Newsletter am Dienstag, 16. April 2013

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

1. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » Vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus – die NSU-„Affäre“ » Der NSU-Prozess und Proteste

Streit über Platzvergabe: Münchner Gericht verschiebt NSU-Prozess

Der Prozess gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe beginnt deutlich später als geplant. Das Oberlandesgericht München hat den Auftakt auf den 6. Mai verlegt. Grund ist der Streit über die Presseplätze, die Akkreditierung beginnt nun von vorn…“ Artikel von Jörg Diehl und Sven Röbel auf Spon vom 15.4.2013 externer Link

Siehe dazu aus der

  • Presserklärung zur Verschiebung des Prozessauftaktes am OLG München von Sebastian Scharmer, Rechtsanwalt, vom 15. April 2013:
    „… Gamze Kubasik, die Tochter des ermordeten Mehmet Kubasik, empfindet die kurzfristige Verlegung wie einen Schlag ins Gesicht. Wochen und Monate war der Termin für sie und ihre Familie im Fokus, die Anspannung war bis zum Schluss mehr und mehr gestiegen. Endlich sollte nach über 7 Jahren nun mit der Klärung des Mordes ihres Vaters vor Gericht begonnen werden, zum einen eine Erleichterung, zum anderen eine unglaubliche psychische Anstrengung. Lange hatte sich die Familie auf den Prozessauftakt vorbereitet. Dabei waren auch erhebliche finanzielle und organisatorische Hürden zu nehmen. (…) Nicht nur, dass damit die Belastungsgrenze der Familie endgültig überschritten ist. Frau Kubasik findet es auch besonders bezeichnend, dass das OLG es nicht für notwendig gehalten hat, vor dem medialen Echo zumindest die Betroffenen (und sei es telefonisch oder per e-mail) zu informieren. Das zeige, dass die Interessen der Hinterbliebenen und Verletzten offensichtlich durch das Gericht nicht ernst genommen werden…“

Siehe dazu:

2. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » Vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus – die NSU-„Affäre“

a) Neuer Report erschienen: „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“

Die Amadeu Antonio Stiftung hat ihren neuen Report „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ veröffentlicht. Das Fazit: die Verharmlosung durch die Behörden macht es den Rechtsextremen allzu leicht.
Über viele Jahre wurde der Rechtsextremismus systematisch unterschätzt und allenfalls reflexhaft der Osten als „braun“ wahrgenommen. Der Report „Staatsversagen“ untersucht nun beispielhaft die Zustände in zehn Orten aus sechs westdeutschen Bundesländern. Viel stärker noch als im Osten dokumentiert er die Bagatellisierung der alltäglichen rechten Gewalt durch Polizei, Justiz und Politik. Dem gegenüber steht das jahrelange beispielhafte Engagement von zahlreichen Initiativen gegen Rechtsextremismus. Doch diese werden allein gelassen und diskreditiert. Betroffene werden nicht ernst genommen, Behörden ermitteln einseitig. Der Terror des NSU kann und darf nicht ohne diesen Kontext betrachtet werden
…“ Pressemitteilung der Amadeu Antonio Stiftung vom 10. April 2013 externer Link

Der Report „Staatsversagen. Wie Engagierte gegen Rechtsextremismus im Stich gelassen werden. Ein Report aus Westdeutschland“ externer Link pdf

b) »Es dürfen keine Geheimnisse bekannt werden, die das Handeln des Staates beeinträchtigen«. Zwischenstand zum NSU-Komplex

Die Morde des NSU waren nur möglich, weil Teile des Staatsapparats ihnen geholfen haben. Aber wie hängen diese »Teile« zusammen? Wie hoch reicht die Befehlskette beim Vertuschen? Das folgende baut auf den beiden Artikeln in Wildcat 92 und 93 auf und versucht, diese Fragen zu beantworten. Dazu schlagen wir den Bogen von den in der »Asyldebatte« sozialisierten Faschos, über die Verbindungen ins Söldnerwesen und die Privatisierung der Kriegführung bis zum Tiefen Staat und den Stay behind-Strukturen der NATO…“ Analyse von Wildcat externer Link

3. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaften in der (Weltwirtschafts)Krise

