Ritt auf der Rasierklinge

Niedriglohn: Habe Arbeit, brauche Geld„Leiharbeiter, Beschäftigte von Sub-Unternehmen, Solo-Selbständige: Viele Menschen können nicht von dem leben, was sie erarbeiten. Sie sind auf staatliche Unterstützung angewiesen. Ein Gespräch mit dem Jenaer Soziologen Klaus Dörre über Beschäftigte zweiter und dritter Klasse und über die Gefahren für die Demokratie….“ Hermann G. Abmayr im Gespräch mit Klaus Dörre bei Kontext: Wochenzeitschrift vom 10. Mai 2017 externer Link, darin besonders interessant:

  • „…Wir sprechen heute von einer prekären Vollerwerbsgesellschaft. Auf der einen Seite haben wir eine Rekordzahl an Erwerbstätigen. Aber immer mehr Menschen werden über unsichere, heikle und schlecht bezahlte, kurz, über prekäre Arbeitsverhältnisse in den Arbeitsmarkt integriert. Die Arbeitslosigkeit wurde also vor allem durch die Ausdehnung prekärer Beschäftigung gesenkt. Der Beweis: Das Volumen an bezahlten Erwerbsarbeitsstunden ist gegenwärtig nicht größer sondern sogar geringer als 1991. Dies ist nur mit der hohen Zahl an unsicheren Beschäftigungsverhältnissen zu erklären. Viele der Betroffenen kommen mit ihrem Lohn kaum über die Runden…“ Und Klaus Görre zur Frage „… Die Politik – bis hin zu Angela Merkel – hat versprochen, den Missbrauch bei Werkverträgen und Leiharbeit zu stoppen. Seit 1. April gilt nun ein neues Gesetz. Was bringt es? Ich kann nicht erkennen, dass das neue Gesetz etwas ändert. Ganz im Gegenteil, es scheint so zu sein, dass man jetzt für jede Art von Tätigkeit auch Leiharbeiter einsetzen kann. Man muss sie nur nach einer bestimmten Frist wieder austauschen. Das Gesetz fördert also die strategische Nutzung von Leiharbeit, statt die Möglichkeiten einzuschränken. Einige Gewerkschaften ziehen daraus den Schluss, bei der Dauer von Leiharbeitseinsätzen noch über das Gesetz hinauszugehen und vierjährige Einsatzzeiten zu ermöglichen. Die Betriebsräte sollen das verhandeln können. Das ist aber ein Ritt auf der Rasierklinge. Standortkonkurrenzen und Krisensituationen machen die Betriebsräte erpressbar. Davor kann ich nur warnen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=116161
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