Militarisierung des Alltags

Bundeswehr„Ab 1. Januar 2020 können Soldaten in Uniform kostenlos mit der Deutschen Bahn reisen. Probleme sind das neue Gesicht des Militarismus und die erheblichen Demokratiedefizite, die sich bei dieser kleinen Innovation zeigen. Es ist natürlich kein Problem, dass Soldaten mit dem Zug fahren. [sehen wir bei der einsitigen und hohen Subventionierung anders] (…) Problematisch ist hingegen die politische Begründung für die neue Form der Freifahrtscheine: Das Militär soll in der Öffentlichkeit sichtbarer werden. (…) Der ehemalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt sagte dazu: „Soldaten in Uniform in unseren Zügen schaffen mehr Sicherheit.“ Damit setzt sich die Militarisierung des Alltags fort. Im letzten Wahlprogramm von CDU und CSU hieß es dazu schon unheilsschwanger: „In besonderen Gefährdungslagen werden wir die Bundeswehr unter Führung der Polizei unterstützend zum Einsatz bringen. Dabei wollen wir zunächst den bestehenden Rechtsrahmen ausschöpfen…“ (…) Da kann man es nicht mehr nur als übliche Provokationslust abtun, dass AfD-Politiker bereits fordern, Soldaten sollten wie Polizisten bei ihren privaten Bahnreisen bewaffnet sein. Soldaten als Autoritätspersonen, die künftig auch außerhalb ihrer Kasernen herumkommandieren, wenn ihnen das zur Stärkung des Sicherheitsgefühls einzelner geboten scheint? Vermutlich wird es bald nicht mehr als Ulk gelten, wenn Bürger vor den jungen Soldaten am Bahnhof salutieren. (…) Und auch das demokratische Defizit auf Seiten der Bahn wird wieder mal offensichtlich: Da kann der Vorstand eines Unternehmens, das zu 100 Prozent der Bevölkerung gehört, nach eigenem Gutdünken Deals machen und Preise festsetzen, wie er mag. Welche Auswirkungen das auf andere Reisende hat, welche Kosten Bahnkunden und Steuerzahler zu tragen haben – das alles ist egal. (…) Die Gratisbahnreisen für Soldaten sind keineswegs nur ein kleines Zuckerchen für das ohnehin künftig deutlich teurer werdende deutsche Militär. Sie sind Teil einer demokratisch nicht legitimierten Militarisierung unserer Gesellschaft.“ Beitrag von Timo Rieg vom 23. August 2019 bei Telepolis externer Link – Wir empfehlen für künftige Bahnfahrten deshalb T-Shirts mit dem Tucholsky-Satz „Soldaten sind Mörder“. Warum sollten sich nicht auch Pazifisten mit einem legalen Spruch in der Öffentlichkeit „uniformieren“ dürfen? Vielleicht kommt man ins Gespräch. Wehrkraftzersetzung scheidet sowieso aus, sofern es wirklich nur um öffentliche Bahnfahrten von Soldaten gehen soll. Ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren auf öffentlichen Bahnfahrten wäre verfassungswidrig.

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