Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholte jedoch im NRW-Wahlkampf das Undenkbare solange, bis es selbst die Spekulanten geglaubt haben: Nämlich dass Mitgliedsstaaten des Euro pleite gehen können. Damit kam die Spekulation auf dem Umweg über die Insolvenzwahrscheinlichkeit der Staaten wieder zurück nach Euroland… Plötzlich wurde den internationalen Anlegern klar, dass es einen einheitlichen Währungsraum (wie in den USA), der eine Alternative zum Dollar sein könne gar nicht gibt. Sondern es gibt 16 einzelne kleine Währungsräume: Zwar mit einer Währung, aber 16 unterschiedlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten, auf die sich gut spekulieren lässt.“

Erst mit der Finanzkrise 2009 „explodierte“ die griechische Staatsschuld – und Merkel fand es wohl richtig gut – im Interesse des Finanzkapitals – jetzt die Spekulation u.a. auf die griechischen Staatsanleihen anzuheizen – um wie es Bundesbankpräsident Jens Weidmann so süffisant auszudrücken pflegt, auf die „disziplinierende Wirkung der Zinsen nicht zu verzichten“ (vgl. die Seite 5 bei „clash of economics“: archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl29.pdf und weiter den Abschnitt „Auch die Blockade der Eurobonds …“ bei archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahlgipfel.html sowie noch „Muss die eigentliche Herrschaft der Finanzmärkte tabu bleiben“ bei archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl22.html)

b.) … und Schuldenbremsen-Blödsinn unter Austeritätsvorzeichen

Aber neben dem Problem des einzelne nationale Ökonomien zerstörenden Zinsniveaus ist auch im neoliberalen Paradigma die ständig steigende Staatsschuld zu beobachten, wie es immer wieder Stephan Schulmeister seit der „neoliberalen Wende“ Anfang der 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts nachweist (vgl. noch einmal Schulmeister „…- Do we need a new navigation map?“ die Figur auf der Seite 5 sowie die Seiten S. 16f.: www.foreurope.eu/fileadmin/documents/pdf/Stephan_Schulmeister_Paper.pdf externer Link ).

Das Wort von der „Schuldenkrise“ ist schon deshalb ideologischer Wahnsinn, weil just die neoliberalen Rezepte, die diese sog. „Schuldenkrise“ bekämpfen wollen, immer nur ein Ergebnis haben – größere Schulden als vorher. Nur: so viel Empirie gibt es weder bei diesen Scheuklappen- Ökonomen noch bei ihren „Lautsprechern“ von der „Schuldenkrise“ in den deutschen Medien.
Auch für diesen Wahn ist Griechenland ein „schönes“ Beispiel. (Vgl. weiter auch noch den griechischen Ökonomen Yanis Varoufakis: www.taz.de/Athener-Wirtschaftsforscher-ueber-die-Krise/!92006/ externer Link sowie derselb. auf der INET-Konferenz in Berlin: http://ineteconomics.org/ conference/berlin/ringfencing-europe-modest-proposal-decent-european-future externer Link)
Wenn Nico Fried in seinem durchaus nachdenklich Kommentar in der SZ (siehe oben) meint, „müsste Merkel rückwirkend auch die Rolle der bösen Hexe akzeptieren“, dann kann man dem nur zustimmen.

c.) oder doch gemeinsam über die Fehler reden

Und vielleicht können wir dann auch wieder „miteinander“ reden – wenn jeder seine Fehler eingestehen kann – statt nur übereinander – denn die Griechen sind schon in einer heftigen Diskussion über ihre auch wieder etwas schräge Rolle in diesem Stück (vgl. „Die Griechen befragen sich selbst“ von Niels Kadritzke: www.nachdenkseiten.de/?p=12640 externer Link).

Nur in Deutschland bzw. seinen Medien gibt es nicht nur keine Diskussion über die damalige – so schäbige – Rolle von Merkel beim „Anheizen“ u.a. der griechischen Staatsschuld, sondern nicht einmal darüber , ob überhaupt und inwieweit diese Finanzüberweisungen den Griechen selbst überhaupt nützen bzw. ob diese sogenannten Hilfszahlungen an Griechenland doch eigentlich nur eine Unterstützung für die Gläubigerbanken darstellen und es schon fast an Orwellsches „New Speek“ erinnert überhaupt von Hilfszahlungen an Griechenland zu sprechen, weil diese Zahlungen eben wiederum keinem Griechen nützen, dem nur im Gegenzug die Löhne und Sozialleistungen gekürzt werden „müssen“, – sondern eben nur den Gläubigern dieser Staatsschulden.

Es blieb nach dem Griechenlandbesuch der Kanzlerin der Zeitung „el Pais“ in Spanien – vorausahnend, was weiter auch auf Spanien zukommt – vorbehalten: „Merkel habe zwar den Griechen den Euro nicht weggenommen, aber keine zusätzlichen Hilfen für eine demoralisierte Gesellschaft angeboten.“: www.fr-online.de/schuldenkrise/auslese-sie-kam–sie-sah–sie-versprach,1471908,20565674.html externer Link)

Es folgte ja jetzt die „Herabstufung“ Spaniens mit der Folge wieder höherer Zinsen – genannt „Risikoaufschläge“ – für Spanien (www.fr-online.de/schuldenkrise/kreditwuerdigkeit-ratingagentur-
stuft-spanien-herab,1471908,20568752.html
externer Link). Und so konnte auch dort unter dem Spardiktat die Rezession weiter an Fahrt aufnehmen.

So gesehen bleibt es ein „seltsames Spiel“ mit diesen Hilfszahlungen auch an Griechenland (Schuldenschnitt hin oder her vgl. dazu „Schuldenerlass für Griechenland – und was dann?“: www.nachdenkseiten.de/?p=11078 externer Link).

Während nun in dieser Situation selbst die IWF-Chefin Christine Lagarde vorschlägt, den Griechen wenigsten mehr Zeit zu lassen (www.fr-online.de/schuldenkrise/iwf–und-weltbanktagung-lagarde-will-griechenland-mehr-zeit-geben,1471908,20569570.html externer Link) will sich Deutschland selbst diesem Schritt eines zeitlichen Aufschubs strikt verweigern (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hilfszahlungen-fuer-athen-merkels-scheu-vor-der-griechischen-wahrheit-1.1493705 externer Link).

Diese Haltung findet nun auch der Kommentator der „Süddeutschen“ einfach nur paradox: Wer sich wie Kanzlerin Merkel entscheidet, das Risiko eines Athener Euro-Austrittes nicht einzugehen, der muss zugleich den Mumm haben vor die deutsche Öffentlichkeit zu treten und die volle Wahrheit sagen: Eine europäische Integration gibt es nicht zum Nulltarif. Sie wird im Gegenteil viel Geld kosten.

