Hannover: Selbständige Protestaktionen von Leiharbeitern bei VW

Dossier

stopp fremdvergabe + leiharbeitAm Freitag, 8. Dezember, fand bei VW in Hannover in der Frühstückspause von 9.30 bis 10 Uhr eine Pausenversammlung mit 50 Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern statt. Die 200 Leiharbeiter, die im Februar 2017 von Wolfsburg nach Hannover versetzt wurden, sollen zum 20. Dezember – nach zweieinhalb Jahren bei VW – entlassen werden. (…) Von 12.30 bis 13.30 Uhr fand eine Informationsveranstaltung der AutoVision und Personalabteilung für die Leiharbeiter der Spätschicht über Jobangebote statt. Die Kollegen waren enttäuscht und wütend, weil es kaum Angebote und nur schlecht bezahlt gab. Statt zur Infoveranstaltung für die Frühschicht um 14 Uhr zu gehen, versammelten sich ca. 100 Leiharbeiter und marschierten zum Betriebsrat – darunter auch 10 bis 15 Leiharbeiter der Spätschicht. (…) Der Betriebsrat meinte, er stehe hinter den Leiharbeitern, könne ihnen aber nicht helfen. Er sei erst um 17 Uhr wieder im Büro. „Das macht nichts,“ antworteten die Leiharbeiter, „wir sind am Montag wieder bei Dir“.“ Bericht vom 11.12.2017 bei Rote Fahne News externer Link. Siehe unser Dossier: Klagen auf Festanstellung gegen VW: Mitarbeiter von Autovision klagen in Emden und Hannover und weitere Informationen dazu:

  • Chronologie des Leiharbeiterkampfes Wolfsburg-Hannover-Braunschweig 2017 New
    „Hallo Freunde des IAC, unsere Mitkämpfer aus den Reihen der „Leiher“ haben folgende Chronologie erstellt. Wir stellen euch unsere bisherige Zeitleiste des Kampfes gegen Leiharbeit am Standort Braunschweig, Wolfsburg und Hannover vor. Wir würden uns freuen, wenn ihr uns antwortet und es einen Austausch gibt. (…) Unser Fazit: Wir fragen uns, warum das nicht ein bisschen nach dem „First in – Last out“ – Prinzip arrangiert wurde, wie Herr Rosik (Vorstand Personal) mehrmals erwähnt hat. Herr Rosik weiß wohl mal wieder nicht Bescheid, was an der Basis passiert. Jahrelang sollten wir kampflos flexibel sein. Wir wurden als Manövriermasse an die Standorte geschickt. Das läuft international (Portugal) und auch in andere Marken ( Porsche). Wir haben unser Abwarten überwunden, weil wir unsere Angst und unsere Hoffnungen in die Versprechen der Chefs verloren hatten. Das nächste Mal wollen wir das nicht erst kurz vor Ende der Verträge machen, sondern von vorne herein ohne Illusionen unsere Erfahrungen in die neuen Belegschaften einbringen. Wir müssen uns koordinieren und koordiniert bleiben. Wir müssen zusammenhalten. Denn jeder kann der nächste sein!“ Chronologie vom Februar 2018 von und bei der Internationalen Automobilarbeiterkoordination (IAC) externer Link
  • VW will alle Leiharbeiter entlassen – über 90 in Hannover schon weg, der Rest im Verschiebebahnhof 
    Am Donnerstag berichtete die Tagesschau, dass der Volkswagen-Konzern darauf besteht, dass bis 2020 alle Leiharbeiter aus den VW-Werken verschwunden sind. Das sei eine Folge des von VW, IG Metall und Betriebsrat vor einem Jahr vereinbarten „Zukunftspakts“. (…) Vor Weihnachten hatten VW-Leiharbeiter im Nutzfahrzeuge-Werk in Hannover gegen ihre drohende Arbeitslosigkeit demonstriert. 200 von ihnen sollten ihren Job verlieren. Nun haben 60 eine Vertragsverlängerung bekommen und 47 wechseln zu VW nach Kassel. Über 90 sind arbeitslos. (…) Dass sie jetzt trotz guter Ausgangslage arbeitslos werden, macht viele wütend. Erst recht weil sie durch Leiharbeiter ersetzt werden sollen, die noch im VW-Werk Osnabrück eingesetzt sind. 300 von ihnen hatten wiederum vorher im Werk in Emden gearbeitet und waren im Zuge des „Zukunftspakts“ im letzten April nach Osnabrück versetzt worden. Hundert von ihnen sind zu Jahresbeginn wieder nach Emden zurückgekehrt, diejenigen, die nun in Hannover arbeiten, sollen angeblich 2019 nach Emden zurückkehren. Dieser Verschiebebahnhof dient vor allem der Disziplinierung der Arbeiter. Ständig schwebt das Damoklesschwert des Arbeitsplatzverlustes über ihnen…“ Beitrag von Dietmar Henning vom 6. Januar 2018 bei World Socialist Web Site externer Link
