Rassistischer Alltag (nicht nur) bei der Polizei: „Zielobjekt“ Sinti und Roma

Antiziganismus bekämpfen!„… Die Berliner Polizei ist nicht die einzige, in deren Veröffentlichung sich Hinweise auf Sinti*ze und Rom*nja finden. Erst Ende August erging in der bayerischen Polizei eine interne Dienstanweisung, eine solche Charakterisierung sei „grundsätzlich zu unterbleiben“, solange die „Erfüllung polizeilicher Aufgaben“ davon unberührt bleibe. Vorausgegangen war eine Untersuchung des Landesbeauftragten für Datenschutz, der bei anlasslosen Überprüfungen im Datenbestand der Polizei immer wieder auf die Begriffe „Sinti“ und „Roma“ gestoßen war. 2017 hat der Politikwissenschaftler Markus End vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung bundesweit Pressemitteilungen der Polizei, aber auch in den Medien zitierte interne Papiere, Publikationen oder öffentliche Aussagen von Funktionsträger*innen untersucht. „Die zusammengetragenen Hinweise legen die Vermutung nahe, dass in Polizei- und Ermittlungsbehörden weiterhin antiziganistische Wissensbestände in Form von polizeilichem ‚Expertenwissen‘ gepflegt werden“, heißt es im Fazit. Ein Muster, das sich auch im Fall Berlin andeutet. Es würden „keine personenbezogenen Daten zur Zugehörigkeit zu den Bevölkerungsgruppen Sinti und Roma verarbeitet“, heißt es in einer Antwort des Polizeipräsidiums auf eine Anfrage der Landesdatenschutzbeauftragten. Es werde nur die Staatsangehörigkeit erfasst – wie die Polizei in der PKS selbst betonte, handelt es sich in diesem Fall aber überwiegend um deutsche Staatsbürger*innen. Die Angabe, dass die Tatverdächtigen mehrheitlich Sinti*ze und Rom*nja seien, basiere auf der „fachlich fundierten Einschätzung“ der für gewerbsmäßige Bandenkriminalität zuständigen Fachdienststelle…“ – aus dem Beitrag „Pauschal gegen Sinti und Roma“ von Dinah Riese am 01. Oktober 2019 in der taz online externer Link über polizeilichen Alltagsrassismus von Belin bis Bayern. Siehe dazu auch eine Broschüre der Dokumentationsstelle Antiziganismus und einen Kommentar dazu:

  • „Aus der Mitte der Gesellschaft“ von Susanne Memarnia am 01. Oktober 2019 ebenfalls in der taz online externer Link ordnet dies in einem Kommentar zur Veröffentlichung einer Broschüre des Amaro Foro (siehe unten) so ein: „Eine serbische Familie, die einen Antrag auf Leistungen nach Sozialgesetzbuch II stellen will, wird von der Sachbearbeiterin am Schalter eines Berliner Jobcenters beleidigt: „Ich will deine Unterlagen nicht sehen. Ich will mit Zigeunern nichts zu tun haben.“ Als die betroffene Frau anfängt zu weinen, wird sie vom Sicherheitspersonal rausgeworfen. So steht es in der Broschüre der Dokumentationsstelle Antiziganismus (Dosta), die der Verein Amaro Foro am Dienstag vorstellte. Die Broschüre ist voll von Beispielen wie diesem. Seit fünf Jahren sammelt die vom Senat finanzierte Dokumentationsstelle Vorfälle und wertet sie aus. Eine der zentralen Erkenntnisse, die Amaro Foro daraus zieht: Antiziganismus, also Rassismus gegen Angehörige der Sinti und Roma beziehungsweise gegen Menschen, die als solche angesehen werden, begegnet den Betroffenen in allen Lebensbereichen. Und er kommt aus der Mitte der Gesellschaft, nicht nur von Rechtsradikalen…“
  • „Fünf Jahre DOSTA – Lebensrealitäten von Rom*nja in Berlin – 1. Oktober 2019, 14 Uhr, Bildungsforum gegen Antiziganismus“ externer Link war die Einladung des Amaro Foro zur Vorstellung der oben kommentierten Broschüre, die so begann: „„Gehen Sie weg, wir wollen mit solchen Leuten nichts zu tun haben.“ Für die in Berlin lebenden Rom*nja und Sinti*zze (und für dafür gehaltene Menschen) sind solche und ähnliche Äußerungen auch 2019 noch eine alltägliche Erfahrung. Antiziganistische und diskriminierende Vorfälle geschehen in Behörden, am Arbeitsplatz, auf dem Wohnungsmarkt, in Schule und Kindergärten ebenso wie in allen anderen Lebensbereichen. Amaro Foro e. V. dokumentiert seit 2014 antiziganistische Diskriminierungen, die Menschen mit selbst- oder fremdzugeschriebenem Roma-Hintergrund erfahren. Am 1. Oktober stellt die Dokumentationsstelle Antiziganismus (DOSTA) die Fallzahlen für das Jahr 2018 als Teil der Broschüre mit dem Titel „Fünf Jahre Dokumentation antiziganistischer und diskriminierender Vorfälle in Berlin: Ein Rückblick“ externer Link vor. Anlässlich des fünfjährigen Bestehens der Dokumentationsstelle wurden die zwischen 2014 und 2018 dokumentierten Diskriminierungsfälle neu ausgewertet. In Artikeln und Interviews zu Kontinuitäten des Antiziganismus in Deutschland werden auch institutionalisierte Formen von Antiziganismus analysiert: im Behördenhandeln, aber auch im Asyl- oder Sozialrecht…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=155330
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