Und es ist jetzt vorauszusehen, wie die Kanzlerin an diesen Widersprüchen des einerseits die Integration wollen, aber anderseits zu meinen, man könnte dann nur die Vorteile daraus ziehen – um sich dann zu „verabschieden“: nein, mit mir nicht! Deutschland glaubt eben es könnte als ökonomisch fitte Gläubiger-Nation weiter nur wie ein Fettauge auf der Suppe der Integration schwimmen – bei voller Spaltung zwischen Gläubigern und Schuldnern unter dem „angezettelten“ Diktat der Finanzmärkte.

Merkel hat deshalb auch lieber überhaupt kein Gespräch mit „den“ Griechen gesucht, sondern in der „Festung Athen“ (www.fr-online.de/politik/merkel-in-griechenland-festung-athen,1472596,20497912.html externer Link) mit den finanzmarkt-affinen Eliten gesprochen, um so weiter nur das Versagen der Eliten allgemein in Szene zu setzen. So lebt sie eben konsequent „ihre“ marktkonforme Demokratie weiter (www.fr-online.de/schuldenkrise/leitartikel-griechenland-das-versagen-der-eliten-,1471908,20541936.html externer Link).

Thomas Schmid meint dazu: Es ist Zeit, dass Merkel, Rösler, Schäuble, Westerwelle und alle, die delegierte Macht haben und Verantwortung tragen, den Deutschen, die als Exportweltmeister auch von der Verschuldung Griechenlands indirekt ja profitiert haben, die Alternativen unmissverständlich vor Augen führen: Entweder wird Griechenland mit internationaler Hilfe gerettet – und das kostet auch die Deutschen Geld. Oder es verlässt die Eurozone, was die Deutschen noch mehr Geld kosten wird.

Jedenfalls ein wirklich lebendiges Europa haben lediglich die Linken praktiziert, die ihre Solidarität mit den Griechen in Griechenland während der Proteste – den absolut abgeschirmten – gezeigt haben (www.sueddeutsche.de/politik/
linken-chef-riexinger-in-griechenland-wir-machen-das-kontrastprogramm-1.1491112
externer Link).

d.) nur das „Goldene Kalb“ der Anleger bleibt einzige Referenz – und zum Tanz schlagen die Ratingagenturen den Takt

Nur die offizielle Regierungspolitik hat wohl eher „Respekt“ vor den Anlegern, die sich schon wieder eifrig gegen Griechenland organisieren (www.sueddeutsche.de/geld/schuldenschnitt-anleger-organisieren-sich-gegen-griechenland-1.1488376 externer Link).

Wie die Ratingagenturen jetzt wieder Spanien „herabgestuft“ haben, hat bisher noch keiner „unserer“ Politiker aufgeschrien, was für ein Selbstbedienungsladen im Interesse des Finanzkapitals das sei. Dabei gehört zu einer der schlimmsten „Entgleisungen“ der Politik, just diese Ratingagenturen nicht nur von jeder Haftung frei zu sprechen, sondern auch noch verbindlich fest zu legen, dass von den Ratingagenturen verabreichte Mindestnoten in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen berücksichtigt werden müssten.

All dies hat Werner Rügemer in seinem Buch „Ratingagenturen – Einblicke in die Kapitalmacht der Gegenwart“ über diese Institutionen des Finanzkapitals sauber analysiert (www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/120727_hickel_rezension.pdf externer Link ).

Dazu schreibt Ruddolf Hickel in seiner Rezension in der „Süddeutschen“ unter dem Titel „Geheimniskrämerei im eigenen Interesse“: Rügemer ist es erstmals gelungen, die eigentlich Gewinndynamik dieses Geschäftsfeldes zu erfassen, indem er die verschachtelte Eigentümerstruktur dieser Agenturen offenlegt. Für die großen drei wird gezeigt, wie Eigentümer der Agenturen auch Mieteigentümer der großen Banken und multinationalen Konzerne sind…..
So belegt Werner Rügemer, warum Ratingagenturen weniger der Wirtschaft nützen, sondern zuerst sich selbst….

Der Eigentümerkomplex macht es möglich, dass zum Beispiel für höchst risikoanfällige Anlageprodukte auf der Basis mehrfach verpackter Hypothekenkredite beste Noten geliefert werden. Da wundert es nicht, dass die Brandsätze der jüngsten Finanzmarktkrise mit besten Noten ausgezeichnet wurden. Diese Brandbeschleuniger, wie man Ratingagenturen auch nennen kann, müssen – dank der Politik – bis heute nicht Verantwortung und Haftung für ihre Schrottprodukte übernehmen.

Vor allem wieder diese Anleger und ihre finanzielle Befriedigung im Blick äußert sich dann der deutsche Jörg Asmussen als Direktor der EZB noch mit dem Vorschlag eines Rückkaufes der Staatsanleihen durch Griechenland selbst. Zwar geht den Anleger „etwas“ verloren, durch den Abschlag, den derzeit die Finanzmärkte auf Griechische Staatsanleihen „gewähren“ – jedoch haben die Anleger doch „ihr“ Geld erst einmal zurück (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/neuer-hilfsplan-fuer-griechenland-asmussen-schlaegt-griechenland-rueckkauf-von-staatsanleihen-vor-1.1495033 externer Link).
Nur der Griechische Staat hat davon wiederum noch keinen Cent um die in Arbeitslosigkeit und Not gefallenen Griechen zu stützen und Griechenland insgesamt eine Perspektive geben zu können.

e.) Statt Rechtsruck das Londoner Schuldenabkommen als Vorbild

Da aber immer wieder nur den Anlegern eine Perspektive geboten werden soll, während die griechische Bevölkerung in eine immer tiefere Perspektivlosigkeit „geschickt“ wird, bleibt es nicht aus, dass Griechenland von einem „Rechtsruck“ befallen wird (www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2012/oktober/rechtsruck-in-hellas externer Link).

Hier könnten sich die Deutschen erinnern, wie das Schuldenspar-Diktat des Versailler Vertrages sie in die Auswegslosigkeit – und schlußendlich nach rechts – trieb. Gerade Keynes hatte damals – als seine erste analytische Großtat – den Unsinn dieses Versailler Vertragswerkes gebrandmarkt – und nach dem Weltkrieg „Zwo“ bekam er mit Marshall-Plan und Londoner Schuldenabkommen recht (vgl. zu letzterem: archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl24.html externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=12167#h03 externer Link).

Der Europaabgeordnete Cohn-Bendit hatte kürzlich auch noch einmal mit Blick auf Griechenland an dieses Londoner Schuldenabkommen zugunsten Deutschlands als eine mögliche Alternative im Umgang mit Griechenland erinnert (www.nachdenkseiten.de/?p=14331#h04 externer Link).

Aber vielleicht ist ja der griechische Ministerpräsident besser in der Wirtschaftsgeschichte Europas beschlagen, als er die Analogie bemühte, Griechenland ähnelt der Weimarer Republik (erg.: bei ihrem Untergang mit der Brüning`schen Sparpolitik.)(www.fr-online.de/politik/ministerpraesident-samaras-griechenland-aehnelt–weimarer-republik-,1472596,20172850.html externer Link)

Und der neoliberale Hegemon Deutschland bleibt ungestoppt – Frankreich kein Gegengewicht
Das Elend von Europa ist und bleibt es nun, dass es auch unter seinen konservativen Staatsmännern keinen einzigen kennt, der eine solche konservative – weil ein gemeinsames Europa sichernde – Position vertritt.

