Newsletter am Montag, 19. Juni 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Indien » Politik

Kommunistischer Gewerkschaftsaktivist von Kommunalbeamten der indischen Regierungspartei ermordet – weil er sie daran hindern wollte, Frauen zu fotografieren, die im Freien auf die Toilette gehen müssen

Das Land der Könige, Rajasthan, ist der größte Flächenstaat Indiens, größer als die erweiterte BRD. Bei den letzten Wahlen errang die BJP, Regierungspartei auch in Delhi, 163 von 200 Sitzen im Parlament – eine der Hochburgen der zumindestens faschistoiden Hindutva-Bewegung, neben dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar Pradesh und dem „Besipielstaat“ Gujarat, der lange von Herrn Modi selbst regiert wurde, inklusive Neoliberalismus und Jagden auf Moslems. Das gewalttätige Indien also, auch das Indien mit so vielen alltäglichen Vergewaltigungen. Genau da, inmitten der BJP Mobilisierungen gegen Rindfleischfresser, fotografieren Kommunalbeschäftigte einer kleinen Stadt Frauen beim „Open Air“ Toilettengang: Fast 5.000 Ortschaften haben hier immer noch kaum Toiletten, trotz aller angeblicher Fortschritte in der Regierungszeit der rechtsradikalen Frau Raje. Nun haben also Kommunalbeschäftigte in dem Ort Pratapgarh Frauen dabei fotografieren wollen, wie sie unter freiem Himmel ihren Toilettengang absolvieren müssen. Dann kam ein 55-jähriger Bauarbeiter, Zafar Hussein, daher – und wollte sie daran hindern. „Solche Sachen“ sah er, so seine Familie danach, „als seine Pflicht an“. Dafür wurde er von der Bande ermordet. Schließlich war er Aktivist der Bauarbeitergewerkschaft im Gewerkschaftsverband AICCTU – und Mitglied der KPI (Marxisten-Leninisten). Solche Haltungen und solche Aktivitäten sind im Indien des Herrn Modi gefährlich – lebensgefährlich bei dem mobilisierten Mob im ganzen Land. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge

2. Internationales » Italien » Kampf gegen Privatisierung

[16. Juni 2017] Erfolgreicher Streik italienischer Basisgewerkschaften gegen Privatisierung im Verkehrswesen – Regierung will deswegen Streikrecht erst recht einschränken

Am Freitag, 16. Juni, war in Italien Streiktag: Bei Eisenbahnen, Nahverkehr, Alitalia, überall im Personenverkehr, quer durchs Land. Im Kampf vor allem gegen die Privatisierungspolitik und ihre Folgen für Beschäftigte und Öffentlichkeit. Wie die Stimmung sein muss, kann man auch daran erkennen, dass dieser Streik im Wesentlichen von einer Reihe von alternativen Basisgewerkschaften organisiert wurde und allerseits als erfolgreich bewertet wurde, was die Mobilisierung betrifft. So erfolgreich immerhin, dass die großen Verbände und ihre Transportgewerkschaften, sich anscheinend gezwungen sahen „auf den Zug aufzuspringen“, und im beinahe letzten Moment ebenfalls zum Streik aufzurufen, allerdings je auf Stunden begrenzt. Und so erfolgreich, dass die Reaktion der Regierung eindeutig war: Sie macht sich plötzlich, wie in solchen Fällen oft versucht, zur Verteidigerin der Bevölkerung. Was heißt: Sie will eine Einschränkung des Streikrechts erzwingen. Was sie schon vorher lanciert hatte – weswegen der Streik sich auch dagegen richtete – aber nach der erfolgreichen Mobilisierung hat sie diesen Kurs verschärft. Siehe dazu vier aktuelle Beiträge zum Transportstreik und zwei weitere zur antidemokratischen Offensive der Regierung

3. Internationales » Großbritannien » Lebensbedingungen

Immer mehr Todesopfer des Londoner Hochhausbrandes: Und immer heftigere Kritik an und Proteste gegen Wohnungsmafia und Regierung

