Vorratsdatenspeicherung in Europa: Wo sie in Kraft ist und was die EU plant

Dossier

Zeig der Vorratsdatenspeicherung die Rote Karte„Seit Jahren rangeln Gesetzgeber und Gerichte um die Vorratsdatenspeicherung. Der Europäische Gerichtshof hat die anlasslose Überwachung untersagt, viele EU-Staaten tun es trotzdem und der Rat startet jetzt einen neuen Anlauf auf EU-Ebene. Wir haben den Stand der Vorratsdatenspeicherung visualisiert und veröffentlichen eine Übersicht des Rates. (…) Diesen Donnerstag ist die anlasslose Massenüberwachung neuerlich Thema bei einem Treffen der EU-Minister*innen für Justiz und Inneres. Das Ziel des Rates ist es, eine Form der Speicherung finden, die nicht gleich wieder vom Europäischen Gerichtshof einkassiert wird. Der hatte nämlich strenge Vorgaben gemacht: keine Anlasslosigkeit, keine flächendeckende Speicherung. Doch die EU-Staaten wünschen offenbar weiterhin flächendeckende Datenspeicherung. Angedachte Änderungen, die bisher verlautet wurden, sind eher kosmetisch. Auf eine Informationsfreiheitsanfrage von Digitalcourage wurde bekannt, dass die europäische Polizeiagentur Europol vorschlägt, lediglich einige technische Daten wie die Antennenlänge des benutzten Telekom-Geräts nicht zu erfassen. Sensible Metadaten wie Verbindungsteilnehmer, Nummern und anderes sollen jedoch weiterhin gespeichert werden. Ob die VDS überhaupt dazu beiträgt, Straftaten besser aufzuklären, ist bis heute nicht bewiesen. Studien und Gutachten legen das Gegenteil nahe. (…) Die Minister*innen werden zunächst die EU-Kommission auffordern, bis 2020 eine Studie über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung durchzuführen. Bis dahin werde der EuGH in neuen Urteilen vielleicht eine Rechtslücke für die Wiedereinführung öffnen, sagen EU-Diplomaten. Viele Mitgliedstaaten warten nicht auf eine gesamteuropäische Lösung, sie fahren mit der massenhaften Speicherung von Kommunikationsdaten fort oder haben neue Gesetze dazu erlassen. Von 25 EU-Mitgliedstaaten haben bereits 22 Länder eine Form der Vorratsdatenspeicherung in Gesetz gegossen – jedoch laufen davon in sechs Ländern Klagen gegen die VDS. Lediglich in Österreich, den Niederlanden und Slowenien gibt es bislang keine Massenspeicherung (mehr), meist aufgrund von Urteilen nationaler Gerichte. Der Stand der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung geht aus einem Arbeitspapier des Rates der Europäischen Union hervor, den wir hier als PDF veröffentlichen…“ Beitrag von Lorenz Mrohs, Andre Meister, Anna Biselli und Alexander Fanta vom 4. Juni 2019 bei Netzpolitik externer Link. Siehe dazu:

  • Ohne konkreten Verdacht: EU-Gericht erlaubt Vorratsdatenspeicherung an Flughäfen und Bahnhöfen New
    Der Europäische Gerichtshof hat es mehrfach klargemacht: Es verstößt gegen Grundrechte, wenn Provider pauschal alle Kommunikationsdaten speichern sollen. Doch nun gibt das Gericht grünes Licht für Massenüberwachung an vielbesuchten Orten. Der Europäische Gerichtshof hat einmal mehr der Vorratsdatenspeicherung eine Absage erteilt. Das Urteil vom heutigen Dienstag stellt erneut klar, dass Staaten nicht anlasslos und unbegrenzt das Sammeln von Daten über die private Kommunikation anordnen dürfen. Allerdings nennt das Gericht laut einer Pressemitteilung externer Link Bedingungen, nach denen mit gewissen Einschränkungen doch die anlasslose Speicherung von Daten angeordnet werden darf…“ Beitrag von Alexander Fanta vom 05.04.2022 bei Netzpolitik externer Link, siehe auch: Urteil des EuGH bestärkt die Verfassungsbeschwerde von Digitalcourage gegen die deutsche Vorratsdatenspeicherung
  • EuGH zum Datenschutz: Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig, aber…