  • Erneut selbständige Protestaktion bei VW Hannover 
    Im Kampf gegen ihre – für den 20. Dezember ausgesprochene – Entlassung wachsen Unmut und Selbstbewusstsein der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter. Die Auseinandersetzung ergreift immer größere Teile der VW-Belegschaft. 30 Kolleginnen und Kollegen diskutierten gestern bei der Pausenversammlung. Dabei auch einige Stammwerker. (…) Die Kollegen berichten, wie diese Bemühungen aussehen: auf einer Infoveranstaltung wurde ihnen ein bundesweiter Einsatz bei der Bundeswehr angeboten und netterweise noch die Kontaktdaten des Arbeitsamts Wolfsburg. (…) Zusammen mit einigen Vertrauensleuten geht es zum Betriebsrat – wieder ist kein einziger IG-Metall-Betriebsrat zu sprechen! Weiter zum Personalvorstand. Sachbearbeiterinnen halten die Kollegen auf, wiegeln ab, VW sei nicht zuständig, sie sollten sich an die Autovision (Leiharbeits-Tochterfirma) wenden. Die Kollegen protestieren empört: „Wir sind doch keine Schlüsselkinder, die man rausschickt! Wir sind hier, um unsere Verträge für VW zu unterschreiben, notfalls auch in Kassel! Wir haben Familie!“ Schließlich erklären die Kolleginnen und Kollegen, sie kommen morgen wieder und erwarten dann Antworten. Wieder auf der Fahrstraße im Werk, folgt eine Beratung und Abstimmung – wir treffen uns am 15. Dezember, um 13 Uhr, erneut!...“ Bericht aus Hannover vom 15.12.2017 bei Rote Fahne News externer Link
  • [Flugblatt] „Arbeitsplatzverlust für uns, Sonderschichten für euch“ 
    Unter diesem Titel wurde bei der Protestaktion der LeiharbeiterInnen am 8.12. bei VW Hannover angeblich zu Tausenden ein Flugblatt externer Link im Werk verbreitet, nun dokumentiert bei der internationalen Automobilarbeiterkoordination. Aus dem Flugblatt: „Seit Februar arbeiten wir 200 Wolfsburger mit euch. Jetzt sollen wir vor Weihnachten mit den Jobs unsere Zukunftsträume verlieren. Aneder als man euch sagt wurde ins in Wolfsburg versprochen: „Wenn die wirtschaftliche Lage in Hannover gut ist, habt Ihr eine Aussicht auf eine Übernahme bei Vorkswagen.“ Und: Ist die wirtschaftliche Lage schlecht? Mit 18 Samstagen 2018? (…) VW will uns rauskicken, bevor wir 36 Monate haben und Übernahme ansteht. (…) Wenn wir schon bei Personalmangel und Rekordumsatz nicht weiter beschäftigt werden, wer von Euch ist der Nächste, der gehen muss? (…) Leiharbeiter lassen sich nicht mehr wie Kaugummi ausspucken! Machen wir Leiharbeiter und Stammwerker VW zusammen einen Strich durch die Rechnung: Übernahme der Leiharbeiter und gegen immer mehr Arbeitshetze und Wochenendarbeit

    • Internationale Automobilarbeiterkoordination bittet um Solidaritätsadressen an die Adresse: iac-Hannover@gmx.de
    • Im Leiharbeitsforum ZOOM externer Link wird mir dem Vermerk „Wer macht da jetzt in Hannover für wen Platz?“ auf einen interessanten Bericht aus dem Emder VW-Werk hingewiesen: „… haben Werkleiter Andreas Dick und Betriebsratschef Peter Jacobs am Dienstag auf der Betriebsversammlung im Emder VW-Werk zurückgeblickt (…) Wie Jacobs weiter ausführte, kehren von den 300 Leiharbeitern, die im Zuge des Zukunftspaktes im April eigentlich für einen Zeitraum von zwei Jahren ins Osnabrücker VW-Werk entsandt worden waren, 100 bereits zum 1. Januar nach Emden zurück. Die übrigen 200 Beschäftigten sollen übergangsweise das VW-Nutzfahrzeugwerk in Hannover unterstützen, ehe auch sie dann 2019 nach Emden zurückkehren sollen…“ Aus dem Artikel „VW Emden: Leiharbeiter vor Rückkehr“ von Jörg Schürmeyer vom 13.12.2017 bei der Nordwest Zeitung online externer Link
  • [IG Leiharbeit] Wir unterstützen die Forderungen der Leiharbeiter im Volkswagen-Werk Hannover!