Tausende Menschen haben bei Protesten in London ihrer Wut über die Brandkatastrophe Luft gemacht. Hunderte Demonstranten versammelten sich am späten Freitagnachmittag vor dem Rathaus im Bezirk Kensington und Chelsea und forderten Antworten von den Behörden im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe.Dutzende trommelten gegen die Scheiben und verlangten Einlass. Einige schafften es, in das Rathaus einzudringen, wo sich ihnen Polizisten und Sicherheitskräfte entgegenstellten. Viele geben nach dem Unglück auch den Behörden eine Mitschuld. Die Organisatoren des Protests in Kensington bemühten sich, die Menschen zu beruhigen. Bei dem Brand des Sozialbaus Grenfell Tower waren in der Nacht zum Mittwoch mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen. Es wird noch eine höhere Zahl an Todesopfern erwartet. Berichten zufolge lebten zwischen 400 und 600 Menschen in dem 24 Stockwerke hohen Sozialbau“ – aus dem Beitrag „Wut in London“ am 16. Juni 2017 in der FR Online externer Link, dessen Nachricht über die Zahl der Todesopfer längst überholt ist, der aber dennoch einen Eindruck gibt von der Stimmung der Menschen nach dieser angekündigten Katastrophe. Seitdem eine gewisse Frau Thatcher 1980 ein Baugesetz erlassen hat, das „Eigentum fördern“ (und den sozialen Wohnungsbau abschaffen, keine bundesdeutsche Besonderheit) sollte, ist die Wohnsituation immer schwieriger geworden – und seit den massiven Kürzungen etwa bei der Feuerwehr auch die Sicherheit.

Siehe dazu in der Materialsammlung vier weitere aktuelle Beiträge über die dramatischen bisherigen Ergebnisse und die heftige Empörung gegen die kapitalistischen Praktiken der Wohnungswirtschaft und ihrer Regierungen, sowie zwei Hintergrundbeiträge zur Wohnungsbaupolitik seit 1980 und eine frühe Kritik der Feuerwehr-Gewerkschaft

4. Internationales » Finnland » Arbeitskämpfe

Streik bei Meyer-Werft in Turku: Gegen den Umgangston von Diktatoren

Im finnischen Turku sind knapp 1000 Angestellte der Werft Meyer Turku am Donnerstag in einen Streik getreten. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Der Meldung zufolge protestieren sie damit gegen ihre Arbeitsbedingungen und werfen der Leitung des Tochterunternehmens der Papenburger Meyer Werft Schikane und eine schädliche Arbeitsatmosphäre vor, wie Gewerkschaftsvertreter finnischen Medien sagten. Der Ausstand wurde demnach einstimmig bei einer Versammlung der Angestellten beschlossen und soll bis zum Ende der Woche andauern“ – so der Bericht „Fast 1000 Angestellte bei Meyer Turku im Streik“ am 16. Juni 2017 (Update) bei der NOZ externer Link über den Streik, der Donnerstag und Freitag stattfand. Genauer: „Einige Arbeiter des emsländischen Kreuzfahrtschiffbauers seien bedroht worden und die „Grenze des Tolerierbaren ist überschritten“, sagte Arbeitnehmervertreter Juha Jormanainen dem TV-Sender YLE

Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge

5. Internationales » Kolumbien » Arbeitskämpfe

Nach 37 Tagen Streik: Erfolge der Bildungsgewerkschaft in Kolumbien

Seit dem 11. Mai hatten mehr als 300.000 Lehrerinnen und Lehrer der öffentlichen Schulen ganz Kolumbiens den Streikaufruf der Federación Colombiana de Educadores (Fecode) befolgt. Nach dem Höhepunkt des „Marsches auf Bogota“ war die Regierung Kolumbiens faktisch gezwungen, eine Reihe der Forderungen der Beschäftigten zu erfüllen – nachdem bei 300.000 Streikenden sich über 400.000 Menschen an dieser ganztägigen Großdemonstration beteiligt hatten, war allgemein deutlich geworden, dass dieser Streik – trotz aller Propaganda der Regierung und ihr nahestehender Medien gegen ihn – massive Unterstützung auch der SchülerInnen und Eltern genoss. In dem Beitrag „Maestros públicos levantan huelga de un mes en Colombia“ am 17. Juni 2017 bei TeleSur externer Link wird dementsprechend auch hervorgehoben, dass neben den Lohnforderungen auch Zugeständnisse gemacht wurden in Bezug auf den Zugang von Kindern zu diesen Schulen – eines der gesellschaftlichen Anliegen dieser Streikbewegung, von der stets unterstrichen worden war, dass sie auch der Verteidigung und Verbesserung des öffentlichen Schulsystems gelte.

Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag, die Stellungnahme und Dokumentation des Gewerkschaftsverbandes FECODE, sowie eine Dokumentation über die Streikgründe und den Verweis auf bisherige Berichterstattung

6. Internationales » Spanien » Arbeitskämpfe » Der Kampf der spanischen Docker ab Februar 2017

Die spanischen Hafengesellschaften lehnen Gewerkschaftsentwurf ab: Dockergewerkschaften setzen Teilstreik (einstweilen) bis 8. Juli fort, Internationaler Docker-Rat beschließt zwei Stunden Solidaritäts-Warnstreik

Am vergangenen Freitag, 16. Juni 2017 lehnte der Unternehmerverband Anesco den ausgearbeiteten Vorschlag der spanischen Dockergewerkschaften, der am Dienstag überreicht und veröffentlicht worden war, nunmehr auch offiziell ab und kündigte an, am 20. Juni einen eigenen Vorschlag einzubringen, im – wie es hieß – Bemühen, den Konflikt so schnell als möglich zu beenden. Dass dies nicht gelingen wird, kann schon an der Begründung der Ablehnung des Gewerkschaftsvorschlags gesehen werden: Dieser verstoße gegen die EU-Richtlinien und seine Annahme würde hohe Geldstrafen für die Unternehmen bedeuten, auch etwa, was eine gemeinsame Ausbildungsinstanz betreffe. Nun wendet sich der Widerstand der Docker eben gerade gegen das Deregulierungsdiktat der EU – jeder Vorschlag in diesem Sinne wird wohl kaum die Basis für eine Einigung abgeben können. Der Internationale Docker Rat (IDC), der schon die Weigerung der Löschung umgeleiteter Schiffe in mehreren Ländern organisiert hatte, beschloss seinerseits für den 29. Juni einen zweistündigen Solidaritäts-Warnstreik in allen beteiligten Häfen. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge

7. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Reinigungsgewerbe und Haushalt » [Aktion Arbeitsunrecht] Putzfrauen-Power: Reinigungskräfte wehren sich gegen Lohnraub

PutzfrauenPower! Aktion gegen Lohnraub in Düsseldorf am 25. Juni vor InterConti

„… Die Kampagne PutzfrauenPower! nimmt in Zusammenarbeit mit der IG BAU Rheinland ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zum Anlass für eine phantasievolle Aktion auf der Düsseldorfer Königsallee. Das “Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft” (GSA Fleisch) wurde auf Initiative der CDU am 1. Juni 2017 vom Bundestag verabschiedet und soll am 7. Juli durch den Bundesrat (…) Der Kampf gegen menschenverachtende Arbeitsbedingungen ist dringend notwendig. Aber leider beschränken sich Lohnraub, Lohndumping, Sozialabgaben-Betrug und andere kriminelle Methoden nicht nicht auf die Fleisch-Industrie – wie es das neue Gesetz nahe legt. Im Gegenteil: Ähnliche Methoden und Strukturen gibt es in der Hotel-Reinigung, auf dem Bau, in Speditionen und Vergnügungsparks, in der Landwirtschaft und der häuslichen Pflege…“ Deshalb: „Lohnraub bekämpfen! Für menschenwürdige Arbeitsbedingungen! Kriminellen Sub-Unternehmern und Ausbeutern das Handwerk legen. Nicht nur in der Fleischindustrie, auch in Luxus-Hotels!…“ Protestaufruf vom 16. Juni 2017 von und bei Arbeitsunrecht externer Link zur Aktion am Sonntag den 25. Juni 2017 um 16:00 Uhr beim Hotel InterContinental, Königsallee 59, 40215 Düsseldorf

8. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Gesundheitswesen » Pflegedienste und Care-Arbeit

