„Feuer frei!“ bei Taschenmesser – Polizeischüsse in der BRD werden immer häufiger und immer schneller…

Stoppt Polizeigewalt„… Zu dem Vorfall kam es, nachdem die Feuerwehr zu einem Brand auf einem Gelände mit einem leerstehenden Gebäude in der Wollenberger Straße in Alt-Hohenschönhausen gerufen wurde. Das Feuer konnte schnell gelöscht werden. Auf dem Gelände befanden sich nach Polizeiangeben vier Obdachlose, die aufgefordert wurden, das Gebäude zu verlassen. Drei Menschen folgten der Aufforderung. Der Vierte hatte ein Messer in der Hand, so die Polizei. Dieses habe er nicht fallen gelassen. Daraufhin habe die Polizistin den Schuss abgegeben. Der Mann wurde an der Schulter getroffen. Die Mordkommission ermittelt. Das sei in diesen Fällen üblich, sagte eine Sprecherin…“ – aus der Meldung „Mann durch Schuss aus Polizeipistole in Lichtenberg verletzt“ am 02. November 2019 bei Berlin online externer Link, an der vor allen Dingen zwei Tatsachen hervorzuheben sind: Zum einen, dass es nur die letzte einer ganzen Reihe von ähnlichen Meldungen ist, die in jüngster Zeit immer schneller aufeinander folgen; und zweitens, dass sich die von der Polizei angegebene Ausgangssituation ständig wiederholt: Es sind viele gegen einen, der sie offensichtlich alle bedroht – und in der Regel keine Schusswaffe hat, sondern ein Messer oder ähnliche Dinge, mit denen man jedenfalls keine Entfernungen überwinden kann. Geschossen wird trotzdem und immer schneller… Siehe dazu auch weitere aktuelle Beiträge über Polizeischüsse in den letzten Tagen, die das „Muster“ bestätigen und die wachsende Schießbereitschaft ebenfalls – sowie die „übliche“ polizeiliche Aufklärung – darüber, wie man etwa mit einem Taschenmesser vier Mann bedrohen kann…

  • „Mann stirbt nach Schuss durch Polizei in Recklinghausen“ am 31. Oktober 2019 beim WDR externer Link meldet – nicht aus Lichtenberg – lapidar: „… Die Polizei in Recklinghausen hat am Mittwochabend (30.10.2019) auf einen Mann geschossen. Er starb wenig später an seinen Verletzungen. Er soll mit einem Messer bewaffnet auf die Polizisten losgegangen sein. Anfangs sah es nach einem Routine-Einsatz für die Polizei aus. In der Leitstelle war ein Hilferuf eingegangen. Als die Polizisten eintrafen, kam ihnen der 45-jährige Mann mit einem Messer entgegen. Trotz mehrfacher Aufforderung soll er das Messer nicht aus der Hand gelegt haben. Daraufhin schoss ihm ein Polizist ins Bein. Der angeschossene Mann aus Recklinghausen starb später im Krankenhaus. Wie die Obduktion ergab, hatte die Kugel eine Arterie durchschlagen“.
  • „Mann mit Taschenmesser von der Polizei erschossen“ am 01. November 2019 bei T-Online externer Link meldet zu diesem Schuss: …  Ein Polizist hat nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf einen mit einem Messer bewaffneten Mann in Recklinghausen geschossen und ihn tödlich getroffen. Bei dem Schuss ins Bein wurde die Arterie des Mannes verletzt, wie die Staatsanwaltschaft Bochum am Donnerstag das Ergebnis der Obduktion mitteilte. Der Verletzte starb im Krankenhaus. Vier Polizisten waren den Angaben nach am Vorabend nach einem Hilfeersuchen zu einer Wohnung gefahren. Der Mann soll beim Erscheinen der Polizisten zu einem Messer gegriffen haben, nach ersten Angaben ein Taschenmesser. „Die Polizeibeamten sollen ihn mehrfach aufgefordert haben, das Messer wegzulegen. Stattdessen soll er sich energisch den Polizeibeamten mit dem Messer in der Hand genähert haben“, sagte Oberstaatsanwalt Paul Jansen. Trotz Warnung, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, sei der Mann weitergegangen“.