Da Deutschland aber angesichts seiner ökonomisch – zumindestens relativ – guten Lage zu einer Einsichtsfähigkeit politisch nicht in der Lage sein wird, einen neuen – als Abkehr von diesem zerstörerischen – Weg zu beschreiten, wendet Soros seine ganze Hoffnung Frankreich zu. (Vgl. auch die Seite 2 bei archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl39.html )

Nur dort zerbröselt gerade ein früherer Hoffnungsträger an seinen Anforderungen (www.nachdenkseiten.de/?p=14614 externer Link, so dass dort immerhin 120 Ökonomen ihm die Leviten lesen (S. 4) – immerhin eine beachtliche Anzahl, die angesichts der dogmatisch einseitigen Ausrichtung der deutschen „Lehrstühle“ hier nie zusammen käme.

Nur angesichts dieser Hilflosigkeit für eine angemessene ökonomische Perspektive sinkt nicht nur seine Beliebtheit in Frankreich – schon so bald nach der Wahl -, sondern es bröckelt im französischen Parlament auch immer mehr die Bereitschaft dem französischen Präsidenten Francois Hollande in blinder Gefolgschaft – ganz auf den „Spuren der Fiskalpakt-Spardiktat“ Lady Merkel – zu folgen. Immer mehr Parlamentarier wollen Hollande deshalb die Zustimmung zu diesem Fiskalpakt verweigern (www.fr-online.de/politik/fran-ois-hollande-wettlauf-mit-der-zeit,1472596,20227876.html externer Link).

Nun muss man auch feststellen, dass kein Geringerer als Soros (vgl. auch seine gewaltigen Anstrengungen in Deutschland eine „alternative“, vor allem keynsianisch inspirierte Sichtweise „einzuführen“: „The clash of economics“ Zentrale Bedeutung des Zinsniveaus“ (archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl29.pdf ) – gar nicht von linker Seite! – Frankreich diesen Konfrontationskurs mit Deutschland (siehe Soros im Spiegel weiter oben) vorgeschlagen hatte, um endlich diese schreckliche Spaltung zwischen den nördlichen Gläubigerstaaten und den Schuldnerstaaten im Süden überwinden zu können.

Das jetzt mühsam zustande gekommene Zugeständnis von Deutschland – so treibt allein die Krise doch immer wieder die Politik vor sich her -, dass es einen Staatsbankrott in Griechenland nicht geben wird – und man somit doch nach Lösungen suchen wird, damit Griechenland in der Eurozone bleiben kann (www.fr-online.de/wirtschaft/iwf-gipfel-in-tokio–a-staatsbankrott-will-not-happen-,1472780,20592580.html externer Link), ist noch keineswegs eine Garantie für eine Unterstützung der griechischen Bevölkerung in ihrem grassierenden sozialen Elend, sondern allenfalls für das Geld der Anleger.

…und noch einige aktuelle Wendungen im Finanzmarkt-Narrativ

Können sie sich vorstellen, es könnte die Hoffnung bestehen, dass die Sozialdemokratie über diesen Peer Steinbrück – längerfristig – wieder zu einem anderen Begriff des Politischen – und damit auch zu sich selbst – als Sozialdemokratie – findet?

Meinte Heribert Prantl in seinem Kommentar etwa dies, als er formulierte: „Warum Steinbrück die beste Wahl ist“? (www.sueddeutsche.de/politik/spd-kanzlerkandidat-warum-steinbrueck-die-beste-wahl-ist-1.1482175 externer Link) Er hätte dann nur mehr deutlich machen müssen, dass dies gerade in der Auseinandersetzung mit der ganzen Finanzkapital-„Geschichte“ der SPD langfristig aufgearbeitet werden müsste. Diese Interpretationsmöglichkeit für diese „beste Wahl“ durch die SPD lieferte er jedoch kurzerhand später nach, indem er in einem folgenden Kommentar formulierte: „…eigentlich müssten alle, die sich damals über den Finanzminister Oskar Lafontaine als den „gefährlichsten Mann Europas“ das Maul zerissen haben, heute Abbitte leisten…“ (www.sueddeutsche.de/politik/2.220/bankenregulierung-pflicht-zur-wiedergutmachung-1.
1486230
externer Link)

Sagte nicht damals – sicher im Konsens mit den anderen Regierungsmitgliedern der Regierung Gerhard Schröder, – die alles unternahm, um den „Finanzplatz Deutschland zu stärken“ – „Wollt ihr etwa Politik gegen die Finanzmärkte machen?“ Ja, er wollte, um die gerade „grassierende“ Spekulation mit Währungen einzudämmen. (Vgl. Heiner Flassbeck, Das Scheitern der Kasinowirtschaft in: „Gescheitert“, S. 134 ff.)

So führt im Moment kein Weg daran vorbei, dass die SPD jetzt erst einmal durch dieses Tal der Tränen mit Peer Steinbrück und seiner ganzen finanzkapitalistischen Vergangenheit durch muss (vgl. z.B. das ganze „Sündenregister“ von Albrecht Müller: www.nachdenkseiten.de/?p=14582 externer Link).
Nur für die „real-existierende“ SPD könnte das ein ganz konkretes Dilemma bedeuten, denn sie müsste gerade einen Wahlkampf mit Steinbrück führen, der gar kein Sozialdemokrat ist. (www.fr-online.de/meinung/leitartikel-zu-peer-steinbrueck-steinbrueck–der–unvollstaendige-kandidat,1472602,19748906.html externer Link) Aber vielleicht ist es doch eher so wie Jens Berger vermutet: „Die Welt will betrogen werden“ (www.taz.de/!102766/ externer Link) – wie es schon bei den alten Römern hieß „Mundus vult decipi“.

Und so bringen sich auch prominente Banker gegen Steinbrück in Stellung – obwohl sie es besser wissen – wie Rudolf Hickel nachweisen kann (www.nachdenkseiten.de/?p=14565#h01 externer Link).

So bleibt der Bankenbändiger Steinbrück auch in dieser Rolle ein „Unvollendeter“ – oder wie es Malte Kreutzfeldt in der TAZ auszudrücken pflegte: „Nur ein Kurzzeit-Bankenschreck“ – auch wenn sein Papier einige gute Vorschläge enthält, wurde bei der Vorstellung seines Bankenpapiers gleich deutlich, dass die realen Folgen (für die Banken) begrenzt bleiben: So sollen Banken nicht wirklich aufgespalten werden, sondern Geschäfts- und Investmentgeschäfte innerhalb einer Holding verbleiben. Der große von den Banken selbst finanzierte Rettungsfonds soll nur auf europäischer Ebene kommen. Und an eine Erhöhung der Eigenkapitalquote, die die Stabilität wirklich erhöhen würde, den Banken (für das Spekulationsgeschäft) aber wirklich wehtun würde, traut sich Steinbrück schon gar nicht ran. (www.taz.de/!102438/ externer Link)
Also die ganz große und konsequente „Bekehrung“ vom Finanzkapital-Saulus zum -Paulus fiel auch erst einmal aus.