NDR: Überlastung treibt Krankenpflegekräfte in die Leiharbeit

Immer mehr Krankenpfleger wechseln von ihrer Festanstellung in die Leiharbeit, weil sie sich als feste Kräfte überlastet fühlen. Das ergaben Recherchen von NDR 1 Niedersachsen und „Hallo Niedersachsen“. Offenbar sind die Arbeitsbedingungen in den Kliniken mittlerweile so schlecht, dass viele Krankenpflegekräfte nur noch den Weg in die Leiharbeit sehen, weil sie sich so besser vor Mehrarbeit geschützt sehen. (…) Brigitte Horn von der Gewerkschaft ver.di in Hannover beobachtet diese Entwicklung bereits seit einigen Monaten. Sie spricht im Interview mit dem NDR sogar von einem Trend und einem neuen Phänomen in der Krankenpflege. Die Kliniken seien mittlerweile in der Pflege auf Leiharbeiter angewiesen, sagt Helge Engelke, Direktor der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft. (…) Diesen Trend bemerkt auch eine Leiharbeitsfirma, die Pflegekräfte ausleiht: Derzeit steige die Zahl der vermittelten medizinischen Fachkräfte jährlich um 15 Prozent, sagt Thomas Pietruschinski, Geschäftsführer von Pluss Personalmanagement in Hannover. 80 Prozent der Bewerber haben zuvor fest angestellt in einem Krankenhaus gearbeitet, so eine Disponentin der Firma. (…) Auch offizielle Zahlen belegen die hohe Arbeitsbelastung als Grund für die Flucht in die Leiharbeit…“ NDR-Pressemitteilung vom 18.06.2017 externer Link – darin keine Rede davon, daß die Kliniken planen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern…

9. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Amazon

Arbeiten im Laufschritt. 23 Jahre Amazon Ausbeutung

Konrad Beltz* (Name geändert) ist noch immer aufgebracht. Er hat mehrere Monate bei Amazon in Bad Hersfeld gearbeitet. Die Freiheit in dieser Republik am Arbeitsplatz des Online-Händlers am eigenen Leibe erfahren. „Du kommst einfach nicht zum Luft holen. Ununterbrochen wird bei Amazon deine Arbeitsleistung kontrolliert. In einer Schicht musst du locker zwischen 10 und 15 Kilometer laufen“. Selbst Mainstream-Medien berichten zunehmend über solche miserablen Arbeitsbedingungen beim weltgrößten Online-Versender. Doch dabei bleibt es dann meistens auch. Warum Amazon prekäre Arbeitsverhältnisse hat und Niedriglöhne zahlen darf, wird schon nicht mehr hinterfragt…“ Artikel von Herbert Schedlbauer, zuerst erschienen am 16.06.2017 in der Wochenzeitung unsere zeit – wir danken dem Autor!

10. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Gesundheitswesen » Konflikte und Arbeitskämpfe im Gesundheitswesen in diversen Kliniken » Charité Berlin » „Vitamin C“ – Das Betriebsflugblatt der Sozialistischen Arbeiterstimme an der Charité

Vitamin C vom 15. Juni 2017: Wahlkampfversprechen… und wie wir etwas erreichen!

Darin u.a.: „Solidarität ist keine Einbahnstraße

Der Marburger Bund und die Charité haben sich nun auf ein Eckpunktepapier für einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Ende Juli sollen dann die linearen Entgelterhöhungen gelten. Das Signal, welches die Geschäftsführung damit an alle anderen Berufsgruppen an der Charité (bspw. an die streikenden CFMler) sendet, ist klar. Wir sollten jedoch auf die-sen plumpen Versuch uns gegeneinander ausspielen zu lassen, nicht reinfallen. Natürlich macht die Ärzteschaft auch einen Knochenjob und hat dafür Lohnerhöhungen verdient. Und für die CFMler und Pflegenden ist eben nicht weniger Geld da, nur weil die Ärzte nun ein bisschen mehr bekommen, sondern weil die Chefs und die Politik es so wollen und immer weniger Geld in das Gesundheitssystem investieren. Dennoch sind wir natürlich der Ansicht, dass auch die Ärzte gerne etwas mehr praktische Solidarität zeigen können. Wie? Na, zum Beispiel indem sie beim nächsten CFM-Streik die Pflegenden nicht mehr dazu anhalten, Streikbrecherarbeiten (Patiententransporte etc.) durchzuführen, sondern stattdessen bei der CFM-Leitung Druck machen.“ Und weitere Beiträge in Vitamin C vom 15. Juni 2017 externer Link pdf