Eingebunden. Jenseits des Krisenkorporatismus

Am 14. November 2012 fand ein europaweiter Streik- und Aktionstag gegen die europäische Kürzungspolitik und den Fiskalpakt statt. Erstmals hatte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) zum Generalstreik und zu Aktionen aufgerufen und damit eine deutliche Wende in der europäischen Gewerkschaftspolitik markiert. Diese war bislang wenig bewegungsorientiert, sondern stark institutionell geprägt gewesen…“ Artikel von Heinz Bierbaum in “Gewerkschaft: Außer Konkurrenz” – Zeitschrift LuXemburg 1/13 externer Link pdf (S. 6-13 in der Leseprobe) Aus dem Text:
„… Ohne Frage ist es Aufgabe gewerkschaftlicher Politik, sich bietende betriebliche Spielräume zur Abmilderung der Krisenfolgen und zur Sicherung der Beschäftigung zu nutzen. Eine Beschränkung darauf greift jedoch zu kurz, kann dem grundsätzlichen Angriff auf die sozialen Errungenschaften sowie auf Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten nichts entgegensetzen. Gewerkschaften müssen für eine Richtungsänderung der Politik eintreten und dazu beitragen, die Ursachen der Krise zu bekämpfen. Mit anderen Worten: Sie müssen ihr aus der Wahrnehmung der Interessen der abhängig Beschäftigten resultierendes politisches Mandat wahrnehmen. (…) Für die Gewerkschaften heißt dies, dass sie nicht beim Krisenkorporatismus stehen bleiben können, sondern die Gestaltung der gesamtwirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen im Blick haben müssen. Würden sie ihre eigene Argumentation ernst nehmen, die Krise könne nicht durch die Märkte gelöst werden, müsste sich gewerkschaftliche Strategie aus der Befangenheit der Wettbewerbslogik lösen, wie sie korporatistischer Politik innewohnt. Seit Jahren ist eine starke Verbetrieblichung festzustellen: die betrieblichen Interessen dominieren die gewerkschaftliche Politik, was sich auch in einem zunehmenden Einfluss von Betriebsratsvorsitzenden großer Unternehmen, etwa in der Automobilindustrie, ausdrückt. Ohne Zweifel stellt der Betrieb ein zentrales Feld gewerkschaftlicher Aktivitäten dar. Es gilt jedoch, sich kritisch mit der gewerkschaftlichen Betriebspolitik auseinanderzusetzen…“

4. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaftsbewegung international » Angriffe auf Gewerkschaften

Internationale Gewerkschaftssolidarität: Todesstrafe? Hier wird gerade zugemacht!

Verhaftungen, Massenentlassungen, Unternehmerwillkür: Tagtäglich werden auf der Welt Lohnabhängige drangsaliert. Nur ein Onlinemedium berichtet ständig darüber. Und unternimmt auch was. Artikel von Pit Wuhrer, London, in der WOZ vom 04.04.2013 externer Link Aus dem Text:
„(…) Wo immer derzeit Streikende in Gefängniszellen sitzen oder auf der Strasse landen, die Rechte von Gewerkschaftsmitgliedern missachtet werden oder Lohnabhängige sich zu Tode arbeiten müssen – fast immer laufen die Fäden der internationalen Solidaritätskampagnen in einem Technopark am Rand des Nordlondoner Stadtteils Tottenham zusammen. Denn hier hat seit einem halben Jahr die Onlineinitiative Labourstart.org ein kleines Büro. Und in ihm sitzt Eric Lee. Viel früher als andere hat der 1955 in den USA geborene Gewerkschaftsaktivist und Publizist das Potenzial der digitalen Kommunikation für die Gewerkschaftsbewegung erkannt. 1996 schrieb er das Buch «The Labour Movement and the Internet: The New Internationalism»; zwei Jahre später gründete er das Portal Labourstart, das unter dem Motto «Wo GewerkschafterInnen ihren Tag im Netz beginnen» bis heute täglich Nachrichten über Arbeitskonflikte irgendwo auf der Welt weiterverbreitet. Wenn also einer etwas über internationale Gewerkschaftskampagnen und die Chancen und Grenzen des gewerkschaftlichen Internationalismus erzählen kann, dann ist es Eric Lee…

5. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaften in Deutschland » DGB

Mobil informiert: Die DGB-App für Android und Apple iOS

„Nachrichten zur Gewerkschaftsarbeit, Audio- und Videopodcast, Fotostrecken und Presseinfos: Die App des DGB liefert die aktuellen Informationen des Deutschen Gewerkschaftsbundes und seiner Gewerkschaften. Außerdem gibt’s hier Veranstaltungshinweise und alle Beiträge des gewerkschaftlichen Debattenmagazins GEGENBLENDE. Die DGB-App ist kostenlos und steht als Version für Mobilgeräte mit Apple iOS und Android zum Download bereit.“ Meldung beim DGB vom 26.03.2013 externer Link

6. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitsrecht » Arbeitsrecht allgemein

Arbeitsrecht 1, 2, 3 – vom Elend der Rechtsschulungen für Betriebsräte

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz haben Betriebsräte die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze im Betrieb eingehalten werden. Gesetzeskontrolle kann nur ausüben, wer das Gesetz kennt. Doch Betriebsräte haben nicht nur Kontrollrechte sondern auch Beteiligungsrechte. In zahlreichen Angelegenheiten des Personalmanagements muss die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt werden. Geschieht dieses nicht, so bleibt der Arbeitnehmervertretung meist nur der Weg zum Arbeitsgericht. Eine kollektive Durchsetzung von Interessen, etwa durch Arbeitsniederlegung, ist den Betriebsräten grundsätzlich verwehrt. Viele haben vergessen, dass die Rechte der Betriebsräte eingerahmt sind durch spezielle Pflichten und Verbote…“ Grundsatz-Papier zum Thema „Betriebsratsschulungen & Arbeitsrecht“ von Rolf Geffken pdf Aus dem Text:
„… Seit langem befindet sich die gewerkschaftliche Bildungsarbeit wieder in einer tiefen Krise. Kaum noch jemand redet heute vom „Erfahrungsansatz“. Durchgängige Konzepte gibt es nicht. Im Bereich der Rechtsschulungen findet man längst keine ideologiekritischen Ansätze mehr. Weniger denn je verstehen sich Rechtschulungen als Teil der Gewerkschaftsarbeit. Es wird Fachwissen durch Experten vermittelt. Es geschieht also das, was es schon einmal vor den 1970er Jahren gab. Allerdings auf „kleiner Flamme“. Zahlreiche Gewerkschaftsschulen wurden inzwischen geschlossen. Das Honorar für Referenten wurde kontinuierlich gesenkt. Auf vielen Seminaren treffen die Betriebsräte inzwischen auf Jurastudenten und andere interessierte junge Juristen. Diese sind zwar motiviert und oft auch engagiert. Aber es fehlt ihnen jegliche betriebliche und jegliche forensische Erfahrung, von einer wissenschaftlichen Durchdringung des Stoffes einmal ganz zu schweigen. Dies wiederum hat zu einer Art schleichender „Privatisierung“ der Rechtsschulungen geführt. (… ) Mit dem Vormarsch der privaten Veranstalter griff die Entpolitisierung der Bildungsarbeit für Betriebsräte immer mehr um sich. Wie selbstverständlich jonglieren Betriebsräte inzwischen selbst mit solchen Begriffen wie „Arbeitsrecht 1“, „Arbeitsrecht 2“ oder „Betriebsverfassung 1“usw. usf. Manche Betriebsräte glauben allen Ernstes, dass sich hinter diesen Begriffen irgendeine Art von „Kenntnisniveau“verbirgt, das – ähnlich wie beim Schulbesuch – ein fachlich erstrebenswertes Ziel sei. (…) Die Gewerkschaften haben damit einen großen Teil der Betriebsratsarbeit aufgegeben. Sie agieren allenfalls noch als Dienstleister für Betriebsräte, betrachten die Betriebsratsarbeit aber nicht mehr als integralen Bestandteil gewerkschaftlicher Arbeit und Identität. Gewissermaßen durch die Hintertür ist damit das erreicht worden, was das eingangs beschriebene Ziel der Adenauer-Regierung war: Die Trennung der Betriebsratsarbeit von der allgemeinen politischen Arbeit der Gewerkschaften und die Entpolitisierung der Betriebsratsarbeit selbst. (…) Es gibt keinen Zweifel: S e l b s t das angebliche „Expertenwissen“ist bei privaten wie gewerkschaftlichen Veranstaltern nicht gefragt. Gefragt sind offensichtlich unpolitische Anpassung und Mittelmass. Betriebsräte aber haben besseres verdient…“

7. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Arbeitszeit » Arbeitszeitverkürzung

IG Metall: 30 Stunden und viele Ausreden

Das Echo in den Medien war gar nicht so schlecht und die Resonanz in der arbeitenden Bevölkerung erstaunlich gut und durchweg positiv. 100 ProfessorInnen, GewerkschafterInnen und PolitikerInnen wandten sich im Februar an die Gewerkschaftsführungen mit einem Appell für eine 30-Stunden-Woche…“ Artikel von Frederik Haber in Neue Internationale 178, April 2013 bei der Arbeitermacht externer Link Aus dem Text:
„… Während in der Analyse also noch der Blick mindestens auf Europa gerichtet war, endet für die AutorInnen die kapitalistische Konkurrenz an den Landesgrenzen. Dabei ist der Rationalisierungszwang genau die Stärke des deutschen Imperialismus, der seine Stärke auf Exportüberschüssen aufbaut. So hoffen die AutorInnen letztlich auf die deutsche Betriebsverfassung (…) Die IG Metall als einstiger Motor der Arbeitszeitverkürzung ist also direkt angesprochen. Aber bis heute hält sie eine angemessene Antwort für unnötig. Für Außenstehende nicht sichtbar wird im Extranet der IG Metall erklärt: „Wer angesichts der realen Arbeitszeiten und der tariflichen Arbeitszeitunterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern sowie zwischen den Wirtschaftsbereichen eine allgemeine kollektive Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden fordert, der verkennt die Schrittfolge erfolgreicher gewerkschaftlicher Arbeitszeitpolitik.“ (…) Der Naivität der AutorInnen setzt sie erbärmliche Scheinforderungen entgegen. Knut Giesler, Bezirksleiter der IGM in NRW meint: „Einfach zu sagen, wir reduzieren auf 30 Stunden und verteilen auf alle – das funktioniert in so einer komplexen und globalisierten Wirtschaft, wie wir sie jetzt haben, leider nicht mehr.“ „Einfach sagen“ hat auch in den achtziger Jahren nicht funktioniert. Sieben Wochen Streik in der Metallindustrie waren auch damals nicht „einfach“. Heute würde die völlig richtige Forderung nach verkürzter Arbeitszeit noch härteren Einsatz verlangen…“

Der Beitrag bezieht sich auf: 30-Stunden-Woche fordern! Ohne Arbeitszeitverkürzung nie wieder Vollbeschäftigung!

8. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Entlohnung » Kombilohn und ALG2-Aufstockung

Jeder dritte ALG II-Empfänger stockt auf

Immer mehr Hartz IV- Empfänger stocken ihr Erwerbseinkommen auf. Rund 1,3 Millionen Menschen – das ist fast jeder dritte ALG II-Bezieher – sind es, während es vor fünf Jahren noch 23 Prozent waren. Das zeigen Auswertungen der offiziellen Arbeitsmarktstatistik, die das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) jetzt im Informationsportal www.sozialpolitik-aktuell.de veröffentlicht hat.
Die Gruppe der Aufstocker setzt sich sehr unterschiedlich zusammen: 44 Prozent sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 36 Prozent üben einen Minijob aus, und zehn Prozent arbeiten selbstständig. Mehr als die Hälfte dieser sozialversichungspflichtig Beschäftigten arbeitet Vollzeit (57,7 Prozent). Dennoch verdienen sie so wenig, dass sie den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie nicht aus eigener Kraft bestreiten können. Selbst Kindergeld, Kinderzuschläge und Wohngeld verhindern nicht, dass sie auf Unterstützung angewiesen sind. Vor allem in den neuen Bundesländern ist dies häufig der Fall „Hier werden Niedriglöhne, von denen man nicht leben kann, aus Steuermitteln subventioniert“, kritisiert Prof. Dr. Gerhard Bäcker vom IAQ
….“ IAQ-Pressemitteilung vom 15.04.2013 externer Link

Siehe dazu auch die Infografik des Monats bei sozialpolitik-aktuell externer Link pdf: „1,3 Mio. Aufstocker im Jahr 2013: Fast ein Drittel aller ALG II-Empfänger sind erwerbstätig“

9. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Entlohnung » Niedriglohn

Vom Ernährerlohn zum Familieneinkommen?