    „… Eine flächendeckende und pauschale Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten ist laut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht zulässig. Ausnahmen seien aber möglich, wenn es um die Bekämpfung schwerer Kriminalität oder den konkreten Fall einer Bedrohung der nationalen Sicherheit gehe, teilte der EuGH in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil mit (Rechtssache C-623/17 und andere). Es geht um die Frage, ob einzelne EU-Staaten den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste allgemeine Pflichten zur Datenspeicherung auferlegen dürfen. Die Luxemburger Richter stärkten mit ihrer Entscheidung nun die Bürgerrechte – zugleich können aber auch Befürworter der Vorratsdatenspeicherung hoffen. Eine direkte Wirkung auf die deutschen Regelungen zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung hat die Entscheidung zwar nicht, sie liefert aber Anhaltspunkte dafür, wie eine rechtskonforme Version aussehen könnte. Gegen die deutsche Vorratsdatenspeicherung läuft beim EuGH ein separates Verfahren. (…) Die deutsche Bundesnetzagentur hatte im Juni 2017 den Speicherzwang für Internet-Provider und Telefonanbieter vorläufig ausgesetzt – nur wenige Tage vor dem Inkrafttreten der geplanten Vorschriften. Anlass war damals ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Nordrhein-Westfalen, wonach eine verdachtsunabhängige Speicherung von Standort- und Verkehrsdaten nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. Schon mehrfach hatten oberste Gerichte in Deutschland und der EU Einwände und kippten die Vorgaben. Der EuGH hatte etwa 2016 entschieden, dass eine „unterschiedslose“ Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten mit EU-Recht nicht vereinbar sei.“ Meldung vom 5. Oktober 2020 von und bei Legal Tribune Online externer Link
  • Über 40 Nichtregierungsorganisationen fordern mit einem offenen Brief an die EU-Kommission: Keine Vorratsdatenspeicherung in der EU!
    Heute hat der EU-Gerichtshof geurteilt: pauschale Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig. Digitalcourage und über 40 Nichtregierungsorganisationen aus 16 Ländern fordern mit einem offenen Brief unter anderem ein EU-weites Verbot von anlassloser Telekommunikations-Überwachung. Den Brief unterstützen in Deutschland u.a.: eco – Verband der Internetwirtschaft, Chaos Computer Club, Deutsche Aidshilfe, Deutsche Vereinigung für Datenschutz, Digitale Gesellschaft, Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ) und Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. Heute hat der EU-Gerichtshof für die gesamte EU richtungsweisende Entscheidungen zu vier Rechtsstreits über die Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten veröffentlicht. Demnach ist eine generelle und anlasslose Vorratsdatenspeicherung illegal. Im Vorfeld hatten Regierungen von EU-Mitgliedsländern, darunter auch Deutschland, sowie die Kommission der EU mit Blick auf das heutige Urteil angekündigt, nach neuen Mitteln und Wegen zu suchen, um die Verbindungsdaten von Telefon und Internet aller EU-Bürger.innen ohne Anlass möglichst lückenlos zu speichern. „Das heutige Urteil bedeutet: Auch das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verletzt EU-Grundrechte,“ sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. „Denn Kommunikationsdaten pauschal von allen Bürgerinnen und Bürgern auf Vorrat zu sammeln ist illegal. Wir wollen jetzt, dass diese Selbstverständlichkeit endlich von Regierungen ernst genommen und umgesetzt wird. Der EU-Gerichtshof hat heute äußerst weitgehende Spielräume für Überwachung eröffnet – diese dürfen nicht ausgenutz werden. Der Standard in Demokratien muss lauten: keine Vorratsdatenspeicherung!“ Mehr als 40 Nichtregierungsorganisationen aus 16 Ländern warnen jetzt mit einem offenen Brief vor diesen Plänen. (…) Digitalcourage und alle unterzeichnenden Organisationen fordern: Das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung darf kein Vorbild für die EU und andere Länder werden. Die Kommission soll Verfahren gegen EU-Mitgliedsländer anstrengen, die mit ihren Gesetzen und Praktiken Kommunikationsdaten auf Vorrat speichern. Die Unterzeichnenden des Briefs fordern die Kommission auf, an einem EU-weiten Verbot von genereller und anlassloser Vorratsdatenspeicherung zu arbeiten. Die Kommission soll keine weiteren Pläne zur Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung verfolgen.“ Pressemitteilung vom 6.10.2020 bei Digitalcourage externer Link zum Offenen Brief an EU-Kommission externer Link