… und die gesellschaftliche Bedeutung des Investmentbanking?

Aber ich befürchte um eine ganz wesentlich Diskussion in dieser Banken-Regulierungsdebatte a la Steinbrück werden wir gebracht – einfach weil unsere „so gestrickten“ Medien daran kein Interesse haben werden – nämlich der Grundsatzfrage nachzugehen, welche gesellschaftliche Bedeutung das Investmentbanking mit seinem überbordenden Derivatehandel überhaupt für die Mehrzahl der Menschen hat?

Der Bundestagsabgeordnete der Linken, Axel Troost, hat nämlich in seiner Kritik der Steinbrück-Pläne die Ansicht vertreten, das Investmentbanking muss nicht isoliert, sondern abgewickelt werden. Es ist wie mit einem Geschwür: Man muss nicht nur verhindern, dass das gefährliche Gewebe in die anderen Organe hineinwächst. Man muss es entfernen. (www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten/detail/artikel/steinbrueck-kneift/ externer Link)

Aber das größte Problem in dieser Krise, dass das Spardiktat auf dem Weg vom Fiskalpakt weiter zur Fikalunion die Krise für die Menschen – und dann wohl auch für die Anleger – nur verschärft, anstatt sie auch nur ansatzweise lösen zu können, das bleibt auch nach dem forschen Vorstoß des SPD-Favoriten gänzlich ungelöst – denn der ökonomische Weg – angesichts der mehrheitlich so faktenblind-bornierten Lehrmeinung in dieser Krise muss es leider immer wieder gesagt werden, obwohl es so offensichtlich ist – von ESM und Fiskalpakt ist und bleibt falsch, wie es Troost dann für die Steinbrück-Debatte noch nachschiebt (www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten/detail/ artikel/der-oekonomische-weg-von-esm-und-fiskalpakt-ist-falsch/ externer Link).

Erstaunlich bleibt diese öffentliche Zurückhaltung über eine Diskussion zur wirklichen Bedeutung der Investmentbanken schon deshalb, weil es dem Handelsblatt – vielleicht inzwischen doch eher die Position des Realkapitals ergreifend – langsam „über die Hutschnur geht“, wie die Zockerei wieder zurückgekehrt ist, als hätte es die Finanzkrise nie gegeben. (www.handelsblatt.com/ finanzen/boerse-maerkte/boerse-inside/die-rueckkehr-der-zocker-als-haette
-es-die-finanzkrise-nie-gegeben/7253182.html
externer Link)

Und „über alles“ Austeritätspolitik

Die Reduktion schon auf ein wenig Bankenregulierung zeigt das ganze Elend dieses so einseitig verkürzten ökonomischen Horizonts, der trotz des so offensichtlichen Scheiterns stur beibehalten wird. Man kann nur diesen kollektiven Wahn „der“ richtigen Meinung mit dem Wahn deuten, den die Brüder Grimm in dem „Märchen von des Kaisers neue Kleider“ so klar vorgeführt haben. Hier muss der Wahn nur heißen, es entsteht durch Sparen Wachstum und wieder Arbeitsplätze. Jeder der das Märchen liest, meint, gibt es denn so etwas? Ja, es gibt es, zu bestaunen an der Mehrheitshaltung im Bundestag zum Fiskalpakt – und schon vorher auf dem kleinen Parteitag der SPD.

Bei so viel kollektivem Wahn statt einem klaren empirischen Blick fragt man sich, wie es sich jetzt doch noch „ereignen“ kann, um am Ende dieses finsteren „Tunnels“ einer finanzkapitalistischen Ära auch wieder einmal soziales und demokratisches Licht erblicken zu können, das sich dann in einer sozialen und demokratischen Perspektive für Europa ausdrücken müsste. (Vgl. „Eine elfte Frage – zu „warum der Fiskalpakt keine Lösung ist“ – zur Eurokrise: Ein Ende für die Politik des „Zeitkaufens“ im Interesse der Anleger“: archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl37.html)

Wegbereiter dafür machen sich jetzt gerade schon auf den Weg, wenn z.B. an der Uni Kassel schon einmal eine Konferenz zu „Finanzkapital und Demokratie“ stattfindet (http://idw-online.de:80/de/news499986 externer Link, zu dem auch dort auftretenden Colin Crouch, „Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus“ www.nachdenkseiten.de/?p=10939#h14 externer Link – sowie ein Aufsatz: www.nachdenkseiten.de/?p=11169#h10 externer Link – wobei Crouch in jüngster Zeit meint, das Finanzkapital sei zwar noch mächtig, aber nicht mehr so erfolgreich – vgl. die Ziff. 2b) bei www.nachdenkseiten.de/?p=13452#h02 externer Link) – und wenn man an der Universität in Jena sich über den Verfall der Öffentlichkeit mit den Phänomenen „Ökonomisierung, Deprofessionalisierung, Boulevardisierung“ auslässt, um die langfristigen Trends der Medien bei uns zu erfassen (http://idw-online.de:80/de/news500003 externer Link).

Aber damit wenden wir uns doch auch stärker dem „Finanzmarkt-Narrativ“ zu, das als Krisenursache ebenso zu einer Lösung ansteht. Aber vielleicht ist es einfach analytisch sauberer diese beiden Komplexe auseinanderzuhalten bzw. zu trennen, schon weil diese Finanzkrise zu einem weltweiten Phänomen geworden ist – und auch weltweit zu lösen ist, während Europa noch zusätzlich seine eigenen Hausaufgaben mit diesen durch vor allem deutsches Lohndumping zusätzlich entstandenen ökonomischen Ungleichgewichten zu machen hat, die jedoch bisher am allerwenigsten ins Auge gefasst werden.

Und – wie der IWF zuletzt festgestellt hat – macht Europa damit auch das Zentrum der weltweiten Krise aus (www.fr-online.de/wirtschaft/waehrungsfonds-die-weltwirtschaftskrise-lebt,1472780,20325066.html externer Link). Und Deutschland gerät auch immer mehr in den Sog dieser Krise (vgl. „Im Sog der Krise“: www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_74_2012.pdf externer Link ) – eine Feststellung, die auch die Wirtschaftsforschungs-Institute in ihrem Herbstgutachten dieses Mal nur bestätigen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/herbstgutachten-forschungsinstitute-erwarten-geringeres-Wachstum-1.1492200 externer Link).

Europa bleibt Zentrum der weltweiten Krise – und welche Rolle kann der IWF spielen?

Dabei stellt der IWF noch ganz auf die alles richtig antizipierende „Klugheit“ der Finanzmärkte ab, „weil das Weltfinanzsystem vom Vertrauen der Finanzanleger abhängt, gefährdet die Eurozone das globale Finanzsystem“. Und das erkennen auch die Finanzmärkte, dass durch die nachlassende Konjunktur in Europa es für die – betroffenen – Staaten immer schwieriger wird, ihre Schulden überhaupt noch reduzieren zu können, was an den Finanzmärkten wiederum die Risikowahrnehmung wachsen lässt.

