Minijobs befördern Boom bei Nebenjobs: Seit Jahren nimmt die Zahl der Nebenjobber zu. Der wichtigste Grund dafür ist die Minijob-Reform von 2003

„Jung und billig“-Broschüre zu Minijobs„Vier Millionen Menschen in Deutschland gehen aktuell mehr als einer Beschäftigung nach. Das entspricht knapp neun Prozent aller Beschäftigten. Die Zahl und der Anteil der Mehrfachbeschäftigten haben sich seit 2003 mehr als verdoppelt. Der Anstieg der Nebenbeschäftigungen ist in Deutschland einzigartig, schreiben Sabine Klinger und Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). In keiner der zehn größten europäischen Volkswirtschaften habe es eine ähnliche Entwicklung gegeben. (…) Die Mehrfachbeschäftigten verdienen im Schnitt in ihrem Hauptberuf gut 600 Euro im Monat weniger als Einfachbeschäftigte. Zum Teil liegt das daran, dass sie überdurchschnittlich häufig in Teilzeit arbeiten. Aber auch wenn man den Teilzeit-Effekt herausrechnet, bleibt eine Einkommensdifferenz von monatlich circa 500 Euro in der Hauptbeschäftigung. Dieser Unterschied hängt auch damit zusammen, dass Nebenjobber häufiger Dienstleistungsberufe mit geringerem Entgelt ausüben, während Personen mit typischerweise besser bezahlten Berufen wie Ingenieur, Chemiker oder Techniker seltener einen Nebenjob haben, so die Forscher. Nicht nur mit ihrer Hauptbeschäftigung, auch mit ihrer Nebenbeschäftigung sind die Nebenjobber überwiegend als Dienstleister tätig. Beispiel: Zwölf Prozent der Menschen mit Zweitjob sind nebenberuflich im Gastgewerbe tätig, im verarbeitenden Gewerbe nur 6,9 Prozent. Auf der Suche nach Gründen für den erheblichen Anstieg der Mehrfachbeschäftigungen ist den Forschern ein Punkt besonders aufgefallen: die Minijob-Reform. Im Zuge der Hartz-Reformen wurde 2003 die Verdienstgrenze für Minijobs von 325 Euro auf 400 Euro inzwischen 450 Euro angehoben, die zeitliche Begrenzung auf 15 Stunden pro Woche wurde fallengelassen. Vor allem aber sind geringfügige Beschäftigungen seither für die Arbeitnehmer von der Sozialversicherungspflicht und der Einkommensteuer freigestellt. Die Änderungen im gesetzlichen Regelwerk haben die Stellung geringfügiger Nebenjobs gegenüber den Hauptjobs und gegenüber sozialversicherungspflichtigen Nebenjobs deutlich gestärkt, schreiben die Wissenschaftler. Schlagartig änderte sich im Jahr 2003 die eher stagnierende Bewegung bei der Zahl der Nebenjobber in einen steilen Aufwärtstrend…“ Beitrag bei Böckler Impuls Ausgabe 15/2019 externer Link

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