Newsletter am Freitag, 10. Februar 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen: IBAN DE 76430609674033739600) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage:

1. Internationales » Argentinien » Arbeitskämpfe

AGR: Der Kampf der Drucker von Buenos Aires wird zu einem Pol aller Menschen, die sich wirklich gegen die Regierung Macri zur Wehr setzen wollen

Seit 14. Januar 2017 dauert die Betriebsbesetzung der Belegschaft der Druckerei AGR des Clarin-Konzerns nunmehr bereits an (wir berichteten) – und sie wird allmählich zu einer Art Wasserscheide des Widerstands gegen den Kurs des plump neoliberalen Präsidenten Macri (und seiner Wahlkampfmaschine Clarin). War bereits bei der Demonstration am 4. Februar, die zum Arbeitsministerium führte, aufgefallen, dass Gewerkschaftsverbände durch Abwesenheit „glänzten“, so geschah dies erneut am Donnerstag, 9. Februar. An diesem von zahlreichen Kräften beschlossenen Aktionstag gab es in vielen Städten – vor allem, aber nicht nur, rund um Buenos Aires – Strassenblockaden, zu denen die Belegschaft aufgerufen hatte. Zahlreiche gewerkschaftsoppositionelle Kräfte folgten diesem Aufruf ebenso, wie eine ganze Reihe von Einzelgewerkschaften und linken Gruppierungen. Die Belegschaft wendet sich nun mit einem offenen Brief an die Gewerkschaftsbewegung mit dem Aufruf, ihren Kampf nicht als alleinstehend zu betrachten, sondern, im Gegenteil, als exemplarisch für zahlreiche aktuelle Auseinandersetzungen, für wachsenden Widerstand gegen die Entlassungswelle und als Protest gegen die Teuerungswelle – beides Ergebnis des Wunsches der Unternehmen und seiner Erfüllung durch Macri. Siehe dazu vier aktuelle Beiträge und den Verweis auf bisherige Berichte

2. Internationales » Kolumbien » Arbeitskämpfe

Die kolumbianische Polizei nimmt ihre jüngst erweiterten Rechte wahr: Nicht etwa gegen ihre paramilitärischen Freunde, sondern gegen streikende Arbeiter

Der brasilianische Multikonzern Gerdau wollte sein Werk im kolumbianischen Yumbo verkaufen. Woraufhin am 8. November 2016 die Belegschaft das Werk besetzte. Nach nunmehr drei Monaten überfiel die Polizei die BesetzerInnen – auf Weisung des neuen Besitzers. Der, ganz zufällig, auch noch Bürgermeister der Millionenstadt Cali ist. Norman Maurice Armitage Cadavid wurde 2016 gewählt und hat dann eben nebenan in Yumbo (nur wenig mehr als 10 Km von Cali entfernt) sich eben mal eine Fabrik zugelegt – und am 1. Februar die Polizei gerufen, um die Besetzung zu räumen. In dem Bericht „Police evict striking Gerdau workers in Colombia„ am 09. Februar 2017 bei IndustriAll externer Link wird ausdrücklich hervorgehoben, dass diese Polizei(staats)aktion mit der Begründung des neuen kolumbianischen Polizeigesetzes geschah. Von den 47 BesetzerInnen der beiden Gewerkschaften Sintradiaco und Sintrametal wurden bei dem Überfall mehrere festgenommen, die aber wieder frei gelassen werden mussten, weil sich keine Anklagepunkte finden ließen. Der internationale Verband ruft zur Solidarität mit den BesetzerInnen auf und hat in einem Brief an den Gerdauchef auf gewerkschaftliche Rechte gepocht, wie es auch der Gerdau-Weltbetriebsrat getan hat. Siehe dazu auch zwei Beiträge zur Bedeutung des neuen Polizeigesetzes in Kolumbien

3. Internationales » Bangladesch » Arbeitskämpfe

[Video] H&M-Gesamtbetriebsrat solidarisch mit verfolgten TextilarbeiterInnen in Bangladesch