Nur, die Bundesregierung will sich auf der IWF-Jahrestagung in Tokio vom Fonds nicht unter Druck setzen lassen (www.fr-online.de/schuldenkrise/iwf-warnt–die-euro-zone-als-globales-risiko,1471908,20559580.html externer Link).

Dabei fordert der IWF auch eine Reduzierung der Handelsbilanz-Ungleichgewichte. Und so müsse Südeuropa auf der einen Seite seine Wettbewerbsfähigkeit und damit seine Exporte steigern, während auf der anderen Seite Deutschland mehr für seine Binnenkonjunktur tun und seine Exportabhängigkeit mindern müsse. (Was auch die Voraussetzung dafür war, dass Deutschland zur großen Gläubiger-Nation aufsteigen konnte) Denn nur mit letzterem könne Deutschland auch wieder das Wachstum in den anderen Ländern fördern.

Der IWF bestenfalls im „Übergang“

Was aber den Blick auf das immer wieder ausbleibende Wirtschaftswachstum betrifft, bleibt der IWF irgendwie schrecklich ambivalent – praktisch wohl noch mit den Füssen in der „alten“ Ära des neoliberalen „Washington Consensus“ stehend, versucht er mit dem Kopf doch dessen praxisuntauglichen Rezepte zumindest in Frage zu stellen. So hören wir von dem Chefökonomen des IWF einerseits, dass die Sparziele nicht in Frage gestellt werden sollen, aber das es mit dem „Erfolg“ des Sparens doch wiederum sehr fragwürdig sei: „Aus der Langfrist-Analyse von 28 Volkswirtschaften ergab sich für die IWF-Experten, dass die Ökonomen seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930-er Jahren – na, welche Ökonomen das wohl waren? -, den negativen Effekt der Haushaltskonsolidierung „systematisch“ unterschätzt haben“.
Nun – so schlägt Blanchard erst einmal vor – müssen die kurzfristigen Folgen des Defizitabbaus genauer ermittelt werden.

Nun, in den Ländern Griechenland, Portugal und Spanien werden sie ja genügend „empirisches“ Material bekommen, um – vielleicht nach dem Crash der Eurozone? – es für die Zukunft, die der Euro dann nicht mehr hat, vielleicht einmal besser zu wissen. So leben wir in diesen Zeiten des Übergangs beim IWF, der sich vom „Washington Consensus“ nicht voll hat lösen können (vgl. seine konkrete Rolle in Griechenland) und es einfach noch nicht genau weiß, wie man es dann richtig machen könnte… (www.fr-online.de/wirtschaft/waehrungsfonds-die-weltwirtschaftskrise-lebt,1472780,20325066.html externer Link)

Aber das Finanzkapital hält „alles“ auf Trab

Nur die Anleger bleiben in Bewegung – und fliehen mit ihrem angelegten Geld aus dem Süden. Dies veranlasst den IWF noch einmal vor der Vertiefung dieser Spaltung in Gläubiger- und Schuldnerstaaten in Europa zu warnen (vgl. noch „Das Kapital flüchtet – aus Angst – aus dem Süden (der EU): www.sueddeutsche.de/wirtschaft/warnung-des-iwf-die-
angst-treibt-das-geld-aus-dem-sueden-1.1492055
externer Link).

Und jetzt fliehen auch noch die Firmen aus Griechenland – in die Schweiz wegen der niedrigeren Steuern. (www.sonntagonline.ch/ressort/aktuell/2564/ externer Link)

Wie wäre es, wenn Deutschland – mitsamt den Banken – aus diesem massenhaften „Fluchtgeld“ ein Konsortium bilden würde, um so etwas wie einen „Marshall-Plan“ für die Entwicklung der südeuropäischen Länder, insbesondere Griechenlands – auflegen ließe?

Gerade in einem solchen Sinne der Ermunterung könnte ja der Friedensnobelpreis aus Oslo für die Europäische Union gemeint sein. (Vgl. „Ein Preis für die Vergangenheit? Ein Preis für die Zukunft!“: www.fr-online.de/politik/friedensnobelpreis-ein-preis-fuer-vergangenheit–einer-fuer-die-zukunft-,1472596,20584336.html externer Link sowie „geblendet von hysterischer Krisendebatte“: www.sueddeutsche.de/politik/friedensnobelpreis-fuer-eu-geblendet-von-hysterischer-krisendebatte-1.1494880 externer Link)

Mehr Europa – aufbauend auf dem Spardiktat des Fiskalpaktes als „Grundlage?

Diese Möglichkeit von „Mehr-Europa“ versucht jedenfalls der EU-Ratspräsident Van Rompuy schon einmal „gezielt“ anzugehen, indem er für die Eurozone ein eigenes Budget fordert. (www.fr-online.de/schuldenkrise/eu-ratspraesident-van-rompuy-fordert-budget-fuer-euro-zone,1471908,20573734.html externer Link)

Diese Berichterstattung beruht wohl wiederum auf einem Papier Van Rompuys zu den erforderlichen EU-Reformen „aus seiner Sicht“ als Ratspräsident, dass sich – wohl wegen der zwischen den EU-Ländern schwelenden Konfliktlage – recht verklausuliert ausdrückt, um das Ziel einer gemeinsamen Wirtschaftsstrategie – ohne diese unterschiedlichen Zinsniveaus? – für die Eurozone zu erreichen. (“The history of other currency unions shows that are various ways of progressing towards fiscal union… But: Strengthening discipline alone is however not sufficient. In the longer term, there is a need to explore the option to go beyond the current steps to strengthen economic governance by developing gradually a fiscal capacity for the EMU…”, www.consilium.europa.eu/uedocs/cms_data/docs/pressdata/en/ec/132809.pdf externer Link )

Es besteht bei diesem Vorgehen also zunächst gar keine Chance von der gefährlichen Fiskalpakt-Spardiktat-Austeritäts-Politik – als groben Fehler erkannt – wieder runter zu gehen, sondern auf diesem diese Weltwirtschaft voraussichtlich in den Abgrund ziehenden Defizit-Beseitigungs-Kurs – aber auch erst längerfristig -mit einem eigenen EU-Haushalt aufzubauen.
Bei diesem Tempo der Krisenlösungsstrategie auf Seiten der Politik wird für die nächste Zeit also keine „Linderung“ oder gar ein Ende der Krise zu erwarten sein.

Muss Deutschland am besten doch austreten aus der Eurozone?