Die Forderung nach existenzsichernden Löhnen ist so alt wie die Lohnarbeit selbst – und sie ist nach einer längeren, durch Reallohnsteigerungen und Sozialstaatsausbau gekennzeichneten Prosperitätsphase in den ersten Jahrzehnten der alten Bundesrepublik spätestens seit der Wiedervereinigung erneut aktuell. Dabei ist es nicht nur die Ausweitung eines Niedriglohnsektors, die die Lohn- und Sozialpolitik herausfordert. Vielmehr waren in der vergangenen Dekade auch Gruppen der gesellschaftlichen Mitte mit einem Rückgang der Reallöhne konfrontiert. Einkommensverluste betreffen damit auch beruflich qualifizierte Vollzeiterwerbstätige im Normalarbeitsverhältnis, das über Jahrzehnte als Norm für eine dem Wohlstandsniveau unserer Gesellschaft angemessene Existenzsicherung gewirkt hat…“ Artikel von Irene Dingeldey und Karin Gottschall in den wsi mitteilungen 3/2013 externer Link pdf

10. Politik » Sozialpolitische Debatte » neue und alte Armut (trotz Arbeit) » Tafeln und Vertafelung

Die Würde des Menschen ist unauffindbar. Zur Reise eines öffentlichen Soziologen durch das Land der Tafeln und Suppenküchen

Was haben der Genfer See, Castrop-Rauxel, ein Sammellager für Asylbewerber in Bayern, eine Suppenküche in Thüringen und ein Sozialkaufhaus an der belgischen Grenze gemeinsam? Es sind Stationen innerhalb der Entstehungsgeschichte des Buches Schamland – Die Armut mitten unter uns, das am 12. April erscheint. Artikel von Stefan Selke zu seinem Buch in telepolis vom 11.04.2013 externer Link Aus dem Text:
„… Für viele ist Hartz-IV die existentielle Entlassungsurkunde aus der Mehrheitsgesellschaft. Früher oder später überschreiten sie eine magische Grenze, hinter der sich die Tafeln als vermeintlich letzte Lösung aufdrängen. Gerne werden deshalb Hartz-IV-Empfänger von Behörden auf die Tafeln verwiesen. Doch allein beim Gedanken an eine Tafel legen die meisten einen inneren Schalter um. Das eigene Leben rattert durch die imaginäre Rechenmaschine des sozialen Vergleichs. Am Ende wird ein tristes Ergebnis ausgespuckt: versagt! Die Tafeln mögen ein logistisches Erfolgsmodell sein, weil sie es schaffen, Lebensmittel von A nach B zu transportieren und auszugeben. Aber trotz all dieser Bemühungen wird konsequent übersehen, dass Tafeln zu einem Symbol des sozialen Abstiegs geworden sind, das den gesellschaftlichen Misserfolg derjenigen schonungslos offenlegt, die bei Tafeln euphemistisch „Kunden“ genannt werden. Und diese Menschen überlegen sich dann, was eigentlich mit ihnen passiert ist. Immer wieder hörte ich diese Klage: Wir stehen vor der Tafel, aber wir stehen auch vor dem Abgrund unseres eigenen Lebens. (…)
In den letzten 20 Jahren ist dabei etwas entstanden, das ich übergreifend Armutsökonomie nenne. Armutsökonomien verwalten das Soziale nach ökonomischen Kriterien, nicht nach sozialen. Der armutsökonomische Markt zeichnet sich dadurch aus, dass Dritte dort von der Armut Anderer profitieren und dies als „Engagement“ ausweisen können. Tafeln spielen in diesem Markt eine Vorreiterrolle. Sie unterliegen einer Dauersynchronisation zwischen den Interessen der Politik, der Wirtschaft, der Medien sowie ihren eigenen Interessen. Tafeln optimieren ihren Claimholder-Value vor allem zum Nutzen von Unternehmen und deren Corporate-Social-Responsibility-Maßnahmen. Problematisch ist nur, dass die für die Lebensmittelindustrie imagefördernde und kostensparende Entsorgung von Lebensmittelüberschüssen an Tafeln weder das Überschuss- noch das Armutsproblem ursächlich löst. Die Lebensmittelkonzerne und weitere Unterstützer erkaufen sich mithilfe der liebgewonnenen Tafeln lediglich Ruhe, damit sie ihrem Kerngeschäft, der Gewinnmaximierung, nachgehen können. „Social Washing“ in Zeiten inszenierter Solidarität
…“

11. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Wirtschaftskrisen und der alltägliche Kapitalismus » Mobilisierungsdebatte: Wie kämpfen gegen die Krisenfolgen?

a) Konkrete Utopien

Mit den Hartz-Regelungen entwickeln Staat und Kapital die Herrschaftsform »Anpassung durch Verunsicherung«. Linke Politik kann die daraus resultierende Selbstunterdrückung der Krisenopfer nur mit alltagsnahen Alternativen aufbrechen…“ Artikel von Werner Seppmann in junge Welt vom 13.04.2013 externer Link Aus dem Text:
„… Aber durch die herrschenden ideologischen Reproduktionsbedingungen, die Anpassung fördern, und durch das Fehlen einer Kultur des Widerstands, die ihren sichtbaren Ausdruck in der »Neutralisierung« gewerkschaftlicher Gegenmacht findet, werden die sozialen Katastrophenzustände gerade von den unmittelbaren Opfern in einer hinnehmenden und selbstunterdrückenden Weise verarbeitet. Dieser Problemkomplex muß näher betrachtet werden, um deutlich zu machen, weshalb der Neoliberalismus in seiner Durchsetzungsphase ein so leichtes Spiel hatte und den kapitalistischen Akteuren kaum Widerstand entgegengeschlagen ist. (…) Die Durchsetzungsgeschichte des Neoliberalismus ist ein Beispiel dafür, daß – anders als immer noch in der Linken verbreitete Auffassungen suggerieren – Krisen in der Regel einen Stabilisierungseffekt für das Kapitalverhältnis haben: Sind die Kräfte der Gegenwehr schwach entwickelt, festigt die Krise durch ihre verunsichernde und verängstigende Wirkung die Macht der Herrschenden. Sie ist Funktionselement des Kapitals: Sie führt zwar zu ideologischen Legitimationsverlusten – und stabilisiert dennoch (zumindest temporär) bestehende Verfügungsverhältnisse. (…) Warum durch Ausgrenzung und Marginalisierung der Lohnabhängigen zumindest temporär machtstabilisierende Effekte entstehen, erklärt sich auch aus den vorherrschenden Verarbeitungsformen der Krise, mit ihren tief in die Psyche der Betroffenen eindringenden Konsequenzen: Ausgrenzung verursacht Vereinzelung und dadurch ein Moment von Wehrlosigkeit. (…) Politisch produktiv wäre es dagegen, auf Grundlage des Wissens um die Formen der selbstunterdrückenden Krisenverarbeitung herauszuarbeiten (das ist tatsächlich bisher nur unzureichend geschehen!), daß es sich bei der Resignation um keine festgeschriebenen Zustandsformen handelt. Jedoch müssen diese regressiven Reaktionsweisen berücksichtigt, in ihren tiefgreifenden, oft auch destruktiven Wirkungen analysiert werden, wenn Klarheit darüber entstehen soll, wie Widerstand dennoch möglich ist, und Prozesse der Gegenwehr trotz alledem in Gang kommen und unterstützt werden können…“

b) Wo liegt die Zündschnur des gesellschaftlichen Konflikts?