Über Solidarität und Solidaritätserklärung des Gesamtbetriebsrates von H&M mit den TextilarbeiterInnen in Bangladesch hatte LabourNet Germany bereits am 03. Februar 2017 berichtet. Nun gibt es dazu auch bei ExChains ein kurzes Video, in dem der GBR sich entsprechend erklärt (und wie auch ver.di – und einmal mehr auch das LabourNet Germany – auf die internationale Solidaritätskampagne verweist). In dem Begleittext bei den ExChains Nachrichten 1/2017 heißt es dazu unter anderem: „Gemeinsam mit anderen Abnehmern haben H&M und Inditex die Regierung in einem Brief vom 11.1. gebeten, die Rechte der Beschäftigten zu wahren. Mit vorsichtigen Hinweisen ist es aber nicht getan: Noch heute, zwei Wochen später, sind 14 Gewerkschafter_innen in Haft, die Entlassenen ohne Job, die Anzeigen nicht zurückgezogen,die Arbeit der Gewerkschaften suspendiert – und die Angst regiert weiter. Liebe Konzerne, war das schon alles, was Ihr mit Eurer geballten Käufermacht zu erreichen vermögt?“ Siehe dazu auch den neuerlichen Verweis auf die Solidaritätspetition und Verweise auf bisherige Berichte

4. Internationales » Griechenland » Krise in Griechenland » Allgemeines zur Krise in Griechenland » Dossier: Griechenland: Schuldenschnitt oder Steuererhöhungen und soziale Einschnitte. Memorandum IV steht bevor, IWF und die unter dem Druck Deutschlands agierende EU sind weiter uneinig

a) Griechenland: IWF fordert Besteuerung der Einkommen unter der Armutsgrenze

„… Die Kreditgeber haben in der aktuellen Grexit-Debatte das geschafft, was in der mittlerweile acht Jahre langen Wirtschaftskrise in Griechenland noch nie vorgekommen ist. Vier frühere und aktuelle Finanzminister aus der Zeit der Krise des Landes aus unterschiedlichen politischen Lagern und mit verschiedenen politischen Motiven und Ideologien sind in der Ablehnung des Taktierens und der Forderungen der Troika einig. Ein vierter, dessen aktive Zeit bereits abgeschlossen ist, hat einen radikalen Lösungsvorschlag kontra zur Troikapolitik präsentiert. Die Wirtschaft Griechenlands hofft dagegen, dass eine vom Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, gestartete Initiative eines eilig anberaumten Treffens der Euroworkinggroup am Donnerstag Früchte trägt. Die untereinander zerstrittenen Kreditgeber sind sich in einem einig, sie fordern neue Maßnahmen von den Griechen. Tsipras hingegen beschwört, dass er „keinen Euro Maßnahmen“ beschließen würde, während sein Finanzminister Euklid Tsakalotos täglich neue Zugeständnisse gegenüber den Kreditgebern macht. (…) Seitens des IWF wird als Lösungsvorschlag die Erweiterung der Steuerpflicht für einen größeren Bevölkerungskreis gefordert. Das soll über eine Absenkung des Steuerfreibetrags geschehen, so dass künftig bereits die Einkommen unterhalb der Armutsgrenze besteuert werden sollen. Hierbei soll jedoch ein niedrigerer Einstiegsteuersatz gelten, statt 22 Prozent wie bisher sollen es für die niedrigeren Einkommen nur sieben Prozent sein. Darüber hinaus fordert der IWF eine Erleichterung von Massenentlassungen, was als Maßnahme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit präsentiert wird. Schließlich besteht der Währungsfonds auf eine weitere Kürzung der Renten, obwohl die jüngste Minderung der Ruhegelder erst mit der Rente des Januars 2017 vollständig umgesetzt wurde… „ Artikel von Wassilis Aswestopoulos vom 9. Februar 2017 bei Telepolis externer Link

b) Grafik: Handelskrieg USA-EU: Griechenland zwischen den Fronten? Zuspitzung der Griechenlandkrise auf einen Blick

Hellas-Solidarität Bochum hat eine Grafik mit den grundlegenden Konfliktlinien (Trump, IWF, Schäuble, Rechtspopulisten) erstellt, auch wenn viele Aspekte unerwähnt bleiben mussten (Allianzen und Konflikte in der Eurozone, Allianzen der versch. nationalen Eliten, Widerstand der Gewerkschaften u.ä.). Für das Studium der Beziehungen haben wir die Grafik groß als pdf-Datei abgespeichert pdf, bitte im Querformat ausdrucken

Siehe weitere neue Beiträge im Dossier, darunter Varoufakis: Griechenland soll sich auf Bruch mit den Gläubigern vorbereiten…

5. Internationales » Italien » Gewerkschaften

In Pompeji: Zustände wie damals… Gewerkschaftsdemonstration verboten!

