Tag X – Kadterschmiede in der Rigaer 94 geräumt

Dossier

Rigaer94: Schläge, Beleidigungen, Drohungen – wenn das SEK Berlin eine Hausbegehung macht

Unterstützt von einem Großaufgebot von Polizei und privaten Security-Mitarbeitern haben am Mittwoch Morgen Bauarbeiter den Dachboden und die Hauskneipe „Kadterschmiede“ in der Rigaer 94 in Friedrichshain geräumt. Seit langem waren als Reaktion auf diesen „Tag X“ Aktionen angekündigt. Am Abend gab es eine Spontandemo von 200 Menschen am Mariannenplatz in Kreuzberg, Barrikaden auf der Schlesischen Straße und etliche andere dezentrale Aktionen…Bericht und Fotos beim Umbruch Bildarchiv vom 23. Juni 2016 externer Link. Siehe dazu neu:

  • Neue Gerichtsverhandlung, selbes Ergebnis? Kneipe „Kadterschmiede“ darf wohl erst einmal in der Rigaer Straße 94 in Friedrichshain bleibenNew
    In einer neuen Gerichtsverhandlung über die Teilräumung des von Linksautonomen bewohnten Hauses am 22. Juni dieses Jahres hat die Richterin am Mittwoch erneut alle Anträge des Eigentümers als unbegründet abgewiesen. Damit könnte das Versäumnisurteil vom 13. Juli wiederholt werden. Damals hatte das Landgericht der Beschwerde des Vereins „Freunde der Kadterschmiede“ gegen die mit Polizeiunterstützung durchgeführte Teilräumung stattgegeben. (…) Ein neuer Anwalt des Hauseigentümers hatte gegen das Urteil Einspruch eingelegt, weshalb der Fall erneut vor Gericht kam.Meldung in der Berliner Zeitung online vom 14. September 2016 externer Link
  • FIfF will klagen: Informationsfreigabe zum „Gefahrengebiet“ Rigaer Straße, Berlin – Spendenaufruf & Infofilmchen
    Die Rigaer Straße in Berlin Friedrichshain ist bekanntlich „irgendwie“ zum Gefahrengebiet erklärt worden, was die Polizei mit diversen Sonderbefugnissen ausstattet. Wieweit das Gefahrengebiet allerdings reicht, und welche Sonderbefugnisse die Polizei eigentlich so hat, bleibt allerdings geheim: Aus Sicherheitsgründen. FIfF e.V. unterstützt eine Klage auf Informationsfreigabe und hat für das Fundraising ein hübsches Infofilmchen erstellt externer Link, das auch die Geschehnisse in der Rigaer nochmal gut zusammenfasst.
  • Rigaer: Einsatz im »Gefahrengebiet« kostet mehrere Millionen
    Laut Gewerkschaft der Polizei 2016 bisher 120.000 Einsatzstunden im Nordkiez / Grüner Lux: »Lehrstück, wie man es nicht machen sollte« Artikel von Johanna Treblin beim ND online vom 12.08.2016 externer Link. Da die Polizei keine Zahlen zu den Einsatzkosten herausgibt, werden im Text verschiedene Schätzungen herangezogen. Die niedrigste, von der GdP, kommt immer noch auf Kosten von mindestens 3 Mio Euro. Im Text heißt es dazu: „… »Selbst wenn es nur drei Millionen Euro sind – das ist eine unverhältnismäßig hohe Summe«, sagt der Abgeordnete Fabio Reinhardt (Piraten). Er hatte 2011 eine Schriftliche Anfrage zu den Kosten des Polizeieinsatzes zur Räumung der Liebigstraße 14 gestellt: Fünf Millionen Euro soll allein für auswärtige Beamte ausgegeben worden sein. Bei diesen Summen wundert sich Reinhardt, dass vier Millionen Euro für den Kauf des Hauses in der Rigaer Straße 94 als zu teuer gelten. »Wie viel ist eine Lösung im Rigaer-Konflikt wert?« …
  • Ungeklärte Fragen in Bezug zur Rigaer Straße