An diesem Wochenende gehen in über 80 Städten Menschen auf die Straßen, um mit bunten Aktionen für eine Vermögensteuer einzutreten. Organisator ist das Bündnis Umfairteilen. Ende Mai werden Tausende zur Blockade der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main erwartet. Das Blockupy-Bündnis ruft zu Widerstand im Herzen des Europäischen Krisenregimes auf. Niels Seibert und Tom Strohschneider sprachen mit drei politisch Aktiven über Chancen und Perspektiven der Krisen- und Sozialproteste. ..“ Interview im ND vom 13.04.2013 externer Link

c) Europa und die mutlose Linke

“Seit Beginn der Eurokrise führen die „Blätter“ eine intensive Debatte über die europäische Rettungspolitik. Auf den jüngsten Beitrag „Baustelle EU und die Krise der Linken“ („Blätter“, 3/2013) von den Gewerkschaftern Klaus Busch und Dierk Hirschel antwortet nun der Volkswirt und Foodwatch-Gründer Thilo Bode: Klaus Busch und Dierk Hirschel haben völlig recht: Die allesamt „linken“ Oppositionsparteien im Deutschen Parlament – SPD, Grüne und Die Linke – versagen in der Europapolitik, und zwar auf der ganzen Linie. Aber keineswegs aus den skizzierten Gründen, im Gegenteil: Die linken Parteien, aber auch Busch und Hirschel, erklären bis heute nicht, warum die Bürger der Währungsunion – im Norden wie im Süden – diesen gewaltigen Preis für die Rettung der Gemeinschaftswährung zahlen müssen. Bis heute legen sie keine überzeugenden Rezepte gegen die zunehmende Verarmung der Bevölkerung speziell im Süden Europas vor. Stattdessen heißt es immer wieder vermeintlich generös, wie unlängst in „der tageszeitung“: „Europa kann sich Griechenland leisten“. Vielmehr muss jedoch gefragt werden: „Kann Griechenland sich Europa und den Euro noch leisten?“…” Artikel von Thilo Bode in „Blätter für deutsche und internationale Politik“ vom April 2013 externer Link

d) Rein ins Getümmel!

Die FreundInnen der klassenlosen Gesellschaft suchen die Reinheit der Kritik. Doch revolutionäre Politik gibt es nur in der Praxis. Artikel von Dario Azzellini in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis vom 15.3.2013 externer Link Aus dem Text:
„… Diskussionen um Reform oder Revolution, die nicht auf soziale Prozesse schauen, sondern auf programmatische Abgrenzung setzen, sind müßig. Wer die Luftgitarren-WM gewonnen hat, ist deshalb noch lange nicht in der Lage, ein mitreißendes Rockkonzert zu geben. Reformerische oder revolutionäre Politiken sind nicht an der vermeintlichen Radikalität der Forderungen festzumachen: Eine Position, die gesellschaftlich nichts bewegt, ist nicht revolutionär, ganz gleich, mit welchem Pathos sie vorgetragen wird. Und wenn in Spanien, Portugal oder den USA Tausende Menschen ihren Einsatz in der Verteidigung des Rechts auf Wohnraum zeigen, Räumungen verhindern und das Recht auf ein Leben in Würde über das Eigentumsrecht stellen, dann ist das revolutionärer als die Reinheit der Kritik.“

Der Beitrag bezieht sich auf:
Krisenlösung als Wunschkonzert. Die Eurokrise hat linken Mythen von den Möglichkeiten staatlicher Politik neuen Auftrieb gegeben. Das ist gefährlich
Artikel von den Freundinnen und Freunden der klassenlosen Gesellschaft in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis vom 15.2.2013 externer Link

12. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Wirtschaftskrisen und der alltägliche Kapitalismus » Initiativen der Linken zur Finanz- und Wirtschaftskrise

a) Euro-Visionen. Linke Antworten auf die Krise. Diskussion mit Ingo Stützle, Axel Troost und Mag Wompel

