Reformvorschlag des IAB: „Arbeit muss sich lohnen – auch im unteren Einkommensbereich!“

LohnAnstandsGebot„… Das IAB hat einen Reformvorschlag vorgelegt, in dem der arbeitsmarktpolitische Anspruch der Grundsicherung aufrechterhalten wird und die Integration in den Arbeitsmarkt weiterhin Priorität hat. Zudem würden Erwerbstätige im unteren Einkommensbereich, davon viele in instabilen und nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen, bei Bedarf in die fördernde Arbeitsmarktpolitik einbezogen. (…) Der Reformvorschlag sieht eine umfassende Neugestaltung des Transfersystems vor. Demnach würde ein Erwerbszuschuss eingeführt, der sich bei der Bedürftigkeitsprüfung und der Transferhöhe weitestgehend an den Bedingungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende orientiert. Für Erwerbstätige ab einem bestimmten Erwerbseinkommen würde er Grundsicherung, Wohngeld und Kinderzuschlag ersetzen, aber weiterhin im Bereich der Grundsicherung administriert werden. Der Transfer zielt darauf ab, mehr Anreize für eine Erwerbstätigkeit mit höheren Wochenarbeitszeiten zu schaffen. Dazu würden die Hinzuverdienstmöglichkeiten in der Grundsicherung bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen eingeschränkt. Im Gegenzug würde die Transferentzugsrate bei Verdiensten oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze oder bei Bezug des Erwerbzuschusses großzügiger ausgestaltet als bisher. (…) Da die Leistung weiterhin in der Grundsicherung geregelt wäre, würde für die Bezieher außerdem ein neuer sogenannter aktivierungsfreier Status geschaffen, der sie von Verpflichtungen gegenüber den Grundsicherungsstellen weitestgehend entbindet. Dadurch könnte zum einen die Inanspruchnahme weiter erhöht werden. Zum anderen böte die Verzahnung mit der Grundsicherung den Vorteil, dass die Empfänger des Erwerbszuschusses Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Instrumenten und Dienstleistungen hätten, wie der beruflichen Bildung oder der Weitervermittlung. Dieser Zugang ist bei den ausschließlich passiven Leistungen Wohngeld und Kinderzuschlag nicht gegeben…“ IAB-Reformvorschlag von Kerstin Bruckmeier, Jannek Mühlhan, Jürgen Wiemers und Ulrich Walwe vom 21. Dezember 2018 externer Link und nun eine Bewertung:

  • Kürzen »gegen Armut« – Arbeitsmarktforscher propagieren »Erwerbszuschuss« als neue Hartz-IV-Reformidee. Hinter der vermeintlichen Wohltat steckt eine Mogelpackung New
    „… Unter dem Motto »Arbeit muss sich lohnen« wirbt deren Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für einen »Erwerbszuschuss«. Dieser solle »Beschäftigten im unteren Einkommensbereich« ein Plus auf dem Konto bringen. Doch was schön klingt, ist ein als Wohltat angepriesener Kürzungsvorschlag. (…) Von dem IAB-Vorschlag würden indes nur Hartz-IV-Aufstocker profitieren, die über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 850 Euro verfügen. Der überwiegende Teil der Betroffenen hätte am Ende noch weniger als schon heute in der Tasche. Bisher erhalten erwerbstätige Aufstocker einen Grundfreibetrag von 100 Euro. Was darüber hinaus bis zu einer Grenze von 1.000 Euro verdient wird, rechnet die BA zu 80 Prozent auf die Leistungen an. Oberhalb der Grenze bleiben noch zehn Prozent des Einkommens frei. Arbeitet beispielsweise jemand im Minijob für 450 Euro monatlich, beträgt sein Freibetrag 170 Euro. Das heißt: Sein Regelsatz wird um 280 Euro gekürzt. Die BA-Forscher plädieren dafür, den Grundfreibetrag auf 50 Euro zu senken. Oberhalb der 50 Euro bis zur Minijobgrenze von 450 Euro sollen nur noch zehn Prozent frei bleiben. Ein Minijobber hätte dann statt wie bislang 170 nur noch 90 Euro mehr als ein nicht erwerbstätiger Hartz-IV-Bezieher. Erst oberhalb eines Nettoeinkommens von 450 Euro sollen 40 statt wie bisher 20 Prozent vom Lohn nicht angerechnet werden. Beträgt beispielsweise das Einkommen 600 Euro, wären dann nicht mehr 200, sondern nur noch 150 Euro anrechnungsfrei. Bei einem Lohn von 850 Euro würde sich der Selbstbehalt mit 250 Euro an die jetzige Lage angleichen. (…) Die Experten wollen so das Hartz-IV-System »entbürokratisieren« und »leistungsgerechter« gestalten. Dann könnten Familien mit geringem Einkommen künftig statt Kinderzuschlag und Wohngeld aufstockendes Hartz IV beantragen und damit ein paar Euro »aus einer Hand« mehr in der Tasche haben, lobte auch das Handelsblatt in dieser Woche unter Berufung auf das IAB…“ Kommentar von Susan Bonath in der jungen Welt vom 25. Januar 2019 externer Link
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