[Ratgeber und BAG-Urteil] Damit der Resturlaub nicht verfällt

Dossier

urlaub ausbeutung„… Dass Resturlaub einfach verfällt, verhindert das Bundesurlaubsgesetz BUrlG. (…) Resturlaub aus dem Vorjahr kann bis zum 31.März übertragen werden. Danach verfällt er in der Regel. (…) Arbeitgebern steht es jedoch frei, ihren Mitarbeitern auch danach noch Resturlaub zu gewähren. (…) Beim Verfall von gesetzlichen Urlaubsansprüchen gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Konnte ein Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und auch weiterhin bis zum 31. März des Folgejahres infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub nehmen, verfällt der Urlaub nicht. In diesem besonderen Fall findet ein weiterer Übertrag statt, und zwar längstens bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres. (…) Urlaub ausbezahlen muss der Arbeitgeber nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis endet und Urlaub deshalb nicht mehr genommen werden kann…“ IG Metall-Ratgeber vom 11. Februar 2019 externer Link – siehe dazu ein BAG-Urteil zum Verfall von Urlaub:

  • BAG: Urlaubsansprüche verjähren nicht automatisch. Gericht pocht auf die Hinweispflicht der Arbeitgeber New
    „Arbeitgeber müssen Beschäftigte auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinweisen. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, verfällt der Resturlaub eines Urlaubsjahres bei Krankheit oder Erwerbsminderung des Beschäftigten nicht, urteilte zunächst der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Dies hat das Bundesarbeitsgericht nun umgesetzt. (…) Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der bezahlte Urlaub normalerweise im laufenden Urlaubsjahr genommen werden. Aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen können restliche Urlaubstage auch bis Ende März des Folgejahres genommen werden. Danach verfällt der nicht genommene Urlaub in der Regel. (…) Das Bundesarbeitsgericht hat nun festgestellt, dass die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche erst in dem Zeitpunkt beginnt zu laufen, in dem der Arbeitgeber die Arbeitnehmer*in über ihren*seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat. Erfolgt eine solche Belehrung nicht, und nimmt die Arbeitnehmer*in ihren*seinen Urlaub nicht, heißt das, dass der Urlaub weder verjährt noch verfällt.“ DGB-Pressemitteilung vom 21. Dezember 2022 externer Link – zu Details siehe:

