Erhöhung der Asylbewerberleistungen: Die Regierung steht in der Pflicht [denkste! Bezahlkarte!]

Dossier

Schärfere Regeln für Asylbewerber verhindern„… Die Bundesregierung ist gesetzlich verpflichtet, die Asylbewerberleistungen regelmäßig der Teuerungsrate anzupassen. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Asylbewerberleistungsgesetzes. Da die letzte Erhöhung über drei Jahre zurückliegt, liegt es auf der Hand, dass der Bedarf längst nicht mehr gedeckt ist. Vor diesem Hintergrund kritisiert PRO ASYL die von Unionspolitikern losgetretene Debatte darüber, ob überhaupt erhöht werden sollte, als verfehlt. Populisten aus der Union versuchen eine Metadebatte darüber zu führen, welche Leistungshöhe im europäischen Vergleich angemessen ist und wie man Ansprüche absenken könnte. (…) Maßstab bei der Bemessung ist der tatsächliche Bedarf, so das Bundesverfassungsgericht verbunden mit dem Hinweis, dass die Menschenwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren sei. (…) Einzelne Sozialgerichte haben bereits Asylsuchenden, die den erhöhten Bedarf nun eingeklagt haben, den entsprechenden Betrag zugesprochen und Leistungsbehörden verurteilt, die Differenz nachzuzahlen…Pressemeldung von Pro Asyl vom 13. März 2019 externer Link – siehe dazu seitdem:

  • Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte klagen – in Dresden setzt die AfD mit Stimmen von CDU, FDP und Freien Wählern eine sehr restriktive Variante durch New
    • „Restriktiv und diskriminierend“: Kölner Flüchtlingsrat will gegen Bezahlkarte für Asylbewerbende klagen 
      „… Der Kölner Flüchtlingsrat will vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, wenn die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt wird. Das kündigte dessen Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß an, als im Bürgerzentrum Altenberger Hof unter dem Motto „40 Jahre Solidarität statt Hetze“ das 40-jährige Bestehen der Organisation gefeiert wurde. Die „restriktive und diskriminierende“ Bezahlkarte sei genauso untauglich wie entsprechende Wertgutscheine und Chipkarten, die vor Jahrzehnten eingeführt und relativ schnell abgeschafft wurden. (…) In einer Zeit, in der sich „Hass und Hetze breitmachen“ und die Rechte und der Schutz von Geflüchteten „unter Beschuss“ stehen würden, halte der Flüchtlingsrat „mehr denn je“ dagegen und werde dies auch weiterhin tun, sagte Prölß. Das Recht auf Asyl, seit der Grundgesetzänderung im Jahr 1993 bereits stark eingeschränkt, werde durch die aktuelle Flüchtlingspolitik in Deutschland und der EU weiter verbogen und verstümmelt. „Das Recht droht so zu verschwinden“. (…) Es sei laut Prölß inakzeptabel, dass der Rechtsextremismus die „Diskurse und Positionen“ mit Angstmacherei bestimme und eine „auf Ausgrenzung und Abschottung beruhende Flüchtlingspolitik“ hinterher eile. (…) Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker ging auf jene Grundgesetzänderung ein. Das „Einnicken aller damals machtpolitisch relevanten Kräfte“ habe zu einem „faulen Kompromiss“ geführt, zur „Aushöhlung eines Grundrechts“. Flucht und Migration seien „keine Themen, denen mit Abschottung zu begegnen ist“. Dem Flüchtlingsrat, der die gleichen Ziele wie die Stadt verfolge, dankte sie dafür, dass er sich konsequent für diejenigen einsetze, die „sonst niemanden haben, der in ihren Namen spricht“; dies tue er „stets unbeeindruckt von gesellschaftlichem Gegenwind“.“ Beitrag von Clemens Schminke vom 20. März 2024 beim Kölner Stadt Anzeiger online externer Link, beim Kölner Flüchtlingsrat externer Link selbst noch nichts gefunden
    • Umstrittene Entscheidung: CDU stimmt für AfD-Antrag zu Bezahlkarte für Asylsuchende im Dresdner Stadtrat
      Die Brandmauer zur AfD bekommt Risse: In Dresden hat der Stadtrat mit Stimmen von CDU, FDP und Freien Wählern einen Antrag der Rechts-außen-Partei gebilligt. Es geht um Bezahlkarten für Asylsuchende. (…)Der Antrag der AfD-Fraktion sieht vor, dass in einem Modellversuch eine Bezahlkarte die bisherigen Bargeldzahlungen für Asylbewerber ablöst. Mit der Karte sollen dann nur Zahlungen innerhalb Deutschlands möglich sein, zudem soll es weitere Einschränkungen bei der Nutzung geben…“ Meldung vom 22.03.2024 im Spiegel online externer Link
  • Das Aus für Bargeld nimmt Geflüchteten ein Minimum an Freiheit und Teilhabemöglichkeiten – dafür nimmt z.B. Berlin eine Kostenexplosion in Kauf
    • Verschärfte Flüchtlingspolitik: Kostenexplosion durch Bezahlkarte
      Berlin will die Bezahlkarte für Asylbewerber angeblich nur zum Bürokratieabbau. Doch dafür ist sie etwas sehr teuer, wie eine Grünen-Anfrage ergibt. Die Bezahlkarte für Asylbewerber könnte Berlin ein Vielfaches dessen kosten, was das Land bisher für die entsprechende Auszahlung von Bargeld ausgibt. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Jian Omar hervor, die der taz exklusiv vorliegt. Omar kommentierte die Antwort am Montag deutlich: „Angesichts der Tatsache, dass die Bezahlkarte das Land Berlin nach Schätzung einer bundesweiten Arbeitsgruppe voraussichtlich 10 Millionen Euro jährlich kosten wird, sind die in der Antwort dargestellten Zahlen zu den Kosten des jetzigen Systems alarmierend.“ (…) Der Senat hat wiederholt erklärt, dass er keine Beschränkung der Karte will, mit ihr auch keine Migrationssteuerung bezwecke, was laut Experten ohnehin unmöglich ist. „Wir wollen vereinfachen, wir wollen dadurch auch Bürokratie herunterfahren. Das ist das Ziel der Bezahlkarte“, erklärte CDU-Senatschef Kai Wegner Ende Februar. Wenn es aber nur darum gehe, sagt Omar, sei es unverständlich, „warum der Regierende Bürgermeister eine Gesetzesänderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine einheitliche Bezahlkarte mit anderen Bundesländern fordert“. Eine nicht diskriminierende Bezahlkarte, die wie eine EC-Karte funktioniert, sei schon jetzt möglich, betonte Omar – die Stadt Hannover mache es vor. Wenn es dem Senat darum gehe, solle Berlin diesem Beispiel folgen, das „voraussichtlich kostengünstiger sein und die Verwaltung entlasten wird“. Dagegen wird mit der Bezahlkarte das angebliche Ziel „Bürokratieabbau“ offenkundig teuer erkauft…“ Artikel von Susanne Memarnia vom 11.3.2024 in der taz online externer Link
    • Verbannt per Bezahlkarte: Das Aus für Bargeld nimmt Geflüchteten ein Minimum an Freiheit und Teilhabemöglichkeiten. Ein Theaterstück in vier Akten
      „Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Ein Theaterstück, das die Bühne für ein Publikum beleuchtet, das längst erkannt hat, dass der Kaiser keine Kleider trägt. Die Politik löst mit der Bezahlkarte Probleme, die so real sind wie die Monster unter dem Bett, während mit ihr die echten verfassungswidrigen Ungeheuer – Ungleichheit, Diskriminierung und Ausgrenzung – frei herumlaufen, ungezähmt und ungehindert. Und so steht Frau Bezahlkarte stolz im Rampenlicht, umjubelt von all jenen, die noch nie etwas von dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gehört haben. (…) Erster Akt: Der Rahmen – Der Vorhang hebt sich, die Bühne zeigt ein Büro, im Hintergrund sieht man Umrisse des Reichstagsgebäudes. Im Mittelpunkt steht ein antikes Schreibpult, hinter dem der Gesetzgeber sitzt. Eine Tafel dahinter zeigt das Grundgesetz, eine leuchtende Inschrift hebt Artikel 1 in Verbindung mit Artikel 20 hervor. (…) Der Gesetzgeber blickt in die Ferne, während die Schatten verblassen. Er murmelt: „Ob unsere Pläne für die Bezahlkarte diesen strengen Anforderungen standhalten?“ Zweiter Akt: Das Dilemma – Eine Straßenszene mit kleinen Geschäften, Flohmärkten. Orte, wo das Leben pulsiert und Schnäppchen zu finden sind. Die Bezahlkarte kann man hier nicht nutzen, zahlen geht nur bar. (…) Dritter Akt: Die Mauer muss weg – Eine Mauer teilt die Bühne – auf der einen Seite die weite Welt, auf der anderen ein durch Mauern begrenzter Raum, der thüringische Landkreis Greiz. (…) „Im Landkreis Greiz sehen wir, wie der Einsatzbereich der Bezahlkarte beschränkt wird, denn sie funktioniert nur dort. Das ist nicht tragbar.“ Vierter Akt: Justitia spricht – (…) Sie sagt: „Wir müssen unsere Diskussion über die Bezahlkarte auf eine Basis aus Fakten und verfassungsrechtlichen Grundsätzen stellen. Die verbreitete Annahme, dass Geflüchtete ihre Sozialleistungen ins Ausland transferieren, ist nicht stichhaltig. Tatsächlich führt die Bezahlkarte aber zu einer erheblichen Einschränkung der Geflüchteten, indem sie ihnen die grundlegende Freiheit nimmt, über ihren Alltag und ihre Bedürfnisse selbst zu entscheiden.“ Und während sich die Bühne verdunkelt, fallen Sparkassenkarten vom Himmel, im Hintergrund erscheint der Slogan: Die Lösung für alle!. Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Ein Theaterstück, das die Bühne für ein Publikum beleuchtet, das längst erkannt hat, dass der Kaiser keine Kleider trägt…“ Gastkommentar von Farnaz Nasiriamini vom 12. März 2024 in der taz online externer Link
    • Über 30 Organisationen, Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftliche Initiativen fordern: Keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Bochum
      Heute wurde ein offener Brief an OB Thomas Eiskirch und die Dezernentin Britta Anger versandt, in dem über dreißig Organisationen, Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftliche Initiativen aus Bochum fordern, keine Bezahlkarte für Geflüchtete einzuführen. In der Pressemitteilung dazu heißt es: »Die Unterzeichnenden fordern die Verantwortlichen auf, keine Bezahlkarte für Geflüchtete in Bochum einzuführen. Im Brief werden zugrundeliegende Fehlannahmen der Bezahlkarte, die diskriminierende Gefahr und die verfassungswidrigen Probleme der Bezahlkarte herausgestellt. Die Unterzeichnenden schlussfolgern aus diesen Problematiken folgendes: „Insgesamt würde die Bezahlkarte die gesellschaftliche Teilhabe und damit die Integration geflüchteter Menschen in Bochum erheblich einschränken und steht somit konträr zum Ziel der Bochum Strategie stehen, ein Leben ohne Diskriminierungen für alle Menschen zu ermöglichen. Geflüchteten Menschen würde im Alltag durch die Einführung der Bezahlkarte fortlaufend vermittelt, nur Menschen zweiter Klasse zu sein. Wir fordern Sie deshalb auf, sich im Rat der Stadt Bochum gegen eine Bezahlkarte auszusprechen und sich auch auf Landesebene gegen eine NRW-weite, verpflichtende Einführung einzusetzen.“ Meldung vom 12.03.24 bei bo-alternativ externer Link zum offenen Brief externer Link – eine nachahmenswerte Initiative!