Nun, angesichts des absehbaren „Tempos“ der Erosion von Europa in der Währungszone ohne absehbaren Ausweg, den Deutschland als wirtschaftlich starkes Land „anführen“ müsste, ist wohl durch den krisenlösungs-renitenten Auftritt Deutschlands beim IWF dem „Finanzhai“ – die „Welt“ nennt ihn respektvoller „US-Star-Investor“ – Soros einfach der Kragen geplatzt – und er schlägt inzwischen einfach rundweg vor, „Deutschland muss austreten“, damit die Probleme in Euroland lösbar werden. (http://m.welt.de/article.do?id=finanzen%252Farticle109874733%252FSoros-fordert-Deutschland-zum-Euro-Austritt-auf externer Link)

Und nur die EZB als „letzter“ Rettungsanker – und von Inflation fehlt jede Spur

Wenn angesichts dieses bisher geschilderten Desasters auf dem Feld der europäischen Politik ein aufrechter ökonomisch denkender Linker wie Axel Troost in dieser „verrannten“ Situation den politisch linken Freunden zuruft, bitte macht es euch – wo die EZB noch als die einzige „Rettung“ erscheint – nicht zu einfach mit euren „Feindbildern“, bevor noch Europa gleich vollkommen gegen die Wand gefahren wird, durch die sich zuspitzende Spaltung der Länder in der Eurozone – Und so hält er es für gefährlich, gleich die EZB mit ihrer Geldpolitik zusammen mit der so ideologisch säumigen Politik in Grund und Boden zu verdammen – sozusagen das wäre auf die regierungsamtliche Dummheit noch einmal eine oppositionelle Dummheit draufgesetzt. Mit dem so eingängigen Bild vom „Anwerfen der Druckerpresse“ ist es eben nicht getan. (Vgl. „Die Euro-Krise, die EZB, die Linke und das liebe Geld“ – Anmerkungen zu einem spannungsreichen Verhältnis: www.nachdenkseiten.de/?p=14687 externer Link oder auch www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten /detail/ zurueck/ aktuell/artikel/die-euro-krise-die-ezb-die-linke-und-das-liebe-geld/ externer Link)

Axel Troost war aber so klug – um nicht gleich wieder missverstanden zu werden – dieser Verteidigung der Geldpolitik zum – wenigstens vorübergehenden – Erhalt der Eurozone und des Euro gleich hinterher zu schicken: aber „Nur Fiskal- und Geldpolitik reicht – längst – nicht aus, um diese Krise zu beendigen“. (www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten/detail/artikel/nur-fiskal-und-geldpolitik-reicht-nicht-zur-beendigung-der-krise/ externer Link)

Man muss eben mit Mario Draghi (vgl. dazu auch unten Wolfgang Streeck und die „Goldmänner“ – sowie sein konzertiertes Eintreten für eine „Spardiktat“-Fiskalunion = letzter Link unten) – auch wenn man einzelne Schritte der EZB für notwendig hält, nicht gleich den ganzen Weg gemeinsam gehen. Aber genau dies macht für viele den „Durchblick“ in dieser Krise so schwer, denn die Trennung zwischen „Gut und Böse“ – oder „richtig und falsch“ lässt sich nicht so einfach zuordnen.
Und so kommt der Europäischen Zentralbank die Rolle zu über „ihre“ Geldpolitik Dinge wieder ins Laufen zu bringen, die politisch ungelöst herumliegen.

Und so hat der Notenbank-Experte Paul De Grauwe schon länger auf die Notwendigkeit zum Handeln der EZB – vor allem beim Kauf von Staatsanleihen aus den Krisenländern – über das „Fluten“ der Finanzmärkte mit zusätzlichem Geld hinaus – hingewiesen. (Vgl. z.B. www.ftd.de/politik/konjunktur/:paul-de-grauwe-euro-experte-warnt-vor-neuer-eskalation/70015031.html externer Link) Denn er hat es genau im Blick, dass die Finanzmärkte irren, wovon sie nur der Aufkauf von Staatsanleihen „retten“ kann (www.zeit.de/wirtschaft/2012-08/interview-de-grauwe externer Link).

Deshalb war es für ihn eine klare Geschichte, dass – im Moment – nur die EZB den Euro noch retten kann – aber sie braucht dafür ein „neues“ Geschäftsmodel, als das das ihr durch Deutschland bisher aufs Auge gedrückt wurde (vgl. „The ECB can save the Euro – but it has to change its business model: http://ineteconomics.org/blog/inet/paul-de-grauwe-ecb-can-save-euro-it-has-change-its-business-model externer Link). Und schon 2011 hatte die Böckler-Stiftung dieses Konzept vorgestellt auf der Grundlage seiner Ausführungen „Lender of last resort in the Government bond markets“ (www.boeckler.de/38108_38120.htm externer Link auch mit dem Link zu diesem ausführlichen Papier).
Nur: das Gespenst Inflation, das bei uns die Gegner der Politik der Europäischen Zentralbank so gerne an die Wand malen, um damit alte deutsche Ängste hochzukochen, erweist sich als irreal, was angesichts des wirtschaftlich schwachen Zustandes in der EU schon längst klar war, haben inzwischen auch den Beleg dafür erhalten: Die Weltwirtschaft schwimmt in Geld – Die Zentralbanken drucken Scheine bis die Pressen glühen – doch von Inflation fehlt jede Spur (www.fr-online.de/schuldenkrise/kampf-gegen-die-krise-mangel-an-inflation,1471908 ,20581802.html externer Link).

Bevor man aber endlich einmal aufbricht, um sich an diese großen ökonomischen Strukturprobleme zu machen – oder gar in Deutschland erst einmal diese als Krisenursachen anerkannt und zur Kenntnis genommen werden, beginnt man jetzt gerade das politische Handeln mit einem „Seitenschritt“.

Ei, dann erst einmal eine Entschleunigung der Finanzmärkte

Europa wagt sich bezeichnenderweise eher noch an eine Annäherung an die Lösung der Finanzkrise – wie jetzt dieser europäische Ansatz zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer zeigt (vgl. „Streut Sand ins Getriebe des Finanzkapitalismus“: www.fr-online.de/schuldenkrise /kommentar-streut-sand-ins-getriebe-des-finanzkapitalismus–,1471908,20533948.html externer Link).

So wird die Einführung der Finanztransaktionssteuer immer wahrscheinlicher und zeigt, dass die Politik auch lernfähig ist.

In der Wirklichkeit dürfte die Steuer dem Abbremsen des zu raschen Hin- und Hergezockes dienen und damit der Realwirtschaft dienen. Denn mehr Anleger dürften Langfristige und damit gute Investitionsmöglichkeiten suchen und weniger kurzfristige Anlagen, die meist schädlich sind, weil sie nur trendverstärkend wirken (vgl. „Eine Möglichkeit zur Kontrolle der Dynamik der Finanzmärkte : eine allgemeine Finanztransaktionssteuer“: archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/fts_bahl.html).

So wollen jetzt elf EU-Staaten spekulative Finanzgeschäfte zukünftig mit dieser Abgabe belegen. Die FTS soll so von 2014 an mit 0,01 Prozent auf Geschäfte mit Derivaten erhoben werden. Ein entsprechender Vorstoß von Deutschland und Frankreich wurde am Dienstag (9.10.12) auf dem EU-Finanzministertreffen von 9 weiteren Staaten unterstützt. Damit ist die kritische Masse von neun Staaten erreicht, die laut Lissabon-Vertrag eine „verstärkte Zusammenarbeit“ ermöglicht. Die neue Steuer könnte jährlich 57 Milliarden Euro erbringen. Aber muss man schon wieder im Konjunktiv reden, weil aus dem Projekt nach der bisher gewohnten Manier doch „nix G`scheites“ wird in der EU?