  • Vorratsdatenspeicherung: Warnung vor deutscher EU-Ratspräsidentschaft 
    „… Trotz klarer Entscheidungen von Gerichten, trotz laufender Verfassungsbeschwerden (…) und andauernder Kritik wurde die Pflicht zur anlasslosen Massenspeicherung von Kommunikationsdaten im aktuellen Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz verankert (siehe § 166, Entwurf des Gesetzes bei netzpolitik.org). Obwohl der EU-Gerichtshof aktuell in mehreren Fällen die Vereinbarkeit von anlassloser Massenspeicherung mit EU-Recht prüft und das Bundesverwaltungsgericht die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland als rechtswidrig ausgesetzt hat (…), will die Bundesregierung weiterhin eine anlasslose Speicherpflicht durchdrücken. Kommunikationsanbieter sollen Telefon- und Internetverbindungsdaten für 10 Wochen und Standortdaten für 4 Wochen speichern – von allen Menschen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Im Juni 2017 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass damit pauschal die „Verkehrs- und Standortdaten nahezu alle Nutzer von Telefon- und Internetdiensten“ erfasst werden. Das ist EU-rechtswidrig. (…) Wir warnen vor dem gesetzgeberischen Stil der Bundesregierung, der Kritik ebenso ignoriert wie Gerichtsurteile. Wir gehen davon aus, dass Deutschland während der Präsidentschaft im Rat der EU jede Möglichkeit nutzen wird, um Gesetze für anlasslose Massenspeicherungen voran zu treiben, etwa in dem der Druck auf die EU-Kommission weiter erhöht wird oder weitere Fälle schwerster Verbrechen genutzt werden, um Massenspeicherung zu rechtfertigen (…) Digitalcourage ist der Auffassung: Die Arbeit an einer europäischen Vorratsdatenspeicherung muss sofort gestoppt werden. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist mit einer demokratischen Grundordnung unvereinbar…“ Beitrag von und bei Digitalcourage vom 30. Juni 2020 externer Link
  • Vorratsdaten: einseitige Studie der EU-Kommission 
    „… Im November 2019 hat die EU-Kommission eine Studie zur Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten in Auftrag gegeben. Die belgische Consulting-Firma Milieu erhielt den Auftrag und soll die Studie bis Mitte 2020 fertigstellen. Milieu soll dabei eine „retrospective fact finding support study“ erarbeiten, um die Kommission im Rahmen des seit 2017 laufenden Reflexionsprozesses mit Fakten zu versorgen. Diesen Reflexionsprozess haben wir bereits mehrfach kritisiert, weil lediglich Optionen für Massenüberwachung sondiert werden, ohne dass grundrechtsfreundliche Alternativen geprüft werden. (…) Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer hat Anfang 2020 durch eine Transparenzanfrage via AsktheEU.org den Vertrag öffentlich gemacht (…). Allerdings hat die Kommission das Dokument lediglich teilgeschwärzt mit insgesamt 32 komplett geschwärzten Seiten öffentlich zugänglich gemacht. Wir kritisieren, dass die Kommission mit den Schwärzungen die Geschäftsinteressen von Milieu als gewichtiger bewertet als das Interesse der Öffentlichkeit an politischen Prozessen in der EU. Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. (…) Unserer Einschätzung nach, ist der Vertrag über die EU-Vorratsdaten-Studie – soweit einsehbar – einseitig zu Lasten der Freiheits- und Grundrechteperspektive formuliert. Entsprechend erwarten wir ein Ergebnis, das Grund- und Freiheitsrechte nicht ausreichend berücksichtigt…“ Kritik vom 18. März 2020 von und bei digitalcourage externer Link
  • EU-Vorratsdatenspeicherung: Digitalcourage veröffentlicht und kritisiert Position der Bundesregierung: Sie will EU-weite Vorratsdatenspeicherung 
