Zahlreiche Protestaktionen gegen Mietpreise und alternative Überlegungen: Es wächst etwas heran…

mietendemo_frankfurt_20.10.208Steigende Mietpreise und soziale Verdrängung, Gentrifizierung sind in Stuttgart seit Jahren ein Problem. Die Initiative Klassenkampf organisierte zu diesen Themen nun erstmals einen Stadtrundgang. Die Wohnraumproblematik wurde an sieben Stationen aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Der Stadtrundgang startete unter der Paulinenbrücke, in unmittelbarer Nähe zum Gerber – einem vergleichsweise neuen Shoppingcenter in der Innenstadt mit integrierten Luxuswohnungen. Anschließend zog die Gruppe mit Transparent, Schildern und Parolen vor die Landeszentrale der Regierungspartei Bündnis 90–Die Grünen. In einem Redebeitrag wurde die Verantwortung, der fälschlicherweise oftmals als alternativ geltende Partei, deutlich gemacht. Quer durch die Stuttgarter Innenstadt wurden weitere Stationen, unter anderem Zeitarbeitsfirmen, Vermögensgesellschaften und ein Landesministerium besucht. In dem kürzlich eröffneten Luxusviertel „Dorotheenquartier“ fand anschließend ein politischer Flashmob statt. Vor den Filialen von Rolex, Louis Vuitton und Tesla wurde der Widerspruch, zwischen enormen Reichtum für wenige und der Verdrängung Gering- und Normalverdienender aus dem Stadtzentrum, thematisiert. Seinen Abschluss fand der Stadtrundgang vor dem Stuttgarter Rathaus…“ – aus dem Bericht „Stadtrundgang für bezahlbaren Wohnraum und gegen Profite mit der Miete“ am 03. November 2018 bei de.indymedia externer Link über eine Aktion in Stuttgart, die sich in eine Vielzahl kleinerer örtlicher Aktivitäten einreiht, die in den letzten Wochen immer häufiger quer durchs Land stattfinden. Siehe dazu zwei weitere örtliche Analysen und zwei Aktionsberichte:

  • „Die Soziale Frage und der Wohnraum in Regensburg“ am 31. Oktober 2018 im Untergrundblättle externer Link beleuchtet die Aktivitäten und die Entwicklung außerhalb der Großstädte und hält dabei abschließend fest: „Die Frage nach bezahlbaren Wohnraum ist so dramatisch wie komplex. Ohne Grundlegende Widersprüche dieses Wirtschaftssystems aufzuzeigen und auch zu bekämpfen kann diese Frage selbstverständlich nicht grundlegend geklärt werden. Jedoch sind die unzähligen Kämpfe jener, welcher sich gegen eine Zwangsräumung zu Wehr setzen, MieterInnen Initiativen, stille und offene Hausbesetzungen vollziehen, sich öffentliche Plätze und Parks zurückerobern als beispielgebend anzusehen und müssen unterstützt werden. Nur zusammen und solidarisch mit vielen Formen und Aktionen können wir politisch eine Kraft entwickeln und einen politischen Druck aufbauen. Der erste Schritt ist aus der politisch gewollten Vereinzelung in dieser Frage zu einem kollektiven Moment zu kommen, bei welchem gemeinsam auf die Strasse gegangen wird und in vielen verschiedenen Arten und Weisen die Stadt, das Dorf, das Haus, die Strasse, Parks usw. nach unser aller Interessen unkommerziell und lebenswert umgestaltet werden…“
  • „HausBelebung und Protestcamp gegen Mietpreiswahnsinn in Gießen“ am 04. November 2018 beim Marburger Radio Rum externer Link Audio Datei (dokumentiert im freie-radios.net) ist ein Gespräch mit zwei Aktiven, das so eingeleitet wird: „Gegen Wohnungsnot und Mietpreiswahnsinn: Nach einer kurzen, inzwischen eingestellten HausBelebung eines Wirtschaftsgebäudes der Universität Gießen treten Studierende mit einem Protestcamp vor dem Büro des Uni-Präsidenten für ihre Interessen ein. Yassna und Dennis von Radio Unerhört Marburg habe sich unter den Aktivist/inn/en von Gießen bis Frankfurt umgehört…
