Bundeswehr nach Syrien? Dieses Land braucht nicht auch noch zerbombte Personenzüge (Jugoslawien), massakrierte Hochzeitsfeiern (Afghanistan) und weitere Partner der Isis-Geldgeber aus Riad beim Töten

Dossier

Krieg beginnt hier. Widerstand auch.

Bereits zwei Wochen nach den Anschlägen vom 13. November in Paris sind die Pläne der Bundesregierung zur nun auch offenen, militärischen Beteiligung im syrischen Bürgerkrieg in gewisser Hinsicht sehr konkret: 1.200 Soldat_innen sollen eingesetzt werden, Recce-Tornados, Tankflugzeuge, eine Fregatte und Aufklärungsdaten u.a. von den bundeswehreigenen SAR-Lupe-Satelliten will Deutschland beisteuern. Unklar ist allerdings noch wozu eigentlich. Während das deutsche Einsatzkontingent bereits feststeht, laviert der französische Außenminister noch herum, ob man mit den Truppen der syrischen Armee am Boden und damit im Prinzip auch mit der Hisbollah zusammenarbeiten werde. Davon hängt letztlich auch ab, wie eng die Zusammenarbeit mit Russland sein wird, das mit der Stationierung von Luftabwehrsystemen und dem Vorpreschen beim Austausch von Informationen über Luftbewegungen gegenwärtig die Oberhand im syrischen Luftraum hat. Damit ist auch die gesamte Führungsstruktur noch ebenso unbestimmt wie die Frage, bei welcher der vielen Armeen, die in Syrien Luftschläge durchführen, letztlich die deutschen Aufklärungsdaten ankommen werden…IMI-Standpunkt 2015/043 „Syrien: Weg in die Eskalation“ von Christoph Marischka bei der Informationsstelle Militarisierung vom 1. Dezember 2015 externer Link. Siehe dazu neu:

  • Ausblick 2016: Aktionen, Veranstaltungen, Informationen in gesamten Bundesgebiet gegen den Krieg in Syrien und die Beteiligung der Bundeswehr daran
    Terminliste beim Netzwerk Friedenskooperative externer Link. In diesem Zusammenhang:

    • Militärbischof dankt den Soldaten für Friedens-Einsätze
      Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink dankt den Bundeswehrangehörigen zu Weihnachten für ihren Dienst für den Frieden in der Welt. Dabei sei in den vergangenen Monaten deutlich geworden, dass die Bundeswehr im In- und Ausland mehr Unterstützung brauche, schreibt Rink in einer Weihnachtsbotschaft. Darin weist der Militärbischof mit Sorge auf die politischen Krisenherde wie beispielsweise in Syrien und in Afghanistan hin…„, heißt es in der Pressemitteilung der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 22. Dezember 2015 externer Link. Es lebe der bewaffnete Frieden, könnte man sagen. Etwas deutlicher waren die Leute, die um den Berliner Bendlerblock (Sitz des Verteidigungsministeriums) umgestaltete Bundeswehrwerbung plakatiert haben (LabourNet Germany berichtete) – eines der Motive trägt die Aufschrift: „Bombing for Peace is like Fucking for Virginity“. Wieweit damit möglicherweise auf gewisse Weihnachtsgeschichten angespielt werden soll, ist nicht überliefert.

