Behördenwillkür gestoppt – Bundessozialgericht: Zwangsverrentung von Erwerbslosen kurz vor Anspruch auf abschlagsfreie Altersbezüge ist rechtswidrig

Selbständige müssen künftig für die Rente vorsorgen - Bild von findus – wir danken!!!„… Der Kläger hatte sich im vergangenen Jahr ursprünglich auf die »Rente mit 63« gefreut. Nach 45 Jahren sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hätte er ab Dezember 2017 Anspruch darauf gehabt. Doch es kam anders. Er verlor mit Anfang 60 seinen Job, geriet in die Mühlen des Jobcenters Neubrandenburg. Dieses wollte ihn in die Frühverrentung zwingen – nur vier Monate, bevor er abschlagsfreie Altersbezüge hätte erhalten können. Mit drastischen finanziellen Folgen: Lebenslang sollte er monatlich rund 100 Euro weniger netto bekommen. Die Höhe seiner ungekürzten Bruttorente liegt bei knapp 1.200 Euro. Seinen ersten Erfolg verbuchte der Mann bereits mit einem Eilantrag vor dem Neubrandenburger Sozialgericht. Das gab ihm Recht und verpflichtete die Gesetzliche Rentenversicherung dazu, keinen Bescheid auf den ersatzweise durch das Jobcenter selbst gestellten Rentenantrag zu erlassen. Letzteres musste ihm die verbleibenden Monate weiterhin Hartz-IV-Leistungen gewähren. Die »Aufforderung zur Beantragung vorzeitiger Altersrente ist vorliegend rechtswidrig«, heißt es in der junge Welt vorliegenden Entscheidung. (…) Das beklagte Jobcenter wollte das so nicht hinnehmen. Mit einer Sprungrevision rief es das BSG in Kassel an. Ein aktueller Referentenentwurf für die sogenannte Unbilligkeitsverordnung, mit der die Neubrandenburger Sozialrichter argumentiert hatten, solle schließlich demnächst den entsprechenden Zeitraum auf drei Monate konkretisieren, trug die Behörde vor. Bisher heißt es in der Verordnung, dass die Zwangsverrentung durch ein Jobcenter dann unbillig, also zum Nachteil des Betroffenen sei, wenn er »in nächster Zukunft« Anspruch auf Regelaltersrente gehabt hätte. Diese unkonkrete Zielvorgabe umfasse keineswegs mehr als drei Monate, argumentierte das Jobcenter. Das höchste deutsche Sozialgericht ließ sich darauf zugunsten des Klägers jedoch nicht ein und bestätigte somit die Entscheidung der ersten Instanz…“ Beitrag von Susan Bonath bei der jungen Welt vom 15. August 2018 externer Link

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