    Die Strategie der Konzernleitung, die Übernahme nach 36 Monaten mit allen Mitteln zu umgehen, verurteilen wir aufs schärfste. Hier zeigt sich die Wirkungslosigkeit der durch die Regierungskoalition verabschiedeten Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Praxis: eine Höchstüberlassungsdauer, egal ob 18, 36 oder 48 Monate ist wirkungslos. Wir appellieren an den VW-Betriebsrat, sich energisch für eine sofortige Übernahme aller Leiharbeiter einzusetzen. Der sogenannte Zukunftspakt ist das Papier nicht wert, wenn weiterhin Leiharbeiter als billige Rangiermasse behandelt werden.“ Erklärung der IG Leiharbeit vom 14. Dezember 2017 bei Fratzebuch externer Link
  • Siehe auch: „… Am Montag verteilten Betroffene Flugblätter im Werk in Stöcken und veröffentlichten ihre Forderungen auch im Internet. Sie hoffen auf Solidarität der festangestellten Kollegen. Ein Streik ist jedoch unwahrscheinlich. Und der Betriebsrat in Hannover sieht keinen Handlungsspielraum mehr. „Wir fühlen uns von allen im Stich gelassen“, sagt eine der Arbeiterinnen. Sie gehört zu rund 200 befristet Beschäftigten aus Wolfsburg, die seit Februar im Werk in Hannover arbeiten. Eingestellt worden waren sie 2015 von der Autovision für die Golf- und Tiguan-Fertigung. In Wolfsburg hätten sie im April 2017 mit Kündigung rechnen müssen, in Hannover galten die Verträge vorerst bis Oktober, dann gab es eine Verlängerung bis Dezember. Jetzt ist endgültig Schluss. Ein Versprechen für eine langfristige Weiterbeschäftigung habe es vor dem Wechsel aber auch nicht gegeben, versichern sowohl Betriebsrat als auch Unternehmen. „Früher haben sich drei Jahre zittern als Leiharbeiter gelohnt, dann wurde man übernommen“, klagt eine weitere Betroffene…“ Aus dem Artikel von Andrea Müller-Kudelka vom 13.12.2017 bei Wolfburger Allgemeine online externer Link
  • VW-Leiharbeiter protestieren gegen auslaufende Verträge
    Der Unmut machte sich in Hannover Luft und ist auch ein großes Thema in den sozialen Netzwerken. Das berufliche Schicksal der Zeitarbeitskräfte bewegt die Gemüter bei Volkswagen immer heftiger. Bei Nutzfahrzeuge in Hannover gab es am vergangenen Freitag spontane Proteste der Leiharbeiter. Und auf der Facebook-Seite von VW-Mitarbeitern im Stammwerk wird das Thema heiß diskutiert. Dort ist auch ein Flugblatt von Leiharbeitern zu sehen. Ihr Vorwurf lautet: „Arbeitsplatzverlust für uns, Sonderschichten für Euch!“. Zum Jahresende ist womöglich für Hunderte der Zeitarbeitskräfte Schluss bei VW. Der zwischen Betriebsrat und Unternehmen abgeschlossene Zukunftspakt lässt da wenig Spielraum. Beide Seiten bemühen sich aber noch um individuelle Lösungen und sprechen auch von Härtefällen…“ Artikel von Thomas Kruse vom 13.12.2017 in den Wolfsburger Nachrichten online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=125286
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