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Offener Brief an die Bundesregierung

IG - Metall Delegiertenversammlung Ludwigshafen/Frankenthal am 26.September 2001

Wir verurteilen die Anschläge des 11. September 2001 in New York und Washington. Wir trauern um die Opfer. Unser Mitgefühl gehört dem amerikanischen Volk und besonders allen, die durch diese Katastrophe Angehörige und Freunde verloren haben.

Auf unsere Ablehnung trifft allerdings, wenn Mitglieder der Bundesregierung Deutschland den Vereinigten Staaten "uneingeschränkte Unterstützung" bei allen Vorhaben zusichern. Sind die Pläne der amerikanischen Regierung im Detail überhaupt irgend einem Nato-Partner bekannt?

Worte wie "Kreuzzug", "Vergeltungsschläge" und "Erster Krieg des 21. Jhdts", die die Berichterstattung der USA prägen, lassen nicht gerade auf eine angemessene Reaktion der amerikanischen Regierung schließen.

Von der US-Regierung hört man zu keinem Zeitpunkt kritische Worte zur eigenen Außenpolitik. Ist man dort blind gegenüber den Ursachen der anti-amerikanischen Stimmung im Nahen Osten und anderen Teilen der vom islamischen Glauben geprägten Welt? Erinnert sich z.B. niemand mehr an die verheerenden Folgen der unbegründeten Entscheidung, nach den Bombenanschlägen 1998 auf US-Botschaften in Kenia und Tansania Raketen auf Ziele in Afghanistan und Sudan abzufeuern?

Hat man Lehren gezogen aus der bisherigen Praxis, sich in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten einzumischen und Personen und Gruppen zu unterstützen, die zum gegebenen Zeitpunkt der US-Regierung vielleicht genehm sind, man sie später aber nicht mehr los wird?

Welche unabhängige, öffentliche Institution prüft die Quellen, wenn "Schuldige" von der US-Regierung bekannt gegeben und bekämpft werden? Ein Katalog des US-Senats weist 34 Staaten aus, in denen Zellen terroristischer Organisationen vermutet werden. Sollen hier vielleicht Zugriffs- oder Zugangsrechte für Nato-Armeen erwirkt werden, wie man sie z.Zt. von der afghanischen Regierung verlangt?

Der Wahrheitsgehalt von Informationen aller Medien ist bekanntlich in Kriegs- und Krisenzeiten noch geringer als üblich, wie die jüngst gesendeten Bilder von angeblich jubelnden Palästinensern wieder einmal zeigten.

Die bundesdeutsche Öffentlichkeit hat überhaupt keine Chance, an zuverlässige Informationen zu kommen, soll sich aber ungefragt und uneingeschränkt hinter militärische Aktionen stellen, die den Einsatz deutscher Soldaten fordern und  evt. Gegen-Anschläge in Europa nach sich ziehen könnten.

Wer hat die Bundesregierung legitimiert solch weitreichende und "uneingeschränkte" Zusagen gegenüber der Nato und den USA zu machen?

Bundeskanzler Schröder hat richtigerweise erklärt, dass Bündnispflicht auch ein Recht auf Information und Konsultation beinhaltet. Hält sich die US-Regierung bzw. das Pentagon daran, oder wird einfach, wie so oft in der Vergangenheit, nur Druck auf die Partner ausgeübt?

Bisher haben alle militärischen Operationen zivile Opfer, also das Leben unschuldiger Menschen gefordert; man erinnere sich nur an die versehentliche Bombardierung eines Flüchtlingstrecks im ehem. Jugoslawien. Von Militärs gerne verwandte Ausdrücke, wie "chirurgischer Eingriff" oder "gezielte militärische Schläge", sollen diese Tatsache verwischen.

In der jetzigen Situation müssen sämtliche politischen und diplomatischen Mittel ausgeschöpft werden.

Eine verbale Einteilung der Welt in "zivilisiert" und "unzivilisiert" vertieft nur die Gräben zwischen Völkern und Religionen.

Militärische Schläge sind sinnlos gegen kleine, beweglich operierende Gruppen !

Klaus Zwickel hat mit Recht für die IG-Metall erklärt, dass wir als demokratische Gesellschaft Terror und Gewalt nicht mit gleicher Münze vergelten dürfen, existenzielle Konflikte in den Regionen der Welt als Keimzellen des Terrors politisch lösen müssen und nicht ganze Völker und ganze Regionen für die Terroranschläge in den USA kollektiv verantwortlich machen sollen.

Gewalt mit Krieg zu beantworten ist kein Mittel, um eine menschenwürdige Zukunft zu erreichen.

Jeden Tag sterben allein 30 000 Kinder an den Folgen von Krieg, schlechter medizinischer Versorgung und Hunger.

Alle Industrienationen müssen eine Innen- und Außenpolitik anstreben, die den ärmeren Ländern der Welt neue Chancen gibt. Maßnahmen dazu können u.a. sein: Kürzung der Ausgaben im militärischen Bereich zu Gunsten von Entwicklungshilfe; Entwicklungshilfe an Projekte leiten, die von den Betroffenen selbst geführt werden; Schuldentilgung durch die Banken.

Keine Unterstützung internationaler militärischer Aktionen im Namender Terrorismusbekämpfung durch die Bundeswehr !  


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