  • Bezahlkarten für Asylsuchende: Vorwort über die Kontrollgesellschaften – „Sagen wir’s wie es ist: Die Bezahlkarte ist ein Produkttest“
    Asylsuchende in Deutschland sollen Gelder in Form von Bezahlkarten erhalten. Das ist nicht nur rechte Symbolpolitik und Schikane, sondern auch ein Testlauf für eine neue Form der Überwachung (…) Sagen wir’s wie es ist: Die Bezahlkarte ist ein Produkttest. Stiftung Warentest für Kontrollmechanismen Made in Germany und Tested on Leuten, die sich nicht wehren können.
    „Es ist einfach, jede Gesellschaft mit Maschinentypen in Beziehung zu setzen, nicht weil Maschinen determinierend sind, sondern weil sie Gesellschaftsformen ausdrücken, die fähig sind, sie ins Leben zu rufen und einzusetzen“, schreibt der französische Philosoph Gilles Deleuze in seinem hellsichtigen Postskriptum über die Kontrollgesellschaften, an das ich während der Berichterstattung über die Karten immer wieder denken musste. Technologien spiegeln stets die Umstände wider, in denen sie entwickelt und eingesetzt werden. In einer solchen Lesart ist die Bezahlkarte für Asylsuchende ein mehr als unheilvolles Omen im technologischen Kaffeesatz einer nach rechts rutschenden Bundesrepublik. (…)
    Es ist einfach, die Bezahlkarte als Symbolpolitik nach rechts abzutun, doch das fasst es nicht vollständig. In Wahrheit sind es Dehnungsübungen einer neuen Form von Überwachung, ein Testlauf zulasten der Gruppe, die derzeit die schwächste Lobby im nach rechts lechzenden Bundestag hat. Über die weitere Ausbreitung wird längst diskutiert. Abgeordnete von Union und FDP fordern bereits, die Bezahlkarte auch für Bürgergeldempfänger:innen einzuführen – wann knickt die nächste Partei ein? Welche Gruppe guckt man sich als nächstes aus?
    …“ Kolumne von Titus Blome vom 04.03.2024 im Freitag online externer Link

  • Bar oder mit Karte? Zur bevorstehenden Einführung der Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsrecht
    Seit nunmehr dreißig Jahren zielt der Gesetzgeber mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) darauf ab, (vermeintlichen) Pull-Faktoren entgegenzuwirken und existenzsichernde Sozialleistungen für Asylsuchende einzuschränken. Das neueste Kapitel in dieser Entwicklung: die Einführung der sogenannten Bezahlkarte. Letzte Woche hat die Bundesregierung ihre Meinungsverschiedenheiten beigelegt und sich darauf verständigt, das AsylbLG anzupassen, um einen rechtssicheren Einsatz der Bezahlkarte zu ermöglichen. Bereits Ende Januar hatten 14 der 16 Bundesländer ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte angestoßen. Einige der diskutierten Bezahlkartenmodelle werden den verfassungsrechtlichen Vorgaben allerdings nicht gerecht: Es droht eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums…“ Beitrag von Julian Seidl vom 7.3.2024 im Verfassungsblog externer Link
  • Breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen im Offenen Brief: NEIN zur Bezahlkarte
    „… Wir, ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen, lehnen die Bezahlkarte strikt ab und fordern Berlin dazu auf, aus dem Vergabeverfahren auszusteigen. (…) Die Bezahlkarte eröffnet die Möglichkeit, massiv in das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen einzugreifen. Es kann von außen reglementiert werden, welche Waren Menschen wo einkaufen können, ob und wieviel Bargeld sie abheben dürfen und Überweisungen ins In- und Ausland werden ihnen komplett untersagt. Das wird den Alltag der Menschen enorm einschränken: Die Raten für den Rechtsbeistand, Geld für die Klassenfahrt oder die Möglichkeit, Dinge günstig auf dem Flohmarkt zu kaufen – all das wird für die Betroffenen nicht mehr möglich sein. (…) In Artikel 1 GG heißt es, die Würde des Menschen ist unantastbar. Empfänger*innen von Leistungen nach dem AsylbLG erhalten nicht nur Leistungen unterhalb des Existenzminimums (knapp 20% weniger als Bügergeldempfänger*innen). Mit der Bezahlkarte können sie über dieses wenige Geld noch nicht einmal frei entscheiden. Das dahinterstehende Ziel haben die Politiker*innen klar formuliert: Man will die Zahl der Asylsuchenden „deutlich und effektiv“ senken. Sozialleistungen werden somit als Abschreckungsinstrument missbraucht. (…) Asylsuchende werden einmal mehr als Menschen zweiter Klasse behandelt. (…) Asylsuchenden Menschen wird pauschal unterstellt, in erster Linie wegen monetärer Anreize nach Deutschland zu kommen. Dabei wurde in der Migrationsforschung und selbst durch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages längst festgestellt, dass wesentlich für die Wahl eines Ziellandes die familiären und sozialen Bindungen, Bildungs- und Arbeitsperspektiven sowie rechtsstaatliche Sicherheit einer demokratisch verfassten Gesellschaft sind. Menschen fliehen in erster Linie vor Krieg, Unterdrückung und humanitären Notlagen. Ökonomische Faktoren greifen für die Erklärung von Fluchtbewegungen viel zu kurz. Dennoch wird Asylsuchenden vorgeworfen, das Sozialhilfesystem „auszunutzen“. (…) Diese falschen Beschuldigungen sind populistisch und nähren Vorurteile und Ressentiments in der Gesellschaft gegenüber Geflüchteten. (…) Das zynische Ziel der Bezahlkarte ist Abschreckung. Doch niemand lässt sich auf eine gefährliche und oft auch sehr kostspielige Flucht ein, nur weil er*sie in Deutschland Bargeld erhält. Im Umkehrschluss wird eine Bezahlkarte auch niemanden abschrecken. Es wird die Menschen nur noch mehr entrechten und diese scheibchenweise Entrechtung stärkt am Ende nur rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppierungen und Parteien. (…) Bargeld allein ist sicher nicht das Nonplusultra. Es ist für alle Beteiligten von Vorteil, wenn das monatliche Schlangestehen für die Auszahlung der Leistungen vermieden wird und eine Wahlfreiheit zwischen digitaler und barer Bezahlung gegeben ist. Deshalb befürworten wir, dass allen asylsuchenden Menschen ab dem Zeitpunkt ihrer Registrierung ein kostenloses Bürgerkonto zur Verfügung gestellt wird. Asylsuchende haben gemäß dem Zahlungskontengesetz einen Anspruch auf den Abschluss eines Basiskontovertrags. Solch ein Konto hat den Vorteil, dass AsylbLG-Empfänger*innen genauso wie alle anderen Menschen selbstbestimmt über ihr Geld entscheiden können UND dass Sozialbehörden entlastet werden, da sie die Leistungen einfach auf das Konto überweisen können…“ Offener Brief am 28. Februar 2024 bei RAV externer Link
  • Can I pay this Bratwurst with card? Bezahlkarte für Geflüchtete kommt im Freistaat „schneller und ist härter“, z.B. mit potenziell eingeschränktem Funktionsradius
    • Bayern: Umstrittener Pilotversuch mit Bezahlkarte für Geflüchtete startet
      Die Bezahlkarte statt Bargeld für Asylbewerber soll die Zahl der Geflüchteten senken. Bayern prescht mit einem umstrittenen Pilotprojekt vor. Experten sehen das kritisch. Ein populistischer und untauglicher Versuch? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vorhaben…“ Beitrag von Michael Donhauser vom 27.02.2024 im Migazin externer Link
    • Asyl-Helfer kritisieren Bezahlkarte für Geflüchtete – „Diskriminierung und Stigmatisierung“
      Die bayerische Regierung verspricht sich viel von der neuen Bezahlkarte für Asylbewerber. Scharfe Kritik kommt von den Asyl-Helferkreisen im Landkreis.
      Natürlich geht Bayern einen eigenen Weg. Die Bezahlkarte für Asylbewerber, über die die Geflüchteten künftig ihre Sozialleistungen beziehen sollen, kommt im Freistaat „schneller und ist härter“, wie Ministerpräsident Markus Söder ankündigte. Vier Modellkommunen sollen schon ab März mit der neuen Karte arbeiten. Nur Hamburg ist noch flotter: In einem Pilotprojekt wurden die ersten „SocialCards“ dort bereits Mitte Februar an Leistungsempfänger ausgegeben. In der Visa-ähnlichen Karte stecken hohe Erwartungen. Laut Bayerischem Staatsministerium für Integration soll sie vor allem verhindern, dass deutsches Geld ins Ausland fließt – an Schlepper, Familien und Freunde. Das Bargeld, das den Geflüchteten nach Einführung der Karte noch zur Verfügung steht, soll sich auf 50 Euro beschränken. Das wiederum, so die Hoffnung des Ministeriums, könnte die sogenannten „Pull-Faktoren“ reduzieren – also die Anreize für Menschen, sich überhaupt auf den Weg nach Deutschland zu machen.
      Scharfe Kritik an der neuen Karte kommt schon jetzt von den Asyl-Helferkreisen. „Unseres Erachtens bedeutet die Einführung der Zahlkarte eine erhebliche Diskriminierung und Stigmatisierung der Asylsuchenden“, sagt Ingeborg Bias-Putzier. (…) Darüber hinaus will man sich weitere Reglementierungen offen halten: Wie Pressesprecher Klaus Mergel bestätigt, soll „die Möglichkeit gegeben sein“, den Funktionsradius der Bezahlkarte einzugrenzen. So könnten Asylbewerber beispielsweise nur noch in einem bestimmten Umkreis um ihre Unterkunft einkaufen gehen…“ Artikel von Theresa Kuchler vom 28.02.2024 in merkur.de externer Link
    • Can I pay this Bratwurst with card?
      Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert geplante Einführung der Bezahlkarte als diskriminierend und vermutlich rechtswidrig…“ Pressemitteilung vom 21. Februar 2024 externer Link
  • Die Bezahlkarte für Geflüchtete – ein Lehrstück, wie man finanzielle Inklusion verhindert
    Hamburg führt somit als erstes Bundesland die Bezahlkarte ein. Ziel ist es, damit komplizierte Bargeldabhebungen abzuschaffen – eigentlich ein gutes Ziel, das auch Geflüchteten den Alltag erleichtert, denn sie müssen nun nicht mehr persönlich vor Ort beim jeweiligen Sozialamt erscheinen. Auch die Behörden werden entlastet, denn die bisherige Barauszahlung ist personell aufwendig. Die mit der Einführung der Bezahlkarte einhergehende Diskussion um Nutzungsbeschränkungen oder Sachzahlungen ist aber gefährlich. Geflüchtete, die vor Krieg und Armut fliehen, werden ihre Entscheidung zur Flucht sicherlich nicht davon abhängig machen, ob in einem Land die Auszahlung von staatlichen Leistungen in bar oder via Bezahlkarte erfolgt. Was man aber wiederum mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Verbreitung solcher unbelegten Hypothesen zum Erstarken rechtspopulistischer Narrative über Geflüchtete beiträgt, die besagen, dass diese nur aus finanziellen Gründen nach Deutschland kommen würden…“ Stellungnahme vom 20.02.2024 beim institut für finanzdienstleistungen externer Link (iff)
  • Bezahlkarte per Gesetz noch mehr verschärfen? Länder wollen Ampel zum Bruch des Koalitionsvertrags treiben – und die Proteste gegen das Abschreckungsinstrument reissen nicht ab
    • Bezahlkarte per Gesetz verschärfen? Länder wollen Ampel zum Bruch des Koalitionsvertrags treiben
      Erneut ist die Bezahlkarte für Geflüchtete Gegenstand eines öffentlich inszenierten Streits in der Bundesregierung – angeblich, um eine „rechtssichere“ Einführung der Bezahlkarte zu gewährleisten. Ginge es aber tatsächlich nur um die Rechtssicherheit, bräuchte es keine Gesetzesänderung: Die Stadt Hannover macht längst vor, dass und wie eine solche Karte diskriminierungsfrei schon jetzt zum Einsatz kommen kann. In verschiedenen Ländern und Kommunen sind Bezahlkarten vorhanden oder in Vorbereitung – auch solche, die aus Sicht von PRO ASYL inakzeptable Beschränkungen vorsehen. (…) Die Länder haben die Bezahlkarte als umfangreiches Diskriminierungsinstrument beschlossen und konzipiert. Doch sie wollen offenbar noch mehr und nun die Anwendungsmöglichkeiten der Karte ausweiten. Dazu könnte vor allem zählen, dass auch diejenigen Geflüchteten die Bezahlkarte bekommen sollen, die aufgrund langjährigen Aufenthalts längst einen Anspruch auf Leistungen analog der Sozialhilfe haben. Seit der jüngsten Verschärfung heißt das: nach über drei Jahren weiterhin nur eine Bezahlkarte anstatt gleichberechtigte Leistungen. Und die Bundesregierung scheint diesem Vorhaben in weiten Teilen folgen zu wollen. Nicht ausgeschlossen scheint, dass in nicht ferner Zukunft alle Bürgergeldempfänger*innen mit einer diskriminierenden Bezahlkarte leben sollen. PRO ASYL appelliert dringend an alle politischen Parteien, endlich damit aufzuhören, mit einem immer aggressiveren Ton und immer weiter gehenden Vorschlägen auf dem Rücken geflüchteter und bedürftiger Menschen populistische Politik zu betreiben…“ Pressemitteilung vom 20.02.2024 bei Pro Asyl externer Link
    • Bezahlkarten für Asylbewerber*innen: Paritätischer lehnt Einführung ab
      Die Bezahlkarten lösten kein reales Problem, sondern seien ein reines Abschreckungsinstrument. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, zu der aktuellen Debatte um Bezahlkarten für Asylbewerber*innen: „Die Bezahlkarten lösen kein reales Problem, sondern sind ein reines Abschreckungsinstrument. Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken. Entgegen der aktuellen Stimmungsmache gibt es keinerlei valide Daten, die belegen könnten, dass Geflüchtete in nennenswerter Größenordnung Bargeld ins Ausland schicken würden. Das Gegenteil ist der Fall: Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz decken nicht einmal das Existenzminimum. Künftig soll dieser eklatante Mangel nun auch noch der freien Verfügung der Betroffenen entzogen werden. Das ist pure Schikane und konterkariert alle Integrationsbemühungen. Es gibt dabei auch keinerlei belastbare Belege für den oft behaupteten Pull-Effekt von Sozialleistungen. Ganz im Gegenteil. Die Bezahlkarten könnten somit als reine Symbolpolitik abgetan werden, wenn sie für die Betroffenen nicht mit erheblichen Einschränkungen und Diskriminierungen einhergingen. Ohne Bargeld wird Zugang zu wichtigen Strukturen wie z.B. Tafeln, Suppenküchen, Möbelbörsen, Wochenmärkten oder Kleiderkammern stark eingeschränkt. Auch die anwaltliche Vertretung könnte erschwert werden – bspw. aufgrund räumlicher Beschränkungen der Karte. Der Paritätische lehnt die Bezahlkarten daher konsequent ab. Dass SPD und FDP gegen den Widerstand von Bündnis 90/Die Grünen darüber hinaus so vehement auf eine bundesgesetzliche Lösung drängen, obwohl sie sachlich gar nicht nötig ist, sollte uns alle alarmieren. Es könnte die Ausweitung auf andere Bezieherinnen und Bezieher von Sozialleistungen oder staatlichen Leistungen drohen – mit allen negativen Konsequenzen.”“ Pressemitteilung vom 22. Februar 2024 beim Paritätischen externer Link
    • Nur 50 Euro Bar im Monat: Bezahlkarte für Geflüchtete
      Die Einführung des staatlichen Diskriminierungsinstruments für Geflüchtete – die “Bezahlkarte” – beginnt. Im Bundesland Hamburg wird nun als erstes statt Bargeld die Karte ausgegeben. Zwar wurde sich von den Bundesländern teilweise auf einheitliche Regelungen verständigt, die genaue Ausgestaltung ist jedoch den Ländern selbst überlassen. Eine Gemeinsamkeit soll sein, dass keine Überweisungen generell und Zahlungen im Ausland getätigt werden können. Damit kommen die Bundesländer den rassistischen Erzählungen entgegen, die Schutzsuchenden vorwerfen, nur der Sozialleistungen wegen nach Deutschland zu kommen. Durch diese politischen Reaktionen, wird der vielfach widerlegte Mythos der “Pull-Faktoren” anerkannt und bestärkt. Die Folge ist eine noch schlechtere Behandlung von geflüchteten Menschen, die schon jetzt zahlreiche menschenunwürdige Strukturen und Einschränkungen erfahren. Dies zeigte sich vor wenigen Wochen bei der Verschärfung der Abschiebe-Gesetze durch die Ampelregierung und jetzt auch in der Umsetzung der “Bezahlkarte” in Hamburg…“ Meldung vom 19.02.2024 bei der Seebrücke externer Link
  • Bezahlkarte für Geflüchtete ist grundlegend diskriminierend und geht doch v.a. der CSU nicht weit genug, sie will den Kauf von Tabak oder Alkohol verbieten
    • Bezahlkarte für Geflüchtete: Ohne Bargeld bist Du aufgeschmissen
      Es ist üble Symbolpolitik, wenn Hamburg Geflüchteten das Bargeld kürzt. Im Alltag der Menschen wird für viele Dinge noch reales Geld benötigt.
      Die Bezahlkarte für Geflüchtete ist ein zweischneidiges Instrument. Nutzt man sie wie das grün regierte Hannover nur als Übergangslösung, bis die neu hier Angekommenen ihr eignes Konto haben, ist sie sinnvoll. Schränkt man aber die Bargeld-Auszahlung ein, wie Hamburg es jetzt mit seiner „SocialCard“ tut, ist das diskriminierend.
      Denn wir leben in einer Gesellschaft, in der vieles mit Münzen und Scheinen bezahlt wird. Man stelle sich vor eine Alleinerziehende mit drei Kindern vor: Die müsste nach dem Hamburger Modell mit 80 Euro Barem über den Monat kommen – nämlich 50 Euro für sich und je zehn für jedes Kind. Damit käme sie nicht mal vor die Tür.
      Andere Politiker wollen zudem einschränken, was mit der Karte gekauft werden darf oder wo. All das ist üble Symbolpolitik zu Lasten der Schwächsten. Dabei steht laut Grundgesetz allen Menschen ein würdiges Existenzminimum zu.
