100 Jahre Abschiebehaft – Kampagne startet ins Aktionsjahr 2019

Dossier

100 Jahre Abschiebehaft - Kampagne startet ins Aktionsjahr 2019Seit 100 Jahren werden Menschen inhaftiert, nur um sie abzuschieben. Um auf das Unrecht der Abschiebehaft aufmerksam zu machen, haben Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen die Kampagne „100 Jahre Abschiebehaft“ ins Leben gerufen, die mit bundesweiten Aktionen und  Veranstaltungen über die Missstände aufklärt und die Abschaffung der Abschiebehaft fordert – denn: Haft ist die größte Einschränkung der individuellen Freiheit. Schwerpunkte der Kampagne bilden das Wochenende vom 10. bis 12. Mai 2019, an dem insbesondere vor jedem deutschen Abschiebegefängnis Aktionen durchgeführt werden sollen, sowie eine Großdemonstration in Büren und Paderborn am 31.8.2019. Zur Bündelung der Aktivitäten und des Protests steht eine Internetseite zur Verfügung, auf der Informationen, Ideen, Angebote und Materialien zur Verfügung stehen…“ Aus der Pressemitteilung vom 4.2.2019 beim Grundrechtekomitee externer Link, siehe Grundinfos und nun den Aufruf:

  • Bundesweite Demonstration gegen Abschiebehaft hat mehr als 1.000 Menschen nach Büren und Paderborn gebracht New
    Am 31. August 2019 fand die bundesweite Demonstration gegen Abschiebehaft statt. Weit über tausend Menschen versammelten sich in Paderborn und 700 Menschen in Büren und forderten die Abschaffung der Abschiebehaft. In diversen Redebeiträgen machten die Redner*innen auf die inhumane Abschiebehaftpraxis aufmerksam. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die Isolationstrakte in den verschiedenen Abschiebegefängnissen der Bundesrepublik gelegt. Auch wurde Abschiebehaft mit Strafhaft verglichen. Dabei zeigt sich, dass die Haftbedingungen der Abschiebegefangenen teilweise hinter denen von Strafgefangenen zurückbleiben. Letztlich wurde noch zu praktischer Solidarität aufgerufen und auf Widerstände im Vollzugssystem hingewiesen. Vor der Abschiebehaftgefängnis Büren wurden Grußworte an die Gefangenen gerichtet. Mit lauten Rufen haben die Teilnehmer*innen der Versammlung versucht, ihre Solidarität über die Mauern des Knastes zu bringen…“ Pressemitteilung vom 1.9.2019 von und bei der Kampagne 100 Jahre Abschiebehaft externer Link
  • Großdemo und Konzert am 31.8. in Büren: 100 Jahre Abschiebehaft für immer beenden! 
    2019 wird es mehrere traurige Jubiläen geben: Seit 100 Jahren werden Ausländer*innen inhaftiert – nicht wegen einer Straftat sondern nur, um den Behörden ihre Abschiebung zu erleichtern. Seit 25 Jahren ist in Büren der größte Abschiebeknast Deutschlands, in dem außerdem über die Hälfte der Gefangenen unrechtmäßig inhaftiert ist. Vor 20 Jahren starb Rashid Sbaai unter nicht endgültig geklärten aber in jedem Fall skandalösen Umständen in Büren! Das ist Unrecht – das ist Rassismus! Diese Menschenverachtung darf nicht länger fortbestehen! 100 Jahre unschuldig in Haft! Von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart: Die zermürbende Praxis der Abschiebehaft stellt eine grausame Tradition in Deutschland dar: Bereits vor 100 Jahren wurden v.a. Jüd*innen, die hier vor Pogromen in Osteuropa Schutz suchten, willkürlich eingesperrt – mit dem Ziel, sie aus dem Land zu vertreiben. Mit der von Heinrich Himmler verfassten Ausländerpolizeiverordnung wurde die Abschiebehaft 1938 massiv ausgeweitet. Dieses Nazi-Gesetz wurde 1951 von der BRD wörtlich übernommen und erst 1965 überarbeitet. Die Gesetzgebung wurde als Reaktion auf die rassistischen Pogrome Anfang der 1990er Jahren weiter verschärft und erneut massiv zur Anwendung gebracht. Gemeinsam