  • Bundeswehr raus aus Syrien – Krieg beginnt hier. Widerstand auch.
    … Der Einsatz der Bundeswehr solle laut Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu dienen, dass sich »Ereignisse wie die Anschläge vom 13. November in Paris nicht wiederholen«. Dabei hat sich gezeigt, dass die militärische Einmischung der imperialistischen Mächte genau das Gegenteil bewirkt hat. Die Kriegseinsätze der westlichen Staaten im Irak, in Libyen, Mali und in Afghanistan haben dazu beigetragen, dass sich islamistische Kräfte immer weiter ausbreiten konnten. Insbesondere der Krieg gegen den Irak 2003 führte zu einer Destabilisierung des Landes und bereitete den Boden für den Islamischen Staat (IS). Mit dem Einsatz der Bundeswehr wird die militärische Eskalation in Syrien weiter vorangetrieben und das Leid der Zivilbevölkerung vergrößert. Syrien ist zum Brennpunkt geopolitischer Konflikte und Interessengegensätze geworden. Den Nato-Staaten, Russland, Iran und anderen geht es nicht um Frieden oder um die syrische Bevölkerung, sondern um ihren Einfluss in einer Region, die reich an Bodenschätzen wie Erdöl ist. Der Zugang zu Handelswegen, Märkten und billigen Rohstoffen wird von den kapitalistischen Staaten immer wieder mit militärischer Gewalt durchgesetzt. (…) Die deutsche Rüstungsindustrie profitiert von den weltweiten Kriegen. Die BRD ist weltweit der viertgrößte Waffenexporteur. Zum Waffenarsenal des IS aus den Lagern der irakischen Armee, gehören auch Waffen von deutschen Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall und Heckler & Koch…Aufruf zur antimilitaristischen Demo externer Link: Dienstag // 22.12.2015 // 18 Uhr // Gesundbrunnen // Berlin
  • Krieg und Frieden zum Jahreswechsel 2015/16
    Flugzeugkoalition in Syrien
    Am 4. Dezember beschloss der deutsche Bundestag, dass bis zu 1.200 Soldatinnen und Soldaten in einen Einsatz um Syrien geschickt werden. Es ist der dritte direkte Angriffseinsatz der Bundeswehr, nach der Teilnahme Deutschlands am NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 und dem Start des so genannten Krieges gegen den Terror 2001 u.a. mit der Stationierung der Bundeswehr in Afghanistan. Dieser Syrien-Einsatz der Bundeswehr ist ein erneuter grundlegender Einschnitt in der deutschen Außenpolitik. Deutschland befindet sich damit erneut im Krieg. Und wiederum, wie schon 1999 und 2001, soll der Einsatz nicht „Krieg“ genannt werden. Die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD begehen manche Pirouette, um dem Wort Krieg auszuweichen…IMI-Standpunkt 2015/046 von Tobias Pflüger bei der Informationsstelle Militarisierung am 16. Dezember 2015 externer Link (erschienen in Disput (Dezember 2015), hier leicht aktualisiert). Aus dem Text: „… Wenn man sich die Begründungen für diesen neuen Kriegseinsatz anhört, fühlt man sich zeitlich zurückversetzt, als vor 14 Jahren die Regierung Schröder/Fischer nach den Anschlägen von New York und Washington am 11. September 2001 die deutsche Kriegsteilnahme mit der Formulierung der „uneingeschränkten Solidarität“ (Schröder) am „ewig dauernden“ „Krieg gegen den Terror“ (Georg W. Bush) ausriefen. Diesmal ist es angeblich Frankreich, dem nach den terroristischen Aktionen in Paris vom 13. November 2015 nun Solidarität gezollt werden soll. Hier macht die Bundesregierung drei ganz offensichtliche und bewusste Fehler: Erstens werden die terroristischen Anschläge in Paris so interpretiert, als ob es sich um militärische Angriffe gehandelt habe und deshalb eine militärische Reaktion notwendig sei. Zweitens werden die Anschläge als „von außen organisiert“ interpretiert und damit die Begründung geliefert, warum nun Syrien bombardiert werden müsse. Drittens wird gesagt, man müsse mit dem Staat Frankreich solidarisch sein und deshalb die Bitte auf militärischen Beistand gegenüber Frankreich umsetzen. Alle drei Begründungen sind falsch: Es war kein militärischer Angriff am 13.11. in Paris, auf terroristische Anschläge muss mit polizeilichen, nicht militärischen Mitteln reagiert werden. Es waren auch keine Anschläge „von außen“, die Attentäter waren alles französische oder belgische Staatsbürger. Und drittens, Solidarität brauchen die Opfer der Attentate, nicht das Land in dem sie lebten…
  • Die Nato: Kampf gegen den IS oder Wettrüsten mit Russland?
    Libyen ist für Nato nicht mehr interessant, auch im „Süden“ scheint es wie im Osten vor allem gegen Russland zu gehen, daher die uneingeschränkte Unterstützung der Türkei“. Beitrag von Florian Rötzer bei telepolis vom 02.12.2015 externer Link
  • In den nächsten Krieg
    Mit der Entsendung von mutmaßlich rund 1.200 Soldaten nach Syrien zieht die Bundesrepublik in ihren nächsten Krieg. Diese Zahl an Militärs ist laut Bundeswehr-Generalinspekteur Volker Wieker notwendig, um die von der Bundesregierung angekündigte Entsendung mehrerer Tornados, eines Tankflugzeugs und einer Fregatte nach Syrien umzusetzen. Zudem wird ein Aufklärungssatellit für die Operationen gegen den „Islamischen Staat“ (IS, Daesh) zur Verfügung gestellt. Die „Aufklärung“ im Kriegsgebiet dient nicht zuletzt der Zielerfassung und ist damit unmittelbarer Teil des Kampfgeschehens. Die Recce-Tornados aus Jagel, die jetzt nach Syrien geschickt werden, wurden bereits 1995 in Bosnien-Herzegowina, 1999 im Kosovo-Krieg und 2007 bis 2010 in Afghanistan eingesetzt. Aus dem Kosovo und aus Afghanistan, denen die westliche Polit-PR Befreiung durch den Krieg und bessere Zeiten versprach, fliehen die Menschen heute in Scharen. Beobachter warnen, auch in Syrien werde der Krieg keine dauerhafte Lösung bringen; notwendig seien vielmehr „Alternativen zur militärischen Eskalation“. Berlin hingegen setzt, während es Krieg gegen Jihadisten führt, die enge Kooperation mit dem maßgeblichen Förderer des Jihadismus fort – mit Saudi-Arabien…Redaktioneller Beitrag bei German Foreign Policy vom 30.11.2015 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=90284
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