    Mit einer Transparenz-Anfrage via fragdenstaat.de externer Link haben wir nach der Position der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung verlangt, die sie Anfang September 2019 bei mündlichen Verhandlungen vor dem EU-Gerichtshof geäußert hat. Erhalten haben wir die schriftliche vorbereitende Unterlage für die Anhörung (PDF externer Link ). In diesem Artikel kritisieren wir die Argumente der Bundesregierung bei der mündlichen Verhandlungen vor dem Gerichtshof der Europäischen Union am 9. September 2019 in den Rechtssachen C-623/17, C-511/18, C-512/18 und C-520/18…“ Beitrag von Friedemann Ebelt vom 10.02.2020 bei Digitalcourage externer Link
  • EuGH-Generalanwalt: Nationale Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung rechtswidrig 
    „… Eine anlasslose und gegen alle gerichtete Vorratsdatenspeicherung ist und bleibt in der EU verboten. Daran hat der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), Campos Sánchez-Bordona, die Gesetzgeber in Belgien, Frankreich und Großbritannien erinnert. Laut seinen am Mittwoch vorgelegten Schlussanträgen in mehreren viel beachteten Fällen verstoßen die dortigen nationalen Bestimmungen zum anlasslosen Protokollieren von Verbindungs- und Standortdaten inklusive IP-Adressen gegen die in der EU verbrieften Grundrechte. (…) Sánchez-Bordona betont in seiner Stellungnahme, dass eine „allgemeine und unterschiedslose Aufbewahrung aller Verbindungs- und Standortdaten aller Kunden und registrierter Nutzer unverhältnismäßig ist“. Vor allem die einschlägigen Auflagen für Provider in Frankreich gehen laut dem Spanier viel zu weit und verletzen daher die in der Grundrechtecharta verbrieften Freiheiten „besonders schwer“. Ähnlich kritisch beäugt er die umstrittenen belgischen und britischen Gesetze. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für den Gerichtshof nicht bindend, oft folgen die Richter aber der vorgezeichneten Linie. Mit ihrer Entscheidung ist in einigen Monaten zu rechnen. Der Generalanwalt bewegt sich mit seinem Plädoyer auch ganz auf der bisherigen EuGH-Linie. Die Luxemburger Richter hatten 2014 und 2016 klar geurteilt, dass eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung unvereinbar mit den Grundrechten der Gemeinschaft ist. (…) Der Vorstandsvorsitzende des eco-Verbands der Internetwirtschaft, Oliver Süme, zeigte sich überzeugt, dass der EuGH „dem Votum des Generalanwalts folgen und der Vorratsdatenspeicherung erneut eine Absage erteilen“ werde. Die deutschen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung sind momentan im Lichte der EuGH-Rechtsprechung ausgesetzt und zugleich „Gegenstand von Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und vor dem Bundesverfassungsgericht…“ Beitrag von Stefan Krempl vom 15. Januar 2020 bei heise online externer Link – wir erinnern an EuGh entscheidet zur Vorratsdatenspeicherung: Unvereinbar mit europäischen Grundrechten!
  • [Überblick] Scheinheilig: Regierungen und die Vorratsdatenspeicherung 
    „… In Deutschland und der EU versuchen Überwachungspolitiker mit scheinheiligen Argumenten eine neue Massenüberwachung von Kommunikationsdaten durchzudrücken. Dabei ignorieren sie Urteile des EU-Gerichtshofs, die EU-Grundrechtecharta, Datenschutzgesetze, Grundrechte, die tatsächliche Sicherheitslage, bessere Alternativen und die eigene Geschichte. (…) Die Regierungen der Mitgliedsländer behaupten, sich an die Vorgaben des EuGH halten zu wollen. Unsere Recherchen zeigen das Gegenteil (…) Die Suche nach Möglichkeiten für eine Vorratsdatenspeicherung soll sich vorgeblich im Rahmen der EU-Grundrechtecharta bewegen, die der EU-Gerichtshof in mehreren Urteilen zur Vorratsdatenspeicherung interpretiert hat. Der EuGH hat seine Position unter anderem im Tele2-Urteil klar geäußert: Die Speicherung von Kommunikationsdaten ist möglich, muss aber zielgerichet und auf das Notwendige beschränkt sein. (…) Genau dieses Tele2-Urteil greifen die Regierungen der EU-Länder allerdings an und versuchen es zu umgehen, wie aus dem Bericht der Verhandlung Anfang September des Juristen Bastien Le Querrec hervorgeht. Ein Trick