Ist politischer Protest bald eine Frage des Einkommens? In Rostock und Mainz sollen Aktivist*innen für Sitzblockaden zahlen

Demonstrationsrecht verteidigen! Bundesweiter Grundrechte-Kongress am Samstag, 7. Oktober 2017 in DüsseldorfNora von Gaertner soll zahlen, weil sie sitzenblieb. In den Morgenstunden des 11. Mais 2016 nahm die 28-Jährige zusammen mit rund 20 weiteren Aktivist*innen an einer Sitzblockade gegen eine Sammelabschiebung von Geflüchteten am Flughafen Rostock-Laage teil. Die Aktivist*innen setzten sich auf die Straße und blockierten die Zufahrt zum Flughafen. Nach wenigen Minuten wurden sie von der Polizei weggetragen und erhielten Platzverweise. So weit, so normal. Allerdings: Auf den Protest folgte die Rechnung. Das Polizeipräsidium Rostock stellte den Blockade-Teilnehmer*innen Gebührenbescheide über 126 Euro für das Wegtragen aus. (…) Die Aktivist*innen legten Widerspruch ein und klagten gegen die Gebührenbescheide. Im Februar 2018 landete der Fall vor dem Schweriner Verwaltungsgericht. Dort wurden die Gebühren wegen fehlender Aufschlüsselung der Kostenzusammensetzung herabgesetzt, die Erhebung aber grundsätzlich als zulässig erachtet. Lediglich die Gebührenbescheide von zwei Aktivist*innen wurden zurückgezogen, da in dem Polizeivideo nicht zu sehen ist, wie sie weggetragen wurden. Von Gaertner betont, dass es ihr mit der Klage nicht um die Höhe der Kosten, sondern um eine grundsätzliche Diskussion geht: um Demonstrations- und Versammlungsrechte sowie um das Recht der freien Meinungsäußerung. »Die Kostenübertragung sendet ein fatales Signal, nämlich, dass man für Polizeieinsätze zahlen muss, wenn man sich politisch engagiert«, meint die antirassistische Aktivistin. »Ich kann mir vorstellen, dass sich Menschen nicht mehr an Protesten beteiligen, wenn sie in Zukunft Gefahr laufen, für Polizeieinsätze aufkommen zu müssen.« Daher wolle sie das Urteil nicht akzeptieren. Am Sonntag erklärten die Aktivist*innen, die im antirassistischen Netzwerk »Rostock Hilft« aktiv sind, in Berufung zu gehen. Derweil sollen auch in Mainz linke Aktivist*innen für einen Polizeieinsatz zahlen…“ Artikel von Niklas Franzen vom 29.04.2018 beim ND online externer Link

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