Gewaltige Dimensionen der Derivate-Märkte – warum allein das Geld „arbeiten“ soll? (und für wen?)
Zu der Bedeutung der Finanzmärkte, die die gesamte Wirtschaft dominieren ist es auch aktuell gut noch einen Blick auf die diesbezüglichen Passagen bei Stephan Schulmeister zuwerfen (vgl.“Trading practices and price dynamics in the fincial markets“ = S. 9 ff: www.foreurope.eu/fileadmin/documents/pdf/Stephan_Schulmeister_Paper.pdf externer Link oder auch noch zusätzlich die Präsentation mit den vielen schönen Grafiken: www.foreurope.eu/fileadmin/documents/pdf/Stephan_Schulmeister_Presentation.pdf externer Link ).

Es gilt sich einfach auch noch einmal die Dimensionen in Erinnerung zu rufen: Im Jahre 2010 war das Volumen der Finanztransaktionen in der globalen Ökonomie 67,4 mal höher als nominale Weltinlandsprodukt. Im Jahre 1990 war das Volumen „erst“ 15,3 mal höher. Dieses gewaltige Wachstum ist ausschließlich dem spektakulären Boom auf den Derivate-Märkten zu verdanken. (S. 12)

Diese Finanzmarktaktivitäten konzentrieren auf die meisten fortgeschrittenen Ökonomien. Dabei – und das erstaunt einen zunächst – liegt das Volumen der Finanztransaktionen in Europa 115 mal höher als das Inlandsprodukt, während es in den USA „nur“ 90 mal höher liegt (S. 12).
Vor dem Hintergrund dieser gewaltigen Masse an „umgewälztem“ Geld – frei nach dem Spiel „lass` dein Geld arbeiten“ (Schulmeister, z.B. S. 8) – gelingt es wahrscheinlich besser die Rolle des früheren Bundesfinanzministers Steinbrück einzuordnen.

Steinbrück hat dem Kapital gut gedient: „Kapitalversteher“ im System ungerechtfertigter Privilegien

So sieht es dann auch der Europaabgeordnete Sven Giegold – denn bei der Rettung etlicher Banken hat er vor allem dem Allianzkonzern viel Geld gespart – und die Kosten dem Steuerzahler aufgebürdet. Das war ein Geschenk von einer Dimension … Hut ab!

Trotz seiner Vorschläge zur Regulierung in seinem Bankenpapier versteht er nicht das Grundproblem: Die Regulierung der Finanzmärkte ist keine technische Frage, sondern ein Demokratieproblem. Dass vier Jahre nach Ausbruch der Krise immer noch so wenig Substantielles passiert, hat viel mit dem Einfluss mächtiger Akteure des Finanzwesens zu tun. Bezahlte Vorträge von Politikern sind ein Teil diese Systems zum Erhalt ungerechter Privilegien… (http://www.fr-online.de/politik/interview-mit-sven-giegold–steinbrueck-hat-dem-kapital-gut-gedient-,1472596,20292068.html externer Link)

Vielleicht gelingt es ja dieses „System ungerechter Privilegien“ noch etwas genauer mit einem Sozialwissenschaftler zu erfassen. Wolfgang Streeck hat dies – jedoch bei seiner Darstellung der „Kapitalversteher“ Steinbrück nicht direkt einbeziehend – unter der Überschrift „Wissen als Macht, Macht als Wissen – Kapitalversteher im Krisenkapitalismus“ schon einmal in Angriff genommen. Er konzentriert sich dabei jedoch auf die „Goldmänner“ genannte Leute von Goldman Sachs, das Unternehmen, das für ihn die Spinne im Netz des Finanzkapitalismus sein muss.

In dieser Liga spielt Steinbrück ja noch nicht mit, obwohl er durch seine Taten sich schon die Sporen verdient haben dürfte, in diese Liga des „Systems zum Erhalt ungerechter Privilegien“ aufzusteigen. (http://volltext.online-merkur.de/?m=d&link=/daten/www.online-merkur.de/mr_2012_09_0776-0787.pdf&history=false externer Link)

Streeck beschreibt dabei den Staatsumbau des Neoliberalismus – dessen „Kernanliegen“ es ist, den Bürgern zu erklären, dass ihre politisch errungenen sozialen Rechte hinter den kommerziellen Rechtstiteln der Besitzer staatlicher Schuldverschreibungen (erg .: nebst ihren enormen Zinsaufschlägen – auch wieder zu Lasten der Steuerzahler) zurückzustehen haben.
Bei dem Herausarbeiten dieses Systems stößt er auf das Expertentum, diese sich selbststilisierenden Wirtschafts- und Sozialmaschinisten der Mainstream-Ökonomie, die sich bei genauerem Hinsehen als sensible Hermeneutiker des Kapitals entpuppen. Ihr besonderes Know How besteht darin, den Eigentümern von Produktionsmittel (und wohl auch Finanztiteln) ihre Wünsche von den Lippen abzulesen und sie für den öffentlichen Gebrauch in Sachzwänge zu übersetzen.

Er widmet sich dann, nachdem er sich gegen den Bannfluch der Verschwörungstheorie gewandt hat, weil dies nur die Aufklärung über die bestehenden Machteliten verhindert, – dem Beispiel Larry Summers, der gerade auch durch sein Vortragswesen (natürlich in den USA) auffällt. Für diese Tätigkeit dieses Kapitalverstehers schöpft er dann den Begriff „antizipatorische Korruption“.
Und für Goldman Sachs hält er dann fest, „selbstregulierend ist der Markt für Goldman Sachs nur, wenn Goldman Sachs ihn – auf diese Art durch nahestende „Kapitalversteher“ – selbst reguliert.“ (Siehe auch die „Kurzfassung“ des Vortrages in der SZ: archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_sowi4.html)

Aber dennoch hat diese jetzt sog. „Steinbrück-Debatte“ auch ihre guten Seiten : die Bundestagsabgeordneten könnten sich endlich gezwungen sehen, ihre Privilegien gesetzlich zu beschneiden – um zu wirklich unabhängigen Abgeordneten – gegenüber der Finanzoligarchie – doch noch zu werden. (www.fr-online.de/meinung/nebeneinkuenfte-kommentar
-die-gute-seite-der-steinbrueck-debatte,1472602,20507948.html
externer Link)

Und jetzt zur Vollendung des neoliberalen Elends: Auf zur Fiskalunion

Ja, und wieder zurück zu „unserem“ Steinbrück kann man wohl sagen, dass es die Frage sein wird, ob es diesen professionellen Kapitalverstehern gelingen wird, die in ihre Hände gefallen Demokratien lange genug anästhetisieren zu können, bis die Operation beendet – und der marktkonforme Umbau des demokratischen Kapitalismus vollzogen sein wird. Einspruch dagegen erhebt der Rechtswissenschaftler: „Nur ein radikaler Demokratisierungsschritt kann aus der formalisierten Ordnungspolitik der EU herausführen… Die Etablierung demokratischer Institutionen in Europa setzt einen europäischen Verfassungsprozess voraus… Für diesen Verfassungsprozess ist ein europäischer Konvent notwendig, der sich von den Vorgänger-Institutionen deutlich unterscheidet – d.h. er müsste demokratisch legitimiert sein…

Und: Der Fiskalvertrag ist mit einer an sozialen und demokratischen Grundsätzen orientierten Integrationsweise nicht vereinbar (S. 7)(vgl. „Soziale Rechtspolitik in Europa“ von Andreas Fischer-Lescano und Kolja Möller (Sept. 2012): http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09344.pdf externer Link ).

