Soziale Ausgrenzung: Warum Langzeitarbeitslose die AfD wählen

"... Wer als Erwerbsloser oder Arbeiter die AfD wählt, wählt gegen seine eigenen Interessen!"„… 41 beziehungsweise 43 Prozent der Arbeitslosen, die Anfang September bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg zur Wahlurne gingen, haben sich für die AfD entschieden. Dass die Rechtspopulisten in beiden Bundesländern zur zweitstärksten Kraft wurden, haben diese also auch ihnen zu verdanken. Doch was treibt viele Arbeitslose, darunter vor allem Langzeitarbeitslose, dazu, die AfD zu „ihrer“ Partei zu machen? Der Evangelische Fachverband für Arbeit und soziale Integration und die Diakonie in Bayern sind in einer umfangreichen Studie den Ursachen dieser Haltung auf den Grund gegangen. Ihr Ergebnis: Das Desinteresse von Politik und Gesellschaft an ihrem Schicksal führt bei den Menschen zu einem tief empfundenen Gefühl, ausgegrenzt zu sein, und lässt sie anfällig werden für politisch extreme Positionen – wenn sie überhaupt wählen gehen. Dabei sind sie populistischen oder extremen Positionen laut eigenen Aussagen nicht per se zugeneigt. Die AfD wird fast ausschließlich als Protestpartei gesehen und vielfach auch als solche benutzt. Befragt wurden 70 Langzeitarbeitslose. Diese zeichnen fast durchweg ein pessimistisches Bild von der sozialen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland. Besonders sensibel reagieren sie auf die vorhandenen Desintegrationsprozesse und Verteilungskämpfe, denn diese treffen sie härter als andere. Als Gegenbild dient die stabile und „sozial gerechte“ alte Bundesrepublik, für welche die Kanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl stehen. Zwar ist die Studie, die heute in Nürnberg vorgestellt wurde, nicht repräsentativ. Doch sie ist laut Studienleiter Franz Schultheis „eine ganz besondere“. Die ihr zugrunde liegenden Interviews seien „auf Augenhöhe“ geführt worden. Langzeitarbeitslose wurden selbst zu Forschern und befragten andere Langzeitarbeitslose, warum diese zur Wahl gehen oder auch nicht…“ Beitrag von Edeltraud Rattenhuber vom 11. September 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link

  • Anm.: Na, ja…. Warum wählen sie denn statt einer linken nun gerade eine rechte Protestpartei? Erhellend finde ich da eher, dass bei den Befragten selbst Helmut Kohl für eine „stabile und „sozial gerechte“ alte Bundesrepublik“ gestanden haben soll (wurde ja auch von einer großen Mehrheit der DDR-Bürger*innen damals gewählt). Ich interpretiere das eher als enttäuschte Illusion über einen westdeutschen Kapitalismus, den man nicht verstand und verklärte – und gegen Kapitalismus ist die AfD nun wirklich nicht…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154332
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