11. Politik » Wirtschaftspolitik » Rentenpolitik » Infos und Initiativen zur (Armuts)Rente

ver.di-Aktionswoche 19.-23. Juni 2017: Gute Löhne. Gute Rente

ver.di startet Aktionswoche „Gute Löhne – gute Rente“. Aktuelle Erhebung: Jeder Zweite verdient weniger als 2.500 Euro Bsirske: „Altersarmut ist gesamtdeutsch und vor allem weiblich – Regierung muss handeln“. 44 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland erzielen ein Bruttoeinkommen von unter 2.500 Euro. Während dies 40,5 Prozent im Westen sind, kommen 57,8 Prozent im Osten Deutschlands höchstens auf dieses Bruttogehalt. Ein Ländervergleich: In Thüringen verdienen 62,1 Prozent weniger 5 als 2.500 Euro – also fast zwei Drittel – im reicheren Baden-Württemberg sind dies 37,8 Prozent und damit immerhin auch mehr als ein Drittel der Bevölkerung. Das geht aus einer Datenauswertung des Eduard Pestel Instituts für Systemfor-schung im Auftrag der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hervor. Rechnet man zu den bundesweiten Gesamtzahlen auch noch die 5,14 Millionen 10 Minijobber hinzu, verdienen deutschlandweit rund 50 Prozent aller Beschäftigten weniger als 2.500 Euro brutto. Darunter fallen auch alle diejenigen, die nicht mehr als den gesetzlichen Mindestlohn und damit bei Vollzeit nur 1.450 Euro brutto im Monat verdienen. Sie erzielen damit keinen eigenen Rentenanspruch oberhalb der Grundsicherung. (…) Nötig seien die Stabilisierung der Rente auf dem jetzigen Niveau von 48 Prozent und eine schrittweise Anhebung auf etwa 50 Prozent. Wer nicht wolle, dass das Rentensystem zerbreche, müsse zudem den Bundeszuschuss in die Rentenkas-se erhöhen und die Tarifbindung in Deutschland stärken…“ ver.di-Pressemitteilung vom 16. Juni 2017 externer Link – deutschlandweit sind mehr als 900 Aktionen geplant

Siehe für Argumente und Forderungen die Aktionsseite von ver.di externer Link, dort auch ein Rentenappell zum unterzeichnen

12. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsorganisation » Industrie/Arbeit 4.0

Heilige Dreieinigkeit: Kapital, Staat und DGB bei Industrie 4.0 und Dienstleistung 4.0

Unter unseren Augen vollzieht sich eine Wandlung der DGB-Gewerkschaften. Können sie denn ihre Sozialpartnerschaftsideologie und -praxis noch steigern?, wird man einwenden. Ja, sie gehen zu einer Symbiose mit Kapital und Staat über.

Diese Symbiose passiert in den Zukunftsprojekten Industrie 4.0 (IGM, IG BCE, IG BAU und EVG) und Dienstleistung 4.0 (verdi und NGG). Sie streben an, ein Wille und eine Praxis zu werden bei der Zukunftsplanung der deutschen Industrie und industrienaher Leistungen in Deutschland. Während es bei der imaginierten (und praktizierten) Sozialpartnerschaft noch zwei sich zugewandte, sich nahe Organisationen waren, die Kapitalsverbände und die DGB-Gewerkschaften, gehen sie bei der Zukunftsplanung in eine Symbiose über, Kopf und Seele sollen eins werden – bei äußerer Selbständigkeit…“ Beitrag von Alwin Altenwald vom Juni 2017

13. Politik » Erwerbslosigkeit » Hartz IV » Leistungen und Auswirkungen

Tacheles: Vorschlag einer bundesweiten Kampagne gegen verfassungswidrige Aufrechnung unterhalb des Existenzminimums

