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Trumps Aufsichtsmannschaft will freie Geschäfte mit dem Internet

Demonstration in Washington vor dem Sitz der FCC Behörde für NetzneutralitätHeute hat die FCC (Federal Communications Commission) die US-Regeln zur Netzneutralität abgeschafft. Zwei Jahre lang haben diese Regeln sichergestellt, dass das Internet offen und frei bleibt. Kein Netzbetreiber konnte den Zugang zu legalen Inhalten künstlich drosseln oder gar ganz blockieren, kein Endgerät wurde ausgesperrt, und keine große Plattform konnte sich Überholspuren erkaufen, um ihre Dienste schneller an die Nutzer zu liefern. Die Entscheidung kam nicht unerwartet, schließlich setzte sich der konservative FCC-Chef Ajit Pai schon seit Jahren für die Abschaffung der Regeln ein. Nach dem Wahlsieg des Republikaners Donald Trump zum US-Präsidenten wurde der 44-jährige Pai an die Spitze des Leitungsgremiums berufen, wo er schon zuvor, als einfacher „Commissioner“, durchblicken ließ, was er von einem offenen Internet hält: nicht viel. (…) Mit drei zu zwei Stimmen hat die republikanische Mehrheit der FCC die „Restore Internet Freedom“ betitelte Verfügung beschlossen. Netzbetreiber gelten künftig nicht mehr als Bereitsteller grundsätzlicher Infrastruktur, sondern als „Informationsdienste“. Damit nimmt sich die FCC selbst die rechtliche Grundlage weg, um überhaupt entsprechende Regeln erlassen zu dürfen. Provider können künftig auf Gutdünken bestimmte Dienste bevorzugen oder benachteiligen, solange sie darauf im Kleingedruckten hinweisen. Die Aufsicht über Daten- und Verbraucherschutz landet bei der Handelsaufsicht FTC (Federal Trade Commission), die jedoch nur bestrafen, aber keine neuen Regeln einführen kann. Diese Selbstentmachtung soll laut Pai zu neuen, innovativen Geschäftsmodellen der nun deregulierten Netzbetreiber führen, damit diese den teuren Breitbandausbau bezahlen können. Belastbares Datenmaterial widerspricht jedoch dieser Behauptung“ – so beginnt der Beitrag „Schwarzer Tag fürs Internet: USA demolieren Netzneutralität“ von Tomas Rudl am 14. Dezember 2017 bei netzpolitik.org externer Link, worin auch darauf verwiesen wird, dass eine große Mehrheit der Menschen dieser Kaper-Akt ablehnt… Siehe dazu fünf weitere aktuelle Beiträge zu Hintergrund und Widerstand:

  • „Die USA schaffen ihre Netzneutralität ab: Was alles dahintersteckt“ von Tomas Rudl am 13. Dezember 2017 bei netzpolitik.org externer Link ist ein ausführlicher Beitrag über die Interessenskämpfe und Pläne, die hinter der Maßnahme stehen, worin unter anderem hervor gehoben wird: „Ins Bild fügt sich, dass zu einer der ersten Amtshandlungen des aktuellen, republikanisch geführten Kongresses die Abschaffung elementarer Datenschutzregeln für Netzbetreiber gezählt hat. Diese können nun das Surfverhalten ihrer Kunden im Detail aufzeichnen und an den Meistbietenden zu Werbezwecken verkaufen. Ebenfalls bemerkenswert ist die auffallende Funkstille aus den Konzernzentralen von Google und Facebook, die sich in der Vergangenheit oft als Verteidiger der Netzneutralität geriert haben. Auch sie haben ein Interesse an vertikaler Integration, wenn auch von der anderen Seite kommend. Zudem bezahlen solche großen Firmen etwaige Überholspuren aus der Portokasse, was ihre dominante Position nur weiter vertieft, zum Nachteil kleinerer Konkurrenten, der Verbraucher und eines freien Netzes“.
  • „Wie die Bürgerbefragung zur Netzneutralität manipuliert wurde“ von Volker Bernhard am 14. Dezember 2017 in der Süddeutschen Zeitung externer Link berichtet von den Betrügereien unter anderem folgendes: „So sind laut der Studie nur sechs Prozent der jetzt abgegebenen Kommentare von tatsächlichen Menschen geschrieben worden. Bei den restlichen 94 Prozent bestehen massive Zweifel an ihrer Herkunft und ihren Intentionen. So können tausendfach identische Kommentare dadurch entstehen, dass Menschen mit wenigen, einfachen Klicks auf einer Seite einen vorbereiteten Kommentartext in ihrem Namen abgeben. John Olivers Initiative ist dafür ein Beispiel. Doch effektiver als jede Klick-Bewegung sind die Trollbots: Während Olivers Seite immer noch einen Menschen benötigt, der klickt, können Bots in derselben Zeit Tausende Beiträge automatisiert absetzen. Die FCC machte es den Trollbots auch ausgesprochen leicht. Auf gängige Überprüfungen, die sicherstellen, dass tatsächlich ein Mensch den Kommentar erzeugt, wurde verzichtet. Auch die Adressen der Kommentatoren wurden nicht kontrolliert. Aus diesen Gründen ist nicht nachvollziehbar, wer oder was sich auf der FCC-Website mit einem Meinungsbeitrag zu Wort gemeldet hat. Laut der Studie wurde aber mindestens eine Million der vermeintlichen Bürgerstimmen von Trollbots abgegeben, die Dunkelziffer ist erheblich“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=125511
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