mit der Aushebelung des Grundrechts auf Asyl durch den „Asylkompromiss“ wurde 1993 die Einrichtung der Abschiebehaft in Büren beschlossen. Die grundrechtsverletzende Praxis heute: Allein der Verdacht, sich möglicherweise einer Abschiebung zu entziehen, reicht aus, um einen Menschen für bis zu 1½ Jahre einzusperren. Haft – der massivste Eingriff in die Freiheit des Einzelnen – wird damit von einer Maßnahme gegen verurteilte Straftäter*innen zu einem simplen Verwaltungsakt gegen Unschuldige. Folglich ist Abschiebehaft heute ein gängiges Instrument der Ausländerbehörden und wird routinemäßig angewandt, um den Behörden eine gemütliche Abschiebung zu ermöglichen. Das ungeheure Elend der Betroffenen wird dabei mitleidlos in Kauf genommen. Anwält*innen, die sich regelmäßig mit Abschiebehaft beschäftigen, stellten fest, dass über die Hälfte der Menschen in Abschiebehaft unrechtmäßig inhaftiert waren. Betroffenen wird häufig der Zugang zu einem Rechtsbeistand erschwert oder gar verwehrt. Unabhängige Beschwerdestellen oder übergeordnete Kontrollinstanzen existieren nicht. Auch die medizinische Versorgung und psychologische Betreuung wird auf das Nötigste beschränkt. Isolierhaft und Fesselungen sind an der Tagesordnung. In Büren führte diese Praxis unlängst im Sommer 2018 erneut zum Suizid eines Gefangenen. Kein Ende in Sicht: Statt sich von einer Praxis mit so einer Geschichte zu verabschieden, soll sie sogar noch ausgeweitet werden...“ Der Aufruf externer Link zur Großdemo gegen Abschiebehaft am 31.08. in Paderborn/Büren (den auch LabourNet Germany unterstützt)

    • für aktuelle Infos siehe auch bei Twitter @100JahreAHaft
    • Wir empfehlen das Spendenkonto: Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., IBAN: DE68-47250101-0050001593, Kennwort: 100 Jahre
  • 100 Jahre Abschiebehaft sind 100 Jahre zuviel – Abschiebehaft endlich abschaffen!
    Bis zu 18 Monate eingesperrt, nur um die Abschiebung zu erleichtern: Abschiebehaft ist eine unmenschliche Praxis, die vor 100 Jahren zur Ausgrenzung und Abschiebung vor allem von Jüdinnen und Juden eingeführt und eingesetzt wurde. 2019 wurde Abschiebehaft massiv ausgebaut, entgegen EU-Recht, rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeiten wie der Unschuldsvermutung und Grundrechten. Sie ist Teil eines autoritären Staates, der die Abschiebung über alles erhebt, und der Haft immer enthemmter und willkürlicher verhängt. Ein Schatten der 100-jährigen Tradition, in der sich die Abschiebehaft befindet. Es ist höchste Zeit, mit dieser menschenverachtenden Tradition zu brechen! Dazu laden wir euch alle ein zur Demo am 31.08. in Büren, der seit nunmehr 25 Jahren größten deutschen Abschiebehaftanstalt. Wir stellen uns gegen ein menschenverachtendes Abschiebe-Regime, gegen den totalitären Staat, der sich aktuell erhebt, gegen die menschenverachtende Geschichte, die die Abschiebehaft trägt...“ Gastbeitrag der Kampagne 100 Jahre Abschiebehaft am 25. August 2019 bei der Freiheitsliebe externer Link – mit umfangreichen Ausführungen zur 100-jährigen Geschichte der Abschiebehaft
  • Hinterland-Ausgabe Nr. 41: 100 Jahre Abschiebehaft 
    Liebe Abschiebungsgegner*innen, Liebe Leser*innen innerhalb und außerhalb der Gefängnisse, es gibt viele gute Gründe dafür, die Institution Gefängnis an sich zu hinterfragen, es gibt manchmal auch gute Gründe dafür, dass Menschen in Gefängnissen einsitzen. Wieso auch immer: Wenn Menschen in Haft sitzen, wurden sie von einem Gericht einer Straftat für schuldig befunden – so zumindest erwartet man es von einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland.