besteht darin, ausgerechnet den kaum kontrollierten und regulierten Geheimdiensten Zugang zu den Vorratsdaten geben zu wollen (…) An der Aussagekraft der Fallbeispiele der Mitgliedsländer, die das Argument der nationalen Sicherheit plausibilisieren sollten, hatten allerdings sowohl die Richter des EU-Gerichtshofs, als auch die vertretenen Grundrechte-Organisationen Zweifel. Weiter argumentierten die Regierungen, dass sie ihre Speicherpraktiken nicht konform mit dem Tele2-Urteil gestalten können und wollen – das Urteil sei nicht umsetzbar und wieder dienen die Geheimdienste als Hebel (…) Während sich die Mitgliedsländer nicht bereit zeigen, ein Urteil des EU-Gerichtshofs zu akzeptieren, fordert mindestens Frankreich den Gerichtshof offen dazu auf, sein grundrechteverteidigendes Urteil zu revidieren (…) In wissenschaftlichen Studien konnte bisher kein Beleg dafür gefunden werden, dass die Vorratsdatenspeicherung überhaupt zur Bekämpfung von Kriminalität geeignet ist. Notwendig für den Schutz von Grundrechnung ist die Erstellung einer Überwachungsgesamtrechnung, um den ständig steigenden Überwachungsdruck gegen die Bevölkerung überhaupt zu erfassen. (…) Die Position des EuGH in seinen bisherigen Urteilen ist grundrechtefreundlich, aber dennoch realpolitisch ausbaufähig, angesichts des bereits bestehenden staatlichen und kommerziellen Überwachungsdrucks, der auf der Bevölkerung in der EU lastet. Der EuGH ist die einzige Instanz in der EU, die die Bevölkerung vor neuen Grundrechtsverletzungen durch Vorratsdatenspeicherungen schützen kann. Aus unserer Sicht muss die Linie lauten: Ermittlung ja, aber Überwachung nein. Ein QuickFreeze-Verfahren oder die Schaffung weiterer Sonderermittlungsbehörden sind der richtige Weg. Die Regierungen der EU-Länder folgen aber einem anderen Kurs: Gespeichert werden sollen so viele Daten wie möglich, für so viele Straftatbestände wie möglich. Dieser Kurs ist der falsche Weg für Demokratien und Rechtsstaaten…“ Beitrag vom 6. Dezember 2019 von und bei Digitalcourage externer Link
  • Das Bundesverwaltungsgericht gibt Frage zur deutschen Vorratsdatenspeicherung an EU-Gerichtshof ab – Auf EU-Ebene fordern Regierungen kompromisslos Massenüberwachung
    Mit dem heutigen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig die Frage über die Rechtmäßigkeit des deutschen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung an den EU-Gerichtshof abgegeben. Bis zur Entscheidung des Gerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht die Revisionsverfahren ausgesetzt. (https://www.bverwg.de/pm/2019/66 externer Link) Die von Digitalcourage, dem Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung und prominenten Mitbeschwerdeführenden ist davon nicht betroffen. Die Klage ist weiterhin beim Bundesverwaltungsgericht in Karlsruhe anhängig. Bürgerinnen und Bürger können die Verfassungsbeschwerde online unterstützen: https://digitalcourage.de/weg-mit-vds externer Link
    Vom EuGH wird für Anfang 2020 eine Entscheidung über Klagen mehrerer EU-Mitgliedsländer erwartet. Digitalcourage warnt vor neuer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und der EU. „Wir wünschen uns, dass sich die Bundesregierung, speziell das Justiz- und  Innenministerium, für eine massenüberwachungsfreie Lösung in der EU einsetzen,“ sagt Friedemann Ebelt von Digitalcourage. „Alles, was wir aktuell auf EU-Ebene sehen ist, dass Regierungen der EU-Länder einen kompromisslosen Kurs in Richtung Massenüberwachung fahren. Grundrechte und Urteile werden ignoriert – Deutschland macht mit.“ Die Pläne für eine Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene sind eine akute Bedrohung für die Grundrechte aller Menschen. Mit einer, bereits vom Bundesverfassungsgericht angenommen, Verfassungsbeschwerde will Digitalcourage das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung entgültig kippen – auch auf EU-Ebene
    …“ Bewertung von Digitalcourage vom 25.9.2019. Siehe dazu:

    • Bundesverwaltungsgericht: Die Vorratsdatenspeicherung bleibt weiter ausgesetzt
      Der Europäische Gerichtshof soll klären, ob die deutsche Vorratsdatenspeicherung gegen EU-Recht verstößt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute entschieden. Damit müssen Provider auch weiterhin keine Daten speichern. Deutschland ist trotzdem eines der sichersten Länder. Die ewige Saga der Vorratsdatenspeicherung geht in eine weitere Runde. Das Bundesverwaltungsgericht hat heute entschieden, zwei Klagen gegen das deutsche Gesetz dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Das Gericht in Luxemburg soll klären, ob eine nationale Speicherpflicht erlaubt ist. Bis dahin müssen Kommunikations-Anbieter weiterhin keine Daten speichern. (…) Die Kernfrage ist weiterhin, ob die anlasslose Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung mit den Grundrechten vereinbar ist. Die Masse an Daten ist extrem aufschlussreich und kann mehr über unsere Gewohnheiten und Verhaltensmuster aussagen als uns selbst bewusst ist. Deshalb haben die obersten Gerichte wiederholt klargestellt, dass diese sensiblen Daten nicht über Menschen gespeichert werden dürfen, die noch nichtmal ansatzweise etwas mit schwerer Kriminalität zu tun haben. Genau das ist aber das Konzept von Speicherung auf Vorrat: Erstmal speichern, vielleicht können wir es später gebrauchen. Immerhin haben die Vertreter:innen der Bundesregierung vor Gericht zugegeben, dass bereits die Speicherung ein Grundrechtseingriff ist. Das ist Konsens unter Jurist:innen, wird aber in der politischen Debatte gerne ignoriert. Die Rechtfertigung der Bundesregierung ist: Ja, die Vorratsdatenspeicherung greift in Grundrechte ein, aber die neue Version ist nicht ganz so schlimm wie die alte…“ Artikel von Andre Meister vom 25.09.2019 bei Netzpolitik externer Link
  • Achtung Vorratsdatenspeicherung: Es wird ernst – EU-Länder greifen EuGH-Urteile an, Grundrechte-Standard der EU massiv bedroht 
    Vor dem Europäischen Gerichtshof werden die grundrechtewahrenden Urteile gegen die Massenüberwachung von Kommunikation angegriffen. Regierungen der EU-Länder, Geheimdienste und „Sicherheitspolitiker“ erhöhen zusätzlich den politischen Druck. Gegen diese Überwachungs-Kampagne arbeitet Digitalcourage unter anderem mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung – Unterstützung ist dringend notwendig! (…) Die Große Kammer des EuGH verhandelte am 9. und 10. September 2019 rechtliche Fragen zur Vorratsdatenspeicherungen von Kommunikationsdaten. Dem EuGH wurden drei Beschwerden aus Belgien, Großbritannien und Frankreich vorgelegt. Die Länder wollen im Wesentlichen ihren Geheimdiensten den Zugang zu den Daten erleichtern, den EuGH zum Umdenken bewegen und argumentieren unter anderem: EU-Recht ist nicht bindend, weil es um die nationale Sicherheit geht. Unserer Einschätzung nach wird auf diesem Weg versucht, den Grundrechte-Standard in der EU abzusenken, die Schutzpflicht des Staats gegen die Überwachung der Bevölkerung zu ignorieren und die grundrechtsfreundlichen EuGH-Urteile zu umgehen…“ Aufruf auf der Aktionsseite von Digitalcourage externer Link – siehe dazu:

  • Digitalcourage veröffentlicht ein Europol-Dokument, in dem eine Vorratsdatenspeicherung von 487 Datenkategorien vorgeschlagen wird 
    Das Dokument von März 2018 externer Link gibt Einblicke in die Pläne des EU-Rats für eine Massenüberwachung der Kommunikation aller Menschen in der EU. Europol hat den Mitgliedsstaaten eine Matrix mit 487 Kategorien von Kommunikationsdaten externer Link vorgelegt. In einer 45-seitigen Tabelle breitet Europol aus, welche Daten sie für relevant für eine neue, EU-weite Vorratsdatenspeicherung halten. Von Standortdaten über IP-Adressen bis hin zu Verbindungsdaten sind nahezu sämtliche Informationen aufgeführt, die Provider demnach längerfristig speichern müssten…“ Aus der Pressemitteilung vom 15.8.2019 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149929
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