      Die Behauptung, die Geflüchteten würden Bargeld nutzen, um Schlepper zu bezahlen, ist nicht belegt. Migrationsforscher sprechen von aufgebauschten Anekdoten ohne belegbare Zahlen. Bekannt ist indes, dass die Menschen Geld in die Heimat schicken, wenn sie hier arbeiten und Geld verdienen. Daran ist nichts verkehrt
      …“ Kommentar von Kaija Kutter vom 16.2.2024 in der taz online externer Link
    • Der neue Vorstoß der CSU, die Bezahlkarte für Geflüchtete um ein Verbot des Kaufs von Alkohol und Zigaretten zu erweitern, ist ein perfektes Beispiel für die Dynamik der Entrechtung von Menschengruppen. Der Hunger nach noch mehr Unterdrückung wächst, umso mehr Futter er bekommt.“ Post von Robert Fietzke vom 17.2.24 auf bsky externer Link zu:
      • CSU will Flüchtlingen Kauf von Alkohol mit Bezahlkarte verbieten
        Asylbewerbern darf nach Überzeugung der Bundesregierung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verwehrt werden, mit der geplanten Bezahlkarte auch Tabak oder Alkohol zu kaufen. Vor allem die CSU will ein entsprechendes Gesetz…“  Focus-Meldung vom 16.02.2024 externer Link
    • Streit über Bezahlkarte für Asylsuchende: „Was soll dieses Hin und Her?“
      Hannover, Hamburg und mehrere Landkreise haben die Bezahlkarte für Asylsuchende bereits eingeführt. Während die Länder an der Umsetzung arbeiten, streitet die Ampel weiter über die Frage, ob es ein neues Gesetz braucht…“ Beitrag von Birthe Sönnichsen, ARD Berlin, vom 19.02.2024 in tagesschau.de externer Link
  • An der Bezahlkarte für Geflüchtete stört sich bei den Anti-AfD-Demonstrationen kaum jemand: Es macht einen Unterschied, wer ausgrenzt
    Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber ist ein Angriff auf die Selbstbestimmung und Würde geflüchteter Menschen. Hier zeigt sich beispielhaft, wie sehr die AfD trotz aller Proteste zu Deutschland gehört. (…) Die Bezahlkarte ist ein Beispiel dafür, wie Menschen stigmatisiert und ausgegrenzt werden. So wie die SZ wollen anscheinend auch große Teile der »gegen rechts« Demonstrierenden nichts davon wissen. Verweise auf den Rassismus der sogenannten Mitte wurden auf den Anti-AfD-Protesten wiederholt ausgebuht und angegangen. Die Frage drängt sich auf: Haben die Anti-AfD-Demonstranten überhaupt so etwas wie eine bestimmte Vorstellung von Gesellschaft, die jener der Rechten tatsächlich widerspricht?Kommentar von Pascal Beck in der Jungle World vom 15.02.2024 externer Link
  • #FakeNews zu Bezahlkarten für Geflüchtete in Thüringen
    Eine mehrere Monate alte Meldung des MDR zur damaligen Debatte um Bezahlkarten für Geflüchtete Menschen in Thüringen macht derzeit erneut die Runde – nun als #FakeNews. Bodo Ramelow wolle, so wird behauptet, für geflüchtete Menschen eine diskriminierende Bezahlkarte statt Bargeld einführen.
    Die Behauptung ist falsch.
    Richtig ist: Es geht um die Umstellung von Barzahlung auf eine diskriminierungsfreie, normale und übliche Geld- oder EC-Karte von Banken. Dabei darf es keine Einschränkung bei den Akzeptanzstellen oder der zu erwerbenden Gegenstände oder Lebensmittel geben und auch Bargeldabhebung muss möglich sein. Das ist also kein Zurück zum Gutschein- oder Sachleistungssystem. Anders als Bodo Ramelow will die Thüringer CDU Schikanen für die Menschen einbauen – das lehnen wir strikt ab! Auch im Kreis der anderen Bundesländer, die eine Umstellung auf unbar wollen, plädierte Bodo Ramelow nicht nur in der Ministerpräsidentenkonferenz immer wieder für eine diskriminierungsfreie Geld- oder EC-karte ohne Einschränkungen. Anders als insbesondere unionsgeführten Ländern geht es Bodo Ramelow und Thüringen also um Lösung ohne Schikanen und nicht um eine Umstellung von Bar- auf Sachleistungen. Bereits im Oktober 2023 war die Diskussion soweit, dass nur ein Beharren Thüringens das Fenster zur Freiheit von Diskriminierung in der Ministerpräsidentenkonferenz offen hielt
    …“ Richtigstellung der Linken Thüringen vom 13. Februar 2024 externer Link
  • (Nicht nur) PRO ASYL kritisiert: Bundesländer machen Bezahlkarte zum Diskriminierungsinstrument 
    „Nach der heutigen Einigung von 14 der 16 Bundesländer auf gemeinsame Standards bei der Bezahlkarte für eine bestimmte Gruppe von Geflüchteten hält PRO ASYL an der grundsätzlichen Kritik an der Bezahlkarte fest: (…) „Bund und Länder haben mit der Einigung zur Bezahlkarte ein Diskriminierungsprogramm verabredet. Denn das erklärte Ziel der Ministerpräsident*innen mit dem Bundeskanzler im November 2023 war, mit unterschiedlichen Maßnahmen die Asylzahlen zu senken. Mit der Bezahlkarte wird also vor allem der Zweck verfolgt, den Menschen das Leben hier schwer zu machen und sie abzuschrecken. Schon allein wegen dieses unverhohlenen Motivs wirft die Bezahlkarte verfassungsrechtliche Fragen auf. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf“, sagt Andrea Kothen, Referentin bei PRO ASYL. An der heutigen Einigung sind drei Punkte besonders problematisch: – Überweisungen sollen nicht möglich sein: Ohne eine Überweisungsmöglichkeit werden Geflüchtete aus dem Alltagsleben ausgegrenzt. (…) – Kein Mindestbetrag für die Barabhebung: Die Möglichkeit, über Bargeld zu verfügen, ist vor allem zur Sicherung des – verfassungsrechtlich verbürgten – soziokulturellen Existenzminimums geboten. Wer dies angreift, greift die Menschenwürde der Betroffenen an. Wer in Deutschland ohne Bargeld lebt und nur wenige Dinge in wenigen Läden kaufen kann, verliert an Selbstbestimmung und macht demütigende Erfahrungen, etwa wenn der Euro für die öffentliche Toilette oder der Beitrag für die Klassenkasse feht. – Regionale Einschränkung: Die regionale Einschränkung der Karte stellt offenkundig den Versuch einer sozialpolitischen Drangsalierung dar, die Freizügigkeit der Betroffenen durch die Hintertür zu beschränken: Wer Verwandte oder Freund*innen besucht oder einen weiter entfernten Facharzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen möchte, kann in ernste Schwierigkeiten geraten, wenn er nicht einmal eine Flasche Wasser kaufen kann. (…) Die nun beschlossenen angeblichen Standards der Bezahlkarte sind allerdings keine Standards, sondern lediglich der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Bundesländer einigen konnten, um eine schändliche politische Willenserklärung abzugeben. Die Bundesländer können aber trotzdem großzügigere Regelungen als die dort festgehaltenen anwenden. PRO ASYL appelliert an die Eigenverantwortung der Länder und Kommunen, die nach wie vor vorhandenen Spielräume zu nutzen und auf eine Bezahlkarte zu verzichten oder diese zumindest diskriminierungsfrei auszugestalten. Dazu hatte PRO ASYL im Dezember 2023 unter dem Motto „Menschenrechtliche Standards beachten!“ notwendige Eckpunkte veröffentlicht. Auch die Kommunen werden nicht entlastet: Denn die Kürzung von Sozialleistungen und der Umstieg auf mehr Sachleistungen halten die Menschen nicht davon ab, vor Krieg oder Vertreibung zu fliehen. Wissenschaftliche Untersuchungen, wie zum Beispiel die des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, zeigen zudem: Rechtsstaatlichkeit, Freund*innen, Familie und die Arbeitsmarktbedingungen in einem Land sind Faktoren für den Zielort einer Flucht. Sozialleistungssysteme dagegen wirken sich nicht als entscheidungsrelevant aus. Auch die Bezahlkarte wird also an den Fluchtwegen von Menschen nichts ändern.“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 31. Januar 2024 externer Link

    • Ein Thread zum Diskurs hinter der „Bezahlkarte„: Die Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland arbeitet seit jeher in den schmutzigsten/prekärsten Jobs im Niedriglohnsektor, in Leiharbeitsfirmen, teilweise noch unangemeldet und unter Mindestlohn. Wenn es um die Ausbeutung von Geflüchteten geht, ob vor oder nach ihrer Flucht, also um das, was den Menschen durch Ausbeutung „gestohlen“ wird, ist fast immer nur Stille – selbst bei linken Kräften, geschweige denn bei führenden Politiker*innen. Die großen (multinationalen) Konzerne machen aus dem Leid der Menschen ein Geschäft und das Geld, das sie vom Staat bekommen, kommt nur zum Teil bei den Adressat*innen an. Diese „Steuergelder“ fließen dann auch noch ins Ausland: Serco z.B. hat seinen Sitz in Großbritannien. Viele Unterkünfte sind einfach nicht zum Wohnen geeignet, und zwar nicht wegen fehlender Ressourcen. Dies ist die Folge einer bewussten Pushbacks- und Privatisierungspolitik – Hand in Hand. Niemand spricht darüber – es ist alles „normal“, was mit den Flüchtlingen passiert. Viele Geflüchtete sind an Unterdrückung & Ausbeutung sowieso „gewöhnt“. Viele brauchen erst einmal Aufklärung über die eigenen Verhältnisse/deren Wurzeln. Aber „der/die Europäer*in“ will auch die Begriffe Aufklärung und Freiheit nur für sich haben. (siehe: Epistemische Gewalt)
      Es geht hier nicht um die technischen Details einer Bezahlkarte („kann auch gut umgesetzt werden bla bla“), sondern um das Narrativ dahinter. Die Art und Weise, wie dies begründet wird, geht Hand in Hand mit der bürgerlichen ideologischen Verblendung. Politiker*innen wie Söder, Klingbeil oder Lindner sind sich wahrscheinlich bewusst, dass sie eine populistische Politik betreiben, die an den wesentlichen Problemen von vielen Menschen schlicht nichts ändert. Aber wie kann man die Menschen von dieser Verzerrung „befreien“? Der*die Unterdrücker*in neigt in der Regel dazu, auch wenn er*sie „solidarisch“ ist, die Notwendigkeit der Befreiung auf die Unterdrückten abzuwälzen, sich auch hier von der „Arbeit“ zu befreien. Doch bedarf es einer (ideologischen) Befreiung der „Nicht-Geflüchteten“/Deutschen.
      Dies geschieht nur, wenn wir uns den tatsächlichen Bedingungen zuwenden, die letztlich die Menschen(-gruppen) am stärksten beeinflussen, über ihre Zugänge entscheiden und sie in Angst (vor dem Verlust des Eigenen), Wut oder whatever treiben.  Wenn wir uns von der Realität entfernen, gewinnen diese Verzerrungen („Die überweisen Geld ins Ausland!“) die Oberhand. Vieles bleibt hinter diesem Geschwätz verborgen. Was jetzt passiert, reicht nicht für eine gerechte Kontextualisierung sowie eine verbindende Politik.