    „Nachdem inzwischen immer mehr erstaunliche Fakten zum Ablauf des Polizeieinsatzes am 22. Juni gegen die Rigaer 94 bekannt werden, gibt es Hoffnung einige ungeklärte Vorgänge der letzten Monate zu erhellen. Diese Hoffnung beruht auf der Neigung von Politikern sich im Wahlkampf mit Schmutz – in diesem Fall verschlossen gehaltenen Akten – zu bewerfen. (…) Der Shitstorm auf Twitter gegen die Rigaer Straße hat bewiesen aus welcher Ecke der Beifall für Henkel, Schreiber und Co kommt: braune Dummköpfe und Verschwörungstheoretiker sonderten im Minutentakt ihren geifernden Hass auf die ganze Welt ab. Zum Glück überwiegend Typen, die einsam in ihrer Bude hocken. (…) Das die auf einem Nazi Blog veröffentlichten Aktenauszüge (…) im Zusammenhang mit dem Platzverweis für Nazis im Januar zusammenhängen sollen, erscheint fragwürdig. Glaubt man der Polizei, wurden die Daten von 73 Personen als Verdächtige an die Staatsanwaltschaft gemeldet und gelangten dann über Akteneinsicht an die Anwälte der Nazis. Aber was macht diese 73 Menschen zu Verdächtigen? Es sind Daten von Leuten, die von der Polizei irgendwie an diesem Tag im Gefahrengebiet erfasst wurden. Nicht alle wurden kontrolliert, waren sie also dann durch verdeckte Kameras in der Rigaer Straße gefilmt worden? Der Polizei dürfte klar gewesen sein, dass hier Daten an Nazis gelangen, von Menschen die perfekt in deren Feindbild passen, Obdachlose aus Polen, die im Winter in offenen Höfen Zuflucht suchen…“ Bericht von AnwohnerInnen aus dem Nordkiez vom 1. August 2016 bei linksunten.indymedia.org externer Link
  • Rigaer-Räumung: Polizei wollte offenbar die Eskalation
    „… Der illegale Polizeieinsatz in der Rigaer Straße im Juni dieses Jahres ist offenbar erst auf direkte Einflussnahme der Berliner Innenbehörden überhaupt veranlasst worden. Wie der »Spiegel« in seiner neuesten Ausgabe schreibt, legen interne Dokumente den Verdacht nahe, »dass Henkels Beamte den Konflikt mit linksradikalen Bewohnern seit Monaten eskalieren ließen. Sie zeigen, wie die Polizei als Freund und Helfer einen dubiosen Hauseigentümer beraten und ihm bei seinen fragwürdigen Methoden geholfen hat.« So soll aus dem Stab von Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt direkt an den Polizeijustiziar per Mail empfohlen worden sein, »offensiv auf den Eigentümer zuzugehen« – mit dem Ziel, einen Polizeieinsatz in dem zum Teil besetzten Haus zu initiieren. »Er sollte offenbar Bauarbeiter in sein Haus schicken; diese könnten dann von der Polizei beschützt werden«, schreibt das Magazin. Später habe eben dieser Justiziar dem Anwalt des Eigentümers der Immobilie, in der auch der linke Szenetreff »Kadterschmiede« residiert, praktische Hilfe beim Formulieren einer Anfrage bei der Behörde zuteil werden lassen – damit »polizeilicher Schutz« auch wirklich geboten werden könne. Dies geschah dann auch so, wie von den Beamten des CDU-Innensenators Frank Henkel vorgezeichnet…“ Bericht bei neues Deutschland vom 29. Juli 2016 externer Link
  • Polizeiprotokolle aus der Rigaer 94 landen auf Nazi-Blog
    … 23. Juni 2016, am Tag nach der Stürmung der Rigaer 94 werden Einsatzprotokolle der Polizei mit den Personalien einiger BewohnerInen auf einem Nazi Blog veröffentlicht: blog.halle-leaks.de/wer-sind-die-linken-fluechtlingsgegner-in-berlin/ Am selben Tag verliert der Baukoordinator, der unter Polizeischutz in der Rigaer 94 die Kadterschmiede zerstört sein Schlüsselband mit der Aufschrift „Deutsche Elite“. Ein anderer Arbeiter bezeichnet sich selbst als Nazi…„, so steht es in der „Chronik von Nazi Aktivitäten im Rigaer Kiez“ vom 30. Juni 2016 bei Indymedia linksunten externer Link. Die Empörung über die Datenweitergabe ist groß, die Verwunderung nicht so richtig. Immerhin hat die Berliner Polizei inzwischen interne Ermittlungen aufgenommen, wie aus der entsprechenden Meldung beim ND online ebenfalls vom 30. Juni 2016 externer Link hervorgeht.