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung wurde eine geplante Gewerkschaftsdemonstration am Eingang der Grabungsstätten in Pompeji polizeilich verboten. Die Gewerkschaften UNSA und FLP, die die Verwaltungskräfte des Touristenziels organisieren, wollten am Eingang demonstrieren – aber dies ausgerechnet am Tag, als der Kultusminister seinen Besuch angekündigt hatte (und eine EU Kommissarin als Begleitung). Die Krise des Kapitalismus bringt eben auch in Italien die demokratischen Rechte auf den Stand, als Pompeji noch eine Stadt war… In der Meldung „Pompeii protest march banned by Naples police“ am 08. Februar 2017 bei The Local externer Link wird noch darauf verwiesen, dass ein regionaler Mandatsträger der Grünen Partei schon dabei war, eine Gegendemonstration zu den GewerkschafterInnen zu organisieren, worauf er nun verzichten kann…

6. Internationales » Indien » Gewerkschaften

Der indische Musterprozess ist geplatzt: 6 der „Pricol 8“ mussten frei gelasssen werden

Im September 2009 wurde der Personalchef des Autozulieferers Pricol im Werk Coimbatore, Tamil Nadu getötet – im Rahmen einer der zahlreichen betrieblichen Auseinandersetzungen, seitdem die Belegschaft zwei Jahre zuvor eine eigene Gewerkschaft gegründet hatte, die sich dem AICCTU-Verband anschloss. Was folgte, war eine lange Justizfarce, bei der immer wieder Beweise, die die Polizei vorlegen wollte, sich als gefälscht, nichtssagend und weiteres erwiesen. Trotzdem war am Ende das unglaubliche Urteil: 8 der angeklagten Kollegen wurden zu je zwei mal lebenslänglicher Gefängnisstrafe verurteilt. Seitdem gibt es – weit über die Gewerkschaftsgrenzen hinaus – die Kampagne „Free the Pricol 8“. Und eine massive Kampagne, den Prozess auf höherer Instanz wieder aufzunehmen. Was dann auch erfolgreich durchgekämpft wurde, auch weil viele Menschen sahen, dass dies ein Musterprozess war, wie gewerkschaftliche Kämpfe kriminalisiert werden sollen. In dem ausführlichen Bericht „Wrongly Convicted, Six of the ‘Pricol 8’ Walk Free“ am 03. Februar 2017 beim Tamil Nadu Labourblog externer Link dokumentiert (ursprünglich in The Wire) – worin auch die Geschichte der Auseinandersetzung nochmals skizziert wird – wird nun von einem großen Teilerfolg berichtet: 6 der 8 verurteilten Kollegen wurden vom Obersten Gericht des Bundesstaates frei gesprochen – und sofort aus der Haft entlassen. Ein echter drei Viertel-Erfolg – denn der Kampf für die Freilassung der beiden anderen Kollegen wird weiter gehen, unterstrich die Gewerkschaft.

7. Internationales » Belgien » Arbeitskämpfe

Belgische Caterpillar-Belegschaft protestiert massiv: Gegen die Mini-Entschädigungen für Entlassungen

Für den vergangenen Montag, 06. Februar 2017 war Streik beschlossen im belgischen Caterpillar-Werk in Gosselies bei Charleroi – der zu 100% befolgt wurde, inklusive Umzingelung der Werkstore. Und eine Caterpillar-Maschine ging dabei in Flammen auf, was das Medienecho weitgehend prägte, wie es zu erwarten war. Und was die Geschäftsleitung erregte – obwohl der Schließungsbeschluss für das Werk längst gefasst ist und realisiert wird. Die Belegschaft wiederum war durch ganz andere Sachlagen erregt: Beispielsweise durch die fetten Abfindungen für eben diese Geschäftsleitung, erst recht im Vergleich zu den Angeboten, die die Belegschaft bekam. Ein Szenario, dass sich im Rahmen einer Entlassungswelle in der belgischen Wirtschaft des Öfteren wiederholt, bei Caterpillar, mit dem Beschluss zur Werksschließung, aber eben in ganz besonders intensiver Weise. Siehe dazu drei aktuelle Beiträge und Videos sowie ein Beispiel für die politischen Debatten rund um diese Entwicklungen

8. Branchen » Maschinen- und Anlagenbau » Alstom » Erneut drastischer Stellenabbau bei GE/ Alstom

Einigung bei GE Mannheim: Massenhaft Stellen weg [Rund 1060 Arbeitsplätze]

