»Smarte neue Welt«. Die Roboter kommen, die Arbeit geht? (LuXemburg 3/2015)

»Smarte neue Welt«. Die Roboter kommen, die Arbeit geht? (LuXemburg 3/2015)Mit Schlagworten wie »Industrie 4.0«,»Arbeit 4.0« oder »neues Maschinenzeitalter« werden derzeit Umbrüche in der Produktion verhandelt. (…) Von links stellen sich zwei zentrale Fragen: die nach der Verfügung über all diese Daten, Algorithmen und Kommunikationsinfrastrukturen. Sie liegt zunehmend in der Hand privater Konzerne, die sie nicht zuletzt für staatliche Überwachungszwecke und digitale Kriegsführung bereitstellen. Die andere Frage ist die nach den Rationalisierungspotenzialen der Automatisierung. Wem gehört eigentlich die frei werdende Zeit? Und wie lassen sich angesichts privatwirtschaftlich generierter Automatisierungsgewinne künftig Einnahmen öffentlicher Kassen sicherstellen? Die Forderung nach einem Recht auf öffentliche Netzinfrastrukturen ist bislang kein prominentes linkes Projekt und wäre doch in vielerlei Hinsicht anknüpfungsfähig an existierende Bewegungen. Hier verbindet sich Technologiepolitik mit Organisierungsnotwendigkeiten digitalisierter Arbeit und der Diskussion um soziale Infrastrukturen. LuXemburg 3/2015 fragt nach den strategischen Herausforderungen linker Politik: Wie hängt der digitale Wandel mit dem Umbau der Demokratie zusammen? Was bedeutet er für die Neuzusammensetzung der Arbeit? Welche Potenziale der Vergesellschaftung stecken in den neuen Technologien, und wie können diese von links ›gehoben‹ werden? Gibt es neue Hebel für soziale Gerechtigkeit, Gleichheit – für soziale, politische, kulturelle Teilhabe? Oder gelten am Ende doch alte Antworten auf neue Fragen?Editorial und Inhaltsverzeichnis und alle Beiträge vom Dezember 2015 bei der Zeitschrift Luxemburg externer Link und hieraus unsere Empfehlungen:

  • Die Roboter kommen, die Arbeit geht? Wo die Grenzen der Rationalisierung liegen
    „… Je mehr automatische Maschinen und Roboter und große gesellschaftliche Infrastrukturen und Netze die Grundlagen der Reichtumsproduktion bilden, desto mehr stellt sich darüber hinaus die Frage nach der gesellschaftlichen Verfügung über diese und der Überwindung privaten Eigentums daran, also nach sozialistischen Alternativen jenseits des Kapitalismus. Erst recht, wenn kleine superreiche Minderheiten sich immer größere Anteile des Reichtums in Form von Kapitalerträgen und Monopolrenten aneignen. Diese Diskussion voranzutreiben und mit den Kämpfen der Arbeitenden um ihre Rechte und Ansprüche zu verbinden – statt dies etwa gegeneinander zu stellen – , ist die besondere Aufgabe von SozialistInnen und Linken.“ Artikel von Ralf Krämer in der LuXemburg 3/2015 externer Link
  • Gefährliche Liebschaften: Die IG Metall und die Industrie 4.0
    Essay von Klaus Pickshaus in der LuXemburg 3/2015 externer Link. Darin u.E. wesentlich: „… Da die Entwicklungspfade moderner Arbeit offen, aber nicht beliebig sind, ist eine Rückbesinnung auf die wesentlichen Einflussfaktoren, die den Technik-Pfad prägen werden, für eine gewerkschaftliche Strategie unverzichtbar. Sicherlich gehört dazu zuallererst die Frage, welche Möglichkeiten die Technologie eröffnet. Die Zukunftsbilder, die uns gerade aus den ingenieurdominierten Bereichen erreichen, sind fantasievoll, aber auch oftmals sehr naiv. Deshalb wäre es fatal, die Debatte vor allem „den Ingenieuren“ zu überlassen. Denn hinsichtlich der Realisierung werden zwei weitere Einflussfaktoren unterschätzt: Was erweist sich als nachhaltig profitabel – und zwar nicht nur für einige Hightech-Unternehmen? Und ferner: Was erweist sich als kompatibel mit den betrieblichen Macht- und Herrschaftsstrukturen? Kritische SozialwissenschaftlerInnen wie Sabine Pfeiffer und Hartmut Hirsch-Kreinssen gehen deshalb von unterschiedlichen Szenarien aus und bleiben mit Prognosen vorsichtig. (…) Eine weitere Variante könnte als markthörige Digitalisierung bezeichnet werden. Ein solcher Ansatz akzeptiert die Wettbewerbszwänge und die betriebswirtschaftlichen Renditevorgaben. Zu dem wachsenden Zwang der Technik wie in der ersten Variante tritt der Zwang des Marktes mit der Konsequenz eines ebenso defensiven Gestaltungsansatzes. Die Einbindung der Gewerkschaften in einen Standortpakt gehört zu den Zielen. Für die Gewerkschaften käme es aber darauf an, die Arbeitskraft- und Subjektinteressen der Beschäftigten sowie Humanisierungsstandards ins Zentrum zu stellen. Einen solchen Strategieansatz könnte man als arbeitskraftzentrierte Digitalisierung bezeichnen. Dabei wird Wettbewerbsfähigkeit als Überlebensbedingung auf kapitalistischen Märkten anerkannt, jedoch nicht zum Strategieziel erhoben. (…) Eines sollte bei der Debatte über Industrie 4.0 allerdings nicht vergessen werden: Nicht alles ist neu. Die Probleme der Arbeit 3.0 haben weiterhin hohe Präsenz. Die Debatte um Ganzheitliche Produktionssysteme und Lean Office ist noch nicht „aufgebraucht“. Und die Folgen der „organisatorischen Revolution“ mit der indirekten Steuerung, der radikalen Vermarktlichung und der Entgrenzung von Zeit und Leistung sowie den Ambivalenzen der neuen Autonomie in der Arbeit sind für Arbeit 3.0 wie für Arbeit 4.0 prägend (vgl. Pickshaus 2014). Durch die Umbrüche in der Arbeit wird sich der Wandel im Belastungsspektrum beschleunigen mit allen ungelösten Problemen zum Beispiel der Leistungsverdichtung und kognitiven Überforderung, der Zunahme psychischer Belastungen, aber auch der Gefahr neuer digitaler Spaltungen. All dies sollte in einer gewerkschaftlichen Strategie berücksichtigt werden.“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=91368
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