Nur, völlig „weich“ – also „unschlüssig“ über einen demoktatisch und sozial angemessenen Weg in dieser EU entließ uns diesbezüglich das lang erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichtes wieder: hier sei noch die juristische Betrachtung von Andreas Fisahn zuerst gebracht (www.nachdenkseiten.de/?p=14430 externer Link), um dann noch aus ökonomischer Sicht die juristisch höchstrichterlich geklärte Problemlage mit Jens Berger uns anzuschauen (www.nachdenkseiten.de/?p=14422 externer Link), wo er jedoch klar noch durch die demokratie-verachtende und -zerstörende Wirkung dieser Fiskalpakt-Entscheidung gegenüber den südlichen Ländern der Eurozone hervorhebt. (www.nachdenkseiten.de/?p=14434 externer Link)

Verstört bleibt man zurück – denn „darf“ Demokratie gerade nur in Deutschland und für den Bundestag gelten? Ist es einfach zu vernachlässigen, wenn die Demokratie – betroffen sind wieder die „Schuldner-Staaten“ – im „übrigen“ Europa mit Füssen getreten werden kann – nur im Interesse der Anleger? Letzteres stört dann auch bei den Gewerkschaften gerade auch Verdi in ihrer Stellungnahme zu diesem Urteil (www.verdi.de:80/themen/nachrichten/++co++22bd55c4-fcda-11e1-7049-52540059119e externer Link).

Mit einem härteren Rechts-Maßstab – ohne dabei mehr „Erfolg“ zu haben – geht ein anderer Jurist, der für die Korruptionsbekämpfung zuständig ist, an diese Realität der EU heran, was er gleich im Titel seines Buches deutlich macht „Finanzmafia – Wie Banken und Banditen unsere Demokratie gefährden“. In interessiert die Frage, ob die internationalen Finanzmärkte nicht zu einem Tummelplatz einer besonderen Art der Organisierten Kriminalität geworden sind. (Vgl. neuerdings „Finanzkrise oder Katastrophe?“: www.gegenblende.de/17-2012/++co++af022d90-03f4-11e2-9aa7-52540066f352 externer Link oder auch ausführlich sein schon erwähntes Buch „Finanzmafia…“: www.nachdenkseiten.de/?p=8643 externer Link oder auch www.nachdenkseiten.de/?p=9743#h02 externer Link)
Es könnte ja sein, dass man mit dieser strafrechtlichen Brille fündiger wird.
Dabei gibt es doch schon Konsequenzen bei dieser „organisierten Kriminalität“ bei den Libor-Manipulationen, wo doch wenigstens den Banken die Kontrolle über die Zinssatz-Manipulationen beim Libor entzogen wird. (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nach-zinssatz-manipulation-finanzaufsicht-entzieht-banken-kontrolle-ueber-libor-1.1482063 externer Link)

So wurde doch ein Stück von „Systemkriminalität“ nicht beseitigt – aber in dieser Art unmöglich gemacht.

Dabei schrie diese Manipulation schon längst nach Konsequenzen – wenn sie nicht nach dem Staatsanwalt zu schreien schien. (Vgl. „Der „Barclays-Knall“ – Doch noch eine Regulierung der Finanzmärkte“: archiv.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/barclaysknall.html)

Auch auf zivilrechtlichem Gebiet gibt es erste Schritte der rigiden finanzkapitalistischen Verwertung durch die Banken – durch Schadensersatz – Einhalt gebieten zu wollen, so sehr die Banken „natürlich“ auch derartige Manipulationen, um Unternehmen zum lukrativen Verkauf zu zerlegen, bestreiten. Für das OLG München ergab sich daher im Falle des Medienunternehmers Leo Kirch die Version: Breuer (Deutsche Bank) habe Druck machen wollen, damit der finanziell angeschlagene Kirch sich unter das „Schutzschild“ der Deutschen Bank begebe – und diese sein Unternehmen dann – zu ihren Bedingungen versteht sich – umstrukturieren könne. Investmentbanking – und darauf versteht sich die Deutsche Bank – ist eine lohnende Sache… 800 Millionen könnte der Schaden dann betragen… (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-bank-im-kirch-prozess-triumph-aus-dem-jenseits-1.1491779 externer Link)

Wenn man das konsequent weiterdenkt, müsste man ja auch die Frage aufwerfen können, inwieweit Bundeskanzlerin Merkel durch ihre Bemerkungen mit dem Anheizen der Spekulation auf Staatsanleihen dem griechischen (spanischen, portugiesischen, italienischen) Staat Schaden zu gefügt hat. Dabei ist der Schaden mit den exorbitant gestiegen Zinsen, die eine Staatsschuld für die Zukunft fast unbezahlbar machen, sicher auch zu beziffern.

Und wie bei der Deutschen Bank gibt es auch einen „Vorteilsnehmer“, der in diesem Falle vor allem Deutschland heißt.

Stück für Stück wird diese kriminelle Energie wohl in der nächsten Zeit noch ein klein wenig durch die Gerichte aufgeklärt werden – wenn auch gerade das, was Wolfgang Hetzer „Systemkriminalität“ nennt, noch schwieriger zu fassen sein wird.

Nur zunächst wird an einer der „sozialen und demokratischen Integrationsweise“ widersprechenden Fiskalunion weiter gearbeitet.

Wenn die Gewerkschaften auch zwischendurch noch kleine Erfolge vorweisen können, wenn allzu kecke Vorstöße die Gewerkschaften – noch über das bestehende Maß hinaus – einschränken zu wollen, gerade auch einmal auf der EU gescheitert sind. (www.dgb.de/themen/++co++f96f8b96-fcd0-11e1-8281-00188b4dc422 externer Link)

Trotzdem wird „von oben“ auch bei uns – nach dem sog. „Fiskalpakt“ – schon wieder eifrig ein Weg zu einer Fiskalunion, die zur EU-Verfassung werden soll, bereitet. (Vgl. zu dem neoliberalen „marktkonformen“ Umbau des demokratischen Kapitalismus auf dem Weg zur Fiskalunion – nach dem „Fiskalpakt“ – auch das Papier der Präsidenten des Europäischen Rates, der Kommission, der Eurogruppe und der Europäischen Zentralbank vom Juni den Beitrag von Lukas Oberndorfer auf den Seiten 10 bis 15 des Info-Briefes: http://wien.arbeiterkammer.at/bilder/d180/EU_infobrief_4_2012.pdf externer Link )

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=12510
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