„… Nach Auffassung von Tacheles e.V. ist die Aufrechnung von Mietkautionen und Genossenschaftsanteilen nach § 42a Abs. 2 SGB II mit den SGB-II-Regelbedarfen verfassungswidrig. Der Erwerbslosenverein regt eine bundesweite Kampagne an, Leistungsberechtigte dabei zu unterstützen, sich gegen die durch Aufrechnungen verursachte Unterschreitung des Existenzminimums mit Rechtsmitteln zur Wehr zu setzen. Da die Regelung auch bei der Sozialgerichtsbarkeit und in der Fachliteratur umstritten ist, sehen wir realistische Chancen, die Aufrechnung von Wohnungsbeschaffungsdarlehen mittelfristig mit Hilfe zahlreicher Klagen und einer politischen Kampagne zu Fall zu bringen. (…) Für die juristische Durchsetzung der Stundungsansprüche vor Ort ist eine solche Kampagne auf die Unterstützung von Erwerbsloseninitiativen, Beratungsstellen, Anwältinnen und Anwälte angewiesen, die die Verfahren voranbringen. Um den politischen Druck zu erzeugen, brauchen wir eine bundesweite Vernetzung und eine erweiterte Unterstützung durch Verbände und Organisationen. Allerdings können wir hier auf bestehende Strukturen zurückgreifen, wenn genug Mitstreiter*innen und potentielle Aktivist*innen unsere Einschätzung teilen. Die Unterstützung der Leistungsberechtigten kann durch bestehende Beratungsstrukturen geleistet werden und würde unter Nutzung dieser Handlungshilfe und der Textvorlagen für diese kaum Mehrarbeit bedeuten. Für die politische Vernetzung und Konfrontation einer neuen Bundesregierung mit unserer Forderung bliebe genug Zeit, das Bündnis „AufRecht bestehen“ zu reaktivieren und ggf. wieder zu erweitern. Wir halten das „bescheidene“ Ziel „Aufrechnungstopp für Wohnraumbeschaffungsdarlehen“ für durchsetzbar und ein Erfolg würde uns allen gut tun. Wir freuen uns über Rückmeldungen und rufen zur Unterstützung des Aufrufes auf…“ Aufruf von und bei Tacheles e.V. vom 6. Juni 2016 externer Link mit der Bitte zur Unterstützung des Aufrufes bei info@tacheles-sozialhile.de, LabourNet Germany ist natürlich dabei!

14. Politik » Erwerbslosigkeit » inside Arbeitsagentur » Dossier: Fallmanagerin klagt gegen Jobcenter – Klage vom Gericht abgewiesen

(Ex)-Fallmangerin Jana Grebe vom Job-Center Osterholz-Scharmbeck erhält Preis für Zivilcourage: „Ich kann doch nicht angewiesen werden gegen die Menschenwürde zu verstoßen

Sie wird für ihren Einsatz gegen die unsozialen Vorschriften im Job-Center Osterholz-Scharmbeck ausgezeichnet. (…) Frau Grebe sollte als Fallmanagerin den Unterzeichnern dann bei Verstößen die Sozialleistungen kürzen oder streichen. Gegen diese Anweisung wehrte sie sich zunächst monatelang amtsintern und später mit einer leider erfolglosen Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht in Verden…“ Meldung von und bei der Solbach-Freise-Stiftung externer Link

Wir gratulieren und verweisen (zur Nachahmung) auf die Hintergründe im Dossier

15. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » Vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus – die NSU-„Affäre“