  • Wo bleiben die Grundrechte im Gefahrengebiet? Im Friedrichshainer Nordkiez wird seit fast einer Woche der Notstand geprobt
    … seit knapp einer Woche wird im Friedrichshainer Nordkiez statt über Gentrifizierung wieder über Repression und Staatsgewalt diskutiert. Letzten Mittwoch stürmte die Polizei die Rigaer Straße 94 und verließ sie seitdem nicht mehr. Damit wiederholt sich ein Szenario, das Mitte Januar 2016 das Gebiet für mehrere Wochen zu einer Zone minderen Rechts machte. (…) Auf der abendlichen Pressekonferenz berichteten Hausbewohner über das Leben im Gefahrengebiet Rigaer Straße. Polizisten sind im ganzen Haus verteilt. Wenn sie in ihre Wohnungen betreten wollen müssen sie sich ausweisen. Manchmal werden ihre Taschen kontrolliert. Zudem werden sämtliche Mieterrechte ignoriert. Fahrräder, die im Hof standen, wurden abtransportiert. Zeitweilig war der Strom in den Mietwohnungen abgestellt und auch die Keller, die zu den Wohnungen gehören, seien aufgebrochen worden. Jeder einzelner der Vorfälle ist ein Bruch des Mietrechts und könnte geahndet werden. Doch noch gravierender sind die Einschränkungen der Grundrechte…Beitrag von Peter Nowak bei telepolis vom 28. Juni 2016 externer Link
    Unter dem überzogenen Polizeieinsatz zu leiden hat der gesamte Straßenzug. Die örtliche Bäckerei hat der Polizei inzwischen Hausverbot erteilt – kein Kaffee, keine Croissants, kein Klo mehr. Berichten zufolge haben Polizisten daraufhin ihre Notdurft vorm örtlichen Kindergarten verrichtet. Seit einigen Tagen haben sich die Anwohner*innen zum abendlichen Lärmprotest aus den Fenstern der Wohnungen verabredet. Bissige Kommentare werten den Großeinsatz als privaten Wahlkampfkrieg des CDU-Innensenators Henkel.