Der US-Konzern General Electric stellt in seinem Mannheimer Werk die Fertigung von Gas- und Dampfturbinen ein und entlässt 1.100 Mitarbeiter. Mit Gewerkschaft und Betriebsrat wurde ein Sozialplan vereinbart. Für die 1.100 Mitarbeiter, die ihre Arbeitsplätze verlieren, gibt es demnach unter anderem Abfindungen und eine Transfergesellschaft wird gegründet. Nach dem Stellenabbau verbleiben bei General Electric in Mannheim-Käfertal noch 700 Stellen im Servicebereich und bei der Entwicklung von Dampfturbinen. Wie sicher die sind, dazu wollte die Konzernleitung bisher keine Aussagen machen. 500 Millionen Euro zahlt General Electric für Abfindungen und das zeitweise Auffangen von Mitarbeitern in Transfergesellschaften. Das ist absoluter Rekord in der Firmengeschichte des US-Konzerns. Aber die 500 Millionen hätten sinnvoller investiert werden können, sagte der Geschäftsführer der IG Metall Mannheim. Zum Beispiel, um den Standort Mannheim-Käfertal weiter zu entwickeln und die Arbeitsplätze zu sichern. (…) Einen „fairen Kompromiss“, nennt Vermittler Lothar Jordan die Einigung zwischen dem US-Konzern General Electric und dem Betriebsrat. Das Bild wird allerdings getrübt, da viele Arbeitsplätze wegfallen…“ SWR-Beitrag vom 7.2.2017 externer Link

  • Darin neben einem Video des SWR Aktuell-Beitrags eine Audio mit Stimmen und Stimmungen zum Stellenplatzabbau: „Ein Kampf geht zu Ende“ (4:29 min), darunter Klaus Stein (1. Bevollmächtigter/ Geschäftsführer der IG Metall Mannheim): „… Mir fehlt die Fantasie, was wir noch hätten machen können...“ Wir erinnern an unseren Hinweis vom Mittwoch, welche Auswirkungen zumindest auf die Höhe der Abfindungen der wilde Streik bei Opel Bochum hatte…
  • Die KollegInnen von GE werden das ganze sicher nicht als einen „fairen Kompromiss“ betrachen – wir liefern bald entsprechende Kommentare nach, warnen aber bereits davor, sich am US-Konzern General Electric abzuarbeiten im Glauben, „unsere“ Kapitalisten wären besser…

9. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Luftverkehr » Luftverkehr allgemein » Dossier: „Airport Personal Service GmbH“ (APS): Sofortige Rücknahme der politischen Kündigung von Erdogan Sedef!

Kritik an Arbeitsbedingungen ist keine Störung des Betriebsfriedens. Fraport-Gepäckfahrer gewinnt vor LAG. Kollaboration zwischen Betriebsrat und Management

„… Das Landesarbeitsgericht Frankfurt hat den Kündigungsversuchen nun einen Riegel vorgeschoben (Az. 8 Sa 686/16). Hier sollte nicht nur ein kritischer Mitarbeiter entsorgt werden; Fraport zog mit Vorstellungen von Meinungsfreiheit und “Betriebsfrieden” in die gerichtliche Fehde, die offensichtlich dem Grundgesetz widersprachen. Das Resultat war eine deutliche Klatsche: Das Beschäftigungsverhältnis besteht fort; eine Revision ist nicht zugelassen. (…) Erdogan S ist Mitglied in der Gruppe “Aktiv für Beschäftigte“. Er geht von einer Intrige der derzeit amtierenden Betriebsrats-Liste aus, die Kritiker und potentielle Konkurrenten vor der nächsten BR-Wahl 2018 ausschalten wolle. (…) Die Vorsitzende Richterin stellte klar, es sei unerheblich, ob Erdogan S. die fraglichen Flugblätter selbst verfasst und in Umlauf gebracht habe. Die enthaltenen Wertungen stufte sie als Meinungsäußerungen ein. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sei auch dann zu schützen, wenn die geäußerte Meinung emotional, scharf oder überzogen sei...“ Bericht vom 9. Februar 2017 von Jessica Reisner bei Arbeitsunrecht externer Link

  • Wir haben bereits persönlich gratuliert. Und dem abschließenden Kommentar „… So erfreulich dieses Urteil zugunsten von Erdogan S. ist, so merkwürdig unklar ist das Verhalten der Gewerkschaft ver.di in diesem konkreten Fall. Sie versagte Erdogan S. jede Unterstützung, was paradoxer Weise ein Stück weit zu seinem Sieg beigetragen haben könnte. Denn so war der Kollege nicht auf die DGB Rechtsschutz GmbH angewiesen, deren Arbeit in punkto Qualität und Engagement mitunter doch herbe Schwankungen aufweist…“ schließen wir uns an!

10. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Bildungs- und Erziehungseinrichtungen

Streik an Goethe-Universität Frankfurt im Rahmen der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst

„Erster Warnstreik: Die wissenschaftliche Hilfskräfte an der Goethe-Universität fordern weiter einen Tarifvertrag. Im eigens eingerichteten Streikcafé vernetzen sie sich. (…) Anlässlich der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst hat das autonome Hilfskräftereferat der Goethe-Universität mit den Gewerkschaften Verdi, GEW und Unterbau die 2300 an der Uni beschäftigten Hilfskräfte zur Teilnahme an den landesweiten Warnstreiks aufgerufen. „Seit über drei Jahren kämpfen wir für einen Tarifvertrag für Hilfskräfte“, erklärte Michael Pollock vom autonomen Hilfskräftereferat bei der Auftaktkundgebung, an der rund 100 Studierende, wissenschaftliche Hilfskräfte und Gewerkschaftsmitglieder teilnahmen. Die Streikenden forderten neben einem Tarifvertrag auch längeren Vertragslaufzeiten, eine ständigen Personalvertretung und regelmäßige Lohnerhöhungen. Denn die Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen Hilfskräfte sind prekär. Kurze, oft auf drei Monate beschränkte Arbeitsverträge erschweren eine langfristige Planung. Hinzu kommen eine hohe Arbeitsbelastung, niedrige Löhne und Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Urlaubsanspruchs. Das für den ersten Warnstreik eingerichtete Streikcafé soll den Hilfskräften und Studierenden die Möglichkeit geben, sich zu vernetzen und politisch zu organisieren…“ Artikel von André Daub vom 8. Februar 2017 bei der Frankfurter Rundschau online externer Link

11. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Gesundheitswesen » Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen

ver.di-Hochrechnung: Personalmangel im Klinik-Nachtdienst: mindestens 19.500 Vollzeitstellen zu wenig

Würde man internationale Maßstäbe anlegen, dann fehlen in deutschen Kliniken Nacht für Nacht mindestens 19.500 Vollzeitstellen, um eine angemessene und sichere Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Das ergibt eine ver.di-Hochrechnung. Die Basis dazu liefert eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie von Prof. Dr. Michael Simon und Sandra Mehmecke über Personalschlüssel („Nurse-to-Patient-Ratios“). In ihrer Arbeit kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass gesetzliche Mindeststandards für Personalschlüssel international nicht nur verbreitet sind, sondern auch helfen, die Überlastung bei den Beschäftigten und Qualitätsmängel in der Krankenpflege zu reduzieren. In den USA beträgt zum Beispiel das Patienten-Pflegekraft-Verhältnis 5,3 zu 1, in den Niederlanden 7 zu 1 – und in Deutschland, wo es so gut wie keine gesetzlichen Vorgaben gibt, kommen 13 Patienten auf eine Pflegekraft. (…) Darauf zu setzen, dass Markt und Wettbewerb es irgendwann schon richten werden, ist angesichts der Lage nicht mehr vertretbar“, betonte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Die gesetzliche Personalbemessung in Kliniken muss kommen.“ ver.di-Pressemitteilung vom 9. Februar 2017 externer Link

12. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Gesundheitswesen » Konflikte und Arbeitskämpfe im Gesundheitswesen in diversen Kliniken » Charité Berlin » „Vitamin C“ – Das Betriebsflugblatt der Sozialistischen Arbeiterstimme an der Charité

Vitamin C vom 9. Februar 2017: Solidarität statt nationaler Ablenkung

Darin u.a.: „Und es geht weiter! Letzten Freitag bis Montag wurde wieder gestreikt an der CFM und es war auch spürbar an der Charité – denn Betten schieben oder Zimmer reinigen sich nicht von alleine. Obwohl es immer noch ein schwieriger Kampf ist, können wir endlich wieder Druck auf Charité und CFM ausüben. Doch um sie zum Handeln zu zwingen, müssen wir mehr werden. Wir müssen mutig sein. Denn an der CFM wird es Veränderung geben und wir haben jetzt die Chance, dies zu unseren Gunsten zu entscheiden. Und wir sollten der CFM zu verstehen geben, dass wir nicht irgendeinen Tarifvertrag wollen, wir wollen mindestens TV-C!…“ Und weitere Beiträge in Vitamin C vom 9. Februar 2017 externer Link pdf

13. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Bahn » Allgemein/Arbeitsbedingungen

[Offener Brief] Brauchen wir überhaupt einen neuen „Bahnchef“?