Zurzeit wird vielfach und zum Teil heftig darüber diskutiert, wie linke Antworten auf die Krise der Euro-Zone und der Weltwirtschaft aussehen könnten. Welche Maßnahmen ergriffen werden müssten und wohin die Reise überhaupt gehen soll, dazu gibt es die unterschiedlichsten Auffassungen und Vorschläge. Doch drücken sich darin nicht allein politische Differenzen aus, sondern auch verschiedene Vorstellungen darüber, wie kapitalistische Ökonomie überhaupt funktioniert und wie «Verantwortung» für das Gesamtsystem aussehen kann. Linke Krisenpolitik bewegt sich hierbei oft in einem Widerspruch: Einerseits will sie die Wirtschaft zum Wohle der Lohnabhängigen stabilisieren. Um dies zu erreichen, muss sie jedoch gleichzeitig das für die Entstehung der Krise verantwortliche System kapitalistischer Verwertung gleich mitretten. In diesem System bleiben Banken nach wie vor die Hauptprofiteure, und das Wachstum kommt dem Kapital zugute. Die Diskussion soll nicht die politischen Differenzen ausbreiten, sondern eine gemeinsame Verständigung über Kapitalismus und Krise ermöglichen.“ Podiumsdebatte der Rosa-Luxemburg-Stiftung am 24.04.2013 in Berlin – siehe weitere Informationen und das Programm externer Link

b) #cross_solidarity – Internationale Solidarität neu lernen am 26. April und 27. April 2013 in Wuppertal

Die internationale Tagung #cross_solidarity – Internationale Solidarität in der Krise wird vom 26. bis 27. April 2013 Bewegungsaktivist_innen zusammenbringen und internationalistische Praxis in den Blick nehmen. Organisiert wird die Tagung von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, beteiligt ist auch die Redaktion des LabourNet Germany! Siehe weitere Infos, Programm und Anmeldung auf der Tagungsseite externer Link

13. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Wirtschaftskrisen und der alltägliche Kapitalismus » Initiativen der Linken zur Finanz- und Wirtschaftskrise » Blockupy 2013 startet mit der Mobilisierung

a) Blockupy Frankfurt: Das Rahmenprogramm steht

Unsere Antwort auf repressive Krisenpolitik: Das Aktionsprogramm externer Link

b) »Wir bleiben skeptisch«

Steht Blockupy vor erneutem Verbot? Peter Grottian und Wolf-Dieter Narr fordern deutliche Signale vom Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Eine Dokumentation in Neues Deutschland vom 08.04.2013 externer Link

c) Das Warten ist vorbei. In Bewegung bleiben. Blockupy 2013

Von weiter her nach Frankfurt zu kommen und dort mehrere Tage zu bleiben, ist keine Kaffeefahrt. Rheumadecken haben wir nicht im Angebot. Wir wissen: Widerstand gegen die kapitalistische Krise ist ein soziales Verhältnis, dessen Ort der Alltag ist, überall. Trotzdem kann es sich lohnen, die tägliche Auseinandersetzung exemplarisch zu verdichten und die politische Zuspitzung selbst zu setzen…“ Eine Mitteilung aus der Interventionistischen Linken vom April 2013 auf der Aktionsseite externer Link

d) Kommt zahlreich zu BLOCKUPY FRANKFURT am 31. Mai und 1. Juni 2013! Aufruf von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern

Der Gewerkschaftsaufruf für Blockupy externer Link pdf,
verabschiedet bei der Konferenz “Erneuerung durch Streik” der Rosa Luxemburg Stiftung und Ver.di Stuttgart, ist auf der Aktionsseite mit aktualisierten Unterschriften verfügbar externer Link:

Ihr möchtet den Aufruf unterstützen? Dann schickt Name, Vorname und Funktion mit dem Betreff “Aufruf GewerkschafterInnen für Blockupy” an Jana Seppelt (ver.di Stuttgart): jana.seppelt@verdi.de externer Link

14. Interventionen » Arbeitsmarkt- und sozialpolitische Proteste und Aktionen » Proteste und Aktionen 2013

[B] Wedding – Alltag auf dem Amt

Am 30. April wird in Wedding, im Rahmen der Antikapitalistischen Walpurgisnacht wieder eine berlinweite Demonstration gegen steigende Mieten, Rassismus und soziale Ausgrenzung stattfinden, so wie eine lange Nacht der linken Locations im Wedding am 19. April.

Siehe dazu:

 

Mit liebem Gruß, Mag


NEU BEI LABOURNET.TV


Ägyptischer Winter

Video über die Situation in Ägypten zwei Jahre nach der Revolution externer Link


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Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=32261
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