Programmierte Ausweisung: Dazu dienen Computerprogramme, die Sprachgutachten erstellen

[Buch] Kritik des Computers. Der Kapitalismus und die Digitalisierung des SozialenDiese Sprachgutachten, unabhängig davon ob sie von Menschen oder Maschinen stammen, bergen einige Probleme. Den Analysen liegen Sprachproben zu Grunde, die aus Gesprächen mit DolmetscherInnen stammen. Befragte passen dabei mitunter ihre Sprechweise derjenigen der DolmetscherInnen an. Zum einen liegt das an der formalen Situation. Es ist nicht schwer, an eigene Beispiele zu denken, bei denen eine Person im Dialog – beispielsweise mit BehördenvertreterInnen – versucht, ihren Heimatdialekt zu unterdrücken. Zudem erfolgt eine Akkomodation an die Hochsprache bei GesprächspartnerInnen, wenn diese einen anderen Dialekt sprechen, gerade bei seltenen Dialekten ist das zu erwarten. Darüber hinaus sind Interviewausschnitte mitunter zu kurz, um aussagekräftige Bewertungen zu erstellen. Im Falle eines menschlichen Gutachters lässt sich auch die Qualifikation der Begutachtenden nicht überprüfen, da das BAMF ihre Identität unter Verschluss hält. Die Vielfalt der Sprachen und Dialekte im arabischen Raum ist groß, in Syrien allein verzeichneten die Linguisten Gary F. Simons und Charles D. Fenning 18 aktiv gesprochene Sprachen und unzählige zugehörige regionale Dialekte. Ein Mensch braucht dafür ein tiefes Fachwissen, nicht für jede Region sind muttersprachliche GutachterInnen oder solche, die sich für längere Zeit in einer Region aufgehalten haben, verfügbar. Ein Computer hingegen benötigt eine riesige Datenbasis, um die Unterschiede zu lernen, also genügend Beispiele“ – aus dem Beitrag „Digitalisierte Migrationskontrolle: Wenn Technik über Asyl entscheidet“ von Anna Biselli in Cilip 114 vom 23. November 2017 externer Link, ein umfassender Artikel über die in diesem Zusammenhang serienweise auftretenden Erleichterungen für repressive Maßnahmen durch maschinelle Anti-Flüchtlingsbarrieren. Siehe dazu auch:

  • Digitalisierte Migrationskontrolle: Wenn Technik über Asyl entscheidet
    Sprachanalyse-Software, Fingerabdruckabgleich und Handydatenauswertung – das sind nur einige Maßnahmen, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den letzten Monaten eingeführt hat. Asylverfahren werden digital, die Entscheidungen über menschliche Schicksale zunehmend Maschinen überlassen…“ Beitrag von Anna Biselli vom 24.11.2017 bei Netzpolitik externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=124501
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