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Belgien verweigerte die Festnahme eines gewählten katalanischen Politikers – ein benachbarter Polizeistaat vollzog sie: Massenproteste vor BRD-Botschaft in Barcelona

Protest in Barcelona gegen Festnahmne Puigdemonts in der BRD 25.3.2018Nachdem alles in Katalonien am Wochenende so ablief, wie es Telepolis vorhergesagt hatte, also auch die dritte Amtseinführung eines Präsidenten durch Tricks der Justiz im Sinne der spanischen Regierung verhindert wurde, kam am Sonntag die Nachricht aus Deutschland, dass Carles Puigdemont dort festgenommen worden sei. Dem von Spanien über die Zwangsverwaltung abgesetzten Präsidenten der katalanischen Regierung wird von der Justiz in Madrid Rebellion und Veruntreuung von Geldern zur Durchführung eines Referendums vorgeworfen. Er hatte sich mit mehreren ehemaligen Ministern nach Belgien ins Exil begeben. Er ist nun am Sonntagvormittag bei der Einreise mit dem Auto von Dänemark nach Deutschland festgenommen worden. Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas hat per Twitter bestätigt, dass er bei der Einreise aus Dänemark festgenommen wurde, als er sich auf der Rückreise aus Finnland nach Belgien befand. Das Landeskriminalamt Kiel bestätigte derweil ebenfalls Berichte deutscher Medien. Spanische Medien verwiesen darauf, dass dies auf Basis einer Verfolgung – die Frage der Rechtmäßigkeit ist unklar – durch den spanischen Geheimdienst CNI möglich wurde. Der Geheimdienst habe seine Bewegungen kontrolliert, schreibt die große Zeitung El País, die gewöhnlich von den verschiedenen spanischen Geheimdiensten gut gefüttert wird. Nun hat in Schleswig-Holstein die dortige Generalstaatsanwaltschaft den Fall übernommen. „Herr Puigdemont befindet sich derzeit in polizeilichem Gewahrsam“, erklärte Vize-Generalstaatsanwalt Ralph Döppner. Derzeit werde geprüft, wie lange man Puigdemont auf Basis des europäischen Haftbefehls festhalten könne. Spanien kündigte an, alle nötigen Unterlagen nach Deutschland zu schicken. Ob die Informationen tatsächlich vom CNI stammten, sagte Döppner nicht. Er erklärte nur: „Wir hatten nur die Erkenntnisse, dass er sich in Deutschland aufhalten soll beziehungsweise einreist“ – aus dem Beitrag „Jagd auf Separatisten: Im Unterschied zu Belgien wurde Puigdemont in Deutschland festgenommen“ von Ralf Streck am 26. März 2018 bei telepolis externer Link, worin auch noch darauf verwiesen wird, dass belgische Politiker die Vorgehensweise der Regierung Rajoy in Madrid als „autoritären Franquismus“ bezeichnet hatten. Was in der BRD vermutlich eher Traditionen aufleben lässt… Siehe zur Festnahme Puigdemonts in der BRD – und den Reaktionen in Katalonien – vier weitere aktuelle Beiträge und eine Petition gegen die Auslieferung:

  • „Auslieferung wird geprüft“ am 26. März 2018 beim Deutschlandfunk externer Link ist die Meldung über den weiteren Fortgang des „Verfahrens“ und über erste Proteste in Barcelona, in der es unter anderem heißt: „Der in Deutschland festgenommene frühere katalanische Regionalregierungschef Puigdemont wird heute einem Amtsrichter vorgeführt. Laut Generalstaatsanwaltschaft soll zunächst seine Identität geprüft werden. Ob er in Auslieferungshaft genommen wird, entscheidet später das zuständige schleswig-holsteinische Oberlandesgericht. Es will zudem prüfen, ob eine Übergabe an die spanischen Behörden rechtlich zulässig wäre. In Barcelona demonstrierten gestern Abend zehntausende Menschen gegen die Festnahme Puigdemonts. Am Rande der Proteste kam es zu Ausschreitungen mit fast 100 Verletzten. Einige Demonstranten warfen Gegenstände, Polizisten setzten Schlagstöcke ein. Mindestens vier Personen wurden festgenommen. Der Protestmarsch hatte von der Vertretung der Europäischen Kommission zum deutschen Konsulat in Barcelona geführt“.
  • „Hundert Verletzte bei Demonstrationen für Puigdemont“ am 26. März 2018 bei Spiegel Online externer Link, worin berichtet wird: „92 Verletzte, darunter rund ein Dutzend Polizisten, zählten die Rettungskräfte allein in Barcelona, wo am Sonntagabend mehr als 50.000 Menschen auf die Straße gegangen waren, um gegen die Festnahme von Separatistenführer Carles Puigdemont in Deutschland zu demonstrieren. In Lleida, 150 Kilometer westlich von Barcelona, wurden sieben Menschen verletzt, in Tarragona im Süden Kataloniens mindestens einer. Der Präsident des katalanischen Parlaments, Roger Torrent, rief die Demonstranten im Regionalfernsehen zur Ruhe auf: „Ich habe keinen Zweifel, dass die katalanischen Bürger so handeln werden, wie sie es immer getan haben, auf gewaltlose Weise.“
  • „Tausende protestieren gegen Festnahme Puigdemonts“ am 26. März 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link über die Zusammenarbeit der Europäischen Geheimdienste für die rechte spanische Regierung: „Am Freitag reaktivierte das Oberste Gericht in Madrid dann den Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont. Puigdemont weilte an diesem Tag in Finnland, um an einer Konferenz teilzunehmen. Währenddessen stellte Spanien einen Antrag auf Festnahme des abgesetzten Regionalpräsidenten. Finnland erklärte sich bereit, Puigdemont zu verhaften. Allerdings war dieser nicht auffindbar. Puigdemonts Sprecher sagte, der Politiker sei auf dem Weg nach Belgien gewesen, um sich dort, wie schon bislang, für Belgiens Justiz zur Verfügung zu halten. Laut einem Bericht der Kieler Nachrichten hatten die finnischen Sicherheitsbehörden das Bundeskriminalamt (BKA) über die Abreise Puigdemonts informiert. Das BKA habe dann den entscheidenden Hinweis an das Landeskriminalamt in Schleswig-Holstein gegeben. Nach Focus-Informationen hatte auch der spanische Geheimdienst Puigdemont die ganze Zeit im Visier und alarmierte das BKA über dessen Reisepläne“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129811
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