„Ausgeliefert!“ Investigativer Journalismus kümmert sich um Leiharbeiter bei Amazon: Skandalöse Zustände bei der kapitalistischen Ausbeutung und Klarstellungen über ihren Normalfall

Artikel aus GegenStandpunkt 2-13 in Kritik geht anders externer Link

Aus dem Text: „… Alles in allem ein gelungenes Stück investigativer Journalismus: Da decken Reporter einen üblen, wenn auch nicht ganz unbekannten Missstand auf, zerren ihn ans Licht der Öffentlichkeit, wo er als Skandal vom Presseorgan zum Stammtisch und wieder zurückgereicht wird; von dort aus kommt das Thema ins Parlament und in die Hände der zuständigen Instanzen, die sich dann mit der Durchsetzung und womöglich mit der Änderung des Rechts darum kümmern.
Aber vor allem in einer anderen Hinsicht ist diese Reportage exemplarisch: Sie schafft es in vorbildlicher Weise, vor lauter Aufdeckung den Grund fürs Aufgedeckte vollkommen zu ignorieren. (…) Die Schikanen, die die Reportage in Nordhessen aufdeckt, sind vielleicht ein Extremfall dieses marktwirtschaftlich korrekten Umgangs mit der Arbeit, jedenfalls für westeuropäische Verhältnisse, jedenfalls in den meisten Branchen und bis neulich, meistens… Aber sie sind eben ein extremes Zeugnis dieser Normalität, ein Auswuchs des Standardprogramms. Was es heißen kann, diesem Umgang mit der Arbeit „ausgeliefert“ zu sein – das ist es der Sache nach, was die Reportage drastisch bebildert. Das Geschäftsinteresse, dem diese europäischen Wanderarbeiter – und nicht nur die – ausgeliefert sind, ist den engagierten Journalisten jedoch gleichgültig. (…) Es mag ja sein, dass das gewerkschaftliche Organisieren von Leiharbeitern aus dem Ausland kein leichtes Unterfangen ist. Dass aber die Gewerkschaft in solchen Bereichen ohnmächtig wäre, solange nicht über Presse, Internet und Fernsehen eine breite Öffentlichkeit sich in Stellung bringt, versteht sich gar nicht von selbst. (…) Aktuell aufgedeckt ist jetzt erst einmal der Fall Amazon. Der Amazon-Kunde ist aufgeschreckt, soll sich nichts vormachen über seinen Lieferanten und als Konsument Konsequenzen ziehen. Zumindest die eine: Er soll beim Einkaufen sein Gewissen befragen. Denn das hat offenbar zum fertigen Kapitalismus gerade noch gefehlt: dass sich das Fußvolk des Systems bei seinem bisschen Konsum aus den Gemeinheiten des Systems ein Gewissen macht
…“

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