  • „45-Jähriger stirbt nach tödlichem Schuss – nun meldet sich seine Tochter zu Wort“ am 31. Oktober 2019 in der Recklinghäuser Zeitung online externer Link meldet noch dazu: „… Nach Angaben ihrer Stiefmutter, die mit dem 45-Jährigen zusammenlebte, hätte ihr Vater am Mittwochabend selbst die Polizei angerufen: „Das hat er vor einiger Zeit schon einmal gemacht, um Hilfe zu erhalten. Möglicherweise, so die Tochter, sei das erneut sein Anliegen gewesen. /Update, 31. Oktober, 15.56 Uhr: Wie der Bochumer Oberstaatsanwalt Paul Jansen nun bekanntgab, hat sich der Vorfall am Mittwochabend noch vor 22 Uhr in Hochlarmark auf der Westfalenstraße zugetragen. Nach aktuellen Erkenntnissen ging dem tödlichen Schuss kein Anruf wegen Ruhestörung, sondern ein Anruf wegen eines Hilfeersuchens voraus. Die Hintergründe hierzu sind bislang noch unklar. Aus Gründen des Hilfeersuchens rückten am Mittwochabend gleich vier Beamte zum Einsatzort aus. Als der Hochlarmarker die Polizisten bemerkte, bewaffnete er sich laut Jansen mit einem Messer und ist „energisch auf die Beamten zugegangen“. Daraufhin fiel der Schuss…“
  • „Finger am Abzug“ von Kristian Stemmler am 04. November 2019 in der jungen welt externer Link bilanziert die letzten Tage und ergänzt: „… Innerhalb weniger Tage sind in Deutschland mehrere Personen in Polizeieinsätzen getötet oder verletzt worden. In Rheinland-Pfalz und im schleswig-holsteinischen Lübeck wurden am Samstag nach Medienberichten zwei Menschen von Polizeibeamten erschossen. Bereits am Mittwoch hatte in Recklinghausen eine Polizeikugel einen Mann tödlich getroffen. Und in Berlin schoss eine Polizistin am Samstag einem Obdachlosen in die Schulter. Der Ablauf des Einsatzes am Samstag in Rheinland-Pfalz ist noch unklar. In dem Ort Hoppstädten-Weiersbach hatte eine Zeugin an einem Sportlerheim einen mit einer Axt bewaffneten Mann bemerkt und die Polizei verständigt, wie die dpa berichtete. Der Mann habe vermutlich eine Person mit der Axt bedroht und auf ein Auto eingeschlagen, sei dann in einem Waldstück verschwunden. Die Polizei suchte unter anderem mit einem Hubschrauber, am Abend wurde der Mann gesichtet. Er sei mit der Axt auf Tennisplätze zugelaufen, dann seien die tödlichen Schüsse gefallen. Näheres wurde nicht mitgeteilt. Ebenso unklar ist der Ablauf des Einsatzes in Lübeck. Dort starb ein 52 Jahre alter Mann aus dem Kreis Segeberg. Ein Vater hatte am Nachmittag die Polizei gerufen, nachdem er und seine Tochter im Stadtpark von einem bedrohlich wirkenden Mann angesprochen worden waren. Kurz darauf seien mehrere Schüsse gefallen, es sei von einem Schusswechsel zwischen Polizeibeamten und diesem Mann auszugehen, erklärte die Polizei laut dpa. Der Mann sei in der Nähe des Parks am Boden liegend gefunden worden und kurz darauf gestorben…“
  • „Polizeigewalt: Opfer-Täter-Umkehr wie aus dem Bilderbuch“ von Katja Thorwarth am 25. Oktober 2019 in der FR online externer Link macht dazu die „Aufklärungsarbeit“ der Polizei zu solchen Eriegnissen nochmals deutlich: „… Doch irgendetwas hatte die Beamten wohl getriggert, als der Mann mit einem Schlag ins Gesicht gegen die Wand geschleudert wurde. Er blieb reglos liegen, um mit einem „Schmerzreiz“ wieder in den Bewusstseinszustand überführt zu werden. Damit sollte ein Martyrium seinen Anfang nehmen, das verschiedene Medien seit drei Jahren aufbereiten, und das sich liest wie das Protokoll eines Häftlings aus einem russischen Knast. Die Staatsdiener, dem Schutz des Individuums verpflichtet, legten ihm Handschellen an, traten und schlugen ihn, ehe sie ihn in ein Polizeiauto verfrachteten und in Unterhose und T-Shirt wegsperrten. Und mit klatschnasser Kleidung aus dem Hinterausgang entließen. „Das ist ein Bild, was voller Scham ist. Ja, voller Schmerz und Gewalt“, wird der Mann zitiert.  Was hatte er sich zuschulden kommen lassen? „Das brauchst du doch, du dumme Schwuchtel“, soll die Aussage eines Polizisten laut Urteil des Landgerichts Köln gewesen sein, womit die Frage womöglich beantwortet ist. Denn wer sich das Geschehene vergegenwärtigt, könnte zu dem Schluss kommen, dass es sich hier um Homophobie in Uniform handelt, die in kollektivem Sadismus ihre Ausprägung fand. Und die als krimineller Akt zur Anklage gebracht gehört. Das ist bis heute nicht geschehen, im Gegenteil findet sich eine Opfer-Täter-Umkehr aus dem Bilderbuch. Bislang wurde der Fall zweimal vor Gericht verhandelt, und zweimal war das Opfer der Angeklagte…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156744
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