„Nach dem aus externer Sichtweise überraschenden Rücktritt von Dr. Rüdiger Grube als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG sollte nicht eine hektische Suche nach einem Nachfolger in dessen früherer Funktion einsetzen, sondern erst einmal Nachdenken angesagt sein. (…) Ein neuer Bahnchef in der alten Struktur würde es erneut schwer haben, im deutschen und europäischen Regulierungsrahmen des Eisenbahnverkehrs allen grundverschiedenen Anforderungen nachzukommen und die überzogenen Erwartungen zu erfüllen. Also sollte diese Position zunächst nicht nachbesetzt werden, vielmehr sollten zwei Bahn-Manager mit klarem Auftrag, einmal für die Infrastruktur und zum anderen für die Verkehrsleistungen, gestärkt und unbelastet von vermeintlichen Gesamtkonzerninteressen an die Arbeit gehen.“ Offener Brief der GDL zusammen mit sieben Kennern der Deutschen Bahn vom 6. Februar 2017 externer Link pdf

14. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Entlohnung » Mindestlohn » Mindestlohn in Deutschland » Langzeitarbeitslose: Die wahrscheinlich unsinnigste Mindestlohn-Ausnahme

Mindestlohn: Kabinett beschließt Bericht zur Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose

„… Die Evaluation zeigt, dass die Sonderregelung nur in wenigen Fällen genutzt wurde. Sie entfaltet somit keine nachweisbare Wirkung. Aus Sicht der Bundesregierung gibt es daher aktuell weder zwingende Gründe für eine Beibehaltung oder Abschaffung der Regelung. Angesichts der Unsicherheiten der weiteren Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes in den kommenden Jahren empfiehlt die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag, die Regelung zum jetzigen Zeitpunkt beizubehalten.“ Meldung vom 8. Februar 2017 beim BMAS externer Link, dort auch der Bericht und Einschätzung der Bundesregierung zur Regelung für Langzeitarbeitslose nach § 22 Absatz 4 Satz 2 des Mindestlohngesetzes

15. Politik » Wirtschaftspolitik » Gesundheitspolitik » Gesundheit und Armut » Dossier: Versicherungspflicht und Beitragsschulden

Solo-Selbständige in der Krankenversicherung: „Die Beitragslast ist zu hoch“

„Immer mehr kleine Selbständige schaffen es nicht mehr, ihre Krankenkassenbeiträge zu bezahlen. Das liegt daran, dass ihnen ein Mindesteinkommen unterstellt wird, das sie oft gar nicht haben. Sie arbeiten als Paketauslieferer Unternehmensberater und Kosmetikerin, sind Kioskbesitzer, Hausmeister, Boutiquenbetreiber. Die Altersvorsorge sparen sie sich, wenn es nicht reicht. Aber an einer Krankenversicherung kommen auch sogenannte Solo-Selbständige nicht vorbei. Ein Problem, denn für viele ist dieser Posten selbst in gesetzlichen Kassen finanziell kaum noch zu stemmen. Die Beiträge fressen auch in gesetzlichen Kassen inzwischen oft die Hälfte der gesamten Einnahmen. (…) Das Problem der Solo-Selbständigen mit den Kassenbeiträgen rührt vor allem aus zwei Umständen. Zum einen fehlt ihnen die Arbeitgeberbeteiligung, sie müssen den Krankenversicherungsbeitrag komplett aus eigener Tasche zahlen. Zum andern schert sich die Sozialversicherung nicht groß um ihr Einkommen. Zur Beitragsberechnung wird ihnen einfach ein monatliches Mindesteinkommen unterstellt, von dem viele Kleinunternehmer nur träumen können. (…) Denkbar sei es dagegen, die Auftraggeber in einigen Branchen an den Sozialversicherungskosten für Solo-Selbständige zu beteiligen. Vorbild dafür könne die Künstlersozialversicherung sein, bei der sich Medienanstalten und Verlage an den Pflichtbeiträgen freischaffender Künstler und Publizisten beteiligen. Hinzu kommt ein staatlicher Zuschuss…“ Beitrag von Rainer Woratschka vom 8. Februar 2017 beim Tagesspiegel online externer Link

16. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Gesundheit trotz(t) Arbeit » Fehlzeiten und die Jagd auf Kranke » Krankenstand und Anwesenheit im Krankheitsfall

Mitbestimmung: Mitsprache senkt den Krankenstand [ob das gut ist?]

