Nach der Massenvertreibung von Roma in Duisburg wächst die Kritik – gerade auch am Internationalen Roma-Tag

Antiziganismus bekämpfen!Massive Kritik an der Zwangsräumung von vier Schrottimmobilien am vergangenen Mittwoch in Marxloh übt die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege. Was hier geschehen sei, bilde inzwischen die Regel aller Task-Force-Einsätze. Der Bevölkerung werde vorgegaukelt, dass die Stadt etwas tue. Tatsächlich aber komme es immer wieder vor, dass die Menschen – im aktuellen Fall 174 und fast ausschließlich aus Südosteuropa – von einem verkommenen Wohnort zum nächsten vertrieben werden. Anschließend gehe die Task Force ihres Weges, und die Sozialverwaltung und Wohlfahrtsverbände dürften die hinterlassenen Scherben zusammenkehren. (…) Auch die Grünen kritisieren die Zwangsräumungen scharf. Romeo Franz, Mitglied des Europäischen Parlaments, sieht darin den „Ausdruck menschenfeindlicher Politik“. Anstatt die Vermieter der maroden Gebäude zu belangen, seien die Bewohner seien regelgerecht verjagt worden. Nicht zum ersten Mal seien die Verantwortlichen der Stadt Duisburg „durch mutmaßlich willkürliche Maßnahmen dieser Art“ aufgefallen. Es liege nahe, einen antiziganistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund zu vermuten…“  – aus dem Beitrag „Noch mehr massive Kritik an Räumungen in Duisburg-Marxloh“ am 05. April 2019 in der WAZ externer Link, nachdem die erste Protestdemonstration bereits gemeldet worden war. Siehe dazu auch einen aktuellen Beitrag über Antiziganismus gerade in Duisburg, einen Kommentar zum Roma-Tag  und den Hinweis auf unseren ersten Beitrag zur Massenvertreibung:

  • „“Unbeliebteste Minderheit in Europa““ von Anna Ernst am 08. April 2019 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link über die Verhältnisse (nicht nur) in Duisburg-Marxloh, dem Ort der städtisch organisierten Vertreibung, worin unter anderem berichtet wird: „Vor allem in den Duisburger Stadtteilen Marxloh und Hochfeld siedeln sich viele mittellose Roma an, weil sie sich dort das Leben noch leisten können. Es sind Menschen ohne Arbeit, untergekommen in baufälligen Häusern. Für Großfamilien sind die Wohnungen meist zu klein, mitunter haben sie nicht einmal warmes Wasser oder Strom, skrupellose Vermieter verlangen Unsummen für ein paar Quadratmeter. Dazu komme oft Missbrauch der Sozialleistungen, sagt Stadtsprecherin Kopka: Migranten bekämen von ihren Ausbeutern fiktive Minijobs bescheinigt, um aufstockende Sozialleistungen zu beziehen. „In vielen Fällen wird den Menschen das so ,verdiente‘ Geld sofort wieder abgenommen“, sagt Kopka. Duisburg geht mit einer Taskforce gegen kriminelle Vermieter vor. 2018 hat die Stadt sechs Gebäude vollständig und eines teilweise geräumt. Seit einigen Tagen kleben auch an Türen an der Gillhausenstraße Behördensiegel. Die Migranten aber haben Angst, sie fürchten um ihr Obdach. Der Antiziganismus habe „eine Kontinuität, die sich in juristischen Normen, in politischen Handlungen, in der Berichterstattung und öffentlichen Wahrnehmung schon über Jahrhunderte spiegelt“, sagt Forscher Benz. Seit dem Spätmittelalter grenzte die bürgerliche Gesellschaft Sinti und Roma, ähnlich wie Juden, aus. Bestimmte Berufe durften sie nicht ausüben. „Sie wurden oft Kesselflicker, Korbmacher und zogen umher. Aber nicht, weil ihnen das Nomadisieren im Blut läge, sondern weil man ihnen keine Wohnungen gab“, erläutert Benz…“
  • „„Nicht nur wir Roma““ von Kenan Emini am 09. April 2019 in der taz externer Link hebt in seinem Kommentar zum „Roma-Tag“ hervor: „Rechte Bewegungen haben gerade überall Aufwind. Um davon abzulenken, dass sie für die tatsächlichen gesellschaftlichen Probleme keine Lösungen anzubieten haben, benutzen sie Roma immer wieder als Sündenböcke. Und das wirkt. Im vergangenen Jahr griffen gewalttätige rechtsextreme Milizen Roma in der Ukraine an und Italiens Innenminister Salvini plante einen Zensus der ethnischen Minderheit – eine Maßnahme, die an den Beginn der Verfolgungen in den 1930er Jahren erinnert. Regelmäßig kommt es innerhalb und außerhalb der EU zu Räumungen ganzer Siedlungen. Kürzlich haben in Pariser Vororten Jugendbanden Jagd auf Roma gemacht. Ausgelöst wurden sie von Fake News in sozialen Medien, in denen behauptet worden war, Roma hätten weiße Kinder entführt – ein jahrhundertealtes Stereotyp. Ein großes Problem ist, dass die systematische strukturelle Diskriminierung und Exklusion in vielen Ländern Ost- und Südosteuropas nicht als Asylgrund anerkannt werden. Völliges Desinteresse und Ignoranz auch seitens linker Politik haben dazu geführt, dass in Deutschland viele Roma nach wie vor ohne sicheren Aufenthalt leben und immer wieder abgeschoben werden…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=147215
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