      Kurzum: Wir müssen den Kontext erweitern und eine einfache Sprache (einer Massenbewegung) finden, die globale sowie lokale Verantwortlichkeiten in einen Zusammenhang stellt, eine eigene Erzählung aufbaut. Die Geflüchtete und ihre „Allies“ können dies nicht alleine tun
      .“ Thread von Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. vom 8.2.24 externer Link
  • Eine Idee aus den 90ern: Bezahlkarte statt Bargeld sollen Asylsuchende davor abschrecken, nach Deutschland zu kommen
    Was momentan als moderne Idee verkauft wird, ist seit den 90er Jahren schon mehrfach gescheitert. (…) Berlin startete früh mit der Chipkarten-Idee. Die damalige Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) führte 1998 die Bezahlkarte für Geflüchtete in Landesobhut ein, vier Bezirke zogen mit. Sie sagte damals: „Der Anreiz, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen, wird mit der Einführung des Chipkartensystems nicht mehr so groß sein.“ Von Anfang an machte das System Probleme: Es gab nicht in allen Geschäften die damals nötigen ISDN-Anschlüsse, um die Kartenzahlungen abzuwickeln. Generell akzeptierten nur wenige Händler die Karte, zu Beginn waren es in ganz Berlin nur 42 Geschäfte. Zielvorgabe waren mindestens drei Geschäfte pro Berliner Bezirk. Discounter waren nicht darunter, daher mussten die Asylbewerber:innen oft vergleichsweise viel Geld für Grundlebensmittel ausgeben. (…) „Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen VerkäuferInnen, die hier die rechtsauslegende Instanz sind, zum Beispiel Kochtöpfe nicht als Haushaltswaren ansehen und den Verkauf verweigern“, heißt es in einer damaligen Mitteilung der Initiative gegen das Chipkartensystem. Außerdem war es nicht möglich, Geld anzusparen, das Guthaben verfiel zum Ende eines Monats. (…)Verdient hat an dem System auch der Anbieter der Karten: Das Unternehmen Infracard, das später von Sodexho aufgekauft wurde, bekam 1,5 Prozent des monatlichen Umsatzes als Provision, im Jahr 2001 waren das 113.788 D-Mark. 2002 entschied sich die mittlerweile zuständige Sozialsenatorin Knake-Werner von der PDS dazu, „das Chipkartensystem zugunsten von Barleistungen“ aufzugeben und die Verträge mit Sodexho zu kündigen. (…) Das Scheitern des bayerischen Landkreises Erding liegt noch nicht so lange zurück wie das aus Berlin und hat andere Gründe. Im Mai 2016 begann der Kreis mit dem sogenannten KommunalPass. (…) Kritik gab es dennoch: Die Zahlung und Abhebung funktioniere oft nicht, so die Erdinger Aktionsgruppe Asyl. Es gab wiederholt technische Probleme. Nach einer Petition legte auch der Sozialausschuss des bayerischen Landtags dem Erdinger Landrat nahe, die Karte zu überdenken – ohne Effekt. Landrat Martin Bayerstorfer hielt trotz ständiger Kritik an der Karte fest. Sie fand erst 2020 ein unfreiwilliges Ende: Der Finanzdienstleister Wirecard ging in einem spektakulären Betrugsfall insolvent. (…) Zunächst wollte man eine Nachfolge für Wirecard suchen, doch daraus wurde nichts. Stattdessen begann der Landkreis im Mai 2021 mit einer Methode, die sowohl die Verwaltung entlastete als auch Geflüchteten einen selbstbestimmten Umgang mit dem knappen Geld ermöglichte: Erding überwies das Geld standardmäßig auf die Konten der Asylsuchenden. Wer noch keines hatte, bekam das Geld bar. Ein neuer Zahlungsdienstleister wäre „zu teuer geworden“, sagte der Landrat.“ Beitrag von Anna Biselli vom 25. Januar 2024 bei Telepolis externer Link

  • Kein Wettlauf der Schäbigkeiten! Bund und Länder müssen bei der Leistungsgewährung für Geflüchtete die Verfassung wahren und auf rassistische Diskriminierungen zu verzichten
    Verbände und Initiativen fordern Bund und Länder auf, bei der Leistungsgewährung für Geflüchtete die Verfassung zu wahren und auf weitere rassistische Diskriminierungen zu verzichten
    Auf ihrem letzten Treffen haben die Ministerpräsident:innen der Länder gemeinsam mit dem Bund beraten, was getan werden kann, um die Zahl der Asylsuchenden in Deutsch­land zu reduzieren. Ein Vorschlag der MPK lautet: Die Bezugsdauer für eingeschränkte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz soll von 18 auf 36 Monate verlängert werden, und die Bargeldausgabe an Asylsuchende soll über eine sog. „Bezahlkarte“ regle­mentiert werden. Als Verbände, die im Umgang mit Asylsuchenden in Niedersachsen lange Erfahrung haben, stellen wir fest:
    1) Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind verfassungswidrig (…)
    2) Die vorgeschlagenen Maßnahmen sorgen für eine Desintegration: Eine Politik der Abschreckung und „Vergrämung“ durch Leistungskürzungen und sozialen Ausschluss hat für die hier lebenden Geflüchteten gravierende Folgen. Der verlängerte Ausschluss von einer gleichberechtigten Teilhabe durch Unterschreitung des gesetzlich definierten Existenzminimums, die Versagung einer angemessenen Gesundheitsversor­gung über die Krankenkassen und technische Restriktionen über eine „Bezahlkarte“ ge­fährden die Gesundheit und verursachen Prozesse der Ausgrenzung und Ghettoisierung. Sie verstärken damit rassistische Erfahrungen, die oftmals ohnehin zum Alltag Geflüchte­ter gehören.
    3) Die vorgeschlagenen Maßnahmen verfehlen ihr Ziel…“ Aufruf vieler Organisationen am 6. Dezember 2023 beim Flüchtlingsrat Niedersachsen externer Link
  • Bezahlkarte für Geflüchtete: Aktionismus ohne Verstand. Bayerns Regierung schikaniert Geflüchtete schneller und besser als andere
    • Die Asylpolitik der CSU: Aktionismus ohne Verstand
      Bayerischer Flüchtlingsrat: Bayerns Regierung schikaniert Geflüchtete schneller und besser als andere (…) Weiter wiederholte Markus Söder heute seine Forderung, dass sogenannte ‚finanzielle Anreize‘ für Geflüchtete gesenkt werden müssen. Bereits letzte Woche, als die Bayerische Staatsregierung die Einführung einer Bezahlkarte in Bayern ab Februar 2024 verkündete, verbreiteten Markus Söder und Co. die Behauptung, dass Menschen aufgrund von Sozialleistungen nach Deutschland kommen. In der Migrationsforschung gelten diese sogenannten „Pull-Faktoren“ als längst überholt und wissenschaftlich nicht nachweisbar. Menschen fliehen in erster Linie vor Krieg und Unterdrückung und humanitärer Notlagen. Ökonomische Faktoren greifen für die Erklärung von Fluchtbewegungen viel zu kurz. Das stellt auch die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstellte Studie „Warum Deutschland“ fest. Die aktuelle Planung der Bayerischen Regierung zur Einführung einer Bezahlkarte ist datenschutzrechtlich höchst bedenklich und schränkt die Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit von Geflüchteten ein. Land, Kommunen und individuelle Sachbearbeiter:innen erhalten die Befugnis, Beträge, Standorte und Zeitrahmen festzulegen sowie darüber zu entscheiden, wer, wie oft, wo und in welchem Umfang einkaufen darf. Es bleibt momentan ungewiss, von welchen Geschäften die Bezahlkarte als reguläres Zahlungsmittel anerkannt wird. Überall dort, wo Bargeld oder ein Überweisungsschein erforderlich sind, ist keine Bezahlung mehr möglich. Sowohl der Kauf einer Breze am Schulkiosk, das Materialgeld in der Schule, als auch die Bezahlung der Anwaltskosten werden zu einer logistischen Herausforderung. „Bezahlkarten belasten die Verwaltung und führen keineswegs zu einer Entlastung von Kommunen. Das haben die bisherigen Versuche gezeigt“, so Böhm weiter. „Die Bezahlkarte diskriminiert Geflüchtete und schließt sie von weiten Teilen des alltäglichen Lebens aus. Statt Diskriminierung und Ausgrenzung à la Söder würde eine zügige Integration helfen, Geflüchtete in Bildung und Beschäftigung zu bringen. Das wäre ein Gewinn für die Kommunen!“Meldung vom 23. November 2023 beim Bayerischen Flüchtlingsrat externer Link
    • Massive Kritik des RAV an bayerischem Beschluss, bei der Bezahlkarte für Geflüchtete vorpreschen zu wollen
      Populistisches Vorhaben greift ungerechtfertigt in Grundrechte von Geflüchteten ein und ist weder sach- noch zweckgerecht.
      In der vergangenen Woche beschloss das bayerische Kabinett die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete. Das Vorhaben sei ein Mittel zur Verringerung von „Zuzugsanreizen und der Finanzierung von Schlepperkriminalität“. Außerdem wolle Bayern Vorreiter sein, die Beschlüsse aus dem Bund-Länder-Gipfel Anfang November umzusetzen. Der RAV betrachtet das Vorhaben als populistische Symbolpolitik und kritisiert den erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen. „Betroffen sei vor allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, so Rechtsanwalt Yunus Ziyal von der AG Migrationsrecht Süd des RAV, „Mittels der Datenerhebung über ihre Einkäufe kann eine Kontrolle der Migrant*innen stattfinden, was auch die Erstellung von Bewegungsprofilen ermöglichen würde.“ Der Rechtsanwalt erklärt weiter: „Auch drohen erhebliche Einschränkungen in der allgemeinen Handlungsfreiheit, wenn die Sperrung bestimmter Waren und regionale Beschränkungen erfolgen, und wir befürchten schwerwiegende Verletzungen des Datenschutzes unserer Mandant*innen, insbesondere bei der übereilten Umsetzung hier in Bayern.“  Zudem ist das Vorhaben weder sach- noch zweckgerecht. (…) Die geplante Beschränkung führe schließlich zu Entmündigung der Betroffenen auch im Bereich Ernährung, wenn bestimmte – bspw. afrikanische – Lebensmittel bayernweit nur in München oder Nürnberg in Fachgeschäften erworben werden können, gleichzeitig Geflüchtete oft in ländlichen Kommunen untergebracht werden. Wenn Betroffene zudem an jeder Kasse als Asylbewerber*innen erkennbar sind, kein Onlinekauf möglich ist und „bestimmte Händler“ ausgeschlossen sein sollen, resultiert das in weiterer Diskriminierung und Stigmatisierung der Betroffenen. Das System der Bezahlkarten hieße, dass jenseits großer Händler*innen keine Käufe getätigt werden könnten. Betroffen wären u.a. Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte oder Schulfeste, Käufe bei Straßenhändler*innen, private Käufe von Gebrauchtartikeln, Tickets im ÖPNV oder Toilettengebühren. Das Gegenteil von Integration wäre die Folge…“ Pressemitteilung vom 24.11.23 bei RAV externer Link
  • Länger unter dem Existenzminimum und „Bezahlkarten“ statt Bargeld: So will die Bundesregierung bei Geflüchteten Geld sparen und Flüchtende „abschrecken“ 
    • Bund-Länder-Treffen zu Asylpolitik: Geiz statt Reiz
      Die Länder und der Bund haben sich im Streit über Migrationspolitik geeinigt. Ihre Beschlüsse sollen vor allem Kosten sparen und Flüchtende abschrecken. (…) Um die Kommunen weiter zu entlasten, soll gespart werden – und zwar bei den Geflüchteten selbst. Asylbewerber*innen und Geduldete bekommen in Deutschland nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohnehin schon rund 18 Prozent weniger Sozialhilfe als Deutsche. Auch die Gesundheitsversorgung ist deutlich eingeschränkt. Erst nach 18 Monaten werden die Leistungen weitestgehend angeglichen. Dieser Zeitraum soll nun von anderthalb auf drei Jahre ausgeweitet werden. Auch anerkannte Schutzsuchende und Ukrainer*innen sollen gekürzte Leistungen bekommen, wenn sie in Gemeinschaftsunterkünften leben, in denen etwa die Verpflegung gestellt wird. Kommen sollen auch die von Union und FDP lautstark geforderten bundesweit einheitlichen „Bezahlkarten“ statt Bargeld für Menschen im Asylverfahren oder Geduldete. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende Januar 2024 ein Modell für ein solches Bezahlsystem erarbeiten…“ Artikel von Dinah Riese vom 7.11.2023 in der taz online externer Link
    • Länger im Existenzminimum: So will die Bundesregierung bei Flüchtlingen Geld sparen
      Im Streit um die Aufteilung der Kosten für Flüchtlinge sind sich Bund und Länder einig geworden. Länder und Kommunen sollen entlastet werden, indem der Bund mehr Geld gibt und bei der Versorgung der Schutzsuchenden gespart wird. Ziel: Deutschland soll für Geflüchtete unattraktiv werden. Experte bezweifelt die Wirkung…“ Beitrag von Corinna Buschow vom 07.11.2023 im Migazin externer Link – wir erinnern daran, dass sich die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unter dem Existenzminimum befinden!
