Jugendzentren und besetzte Projekte: Im Kampf um das Recht auf die Stadt Berlin – und die polizeiliche Reaktion

Rigaer94 verteidigen!„… Die Polizei geht erneut mit einer eigenen Ermittlungsgruppe gegen Straftaten rund um die ehemals besetzten Häuser in der Rigaer Straße in Friedrichshain vor. Seit Anfang August ist die Gruppe „Nordkiez“ im Einsatz. Vergangene Woche hatte Innenstaatssekretär Torsten Ackmann (SPD) im Innenausschuss von der Einrichtung der Gruppe gesprochen – und gleich die Erwartungen gedämpft: „Aber es gibt keine schnellen und einfachen Lösungen.“ Bestätigt wird die Existenz der Gruppe nun in einer Antwort auf eine kleine Anfrage des FDP-Fraktionsvorsitzenden Sebastian Czaja. Angesiedelt ist sie in der Abteilung fünf des Landeskriminalamts (LKA), dem für politische Straftaten zuständigen Staatsschutz der Polizei. (…) Bereits im Juni 2016, als es nach einer illegalen Teilräumung der Rigaer 94 durch die Polizei zu einer Serie von Autobrandstiftungen gekommen war, hatte der damalige Innensenator Frank Henkel (CDU) eine eigene Ermittlungsgruppe Linx mit 14 Beamten eingerichtet. Deren größter Erfolg war die Festnahme eines Serien-Autobrandstifters. Ein Schlag gegen die linksradikale Szene war das allerdings nicht: „Ich wollte der linken Szene eine reindrücken“, sagte der festgenommene Marcel G. vor Gericht. Ihm sei es darum gegangen, den Linken die Brandstiftung „in die Schuhe zu schieben“, damit die Polizei dafür sorge, dass in der Rigaer Straße „endgültig Ruhe ist“. Mit Ende des SPD-CDU-Senats war es auch mit der EG Linx vorbei. Nun ist sie also unter neuem Namen wieder da...“aus dem Beitrag „Rigaer wieder im Polizei-Fokus“ von Erik Peter am 21. August 2019 in der taz online externer Link über den nächsten Angriff auf die BesetzerInnen-Bewegung. Siehe dazu zwei weitere Beiträge:

  • „Rigaer Straße 94 bedeutet Vorverurteilung“ von Tim Zülch am 19. August 2019 in neues deutschland online externer Link zu diesem besonderen polizeilichen Vorgehen: „… Der Anwalt von Marek M., Lukas Theune betont, dass die Polizei es offensichtlich darauf angelegt habe, Marek M. als Kriminellen darzustellen. So seien kurz nach dem Vorfall am 11. März 2018 Plakate der Polizei aufgehängt worden, auf denen von einem »Schwerverbrecher« die Rede war und Vorwürfe als bereits bewiesen dargestellt wurden. »Selbst die Nebenklage hat ja das Verhalten der Polizei und des polizeilichen Staatsschutzes als wenig hilfreich bezeichnet«, argumentiert der Anwalt. Zusammenfassend handele es sich um eine »polizeiliche Eskalationsstrategie«, so Theune. Er habe bereits öfter erfahren müssen, dass allein die Meldeadresse in der Rigaer Straße 94 ausreiche, um massiv gegen deren Bewohner vorzugehen. So berichtet er von einem Ladendiebstahl, den der Staatsschutz an sich zog, nur weil die mutmaßliche Diebin in der Rigaer Straße 94 gemeldet war. Letztlich wurde sie freigesprochen…“
  • „“Wir behalten die Schlüssel!”“ von Ida Klar am 16. August 2019 beim Untergrund-Blättle externer Link über Wirken und Bedeutung der Zentren und die Vorgeschichte der heutigen Auseinandersetzungen: „… Mit Drugstore und Potse müssen nun die ältesten autonomen Jugendzentren Platz machen für Büroräume und Co-Living. Noch haben sie die Schlüssel nicht abgegeben. Hier erklärt Ida Klar für die beiden Kollektive, warum sie sich wehren und wie sie entstanden sind: Am Anfang: das Drugstore ist aus dem Handdrugstore entstanden, welches Anfang der 70er in der Motzstrasse beheimatet war. Da der semi-kommerzielle Handdrugstore pleite ging und geschlossen werden musste, haben sich die Treber*innen (Jugendliche, die vor ihren Eltern oder aus dem Heim abgehauen sind) auf die Suche nach einem neuen Ort gemacht. Den haben sie dann in der Potsdamer Strasse 180 gefunden und den Verein SSB (Sozialpädagogische Sondermassnahmen Berlin) gegründet. Damals war das Gebäude noch in der Hand vom Senat, der sich darüber auch gefreut hat, dass Jugendliche das Jugendzentrum selbst in die Hand nehmen. Die Stadt hat damals also gerne die Miete, Strom und Wasserkosten übernommen. Ein Jahr später kam dann das Tommy-Weissbecker-Haus in der Wilhemstrasse 9 in Kreuzberg dazu, da die Jugendlichen festgestellt haben, dass Feiern und Wohnen auf einem Raum nicht wirklich gut klappt. Also haben sie kurzerhand das eigene Jugendzentrum besetzt und sich so das Tommyhaus erkämpft. Später kamen dann noch einige andere Projekte mit dazu, wie z.B, eine Autowerkstatt und ein Kinderferien- und Tagungshaus, aber jetzt sind nur noch das Tommyhaus und das Hausprojekt Mansteinstrasse in Schöneberg über. Im Jahre 1979 kam dann die Potse mit auf die Etage vom Drugstore. Nachdem es erstmal ein Schüler*innenladen war, übernahmen kurz darauf die Falken der SPD das Jugendzentrum Potse. Später dann haben sich die Punx den Laden genommen. In den 80ern verkaufte der Senat das Gebäude in der Potsdamer Strasse 180 für einen Spottpreis an die BVG, welche dann mehrere Male versuchte die Jugendzentren rauszuschmeissen und fortan schikanierte. Sie haben es sogar einmal geschafft das Drugstore für ein halbes Jahr aus den Räumen auszuschliessen, wegen angeblichen Elektromängeln. Zum Glück konnte das Drugstore daraufhin wieder in die eigenen Räume…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=153461
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