  • „Versorgungsauftrag erfüllen“ von Joachim Oellerich ist ein Beitrag aus der Novemberausgabe 2018 des Berliner Mieterechos externer Link (hier als Einzelbeitrag dokumentiert bei trend.infopartisan) zur Kritik des realen Agierens kommunaler Wohngesellschaften, worin unter anderem hervor gehoben wird: „Der erste Schritt muss die Herauslösung aus dem GmbH- und Aktienrecht sein, denn nur so können sie sich als kommunale Einrichtungen dem neoliberalen Diktat der Betriebswirtschaftlichkeit entziehen. Ihre Aufgabe ist die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum und nicht die Erzielung von Gewinn und das können sie nur durch eine Umwandlung in Eigenbetriebe oder Anstalten öffentlichen Rechts. Ein zweiter Schritt ist die Vereinheitlichung der Zuständigkeit für die Gesellschaften in einer Senatsverwaltung. Zurzeit liegt die politische Verantwortung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die gewichtigere wirtschaftliche Verantwortlichkeit bei der Senatsverwaltung für Finanzen. Ein unhaltbarer Zustand. Der dritte Schritt ist die Finanzierung der Gesellschaften durch den kommunalen Haushalt. Öffentliche Mittel dürfen nicht mehr als Förderung an private Investoren vergeben werden. Öffentliche Mittel sind nur für öffentliches Eigentum zu verwenden…
  • „Sechs Forderungen an den Senat“ von Karl-Heinz Schubert ebenfalls im November 2018 bei trend.infopartisan externer Link erinnert (nicht nur) an Forderungen und Orientierungen, die es vor 50 Jahren gab: „Westberlin hatte seit der Teilung der Stadt die Funktion eines „Schaufensters für den Osten“ übernommen. Ein wichtiges Ereignis waren 1968 in diesem Zusammenhang die „Berliner Bauwochen“. Um dieses Event werbewirksam zu hypen, fanden anläßlich der Eröffnung der neuen Nationalgalerie ein Kulturforum und ein Mammutrichtfest für 5277 Wohnungen im Märkischen Viertel statt. Sieben Großbaustellen wurden extra für Besichtigungszwecke hergerichtet. Die durch die Kritische Universität(2) für eine antikapitalistische Gegenöffentlichkeit aufgeschlossenen jungen Architekt*innen der Technischen Universität (TU) warben stattdessen  für so genannte „Anti-Bauwochen“. Im neuen Architekturgebäude der TU am Ernst-Reuter-Platz fanden sie vom 8. bis zum 20. September 1968 unter dem Titel „Diagnose zum Bauen in West-Berlin“ als Ausstellung statt, die sich kritisch mit diesem Baugeschehen und den Wohnbedingungen im Märkischen Viertel auseinandersetzte. Der Ausstellung war der Versuch des Senats vorangegangen, diese jungen Architekt*innen in  seine  „Bauwochen“ einzubinden, um ihrer Protesthaltung die antikapitalistische Ausrichtung zu nehmen. Dazu lud der Senat zusammen mit dem Architekten- und Ingenieurverein sowie dem Bund Deutscher Architekten die oppositionellen Architekten ein, ihre Entwürfe vorzustellen. Zur Vorbereitung dieser Ausstellung trafen sich an der TU rund 120 junge Architekten, Assistenten und Architekturstudenten. Nach der Nummer ihres Versammlungsraums im Architekturgebäude nannte sich die Gruppe „Aktion 507“(3). Sie kam schnell zu dem Entschluss, nicht einzelne Entwürfe zu zeigen, sondern die Ausstellung für eine kritische Analyse des Planens und Bauens zu nutzen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=139527
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