  • Gefahrengebiet Berlin-Friedrichshain: Neue Eskalation in der Rigaer Straße
    … Zuerst wurden wir im freien Zugang zum Haus eingeschränkt, vielen Gästen wurde der Zutritt gänzlich untersagt, einige konnten nach Personalienfestellung und -dokumentation eintreten. Einer neunjährigen, die ihre Freundin im Vorderhaus besuchen wollte, wurde der Zutritt erst nach einer ausführlichen Taschenkontrolle gestattet. Wir haben versucht, so viele Gäste wie möglich ohne Kontrolle über das Gitter zu bringen. Dabei wurden Leute wiederholt körperlich am Zutritt zu unserem Haus gehindert. Weil den Cops durch fehlende rechtliche Grundlagen die Argumente ausgegangen sind, wurden sie schließlich so gewaltätig, dass einer sogar mit seiner Hand an der Waffe gedroht hat die Eskalation auf die nächste Ebene zu treiben. Danach wechselte er seine Dienstnummer. Der Tag verlief weiter in dieser Stimmung. Leute haben immer wieder die Vorgänge dokumentiert, was einem Hundertschaftsführer Abends schließlich als Grund diente, einen Gewaltexzess zu starten. Dabei stürzten sich mehrere Beamte auf einen Familienvater aus dem Vorderhaus und schlugen ihn vor den Augen der Frau und Kinder zusammen und schleiften ihn davon. Auch die Mutter wurde bei dem Angriff an der Hand verletzt. Es handelt sich um die Familie, bei denen im Januar das SEK die Kinder mit gezogenen Waffen bedroht hat. Die Hausgemeinschaft konnte sich glücklicherweise danach umgehend um die Kinder kümmern…Bericht „Tag 5. Briefe aus der belagerten Rigaer Strasse 94“ über die Situation am Sonntag, 26. Juni, von den Bewohner*innen bei Indymedia linksunten vom 27. Juni 2016 externer Link
  • Rigaer94 Update aus dem Hause
    … Die Räumungsarbeiten dauerten bis in den Nachmittag. Erste Türen wurden dort eingebaut, wo uns der Zugang verwehrt wird. Nachdem die Bautrupps abgezogen waren, besetzten Bullen und Securities in kleinen Trupps dauerhaft die zwei Treppenhäuser, das Dach und die Eingangsbereiche. Die Nacht verbrachten wir also gemeinsam mit Bullen und Securities. Bis jetzt hat sich daran nichts geändert. Auch heute waren Bauarbeiter*innen damit beschäftigt, das Haus im Erdgeschoss und den Garten zu zerstören. Ob die Renovierungsarbeiten in der Schmiede schon angefangen haben oder gar fertig werden, bevor wir sie wieder besetzen, wissen wir nicht, da wir keinen Zugang haben. Da das Haus von seiner alten Architektur her nicht für einen Umbau in ein normales Wohnhaus geeignet ist, gehen wir nicht davon aus, dass die Grundstruktur zeitnah baulich verändert wird. Toiletten sind im Treppenhaus und es gibt für alle Bewohner_innen drei Gemeinschaftsküchen. Die Mietverträge schützen uns rein rechtlich vor einer Kompletträumung. Insgesamt ist die Lage ernst aber nicht hoffnungslos…„Live-Bericht“ bei Indymedia linksunten vom 23. Juni 2016 externer Link
  • Was die Räumung in der Rigaer Straße 94 mit dem aktuellen politischen Klima zu tun hat
    „Die Ermittler hoffen dabei auch auf die Verdrängung der Autonomen aus den Kiezen durch steigende Mieten. Und so in Verbindung mit Druck „ein Klima zu schaffen, in dem die Linken von alleine gehen“, heißt es aus Polizeikreisen.“ (BZ vom 16.01.2016) Dass jeder Staat notwendigerweise ein paar Schläger braucht, um seinen Insassen zur Not mit dem Knüppel Gesetze schmackhaft zu machen, ist eigentlich keine neue Erkenntnis und regt die meisten Deutschen normalerweise nur dann auf, wenn wahlweise nicht hart genug oder zu hart zugeschlagen wird. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Schaffung eines Gefahrengebiets im Friedrichshainer Nordkiez mit dem vorläufigen Höhepunkt des Großeinsatzes der Polizei im Januar 2016 in der Rigaer Straße, den zahllosen Hausdurchsuchungen in der Folgezeit und den anhaltenden Demütigungen und Einschüchterungsversuchen im Stadtteil…Hintergrundbericht von Marlies Sommer beim Hate Magazine vom 23. Juni 2016 externer Link
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