Neues Berufsbildungsgesetz bringt Mindestvergütung für Azubis, aber Handlungsbedarf bleibt

Wer nicht ausbildet wird umgelegt„Der Gesetzentwurf zur Modernisierung der beruflichen Bildung externer Link wurde heute abschließend vom federführenden Ausschuss im Deutschen Bundestag beraten. Anlässlich der für morgen anberaumten 2./3. Lesung im Bundestag sagte Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende: „Das Reformpaket hat auf den letzten Metern noch deutlich gewonnen. Es bringt erheblichen Fortschritt, für den DGB und DGB-Jugend lange gestritten haben. Neben der Mindestvergütung gibt es künftig eine gesicherte Freistellung aller Azubis für die Berufsschule, die gesetzlich garantierte – wenn auch leider nicht bezahlte – Freistellung für ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer, verbesserte Lernmittelfreiheit für die Azubis und ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Ländern und Sozialpartnern, um die betrieblichen Phasen des Dualen Studiums zu verbessern. Diese Maßnahmen müssen nun schnell umgesetzt werden. Schon die im Gesetz verankerten Evaluationsaufträge zum Prüfungswesen, zur Qualität der beruflichen Aufstiegsfortbildung und zum Durchstieg von zwei- in dreijährige Berufsausbildungen zeigen aber, dass es weiterhin Handlungsbedarf gibt.“ (…) Die Mindestvergütung beträgt 2020 zunächst 515 Euro und wird schrittweise bis 2023 auf 620 Euro (1. Ausbildungsjahr) bis 868 Euro (4. Ausbildungsjahr) angehoben. Positiv ist auch, dass die Mindestvergütung nun nicht an das Schüler-BAFöG, sondern an den Durchschnitt der Ausbildungsvergütungen gekoppelt ist. Neu im Gesetz ist zudem, dass die Mindestvergütung jährlich automatisch entsprechend der Durchschnittswerte aller Ausbildungsvergütungen angepasst wird. (…) Beim Dualen Studium hatte der DGB gefordert, die betrieblichen Phasen ins Berufsbildungsgesetz aufzunehmen. Dieser Schritt ist leider ausgeblieben. (…) Nicht zielführend sind neue Fortbildungstitel wie „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“, wie sie mit dem Gesetz eingeführt werden. Es reicht nicht, den Abschlüssen neue Etiketten aufzukleben. Um die Qualität der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu verbessern, sind verbindliche Inhaltspläne für die Lernprozesse wichtig. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.“ DGB-Pressemitteilung vom 23. Oktober 2019 externer Link, siehe dazu auch:

  • BBiG-Reform: Von Mindestausbildungsvergütung bis Freistellung an Berufsschultagen New
    Mit dem neuen Berufsbildungsgesetz (BBiG) hat der Bundestag ein wichtiges Gesetz beschlossen, mit dem die berufliche Bildung und Ausbildung in Deutschland gestärkt wird. Wenn der Bundesrat zustimmt, gilt das Gesetz ab Januar 2020. Es hat viele Pluspunkte, dennoch sieht der DGB in einzelnen Punkten weiter Handlungsbedarf…“ Eine Übersicht zum Berufsbildungsgesetz vom 29.10.2019 beim DGB  externer Link
  • [Neue Lohnuntergrenze für Azubis] Das Mindeste reicht nicht 
    „… Die Einführung einer Mindestvergütung für Azubis ist überfällig. Ob aber 515 oder perspektivisch 620 Euro wirklich reichen, um eine Ausbildung als Friseur, Bäcker oder Fleischer attraktiv zu machen, ist fraglich. Denn leben kann man auch davon nicht. Zudem müssen neben der Vergütung die sonstigen Arbeitsbedingungen stimmen. Wer wie die meisten heutigen Schulabgänger bessere Alternativen hat, wird kaum bereit sein, einen brüllenden Chef oder Zehn-Stunden-Tage ohne Pause zu ertragen – oder Locken legen nur nach Feierabend üben zu können. Wie schon bei Einführung des allgemeinen Mindestlohns haben sich die Arbeitgeber mit ihrem Ruf nach »Mäßigung« durchgesetzt. Dabei ist die Mindestvergütung gerade im Interesse von kleinen und kleinsten Betrieben, denn die sind es, die zugleich am meisten über Nachwuchsmangel und hohe Abbrecherquoten klagen. Als unterste Haltelinie ist der Azubi-Mindestlohn dennoch wichtig, denn er stabilisiert das Tarifvertragssystem. In manchen Branchen haben Gewerkschaften Tarifverträge vereinbart, die deutlich unter der neuen Mindestgrenze liegen – wie etwa im Friseurhandwerk in Brandenburg. Hier haben Azubis erstmal das Nachsehen, denn Abweichungen nach unten sind auch künftig möglich, wenn die Tarifparteien sich einig sind. Gewerkschaften wären jedoch schlecht beraten, diese Option zu nutzen. Die Mindestvergütung gibt ihnen vielmehr ein Argument an die Hand, um mehr zu fordern als das Mindeste.“ Kommentar von Ines Wallrodt bei neues Deutschland vom 24. Oktober 2019 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156301
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