    • Der Beschluss des #Migrationsgipfel|s, Geflüchteten 36 Monate anstatt bisher 18 Monate die Sozialleistungen zu kürzen, ignoriert die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums völlig…“ Thread von Sarah Lincoln vom 7. Nov. 2023 externer Link
    • PRO ASYL ist entsetzt über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz
      „… „Die beschlossene Verlängerung gekürzter Sozialleistungen für Geflüchtete ist nichts anderes als ein politischer Tritt nach unten – mit beifallheischendem Blick auf die verunsicherten und ressentimentgeladenen Teile der Bevölkerung“, kommentiert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Mit Blick auf die Menschenwürde in unserer Verfassung ist dies ein beschämender Schritt – zumal die beschlossene Änderung an den aktuellen Flüchtlingszahlen absehbar überhaupt nichts ändern wird.“
      Mit dem Kürzungsbeschluss ignorieren die Ministerpräsident*innen von Bund und Ländern auch die Expertise und einmütige Einschätzung von Fachorganisationen. Die Kürzungen sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht fraglich und zeugen von Empathielosigkeit und Unkenntnis der Lebensrealität geflüchteter Menschen. Über 150 Fachverbände und soziale Organisationen hatten sich Anfang November gemeinsam gegen Kürzungen am Existenzminimum ausgesprochen und stattdessen für die sozialrechtliche Gleichstellung Geflüchteter geworben. PRO ASYL kritisiert Kürzungen am Existenzminimum als Angriff auf die Menschenwürde.
      Wer Integration erwartet, tut sich keinen Gefallen damit, ankommende Geflüchtete lange Zeit erst einmal vor den Kopf zu stoßen und ihnen zu signalisieren, dass sie nicht erwünscht sind, indem man sie mit geringeren Sozialleistungen ausgrenzt. Die weitere Kürzung der monatlichen Leistungen, schließt Geflüchtete von Maßnahmen oder Leistungen aus, die für ihr Leben essentiell sind. Der verlängerte Ausschluss von Analogleistungen zum Bürgergeld schließt Menschen von Maßnahmen zur Vorbereitung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt aus und behindert ihre Vermittlung in Arbeits- und Ausbildungsstellen. Zudem wird ihnen im Asylbewerberleistungsgesetz eine angemessene Gesundheitsversorgung verwehrt, die für Asylbewerber*innen, die oft traumatische Gewalt im Herklunftsland oder auf der Flucht erleiden mussten, von erhebliche Bedeutung sind.
      Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass Kürzung von Sozialleistung und der Umstieg auf mehr Sachleistungen für die Kommunen keinen positiven Effekt, dafür aber viele negative Folgen haben: Menschen werden durch Sachleistungen entwürdigt und gedemütigt, aber nicht von der Flucht vor Krieg und Vertreibung oder der Obdachlosigkeit in anderen Teilen Europas abgehalten. Wissenschaftliche Untersuchungen, wie zum Beispiel die des Bundesamtes, zeigen: Das Vorhandensein von Rechtsstaatlichkeit, Freunden und Familie oder die Arbeitsmarktbedingungen sind Faktoren für den Zielort einer Flucht. Sozialleistungssysteme dagegen wirken sich nicht als entscheidungsrelevant aus. Auch die Einführung einer Bezahlkarte wird an dem Fluchtweg von Menschen nichts ändern. (…)
      Nach dem Bundesverfassungsgericht hat jeder Mensch das Recht auf ein menschenwürdiges physisches, aber auch soziokulturelles Existenzminimum, das die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. Ob die gegenüber dem sozialrechtlichen Existenzminimum gekürzten Grundleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes überhaupt mit dem Verfassungsrecht vereinbar sind, ist fraglich. Nachdem das Verfassungsgericht konkrete Leistungssätze des Asylbewerberleistungsgesetzes bereits mehrfach nach oben korrigierte und Kürzungen widersprach, ist aktuell ein weiteres Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.“ Pressemitteilung vom 07.11.2023 externer Link
    • Siehe auch: Ministerpräsidentenkonferenz: „Irreguläre“ Migration beschränken ohne reguläre zu bieten und die nicht verwertbaren, die es zuvor geschafft haben, aushungern…
  • Appell von 154 Organisationen: Die Menschenwürde gilt für alle – auch für Geflüchtete! Gegen sozial-rechtliche Verschärfungen und für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes 
    Vor 30 Jahren – am 1. November 1993 – trat das Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Zum traurigen Jubiläum kritisiert ein Bündnis von 154 Organisationen auf Bundes, Landes- und kommunaler Ebene die aktuell besonders heftige Debatte über immer weitere Einschränkungen bei Sozialleistungen für Geflüchtete. Die Forderungen des Appells lauten: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden! Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden.
    30 Jahre lang Diskriminierung, Entmündigung und Kürzungen am Existenzminimum Geflüchteter – das ist die Bilanz, die PRO ASYL und Wohlfahrtsverbände, medizinische Organisationen, Menschenrechtsorganisationen und Antidiskriminierungsvereine ziehen. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: „Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zunehmend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. Die Diskussionen über Sozialleistungen sind dafür ein gutes Beispiel. Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistungen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll“, heißt es in dem heute veröffentlichten Appell…“ Pressemitteilung vom 31.10.2023 bei Pro Asyl externer Link zum Appell externer Link
  • Soziale Rechte für alle! Jegliche Ausgrenzung beenden! Bundesweite Aktionstage zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 28. Oktober bis 1. November 2023 
    Auf die rassistischen Übergriffe gegen Geflüchtete Anfang der 90er Jahre antwortete eine breite Mehrheit der im Bundestag vertretenen Parteien mit Hetze und Ausgrenzung: Das Grundrecht auf Asyl wurde ausgehöhlt und mit dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ein diskriminierendes Sondergesetz beschlossen. Erstmals wurde eine bestimmte Bevölkerungsgruppe aus der Bundessozialhilfe ausgegrenzt und intensive sozialpolitische Eingriffe in Grund- und Menschenrechte gesetzlich legitimiert. Betroffene wurden letztlich zu einem prekären Leben in Substandards gezwungen. Selbst der Kontakt mit Bargeld wurde durch das Sachleistungsprinzip verboten. 19 Jahre wurden die minimal gewährten (Sach-)Leistungen nicht angehoben. Am 1. November jährt sich das Inkrafttreten des ausgrenzenden Gesetzes zum 30. mal. Dies nehmen wir zum Anlass, die Forderungen nach der Abschaffung des AsylbLG und jeglicher sozialpolitischer Ausgrenzung auf die Straße zu tragen…“ Aufruf externer Link mit vielen Organisationen auf der Aktionsseite der Kampagne für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes externer Link und dort allen Infos zu den Städten externer Link – siehe auch #noAsylbLG
  • Warum Sachleistungen für Geflüchtete eine schlechte Idee sind 
    Im aktuell aufgeheizten Klima einer angeblichen Flüchtlingskrise wird wiederholt von einigen Politiker*innen aus CDU/CSU und FDP gefordert, dass Geflüchtete ihre Unterstützung in Form von Sachleistungen erhalten sollen. Doch Sachleistungen sind diskriminierend, teuer und sinnlos – hier sind fünf Argumente gegen Sachleistungen…“ Beitrag vom 04.10.2023 bei Pro Asyl externer Link
  • Bezahlsysteme für Geflüchtete: Karten der Abschreckung 
    „Mehrere Parteien und Kommunen planen Chipkarten für Asylsuchende. Mit den Bezahlsystemen können Aufenthaltsbeschränkungen durchgesetzt und Einkäufe eingeschränkt werden. Flüchtlingsorganisationen kritisieren die massiven Einschnitte in die Selbstbestimmung. Gleich zwei Vorschläge ließen die Bundespolitik in der vorvergangenen Woche aufhorchen. Zuerst preschte CSU-Chef Markus Söder vor und kündigte eine Chipkarte für abgelehnte Asylbewerber*innen an. Wenig später forderte auch die FDP eine bundeseinheitliche Bezahlkarte für Schutzsuchende. Vieles an den Vorschlägen bleibt noch vage, doch klar ist: Es geht um Abschreckung – und Kontrolle. (…) Im FDP-Beschluss heißt es dazu: „Damit schwächen wir einen entscheidenden Pull-Faktor.“ Als Pull-Faktoren werden positive Anreize bezeichnet, in ein bestimmtes Land zu kommen. Pull-Faktoren zu reduzieren, ist eine euphemistische Umschreibung für Abschreckung. Ob das wirklich funktioniert, ist wissenschaftlich mindestens umstritten. Laut dem bayerischen Spitzenkandidaten Martin Hagen vereine eine Bezahlkarte die „Vorteile von Bargeld mit den Vorteilen von Sachleistungen“. Dies sei eine „pragmatische Lösung“. (…) Dem widersprechen Organisationen der Flüchtlingshilfe. Andrea Kothen, Referentin bei Pro Asyl, erinnert an die 1990er Jahre. Bereits dort habe es von Chipkarten über Papiergutscheine bis zu Lebensmittelkartons verschiedene Formen von Bezahlsystemen und Sachleistungen für Geflüchtete gegeben. „Profitiert haben davon mitnichten die Kommunen, sondern vor allem private Konzerne, die für die Bereitstellung und Abwicklung des Systems hohe Summen von den Kommunen oder Ländern kassierten.“ Kommunen hätten jedoch einen deutlich höheren Aufwand gehabt als für die Auszahlung von Bargeld. Details zu geplanten Funktionen der Karte nennt die FDP nicht, auch nicht auf Nachfrage unserer Redaktion. Erst im August hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag eine bundeseinheitliche Bezahlkarte noch abgelehnt. (…) Schon der Ausschluss von Bargeld greift in die Freiheit von Geflüchteten ein. „Bargeld spielt in Deutschland im Alltag eine wahnsinnig große Rolle. Wenn mit der Chipkarte keine Bargeldabhebungen möglich sind, haben Geflüchtete nicht mehr die Möglichkeit, Geldgeschäfte des täglichen Lebens zu tätigen“, teilt der Flüchtlingsrat mit. Betroffen wären etwa Flohmärkte, Gemeindefeste oder der Pausenverkauf in der Schule. Für solche Geschäfte, räumt auch das bayerische Innenministerium ein, „wird es wohl erforderlich sein, dass ein geringer Betrag auch abgehoben werden kann.“ (…) Zudem soll die bayerische Bezahlkarte „nur in dem nach Asylgesetz oder Aufenthaltsgesetz zulässigen Aufenthaltsbereich einsetzbar sein“, wie das bayerische Innenministerium erklärt. Hierbei spricht man von „Geofencing“, also der automatischen Kontrolle des Aufenthalts. (…) Von Unternehmensseite hatte in der Vergangenheit unter anderem Wirecard für digitale Flüchtlingskarten lobbyiert, wie das Neo Magazin Royale gemeinsam mit FragDenStaat aufgedeckt hatte. Im bayerischen Landkreis Erding hatte der Finanzdienstleister bereits eine Karte betrieben. Der sogenannte „Kommunalpass“ war politisch bis in die CSU hinein umstritten. Mittlerweile ist Wirecard insolvent, der Kommunalpass damit Geschichte – und die CSU setzt voll auf die digitale Kontrolle und Abschreckung mittels Bezahlkarten. Beitrag von Leonhard Pitz vom 25. September 2023 bei Netzpolizik.org externer Link
  • [Aktionswoche 20.-26. Mai 2023] 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: Ein trauriges Jubiläum und kein Grund zum Feiern – aber ein Grund für Aktionstage! 
