[Rezension] Patrice Poutrus: „Umkämpftes Asyl“ – Der lange Schatten der Asyldebatte

26. Mai 1993: Änderung des Grundrechts auf Asyl - Pro Asyl„… „Der Komplex Flüchtlings- und Asylpolitik war von Beginn an mit fundamentalen Fragen nach den politisch-moralischen Grundlagen der deutschen Gesellschaft verbunden“, schreibt Patrice Poutrus. (…) Poutrus verfolgt auf knappem Raum die großen Linien dieser Kontroversen: Die Auseinandersetzungen des Parlamentarischen Rates im Jahr 1948, die Diskussionen über die Aufnahme kommunistischer Flüchtlinge in den 1950er-Jahren, der Streit um den Umgang mit politisch Verfolgten aus Chile, die vor der Diktatur Pinochets geflohen waren, bis zur Aufnahme der vietnamesischen Boat-People und dem asylpolitischen Streit in der jungen Berliner Republik Anfang der 1990er-Jahre. (…) Der Begriff der „Flüchtlingskrise“ ist dabei so falsch wie hässlich. Denn so sehr das mancher im Augenblick auch herbeischreit: Deutschland ist in der Flüchtlingsfrage – anders als es die abendländischen Untergangsszenarien beschwören – nicht der Nabel der Welt. (…) „Wer humanitäre Hilfeleistungen offen denunziert, die Menschenrechte suspendiert sehen will und somit die normativen Grundlagen der Demokratie angreift, der will einen vermeintlich völkisch-reinen Ursprungszustand nicht einfach nur wiederherstellen. […] Letztlich zielen ihre Forderungen auf einen Abbau des liberalen Rechtsstaates und auf das Ende der offenen Gesellschaft. Denn mehr noch als in den Flüchtlingen und Asylsuchenden selbst, sehen sie in der Pluralität eine Gefahr für ihr utopisches Gesellschaftsideal der reinen Abstammungsgemeinschaft, die sich ‚Volk‘ nennt. Dabei ist es besonders problematisch für die Stabilität der Bundesrepublik, dass die Vertreter dieser nationalkonservativen beziehungsweise völkisch-reaktionären Politik zu großer Zahl in den staatlichen Institutionen sitzen, und dass sie umstandslos bereit sind, mit autoritären und diktatorischen Regimen in Europa und darüber hinaus zu kooperieren.“ Recht hat er. Und wer diese Deutungsschlachten führen und besser verstehen will, der sollte dieses Buch lesen.“ Rezension von Dietmar Süß beim Deutschlandfunk Kultur vom 17. August 2019 externer Link Audio Datei (Audiolänge: ca. 8:30 Min., abrufbar bis 19. Januar 2038) – „Umkämpftes Asyl“ von Patrice Poutrus erschien 2019 im Ch. Links Verlag zum Preis 12,99 Euro (248 Seiten)

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