New Work – Alte Probleme

isw-report 106: Digitale Arbeit und Industrie 4.0„Auch wenn Unternehmen die Veränderungen gerne als »New Work« bezeichnen: Die Belastungen für die Beschäftigten sind bereits heute groß. »Gefahren der digitalen Arbeitswelt« benennt das Forschungsprojekt Digitrain 4.0: »Arbeitsverdichtung erzeugt zunehmenden Arbeitsdruck« ergab eine Onlinebefragung von über 200 Beschäftigten für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (…) 37 Prozent aller Befragten gaben an, dass durch neue Technik der Arbeitsdruck gestiegen sei. Zur Belastung wird, »dass Mitarbeiter zu viele unterschiedliche Tätigkeiten gleichzeitig ausüben müssen, ohne dass dafür mehr Zeit zur Verfügung steht. Für knapp ein Fünftel der Befragten geht die hieraus resultierende gesteigerte Arbeitsbelastung damit einher, viele Überstunden leisten zu müssen«. Auch werde der steigende Technikeinsatz nicht nur als Unterstützung wahrgenommen…“ Artikel von Marcus Schwarzbach aus Ossietzky 10/2019 externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Leistung oder Teamgeist: Was treibt den Unternehmenserfolg an? New
    „… Die aktuellen Zahlen stellen die Unternehmenslenker hierzulande nicht zufrieden. (…) In vielen Unternehmen werden inzwischen Maßnahmen hinterfragt, die als „New Work“-Konzepte propagiert wurden. Das „Neue“ an dieser Idee versteht jedes Management anders: Arbeiten wird überall möglich, die Kommunikation im Team gefördert. Arbeitsgruppen übernehmen Führungsaufgaben und steuern sich selbst. (…) „Feel-Good-Manager“ kümmern sich um das Wohlbefinden der Mitarbeiter, die für das Unternehmen immer online erreichbar sein sollen. In vielen Unternehmen gibt es solche Stellen, die Firmenevents planen oder sich um gesunde Ernährung in der Betriebskantine kümmern. (…) Vorreiter des Wandels hierzulande ist der Softwaregigant SAP: „In Deutschland mangelt es an Leistungsdenken“, formuliert SAP-Vorstand Christian Klein. Im Rahmen des Performance-Managements fordert er deshalb nicht nur regelmäßige individuelle Leistungsbeurteilungen für alle SAP-Mitarbeiter. Vielmehr sollen die Vorgesetzten die Mitarbeiter in drei Leistungsklassen einteilen: „Performer, Achiever, Improver“. „Das Vorhaben, Minderleistende systematisch zu identifizieren und in eine Gruppe einzusortieren, führte in den sozialen Medien zu heftiger Kritik, die meisten Kommentatoren der Wirtschaftspresse fragten sich, ob das nicht Managementmethoden aus dem vergangenen Jahrhundert seien“, meldet haufe.de. (…) „Schluss mit Kuscheln“, kommentiert die Wirtschaftswoche die Pläne des Software-Riesen. Die Beschäftigten sehen das anders. Der europäische SAP-Betriebsrat kritisiert den Vorstand in einer internen E-Mail nach Medienberichten scharf: „SAP, wie wir es kannten, ist vorbei“ – 2.000 Mitarbeiter sollen den Aufruf bisher unterschrieben haben. (…) „New Work“ als entspannte Arbeitswelt darzustellen, beschreibt nicht die betriebliche Realität. Die Vorteile für die Unternehmen überwiegen. Meist erfolgt die Arbeitsteilung indirekt – nicht mehr, indem ein Vorgesetzter die einzelnen Arbeitsschritte vorgibt und deren Einhaltung kontrolliert. Vielmehr findet gerade bei hoch qualifizierten Beschäftigten häufig eine Vermarktlichung des Arbeitsverhältnisses statt. Sie müssen sich eigenverantwortlich im Rahmen der Vorgaben direkt gegenüber dem Kunden am Markt orientieren. (…) Dieser steigende Druck wird von den Führungskräften mehrheitlich ignoriert – zumal eine aktuelle Studie von StepStone zeigt, wie unterschiedlich die Wahrnehmung ist: 97 Prozent der Vorgesetzten sind überzeugt, dass sie die Leistung ihrer Mitarbeiter ausreichend würdigen. Die Mehrheit der Mitarbeiter sieht das anders: Nur 57 Prozent stimmen dieser Einschätzung zu. An anderer Stelle wird der Vorstoß des SAP-Vorstands, moderne Regeln einzuschränken und weltweit 8.000 Stellen abzubauen, begrüßt: „Die Aktie steigt auf ein Rekordhoch“, beschreibt das Handelsblatt die Reaktion der Börse.“ Beitrag von Marcus Schwarzbach vom 30. Januar 2024 in Telepolis externer Link
  • Weiter aus dem Artikel von Marcus Schwarzbach aus Ossietzky 10/2019 externer Link (Teil 2, Teil 1 von »New Work – Alte Probleme« erschien in Ossietzky 8/2019): „… Beschäftigte müssen sich »häufig mit einer Vielzahl, mitunter widersprüchlicher, Informationen auseinandersetzen«. So stimmen knapp zwei Drittel der Befragten zu, dass die zu verarbeitende Informationsmenge durch die Digitalisierung der Arbeitswelt zugenommen hat. Die Trennung von Arbeit und Privatleben wird durch den Technikeinsatz der Unternehmen in Frage gestellt. Der Druck auf die Beschäftigten nimmt zu. (…) In einer repräsentativen Befragung durch das »soziale Netzwerk« XING und das Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) gaben 62,8 Prozent der knapp 2000 Befragten zwischen 25 und 54 Jahren an, sich auch in ihrer Freizeit mit beruflichen Aufgaben zu beschäftigen (siehe Arbeitsrecht im Betrieb 5/2018). Den Unternehmen reicht das nicht. Die BDA fordert eine Einschränkung des Arbeitszeitgesetzes: »Durch weitere gesetzliche Öffnungen müssen diese betrieblichen Spielräume vergrößert werden.« Auch gesetzliche Nachweispflichten zur Arbeitszeit halten die Unternehmenslobbyisten für störend. »Vertrauensarbeitszeit wird im Zuge der Digitalisierung der Arbeitswelt stetig zunehmen.« Der Gesetzgeber solle es möglich machen, »die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten verbindlich an die Beschäftigten zu delegieren«, wird mit dem Schlagwort »New Work« gefordert. Dies sei ein »Rezept, um in einer zunehmend volatilen, unsicheren, komplexen und mehrdeutigen Welt mitzuhalten und dabei erfolgreich zu sein«, betont Nora Heer, die Chefin von Loopline Systems. Und macht deutlich, welche ideologische Denkweise dahinter steht: »Schon Darwin wusste: Nur die Anpassungsfähigsten (›fittest‹) überleben« (…). So neu sind die »New Work«-Ansätze also gar nicht.“

Siehe zum Thema „New Work“ auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149925
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