    Am 26. Mai 1993 wurde das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mit der Änderung des Grundgesetzes Artikel 16 „Politisch Verfolgte genießen Asyl“ im Bundestag beschlossen. Die unantastbare Würde des Menschen wurde antastbar. Seitdem gibt es zwei Menschenwürden in diesem Land. Es reicht! Wir fordern die ersatzlose Streichung des ausgrenzenden AsylbLG! Aufruf zur Kampagne 2023 und bundesweite Aktionswoche vom 20. – 26. Mai 2023 – 30 Jahre Protest gegen das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
    Die Bundesregierung plant, das AsylbLG grundlegend zu reformieren – auch deshalb braucht es gerade jetzt spürbaren zivilgesellschaftlichen Druck, damit sich die Regierungsvertreter:innen nicht auf eine vermeintliche gesellschaftliche Mehrheit berufen können, denen weniger Menschenverachtung im AsylbLG nicht vermittelbar sei
    …“ Aus dem Thomé Newsletter 12/2023 vom 02.04.2023 externer Link, siehe dazu:

    • 30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz: 200 Organisationen fordern seine Abschaffung 
      1993 beschloss der Bundestag die Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes als Instrument der Abschreckung. Zum 30. Jahrestag der Beschlussfassung am 26. Mai fordern mehr als 200 Organisationen die Gleichbehandlung aller Menschen in Deutschland nach den Regeln des Sozialgesetzbuchs: „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“…“ Pressemitteilung vom 25.05.2023 bei Pro Asyl externer Link
    • Es gibt nur eine Menschenwürde! 200 Verbände für sozialrechtliche Gleichbehandlung Geflüchteter 
      „… Vor 30 Jahren – am 26. Mai 1993 – hat der damalige Bundestag im sogenannten »Asylkompromiss« beschlossen, das in der Verfassung garantierte Grundrecht auf Asyl stark zu beschneiden, um Flüchtlinge möglichst fernzuhalten. Gleichzeitig wurde mit dem »Asylbewerberleistungsgesetz« (AsylbLG) ein neues Gesetz geschaffen, das die Lebensverhältnisse von Asylsuchenden in Deutschland gezielt verschlechtern und die soziale Versorgung auf ein Niveau deutlich unterhalb der normalen Sozialleistungen absenken sollte. Das AsylbLG trat am 1. November 1993 in Kraft. Im 30. Jahr seines Bestehens fordert nun ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Motiviert war das AsylbLG durch einen zentralen Gedanken: den der Abschreckung. Ziel war es, geflüchtete Menschen durch eine möglichst schäbige Behandlung und verordnete Geldnot, verbunden mit dem verpflichtenden Wohnen in Sammelunterkünften und einem Arbeitsverbot, von der Flucht nach Deutschland abzuhalten  oder zur Ausreise zu bewegen. Damit kam man den aggressiven und menschenfeindlichen Stimmen in Politik und Gesellschaft Anfang der 1990er Jahre weit entgegen. Im gerade erst »wiedervereinigten« Deutschland dienten deutlich gestiegene Asylantragszahlen als Anlass für eine explosive flüchtlingsfeindliche Stimmungsmache von Politik und Medien. Der Mob der Straße gab seinerseits das Echo mit rassistischen Attacken auf Unterkünfte und Mordanschlägen auf Migrant*innen, von denen die brutalen Exzesse von Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda oder die Morde von Mölln oder Solingen nur einige der bekanntesten sind. (…) Die Beschlüsse, die die Ministerpräsident*innen und der Bund beim Flüchtlingsgipfel am 10. Mai 2023 gefasst haben, brechen mit dem menschlichen Anstand wie auch mit dem Völkerrecht: An den (EU‑) Grenzen sollen Asylsuchende künftig inhaftiert und in Drittstaaten zurückgewiesen werden, und auch im Innern sollen staatliche Gewaltmaßnahmen den Ausreisedruck erhöhen. Bestärkt durch den politischen Alarmismus auch aus den Reihen der roten, grünen oder gelben Koalitionsparteien droht 30 Jahre nach dem Asylkompromiss die Solidarität in der breiten Gesellschaft bedrohlich zu wackeln. Erneut werden Sammellager für Geflüchtete niedergebrannt, erneut fürchten Menschen in rassistischen Angriffen um ihr Leben. Die Bundesregierung muss in dieser Situation eine klare Haltung zu Diskriminierung und Rassismus entwickeln, alte Fehler korrigieren und nicht – auch nicht symbolisch – dem Mob hinterherlaufen. (…) Eine weitere Entgleisung droht auch sozialpolitisch. Klar ist: Die Leistungen des AsylbLG unterschreiten bereits das gesetzlich festgelegte Existenzminimum für ein menschenwürdiges Leben. Eine zweite, abgesenkte Menschenwürde kann es nicht geben. Statt dies endlich zu korrigieren, lassen die aktuellen Vorstellungen der Ministerpräsident*innen befürchten, dass künftig sogar erneut ein größerer Teil der Geflüchteten – vielleicht gar bereits anerkannte Geflüchtete – gekürzte Leistungen erhalten soll (…) Eine Änderung im Sozialgesetzbuch (SGB) statt im AsylbLG würde eine Angleichung nach unten für diejenigen bedeuten, die gerade nicht mehr die gekürzten Leistungen nach AsylbLG erhalten. Mit einer Herabsetzung der menschenrechtlich gebotenen Leistungen etwa für anerkannte Geflüchtete würde der heute schon verfassungswidrigen Praxis die Krone aufgesetzt. Es verstieße auch gegen Artikel 23 der Genfer Flüchtlingskonvention: Danach gewähren die Staaten den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen. Kaum zu glauben, dass eine solche Regelung in Deutschland verfassungsrechtlich Bestand hätte, aber der Weg zu einer Korrektur dauert Jahre – ein Schelm, wer Kalkül unterstellt. (…) Zum unrühmlichen 30-jährigen Bestehen des AsylbLG hat sich 2023 ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen unter dem Motto »Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen« zusammengefunden: Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrant*innen, Vereinigungen von Anwält*innen, Jurist*innen, Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen und andere fordern gleiche menschenrechtliche Standards: Geflüchtete müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden. Inzwischen haben 200 Organisationen die Forderung unterzeichnet: 45 bundesweite, 46 landesweite und 110 regionale und lokale Initiativen…“ Protestaktion veröffentlich und begründet am 19. Mai 2023 bei Pro Asyl externer Link
    • Siehe v.a. die Aktionsseite https://asylbewerberleistungsgesetz-abschaffen.de/ externer Link
    • 30 Jahre „Sondergesetz“: Kampagne gegen Asylbewerberleistungsgesetz angekündigt
      Vor 30 Jahren wurde das Asylbewerberleistungsgesetz verabschiedet. Damit wurden Leistungen an Asylbewerber in vielen Bereichen massiv gekürzt. Ein Bündnis mit 140 Organisationen fordert jetzt die Abschaffung der umstrittenen „Sondergesetze“…“ Meldung vom 17.04.2023 beim Migazin externer Link
    • Siehe den Aufruf und Infos bei aks freiburg externer Link
    • Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Ein fauler Kompromiss. Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl
  • Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen! Gemeinsames Statement von 62 Organisationen 
    „Viele Geflüchtete erhalten zum Leben lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – und damit weniger als das neue Bürgergeld, das laut Gesetz das menschenwürdige Existenzminimum sicherstellen soll. Aber die Menschenwürde kennt nicht zweierlei Maß. Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Anwält*innenverbände fordern gleiche Standards für alle: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem eingegliedert werden. (…)  Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozialleistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden. Dies erfordert insbesondere folgende Änderungen: 1. Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung Geflüchteter ins Bürgergeld bzw. die Sozialhilfe (SGB II/XII). Auf migrationspolitisch motivierte Kürzungen und Sanktionen ist gemäß dem Urteil des BVerfG aus 2012 ausnahmslos zu verzichten. 2. Einbeziehung aller Geflüchteten in die Sprach‑, Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsinstrumente des SGB II. 3. Einbeziehung geflüchteter Menschen in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V/XI). Dabei muss sichergestellt sein, dass auch Menschen ohne Papiere jederzeit ohne Angst vor Abschiebung Zugang zum Gesundheitssystem haben. Insbesondere muss ein Anspruch auf Sprachmittlung bei Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen verankert werden. 4. Von Krankheit, Traumatisierung, Behinderung, Pflegebedürftigkeit Betroffene sowie schwangere, alleinerziehende und ältere Menschen und geflüchtete Kinder müssen – entsprechend ihrem Recht aus der EU-Aufnahmerichtlinie – einen Anspruch auf alle aufgrund ihrer besonderen Situation erforderlichen zusätzlichen Leistungen erhalten (insbesondere nach SGB IX, SGB VIII u.a.). 5. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind als Geldleistungen auszugestalten…“ Aus dem gemeinsamen Appell 62 Organisationen bei Pro Asyl am 2. Januar 2022 externer Link

  • Das Asylbewerberleistungsgesetz und das Existenzminimum. Eine Analyse der Regelsätze 
