„Gewerkschaften fürchten hohen Mindestlohn“ – aber keinen Niedrig-Tariflohn!

Gewerkschaftslinke zum Mindestlohn: Statt 8,50 für Wenige - 12 Euro für Alle - sofort!Die SPD will 12 Euro gesetzlich festschreiben. Die Arbeitnehmer- vertreter mahnen zur Vorsicht. Ein Über- bietungswettlauf wäre nicht in ihrem Sinne. (…) Tatsächlich mehren sich Hinweise darauf, dass ein Betrag von 12 Euro an der Obergrenze dessen kratzt, was die Gewerkschaften als Mindestlohn unterstützen. Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch sie sehen allmählich die Gefahr eines politischen Überbietungswettbewerbs dazu. Sogar Verdi-Chef Frank Bsirske, der sich als Vorkämpfer für 10 Euro Mindestlohn hervorgetan hat, meldet solche Bedenken an: Das 12-Euro-Ziel „wirft systematische Fragen auf“, stellte er jüngst vor Journalisten fest. „Auch wir als Verdi treten für eine Orientierung am Tariflohn ein.“ Damit verteidigt er im Kern die Arbeitsweise der bestehenden Mindestlohnkommission. (…) Dies bedeutet zwar nicht, dass die Gewerkschaftschefs eine außerplanmäßige Mindestlohnerhöhung ablehnen, wie sie die SPD nun in Aussicht stellt. Doch während früher die Forderung nach 8,50 Euro Mindestlohn eine stehende Wendung in ihren Reden war, ist das diesmal anders. 12 Euro sind für sie keine Zielgröße, viele ihrer Äußerungen zu den SPD-Plänen zeigen regelrecht ein Bemühen, sich diese Zahl nicht zu eigen zu machen. Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und Mitglied der Mindestlohnkommission, lieferte ein Beispiel dafür. (…) Die offizielle Position von DGB und Verdi ist indes offen für eine außerplanmäßige Mindestlohnerhöhung – nur mit der Bedingung, dass daraus keine dauerhafte Abkehr von der Tariflohnorientierung wird. (…) Ein zu stark steigender Mindestlohn ist für die Gewerkschaften auch deshalb ein Problem, weil er dann in Branchen mit insgesamt unterdurchschnittlichem Lohnniveau immer mehr tarifvertraglich geregelte Löhne „überholt“, also aushebelt. (…) So fasst auch DGB-Chef Reiner Hoffmann die Strategie zusammen: Der Mindestlohn sei „nur die zweitbeste Lösung“, ließ Hoffmann das „Handelsblatt“ wissen. „Wir sollten lieber die Tarifbindung deutlich ausweiten.“Artikel vom 11.2.2018 bei der FAZ online externer Link. Siehe dazu:

  • IG Bau bringt Mindestlohn von 12,63 Euro ins Spiel New
    „Bisher haben Gewerkschaften ablehnend auf das SPD-Ziel reagiert, den Mindestlohn anzuheben. (…) Schließlich könnten dadurch gerade in Branchen mit niedrigem Lohnniveau tarifvertraglich geregelte Löhne ausgehebelt werden. Einer scheint diese Sorge allerdings nicht zu teilen: Robert Feiger, der Vorsitzende der IG Bauen, Agrar, Umwelt (IG Bau), spricht sich dafür aus, den gesetzlichen Mindestlohn sogar noch stärker zu erhöhen. Das derzeitige Niveau von 9,19 Euro in der Stunde sei „zu niedrig, keine Frage“, sagte er am Mittwochabend vor Journalisten in Frankfurt. „Um im Alter über die Grundsicherung zu kommen, muss man über 45 Jahre 12,63 Euro die Stunde verdienen.“ Derzeit beträgt die Grundsicherung rund 800 Euro. (…) Brisant ist diese Aussage auch deshalb, weil Feiger Mitglied der Mindestlohnkommission ist, die aus Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sowie Wissenschaftlern besteht…“ Artikel von Britta Beeger vom 14. Februar 2019 bei der FAZ online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=144239
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