Politologin über Whistleblower: „Große Angst vor Denunziantentum“

EU-Richtlinienvorschlag: Whistleblower-Schutz steht über GeschäftsgeheimnissenAus dem Interview von Svenja Führte mit Annegret Falter vom 15. April 2019 bei taz online externer Link: „… Annegret Falter: Whistleblower haben zur Aufdeckung von wirklich großen Missständen beigetragen. Katastrophale Zustände in der Pflege zum Beispiel, Steuerbetrug oder der Handel mit gepanschten Krebsmedikamenten. Und gleichzeitig bemerkt die Gesellschaft, was wir ohne Whistleblower zu lange nicht erfahren haben: Zum Beispiel, dass die Luft immer stärker mit Stickoxiden belastet ist, was für Kinder, Alte und Kranke lebensgefährlich sein kann. (…) Bislang ist es in Deutschland so: Whistleblower müssen sich erst einmal intern melden. Das führt nicht nur dazu, dass eine Behörde oder Firma einen internen Kritiker einfach mal kündigen kann, wenn er zu unbequem wird. Sondern auch dazu, dass sie Beiweise vernichten kann. Oder Zeugen beeinflussen. Künftig sollen sich Whistleblower auch direkt an die Staatsanwaltschaft wenden dürfen. Das ist schon mal extrem viel wert. Nur der dritte Weg, an die Öffentlichkeit zu gehen, der ist weiterhin eingeschränkt. Das ist nur erlaubt, wenn die Behörden nicht angemessen reagieren oder ein vordringliches öffentliches Interesse an dem Problem besteht. [Seit] es Whistleblowing gibt, gibt es auch die Gegenbewegung: Hinweisgeber sollen daran gehindert werden, Dinge öffentlich zu machen. (…) Das liegt vor allem an der starken Lobbyarbeit der Wirtschaft. Die Unternehmen haben ein großes Interesse daran, als Erstes auf entsprechende Meldungen zuzugreifen. Für dieses Ziel ist es immens nützlich, Whistleblowern generell eine Schädigungsabsicht zu unterstellen und genau das macht diese Lobby. (…) Ich befürchte, dass die Bundesregierung weiterhin verhindern will, dass sich Whistleblower gleich an eine externe Stelle, wie etwa die Staatsanwaltschaft wenden…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=147531
nach oben