DGB und IG Metall zu Griechenland – nach der beim Eurogipfel am 11./12. Juli beschlossenen Kolonialisierung Griechenlands

Was nach der (parlamentarischen) Demokratie kommt...Nach dem Beschluss des griechischen Parlaments, die am Montag vereinbarten Sparauflagen zu erfüllen, müssen die EU-Partner jetzt rasch den Weg frei machen für notwendige Investitionen in Griechenland. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Donnerstag in Berlin: „Jetzt sind die Geldgeber am Zug. Die griechische Wirtschaft darf nicht weiter abgewürgt werden und Europa darf nicht noch weiteren Schaden nehmen…“ DGB-Pressemitteilung vom 16.07.2015 externer Link: „Griechenland: Spielräume nutzen, Investitionen fördern, Armut bekämpfen“. Am Mittwoch, 08. Juli 2015, haben wir die Haltung des DGB gegenüber Griechenland scharf kritisiert – dies ist aber nichts gegenüber den Äußerungen von Detlef Wetzel (Erster Vorsitzender der IG Metall) in der Vorstandsitzung am 14.7.2015. Siehe diese und nun auch eine Korrespondenz dazu:

  • WG: Deine Rede im Vorstand am 14.07.2015
    Werter Kollege Wetzel, Teile von einem Protokoll der Vorstandssitzung vom 14.7.2015 haben den Weg ins Internet gefunden. Ich habe erstaunt diesen Teil deiner Rede zur Situation in Griechenland zur Kenntnis genommen. (…) Ich frage mich, wie kann ein Gewerkschaftsvorsitzender kritisieren, dass die griechische Regierung ihr Volk befragt. Wie soll eine Regierung ohne Geld ein “ sozial ausgewogenes Alternativprogramm “ ohne Hilfe von Europa entwickeln? Lässt eine Regierung das Volk nicht abstimmen wird sie als selbstherrlich kritisiert, lässt sie abstimmen will sie keine Verantwortung übernehmen! (…) Warum sagst du nichts zum Diktat der Troika und vor allem der deutschen Regierung. Angesichts des Elends, das die neoliberale deutsche Politik, die Europa ja dominiert, in Griechenland angerichtet hat, angesichts der ständig steigenden Selbstmorde, angesichts von Kindern, die wegen Hunger in der Schule umfallen, fällt dir dazu nichts ein. Ich schäme mich für meinen Gewerkschaftsvorsitzenden.“ e-mail von Günter Triebe (Delegierter zum 23. Gewerkschaftstag, Mitglied im Ortsvorstand der IGM Berlin) vom 29. Juli 2015 an Detlef Wetzel. Das Vorstandsbüro der IG Metall (Koordination der Vorstandsaufgaben und Planung) hat ihm am 03.08.2015 geantwortet, wir dokumentieren beide Schreiben 
    Aus der Antwort der IG Metall: „… Detlef Wetzel hat mich gebeten, dir in seinem Sinne zu antworten. Dem komme ich gerne nach. In großen Teilen können wir uns deiner Bewertung der Sachlage anschließen. Ja, das Troika-Diktat ist unsäglich, die Rolle der Bundesregierung in der Krisenpolitik beschämend. (…) Es bedarf einer grundsätzlichen Erneuerung der EU. Dazu gab uns der Regierungswechsel in Griechenland Hoffnung. Und hier schätzen wir die Politik der Tsipras-Regierung sehr viel kritischer ein als du: Diese Hoffnungen wurden auch von Seiten der griechischen Regierung massiv enttäuscht. Es gab weder ein wirtschaftspolitisches Konzept, noch wirklich progressive Vorschläge für Sozialstaats- und Steuerrechtsreformen. (…) Wir glauben, dass wir mit der Forderung nach einer sofortigen und direkten Unterstützung der Menschen in Griechenland unserem ureigenen solidarischen Selbstverständnis als Gewerkschaften am besten nachkommen. Dafür wallen wir uns in den nächsten Monaten weiterhin einsetzen.“
  • Äußerungen von Detlef Wetzel (Erster Vorsitzender der IG Metall) in der Vorstandsitzung am 14.7.2015 (lt. dem Manuskript vom 9.7.2015, das uns zugespielt wurde und bei der Redaktion angefordert werden kann):  „… Niemand hat die Regierung Tsipras daran gehindert, ein sozial ausgewogenes Alternativprogramm zu entwickeln, das die Interessen der Bevölkerung mit denen der Gläubiger in Einklang bringt. Ein solches Programm ist bisher nicht vorgelegt worden und das ist beunruhigend. Es stellt sich die kritische Frage, ob diese Regierung überhaupt ein wirtschaftspolitisches Konzept hat? Die wenigen Vorschläge, die es gab, wurden in Brüssel von der Regierung nur sehr diffus vertreten. Von den kommunikativen Fehltritten eines Varoufakis ganz zu schweigen. (…) Besonders das griechische Referendum hat hier nochmals die Stimmung aufgeheizt. Die griechische Regierung hat kopflos die Verantwortung für die Entscheidung an die Bevölkerung abgegeben. Bei einem dritten Rettungspaket werden sich die anderen Regierungen in Europa fragen, ob ihnen dieses Recht nicht auch zusteht. Betrachtet man die Stimmungslage in Deutschland dürfte das hier bereits schwierig werden…“
    Weit umfangreicher widmet sich die Rede dann der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ („Die Beschäftigten an den deutschen Standorten vertrauen darauf, dass die Mobilitätswende für sie nicht zum Nachteil wird.“) und anderen Problemen der Konkurrenzfähigkeit – national wie auch gegenüber ver.di…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=85482
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