Klage gegen die BRD von Angehörigen der NSU-Opfer

Während sich der NSU-Prozess in München nach vier Jahren langsam dem Ende nähert und sich derzeit vor allem um zwei Gutachten zur Angeklagten Beate Zschäpe dreht, wird in Nürnberg ein zweites Verfahren im Zusammenhang mit der rassistisch motivierten Mordserie vorbereitet. Zwei Familien haben den Staat auf Schadenersatz verklagt – Angehörige der beiden NSU-Mordopfer Enver Simsek und Ismail Yasar, die mutmaßlich beide in Nürnberg von den Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen wurden. Einer der Kläger ist Abdulkerim Simsek. Er war noch ein Kind, als sein Vater am 9. September 2000 ermordet wurde. Ein Bild habe sich seitdem in seinem Gedächtnis festgesetzt: »Wie mein Vater schwer verletzt auf der Intensivstation im Krankenhaus lag, mit den Schussverletzungen«, schildert er der Deutschen Presse-Agentur. »Wie man uns gesagt hat, dass er sterben wird.« Schon zu Jahresbeginn hat Simsek gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester vor dem Landgericht Nürnberg die Klage gegen den Staat eingereicht, genauer: gegen den Freistaat Bayern, den Freistaat Thüringen und die Bundesrepublik Deutschland. Es geht um 50 000 Euro für jedes Familienmitglied. Dasselbe fordert die Familie Yasar. Das Nürnberger Gericht bestätigt auf Anfrage, dass beide Klagen »anhängig« sind“ – aus dem Bericht „Angehörige von NSU-Opfern verklagen deutschen Staat“ am 18. Juni 2017 in neues deutschland externer Link, worin auch noch über mögliche weitere Klagen berichtet wird

16. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Polizei und Polizeistaat

Nichts Neues aus Göttingen: Polizeiüberwachung aufgeflogen. Die Wievielte?

Es waren fünf prall gefüllte Ordner, die im Kommissariat 4 der Göttinger Polizei, dem Staatsschutz, standen. Dutzende Namen waren darin abgeheftet, daneben Fotos, die Wohnanschrift, Religionszugehörigkeit, der Familienstand. Das Vergehen der Gelisteten: Sie erschienen den Polizisten offenbar als Linke. Die Akten wurden über Jahre befüllt. Über eine Person heißt es, er habe an einem Informationsstand gegen die Bundeswehr teilgenommen, ein anderer habe sich auf einer Demonstration im Block der Sozialistischen Arbeiterjugend befunden. Zu einer Frau wird ihr Engagement für die Grüne Jugend vermerkt. Bei einer Person fanden die Beamten auch bemerkenswert, dass sie bei Rewe arbeitet“ – so beginnt der Beitrag „Die Schnüffler vom Kommissariat 42 von Konrad Litschko am 16. Juni 2017 in der taz externer Link, worin einmal mehr die sehr seltsame Auffassung der Polizei davon deutlich wird, was/wer denn in dieser BRD links sei, sogar Jugendorganisationen einer „um jeden Preis“-Regierungspartei fallen unter diese Polizeidefinition

Siehe dazu auch einen Beitrag der Grünen Jugend über die versprochene Veränderung der Überwachungspraxis in Niedersachsen – einen aktuellen Beitrag aus Halle, sowie ein einziges (von vielen möglichen) Beispiel von Polizeispitzel-Tätigkeit quer durch die BRD zu früheren Zeiten

17. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Polizei und Polizeistaat » Dossier: Racial Profiling

Wie man gefährliche Orte schafft – und abschafft

Vor einer Woche veröffentlichte das Berliner Polizeipräsidium auf Wunsch der Berliner Koalition zehn der sog. kriminalitätsbelasteten Orte (kbOs). Die Brisanz der Berichte von Betroffenen über Racial Profiling an diesen Orten bleibt bestehen. Zahlreiche antirassistische Berliner Organisationen und Initiativen haben sich daher zusammengetan, um die Landesregierung mit einer gemeinsamen Kampagne daran zu erinnern, Racial Profiling abzuschaffen und die polizeiliche Befugnis zur anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrolle an den kbOs zurückzunehmen“ – aus dem Beitrag „Ban! Racial Profiling. Gefährliche Orte abschaffen“ am 16. Juni 2017 bei linksunten.indymedia externer Link, worin auch noch angekündigt wird: „Neben einer Pressekampagne werden wir eine Postkartenaktion starten um unsere Wut den Verantwortlichen auf den Schreibtisch zu bringen und zu zeigen, dass wir viele sind. Auch ein rechtliches Gutachten ist geplant, um den Druck zu erhöhen. Denn egal ob »gefährlicher Ort« oder »kriminalitätsbelasteter Ort«: Racial Profling bleibt Rassismus und der muss gestoppt werden!“ und auf Webseiten mit weiteren Informationen verwiesen wird.

18. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » Offener Rechtsruck und Gegenbewegung

[Buch] Ein unanständiges Angebot? Mit linkem Populismus gegen Eliten und Rechte

Sahra Wagenknecht versucht es, Bernie Sanders und die Partei Podemos in Spanien machten es vor: Linker Populismus, der die unteren Volksklassen in eine Bewegung gegen die Eliten einzubinden versucht, hat Konjunktur. Dagegen wenden sich linke KritikerInnen. Zuspitzende Elitenkritik und positive Bezüge auf »die einfachen Leute« bereiten demnach den Weg nach rechts. Das muss nicht so sein, ein fortschrittlicher Linkspopulismus ist möglich und nötig: als Teil eines popularen Sozialismus, der von unten ermächtigt, der internationalistisch und feministisch ist und für die radikale Demokratisierung dieser Gesellschaft kämpft. Ein »Sozialismus der einfachen Leute«, der unterschiedlichen Bewegungen der Befreiung eine gemeinsame Richtung zu geben sucht. Er konzentriert sich darauf, vor Ort Gegenmacht zu organisieren, um Laboratorien der Hoffnung und ein Hinterland der Solidarität zu schaffen. Populistische Verdichtungen spielen eine zentrale Rolle, um eine breite populare Bewegung aufzubauen, die dazu in der Lage ist, die neoliberalen Eliten und die radikale Rechte zu schlagen.“ Klappentext zum Buch von Thomas E. Goes und Violetta Bock (erschienen im Juni 2017 bei PapyRossa in der Reihe Neue Kleine Bibliothek 251, 133 Seiten, ISBN 978-3-89438-652-8, 13,90 €). Siehe zum Buch Informationen und Bestellung, Inhaltsverzeichnis und eine exklusive Leseprobe – wir danken den AutorInnen und dem Verlag!

19. LabourNet Germany trauert um Peter Waterman

Am 16. Juni 2017 ist Peter Waterman verstorben, den wir – wie viele andere – vermissen werden. Nicht zuletzt durch seine öffentliche Reflexion seines eigenen Weges vom jungen Funktionär des Weltgewerkschaftsbundes (den er nach dem August 1968 verließ) zu einem der Vordenker des „social movement unionism“ hat er dazu beigetragen, diese Konzeption eines neuen gewerkschaftlichen Selbstverständnisses für viele Menschen zugänglich zu machen. Wir schließen uns dem vielfach auf der Debate-List geäußerten Abschied an: Hamba Kahle, Peter, und verweisen (neben einigen aktuellen Beiträgen von ihm) auf unser Special im LabourNet-Archiv: Social Movement Unionism – Beiträge von Peter Waterman

Lieber Gruss, Eure LabourNet-Redaktion

 

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AKTUELL BEI LABOURNET.TV
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Mieter_innen zu verkaufen
Durch die Liberalisierung des Wohnungsmarktes sind die Mietpreise in der Innenstadt von Poznań, Polen, deutlich gestiegen. Viele Bewohner_innen können sich die Mieten nicht mehr leisten und ziehen weg. Dem Besitzer eines Wohnhauses ging dieser schleichende Verdrängungsprozess nicht schnell genug. Er schickte Bauarbeiter, die das Haus unbewohnbar machen sollten und die Bewohner_innen schikanierten. In diesem Film von 2013 sprechen Mieter_innen und Unterstützer_innen über das Vorgehen des Hausbesitzers und die gezielte Vertreibung auch anderer Mieter_innen aus der Innenstadt. Sie schildern die dubiose Rolle von Baufirmen wie örtlichen Behörden und erklären ihren Widerstand gegen eine Wohnungspolitik, die sich an den Profitinteressen der Hausbesitzer orientiert.  Video bei labournet.tv externer Link (polnisch mit dt. UT | 44 min | 2013)
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LabourNet Germany:  https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes,  qu`ils aient ou non un emploi
IBAN DE 76430609674033739600

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=117714
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