    Bei Menschen, die in Abschiebehaft sitzen, trifft das nicht zu. Sie wurden keiner Straftat wegen schuldig gesprochen, sie sind noch nicht einmal verdächtigt, mutmaßlich eine begangen zu haben. Ihr einziges Vergehen besteht darin, dass sie in ein Land geflohen sind, das sie nicht haben will. Ihr einziges Fehlverhal- ten liegt darin, dass sie nicht in die Länder zurückkehren wollen, aus denen sie unter Lebensgefahr geflohen sind – geflohen, weil ihnen Hunger, Krieg, Verfolgung oder gar Tod drohen; oder geflohen, um wenigstens einmal an den Honigtöpfen des Kapitalismus schnuppern zu können.
    Das einzige, das sie sich zu Schulden haben kommen lassen, besteht letztlich darin, dass sie die falsche Staatsangehörigkeit besitzen. Als ob man sich aussuchen könnte, wo man geboren wird. Und somit ist der einzige Grund, den deutsche Behörden für die Haft angeben, dass die Inhaftierten ausreisepflichtig seien und sich eventuell der Ausreise entziehen könnten. Und damit sie sich nicht ihrer Ausreise entziehen, wird ihnen die Freiheit entzogen. Der Staat geht hier mit aller Härte gegen die Schwächsten vor. Der Staat steckt die Ungewollten in Gefängnisse, damit sie unsichtbar und rechtlos bleiben, bis sie wieder gänzlich dorthin zurückverfrachtet werden, wo ihr Schicksal nicht einmal mehr eine Schlagzeile in unseren Zeitungen wert ist.
    Ja, das Thema ist ein schwerer Brocken – genauso wie das aktuelle Heft in seiner physischen Form. Für diese Ausgabe hat sich Eure Lieblingsredaktion ganz schön ins Zeug gelegt und ist diesmal sogar zwei Kooperationen eingegangen: In diesem Jahr gibt es das menschenunwürdige Konzept der Abschiebhaft in Deutschland seit genau einhundert Jahren. Zusammen mit der Kampagne 100 Jahre Abschiebehaft haben wir das Thema des Heftes gewählt, um anlässlich des unrühmlichen Jubiläums auf diesen Teil der deutschen Verhältnisse aufmerksam zu machen.
    ..“ Aus dem Editorial zur Hinterland-Ausgabe Nr. 41 externer Link, dort das Inhaltsverzeichnis und einzelne Beiträge sowie das ganze Heft externer Link
  • [Aufruf zu Aktionstag und Großdemo] 100 Jahre Abschiebehaft! 100 Jahre unschuldig in Haft! 
    „„100 Jahre Abschiebehaft” richtet sich an alle, die sich für Abschiebehaftgefangene einsetzen (wollen) und von einer Gesellschaft ohne Abschiebehaft träumen. 100 Jahre lang blieb dieser Traum verwehrt. Es wird also höchste Zeit, gemeinsam aktiv zu werden! Um diesen Traum zu realisieren, braucht es eure Unterstützung! Organisiert Aktionen, Demos, Ausstellungen, Vorträge, Gottesdienste – was euch gefällt. Bei all euren Ideen unterstützen wir euch gerne mit Materialien und Referent*innen. Wir stehen euch gerne als Ansprechpartner*innen zur Verfügung…“ Aufruf des Aktionsbündnisses ‚100 Jahre Abschiebehaft‘ vom März 2019 bei der Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V. externer Link mit Hintergrundsinfos und allen Infos zu den Aktionen, u.a. zum dezentralen Aktionstag vor allen Abschiebegefängnissen vom 10 bis zum 12. Mai 2019 und zur Großdemo in Büren und Paderborn am 31 August 2019
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=143792
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