    • BAG fällt Grundsatzurteil: Urlaub bis in alle Ewigkeit. Mit seinem weitreichenden Urteil setzt das BAG zwingende Vorgaben des EuGH um
      „… Mit der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 20.12.2022, Az.: 9 AZR 266/20 = PM Nr. 48/22 des BAG) sorgen die höchsten deutschen Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter für eine vorzeitige Bescherung: Urlaub verjährt nur, wenn Unternehmen vorher ihre Beschäftigten darauf hingewiesen haben, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt. Fehlt es hieran, können auch noch Ansprüche aus früheren Jahren geltend gemacht werden. Auf die regelmäßige dreijährige Verjährung nach nationalem Recht (§§ 195, 199 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) dürfen sich Arbeitgeber in diesen Fällen nicht berufen. Die Entscheidung des BAG ist einerseits spektakulär und kann erhebliche Auswirkungen haben. Andererseits kommt sich nicht überraschend, denn das BAG setzt mit seinem Urteil zwingende Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 22.9.2022, Az.: C-120/21) um, die dieser dem BAG als Antwort auf den bundesarbeitsgerichtlichen Vorlagebeschluss (v. 29.09.2020, Az. 9 AZR 266/20 [A]) ins Stammbuch geschrieben hatte. (…) Ausgangspunkt des aktuellen Urteils war ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Solingen (Urt. v. 19.2.2019, Az.: 3 Ca 155/18). Die dort klagende Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin war in einer Kanzlei von November 1996 bis Ende Juli 2017 beschäftigt. Da immer viel zu tun war, konnte sie ihren Urlaub nie vollständig in Anspruch nehmen. Als die Arbeitnehmerin dann aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, machte sie noch die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren geltend. Während das erstinstanzlich erkennende Arbeitsgericht die Klage auf Abgeltung bis auf die Urlaubstage des Jahres 2017 abwies, gab das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urt. v. 21.2.2020, Az.: 10 Sa 180/19) der Klägerin Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Abgeltung des geltend gemachten Urlaubs, sowohl für das Jahr 2017 als auch für die Vorjahre, hinsichtlich der Arbeitgeber sich auf die Einrede der Verjährung berufen hatte. Die Kammer sprach der Steuerfachangestellten damit eine Summe von EUR 17.376,64 brutto Urlaubsabgeltung für die Jahre 2013 bis 2016 zu. Dieses Ergebnis hielt der Arbeitgeber für falsch und rief das BAG zur höchstrichterlichen Klärung an. (…) Eine für den aktuellen Fall relevante Entscheidung hatte der EuGH bereits 2018 (Urt. v. 6.11.2018, Az.: C-684/16) getroffen und festgestellt, dass Urlaub nur verfallen könne, wenn Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber „durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde“, den Urlaubsanspruch auch wahrzunehmen. Das BAG setzte diese Entscheidung im Folgejahr (Urt. v. 19.2.2019, Az.: 9 AZR 423/16) und schuf eine arbeitgeberseitige Hinweis- und Aufklärungspflicht als Obliegenheit eines Arbeitgebers. Nur, wenn der Arbeitgeber diese erfülle, könne Urlaub nach den Vorgaben des BUrlG verfallen. (…) Der Arbeitgeber berief sich aber zusätzlich auf Verjährung des Urlaubs(abgeltungs)anspruchs. Denn nach deutschem Recht verjährt ein Anspruch grundsätzlich nach drei Jahren (§ 195 BGB). Diese regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Schuldner Kenntnis von den tatsächlichen Umständen hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Eine Rechtsfolgenkenntnis ist nicht notwendig. Sprich: Jemand, der von einem anderen Geld geliehen bekommen hat und dies nicht zurückzahlt, kann nach Verjährungseintritt erfolgreich die Einrede der Verjährung geltend machen, selbst wenn der Darlehensgeber nicht wusste, dass ihm ein Rückzahlungsanspruch zusteht. Es reicht also die Kenntnis der Umstände, eine positive Rechtsfolgenkenntnis ist nicht notwendig. Ob dies auch im Urlaubsrecht gilt, wollte das BAG mit seiner Vorlage vom EuGH wissen. Das BAG hatte hierfür Sympathien. (…) Der EuGH erteilte dem BAG insoweit aber eine Absage. Es sei zwar richtig, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran habe, „nicht mit Anträgen auf Urlaub oder finanzieller Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub konfrontiert werden zu müssen, die auf mehr als drei Jahre vor Antragstellung erworbene Ansprüche gestützt werden“.  Allerdings sei dieses Interesse nicht mehr berechtigt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor nicht in die Lage versetzt habe, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen. Denn dadurch habe er sich selbst in eine Situation gebracht, „in der er mit solchen Anträgen konfrontiert“ werde und überdies „zulasten des Arbeitnehmers Nutzen ziehen könnte“. Daher stehe das nationale Verjährungsrecht Deutschlands den Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie entgegen, wenn es zum Urlaubsverfall beim nicht aufgeklärten Arbeitnehmer führe. (…) Die Entscheidung des BAG stärkt nun zweifelsohne die Rechte von Beschäftigten. Sie macht zudem abermals deutlich, wie stark das Urlaubsrecht zwischenzeitlich vom Unionsrecht geprägt ist. Wenige Entscheidungen des BAG haben überdies bereits im Vorfeld eine so große mediale Aufmerksamkeit erfahren wie das aktuelle Urteil. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass eine Klagewelle ehemaliger Beschäftigter gegen vormalige Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung diskutiert wird. Ob eine solche Welle entstehen wird, dürfte maßgeblich davon abhängen, wie das BAG die Anforderungen an die Geltendmachung „alter“ Ansprüche setzen wird und ob Urlaubsansprüche und Urlaubsabgeltungsansprüche „gleich“ zu behandeln sind. Aus der bislang allein vorliegenden Pressemitteilung des Gerichts ist dies nicht ableitbar. In der Vergangenheit – allerdings noch vor den Vorgaben des EuGH im September 2022 – hatte das BAG zudem noch ausdrücklich betont, dass Abgeltungsansprüche Verjährungs- und Verfallfristen unterfallen (BAG v. 24.5.2022, Az.: 9 AZR 461/21)…“ Gastbeitrag von Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom 20. Dezember 2022 bei LTO externer Link
  • EuGH: Resturlaub verfällt ohne arbeitgeberseitigen Hinweis nicht nach drei Jahren 
    Für Resturlaub gilt hierzulande eine Verfallsfrist von drei Jahren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass diese nur dann greift, wenn ein Arbeitgeber seine Beschäftigten darüber auch explizit informiert hat. Andernfalls bleiben die Ansprüche bestehen (Rs. C-120/21). (…) Zur Begründung heißt es in dem Urteil externer Link u.a., dass Art. 7 der EU-Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88) und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Europäischen Union dahin auszulegen seien, “dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen”. Die Verjährungsfrist beginne also frühestens dann, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter über den drohenden Verfall informiert hat und seinen “Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten” nachgekommen sei.. Denn laut EuGH könne es nicht angehen, “dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben, beruft, um daraus im Rahmen der auf diesen Anspruch gestützten Klage des Arbeitnehmers einen Vorteil zu ziehen, indem er einredeweise die Anspruchsverjährung geltend macht”…“ Beitrag von Frank Strankmann vom 22.09.2022 in betriebsratspraxis24.de externer Link zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 22.09.2022
  • BAG setzt EuGH-Urteil zum Verfall von Urlaub um: Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen
    Das BAG hat die EuGH-Vorgaben zum Urlaubsrecht umgesetzt. Damit verfallen Ansprüche nicht mehr automatisch. Die Entscheidung könnte auch für vermeintlich verfallene Urlaubstage gelten, meint Alexander Willemsen. Drei Monate nach einem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH Urt. v. 06.11.2018, Az. C-684/16) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 19. Februar 2019 die Vorgaben der europäischen Richter umgesetzt: Der automatische Verfall von Urlaubsansprüchen ist passé. Für die Personalabteilungen bedeutet das Urteil zusätzliche Arbeit – und einige Arbeitnehmer haben 2019 vielleicht mehr Urlaubstage als gedacht. (…) § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG sieht zwar vor, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen und gewährt werden muss. Bislang wurde daraus geschlossen, dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Der EuGH war jedoch der Meinung, dass Urlaubsansprüche nur dann automatisch verfallen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Dies sei aber nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erforderlichenfalls sogar dazu auffordert, den Urlaub zu nehmen und ihm mitteilt, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des zulässigen Übertragungszeitraums oder am Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen wird. Diese Rechtsprechung hat das BAG nun übernommen…“ Gastbeitrag von Dr. Alexander Willemsen vom 20.02.2019 bei LTO online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=144726
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