„Wenn Beschäftigte mitreden können, fehlen sie seltener bei der Arbeit. Das zeigt eine internationale Studie. (…) Laut einer Untersuchung von Ola Sjöberg spielt außerdem eine Rolle, wie gut Arbeitnehmer ihre Interessen vertreten können. Der Sozialwissenschaftler von der Universität Stockholm hat Daten der EU-Arbeitskräfteerhebung aus den Jahren 1996 bis 2010 ausgewertet, die sich auf abhängig Beschäftigte in 24 Ländern beziehen. (…) Das Ergebnis: Je mehr Mitglieder die Gewerkschaften haben und je einflussreicher betriebliche Arbeitnehmervertretungen sind, desto weniger kurzfristige Krankmeldungen gibt es. Wenn der Organisationsgrad zwischen 1996 und 2010 nicht um zehn Prozent gesunken wäre, würden europäische Beschäftigte pro Jahr im Schnitt auf 2,5 Stunden weniger Fehlzeit kommen, so Sjöberg. Als Erklärung für seinen Befund verweist der Forscher auf die sogenannte Exit-Voice-Theorie. Demnach haben Beschäftigte grundsätzlich zwei Möglichkeiten, auf Probleme am Arbeitsplatz zu reagieren: Sie können ihre Unzufriedenheit gegenüber dem Management artikulieren und auf Veränderungen drängen. Oder sie können sich zurückziehen, indem sie zu Hause bleiben oder kündigen. Kollektive Interessenvertretungen wie Betriebsräte ermöglichen es den Beschäftigten, Kritik zu äußern, ohne um Job oder Karriere fürchten zu müssen. Die Folge: mehr Beschäftigungsstabilität und weniger Fehltage.“ Mitteilung aus Böckler Impuls Ausgabe 02/2017 bei der Hans-Böckler-Stiftung externer Link

  • So weit ersichtlich, wurde dabei aber leider nicht berücksichtigt, welche Rolle bei der Senkung des Krankenstandes (der keinesfalls unbedingt gesunde Belegschaften bedeuten muss!) Betriebsvereinbarungen wie z.B. zu Krankenrückkehrgesprächen oder Gesundheitsprämien spielen – dies ist die leider häufige Kehrseite der Mitbestimmung…

17. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsorganisation » Industrie/Arbeit 4.0

Digitalisierung, Klassenkampf, Revolution. Fortschritt oder alles wie gehabt? Ökonomische und soziale Effekte technischer Innovation

Digitalisierung, Industrie 4.0 – warum sollen sich Linke für solche Themen interessieren? Was ist an Vernetzung, Smart Factories, Home-Office, Crowdwork, Big Data von Bedeutung? Die Antwort hängt wesentlich davon ab, welche sozialen Veränderungen sich hinter diesen technischen Begriffen überhaupt verbergen. Und damit beginnt schon das Problem. Denn unter dem Schlagwort «Digitalisierung» wird alles Mögliche verhandelt: technische Neuerungen, die es bereits gibt, Neuerungen, die kommen werden, Neuerungen, die technisch bloß denkbar sind, Neuerungen, die zwar technisch denkbar, aber ökonomisch – also im kapitalistischen Sinne – fragwürdig sind, sowie Neuerungen, die technisch und ökonomisch denkbar sind, deren soziale Folgen aber im Dunkeln liegen. Industrie 4.0 ist Realität, Versprechen und Drohung zugleich, eine Ankündigung, von der niemand weiß, ob sie eintritt, und wenn ja, in welcher Form. Sie wirkt massiv und diffus zugleich. Der Digitalisierungsdiskurs gleicht dem Globalisierungsdiskurs der 1990er Jahre. (…) Der vorliegende Text geht davon aus, dass Digitalisierung und Industrie 4.0 keine subjektlosen Sachzwänge sind, sondern ein Projekt derer, die sich – Betonung auf «sich» – etwas davon versprechen. Von diesen Interessen hängt ab, was Wirklichkeit wird und was bloße Träumerei bleibt. Für Linke von Bedeutung ist dabei, dass die Lohnabhängigen in den 4.0-Szenarien als abhängige Variable eingeplant sind. Sie müssen sich an den «Wandel» anpassen. Sie leben im Passiv: Ihre Freizeit und ihre Arbeit werden digitalisiert. Daraus leitet sich die zentrale Anforderung an das Publikum ab: Flexibilität, sprich Biegsamkeit…“ Aus der Ankündigung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Publikation von Stephan Kaufmann externer Link in der Reihe Analysen (Nr. 33 vom Januar 2017, 38 Seiten) samt Inhaltsverzeichnis und Download

18. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU

Visa für Aleppo. Die Perversionen des europäischen Flüchtlingsregimes

In Europa kann nur Asyl beantragen, wer sich auf europäischem Boden befindet. Auf legalem Weg kommt ein Syrer, Afghane oder Iraker dort aber nicht hin. Diese Perversion will ein Rädchen im großen europäischen Justizmotor nicht mehr mitspielen…Beitrag von Maximilian Steinbeis vom 9. Februar 2017 beim Migazin externer Link

19. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Aufenthalt und Ausweisung

16-Punkte-Plan: Merkel will Abschiebungen deutlich beschleunigen

Kanzlerin Merkel will die Zahl der Abschiebungen erhöhen. Ein 16-Punkte-Plan sieht nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen „Bundesausreisezentren“ vor, in denen abgelehnte Asylbewerber untergebracht werden. (…) Am Donnerstag will Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten einen 16-Punkte-Plan verabschieden, der genau das erreichen soll: die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen. So steht es in einem Beschlussvorschlag für das Bund-Länder-Treffen, der SPIEGEL ONLINE vorliegt. In den kommenden Monaten werde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) „fortlaufend eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen“, heißt es in dem Papier…Artikel von Wolf Wiedmann-Schmidt vom 08.02.2017 bei SPON externer Link

  • Siehe dazu: Abschiebezentren: Bund und Länder streiten über schnellere Rückführungen
    Einem 16-Plan der Bundesregierung zufolge sollten abgelehnte Asylbewerber schneller zurückgeschickt werden. Geplant sind unter anderem Sammelabschiebungen aus Abschiebezentren unter der Federführung des Bundesinnenministeriums. Vor allem in rot-grün regierten Ländern stoßen die Pläne auf Ablehnung…Beitrag vom 9. Februar 2017 im Migazin externer Link

20. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen (gegen die Krisenfolgen)?

Aufruf zum Umsturz: Seid rebellisch!

„Alain Badiou galt lange Zeit als einer der führenden Köpfe des französischen Maoismus. Heute bezeichnet er sich selbst als unorthodoxen Kommunisten. Zweifellos gehört der Philosoph und Mathematiker zu den prominentesten französischen Intellektuellen. Sein neuestes Buch ist ein „Versuch, die Jugend zu verderben“ – ein Appell, die Welt zu verändern. (…) Die Jugend von heute sei zwar freier aufgewachsen als alle Generationen vor ihr, stellt Badiou fest, allerdings bringe die spätkapitalistische Bindungslosigkeit, in der der heutige Nachwuchs lebt, auch Probleme mit sich. Der Pariser Philosoph sieht die nachwachsenden Generationen zweierlei Gefährdungen ausgesetzt: anarchischem Hedonismus auf der einen und marktschlüpfrigem Karrierismus auf der anderen Seite. (…) Und so ist Alain Badious „Versuch, die Jugend zu verderben“, zuallererst eine Agitationsschrift. Der Philosoph will die jungen Leute zu umstürzlerischer Aktionsbereitschaft motivieren. Stichwort: Eine andere Welt ist möglich…“ Beitrag von Günter Kaindlstorfer vom 6. Februar 2017 beim Deutschlandfunk externer Link („Versuch, die Jugend zu verderben“ von Alain Badiou erschien bei edition suhrkamp, 111 Seiten, 10,00 Euro)

Arbeitsfreies Wochenende wünscht die LabourNet-Redaktion

 


AKTUELL BEI LABOURNET.TV


Demonstration gegen die Verhaftung von Aldo Milani

1.000 Arbeiter_innen haben letzten Samstag, 4. Februar 2017, in Modena gegen die Verhaftung des SI Cobas Koordinators Aldo Milani und dessen Vorverurteilung in den Medien protestiert. Video bei labournet.tv externer Link (italienisch mit dt. UT|1 min|2017)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ –  Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
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