    „Eine umfassende Analyse von PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Berlin zeigt im Detail die Defizite bei der Berechnung und Begründung der Regelsätze nach dem AsylbLG und anderer Sozialleistungen sowie die Leistungskürzungen durch das AsylbLG in der Praxis. Klar wird: Das Sondergesetz für Asylsuchende ist diskriminierend und gehört abgeschafft. (…) Die diskriminierenden Ausschlüsse für Asylsuchende und Geduldete aus Hartz IV werden unverändert in das Bürgergeldgesetz übernommen (§ 7 Abs. 1 SGB II) – sie werden weiterhin auf das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verwiesen. Damit vertut die Bundesregierung die große Chance, alle Geflüchteten endlich in das normale Sozialsystem zu integrieren. Anlässlich der Verabschiedung des Bürgergeldgesetzes legt PRO ASYL gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat Berlin eine umfassende Analyse vor: »Das Asylbewerberleistungsgesetz – Einschränkungen des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum für Geflüchtete. Bedarfsdeckung und Regelsätze nach Asylbewerberleistungsgesetz, Hartz IV und Bürgergeldgesetz.« (…) Das AsylbLG sieht Sachleistungen für Essen, Kleidung und Unterkunft, eine menschenrechtswidrige Minimalmedizin, gekürzte Geldleistungen für Erwachsene und Kinder, eine nochmalige 10%ige Kürzung für Alleinstehende und Alleinerziehende in Sammelunterkünften sowie Sanktionen mit Kürzungen der Regelleistungen um weit mehr als die Hälfte vor. Damit wurde mit dem AsylbLG ein Leistungsniveau deutlich unterhalb der normalen Sozialleistungen geschaffen. Die sollen aber laut Gesetz den Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, »dass der Würde des Menschen entspricht« – so steht es unter anderem in § 1 Abs.1 SGB II. Das Bundesverfassungsgericht hat 2012 ausdrücklich festgestellt, dass das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums für alle in Deutschland lebenden Menschen gleichermaßen gilt, und dass dieses Grundrecht nicht aus migrationspolitischen Gründen relativiert werden darf. Derzeit – Ende 2022 – steht das AsylbLG erneut beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf dem Prüfstand (Aktenzeichen 1 BvL 3/21 und 1 BvL 5/21). In diversen juristischen Stellungnahmen haben angefragte Organisationen ihre Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des AsylbLG ausgeführt. Auch die vorliegende Analyse von PRO ASYL und Berliner Flüchtlingsrat ist in ihrer ursprünglichen Fassung als Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht geschrieben worden. (…) PRO ASYL und Flüchtlingsräte fordern die Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes und die Einbeziehung aller Geflüchteten in das Bürgergeldgesetz.“ Pressemitteilung vom 10. November 2022 von und bei Pro Asyl externer Link zur 236-seitigen Analyse externer Link vom November 2022

  • Konzertierte Aktion von Seehofer und Heil: Flüchtlinge sollen ausgehungert werden 
    Ein Gesetzentwurf aus dem BMI externer Link sieht erhebliche Verschärfungen im AsylbLG vor. Insbesondere sollen maßlose und radikale Leistungskürzungen bis auf null eingeführt und schon vorhandene Kürzungen ausgeweitet werden. Mit dem Gesetz würde dann in erster Linie der Zweck eines „Aushungerns“ nicht erwünschter ausländischer Personen erfüllt werden. Daneben soll die Vorbezugszeit für Analogleistungen nach § 2 AsylbLG auf 18 Monate hochgesetzt werden. Ein weiterer Gesetzentwurf aus dem BMAS sieht zusätzliche Leistungskürzungen für sehr viele Leistungsberechtigte vor, wenn sie die „normalen“ Grund- oder Analogleistungen erhalten. BMAS und BMI planen somit, in einer konzertierten Aktion das Menschenrecht auf ein verfassungsmäßig garantiertes menschenwürdiges Existenzminimum für Flüchtlinge zu schleifen. Beide Gesetzentwürfe sollen schon am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Um zu wissen, welche gravierenden Änderungen geplant sind, haben die GGUA Kollegen die Änderungsvorschläge in den bestehenden Fließtext des AsylbLG eingebaut und farblich markiert. Wie ihr seht, wird von dem bestehenden – jetzt schon miserablen! – Gesetz nicht mehr viel übrig bleiben.Nur, um es noch einmal zu wiederholen: Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 in einem Urteil zum damaligen AsylbLG festgeschrieben: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ In der Bundesregierung scheint dies weder Union noch SPD auch nur einen Hauch zu interessieren.“ Aus dem Thomé Newsletter 15/2019 vom 14.04.2019 externer Link
  • Gesetzgebungswut ohne Ende – keine Zeit für verfassungsrechtliche Maßstäbe?
    Die gestern bekannt gewordenen Gesetzesänderungen zielen auf Entrechtung, mehr Haft, soziale Isolierung und Verdrängen aus Deutschland durch Entzug von Sozialleistungen. Menschen, die bereits in einem anderen EU-Staat einen Schutzstatus haben, sollen für maximal zwei Wochen eine »Überbrückungsleistung« erhalten. Leistungen sollen für Schutzsuchende nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unter bestimmten Bedingungen auf null gesetzt werden. Der Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium sieht vor, dass Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt wurden und ausreisepflichtig sind, keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) mehr erhalten. Maximal für zwei Wochen soll es für Hilfebedürftige eine »Überbrückungsleistung« geben – aber nur einmal innerhalb von zwei Jahren. In dem Wissen also, dass diese Menschen durchaus länger als zwei Wochen hier bleiben, will das  Bundesinnenministerium Leistungen verwehren. Die Gefahr von anerkannten Flüchtlingen, die aufgrund der menschenunwürdigen Zustände in Griechenland, Italien oder Bulgarien hier leben und dann auf der Straße landen, ist groß. Eine eingefügte Härtefallregelung wird dem wohl kaum grundsätzlich entgegenwirken. Auch Personen, deren Asylantrag nach der Dublin-Verordnung in einem anderen Mitgliedstaat zu prüfen wäre, sollen nur noch eingeschränkte Leistungen erhalten. Zudem soll das schon dann gelten, wenn die Dublin-Entscheidung noch gar nicht unanfechtbar ist. Das heißt: Selbst wenn die Entscheidung von einem Gericht geprüft wird, gibt es in diesem Zeitraum keinen Anspruch auf volle Leistung. (…) Ein solch weitreichendes Gesetz, welches weitere Verschärfungen wie im Bereich der Rechtsstellung Geduldeter und dem verfassungsrechtlich höchst sensiblen Bereich der Abschiebungshaft vorsieht, nun noch vor der Osterpause durchzupeitschen, ist höchst verantwortungslos. Nicht einmal zweieinhalb Arbeitstage haben die Expertinnen und Experten im Rahmen der Verbändebeteiligung Zeit, den Entwurf zu analysieren und zu bewerten. Keine zwei Tage später wiederum soll – eigentlich unter Berücksichtigung der eingereichten Bewertungen und Stellungnahmen – der Kabinettsbeschluss erfolgen. Schon auf den ersten Blick fällt auf: Die Verbändebeteiligung verkümmert damit zur reinen Farce. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, die vom BMI geplante Vertreibungsstrategie nicht wie geplant am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett zu verabschieden…“ Mitteilung von und bei Pro Asyl vom 12.4.2019 externer Link
  • Weniger Geld ab 2020: Sozialministerium will Leistungen für Asylbewerber kürzen
    Die große Koalition nimmt einen neuen Anlauf für eine Reform der Asylbewerberleistungen. Unter dem Strich ihrer Pläne steht eine Senkung der aktuellen Bezüge. Grüne und Linke sind empört. (…) Wie am Mittwoch aus dem Ressort von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verlautete, sollen die monatlichen Zuwendungen für alleinstehende Asylbewerber künftig 344 Euro betragen, zehn Euro weniger als aktuell. Für Kinder im Schulalter sollen die Leistungen im Zuge der geplanten Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes dagegen steigen. Zudem soll ein Ehrenamts-Freibetrag eingeführt werden. (…) Die Reform sieht vor, dass die Leistungen für den „notwendigen Bedarf“ an Lebensmitteln und Kleidung sinken und die für den „notwendigen persönlichen Bedarf“ etwa an Hygieneartikeln etwas steigen. In der Summe bleibt für meisten Gruppen eine Kürzung: Paare oder in Sammelunterkünften untergebrachte Asylbewerber sollen künftig pro Person 310 Euro bekommen. Derzeit sind es 318 Euro. Begründet werden die Kürzungen damit, dass in Sammelunterkünften für die Asylbewerber geringere Kosten beim „notwendigen Bedarf“ anfallen. Für jüngere Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren bleibt der Leistungssatz den Plänen zufolge auf dem aktuellen Niveau. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren sollen die monatlichen Leistungen von aktuell 242 auf 268 Euro steigen. (…)Die Leistungen liegen unter dem Niveau der Grundsicherung in Deutschland und werden für Asylbewerber für die ersten 15 Monate in Deutschland gezahlt. Letztmalig wurden die Sätze 2015 angehoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, dass alle in Deutschland lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum bekommen müssen. 2016 wollte die Bundesregierung die Leistungen schon einmal kürzen. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz, das eine Senkung auf 332 Euro für erwachsene Alleinstehende vorsah, scheiterte aber im Bundesrat. Die jetzt geplante Reform ist damit der zweite Versuch für eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes…“ Meldung vom 8. März 2019 beim Migazin externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=145755
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