Streit um Bremer Bamf-Außenstelle: Ulrike B. verdient Auszeichnungen – Die deutsche Asylpolitik ist für Tausende von ertrunkenen Flüchtlingen mitverantwortlich. Was ist falsch daran, sich dieser Politik nicht zu unterwerfen?

Dossier

Corasol: Flucht ist kein Verbrechen - Asylgesetzverschärfung stoppen!„… Der Hauptvorwurf an die Bamf-Außenstelle Bremen lautet folgendermaßen: Zwischen 2013 und 2016 sollen Mitarbeiter dort mindestens 1.200 Menschen ohne ausreichende rechtliche Grundlage Asyl gewährt haben. Potzblitz! Gegen die ehemalige Chefin Ulrike B. wird inzwischen wegen des Verdachts bandenmäßiger Verleitung zu missbräuchlicher Asylantragstellung ermittelt. Sounds german. Angeblich sei auch Geld geflossen. Josefa Schmid verdächtigt sogar gleich das ganze Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Es bestehe „der Verdacht, dass auch die Zentrale selbst in die Angelegenheit verstrickt sein könnte“. Ein deutsches Ministerium als heimlicher Fluchthelfer? Eine Ungeheuerlichkeit in den Augen vieler. So weit, so rechtsstaatlich. Bleibt die Frage: Warum ist Ulrike B. nicht längst für diverse Menschrechtspreise nominiert? Oder wenigstens für das Bundesverdienstkreuz? Es gibt doch auch bestimmt noch jede Menge zweifelhafte Straßennamen, die man nach ihr umbenennen könnte. Denn was ist falsch daran, in einem System, welches ganz aktiv mitverantwortlich für mindestens 3.000 ertrunkene Flüchtlinge allein im Jahr 2017 ist, etwas an den Rädchen zu drehen? Ist es nicht sogar die Pflicht eines jeden Humanisten, Menschen zur Freiheit zu verhelfen? Oder wie es John Milton, englischer Dichter und Staatsbediensteter, ausdrückte: „Nur gute Menschen können die Freiheit wahrhaft lieben; die anderen lieben nicht die Freiheit, sondern die amtliche Genehmigung.“…“ Beitrag von Juri Sternburg vom 24. Mai 2018 bei der taz online externer Link – wir schliessen uns an! Siehe dazu:

  • [Spendenkampagne] Solidarität mit Ulrike B. / Nach dem Bamf-Skandal: Ermittlung gegen Staatsanwälte New
    • [Spendenkampagne] Solidarität mit Ulrike B.
      Der angebliche Bremer „BAMF-Skandal“ bildete 2018 die Begleitmusik zur Verschlechterung des Asylrechts und zur Ablösung der Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Leiterin der Bremer Außenstelle wurde mit unbegründeten Vorwürfen verunglimpft und ihres Amtes enthoben. Am Ende des Verfahrens soll die Geschädigte nun auch noch 10.000 Euro dafür bezahlen, dass sie Opfer einer Intrige von Asylgegnern wurde, die wahrscheinlich aus dem Bundesinnenministerium gesteuert wurde. Deshalb wird hier gesammelt, damit die Betroffene dieses Geld nicht selbst aufbringen muss. Sollte ein höherer Betrag zusammenkommen, wird der Überschuss zugunsten von gemeinnützigen Organisationen in der Flüchtlingsarbeit verwendet.“ Spendenkampagne vom 30.4.21 bei betterplace externer Link
    • Nach dem Bamf-Skandal: Ermittlung gegen Staatsanwälte – Während der Ermittlungen gegen die Bremer Bamf-Leiterin hat die Staatsanwaltschaft sexistische Gerüchte über sie lanciert. Der Chef war mit dabei
      „Gegen den Leiter der Bremer Staatsanwaltschaft Janhenning Kuhn wird strafrechtlich ermittelt. Außer ihm werden auch eine Oberstaatsanwältin, Claudia H., der Dezernent mit dem tragischen Namen „Johannes F.“, der die Anklageschrift im Bamf-Verfahren federführend verfasst hatte, sowie der Pressesprecher der Ermittlungsbehörde, Frank P. als Beschuldigte geführt im Verfahren mit dem schönen Aktenzeichen 1 Js 1/21. Der Schrägstrich wird von Jurist*innen als „aus“ gelesen: Es ist der erste Fall im Jahr 21, in dem die Generalstaatsanwältin, Kirsten Graalmann-Scheerer und ihr kleiner Stab ermitteln. (…) Denn kurz vor dem Auftakt des Prozesses über die Vorgänge an der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vorm Landgericht Mitte April war endlich herausgekommen, wer im März 2019 an einem rechtswidrigen Gespräch mit einem „Zeit online“-Journalisten teilgenommen hatte. Bei dem Gespräch war die ehemalige Bremer Bamf-Leiterin Ulrike B. vorverurteilt und durch ehrenrührige Geschichtchen diffamiert worden. Anonym. Trotzdem wurden sie dann von „Zeit online“ ohne Gegenprobe in die Welt geblasen und von Agenturen, Verlaufsmedien und Qualitätspresse ebenso ungeprüft vervielfältigt. Dass der „Zeit online“-Journalist so bedingungslos seiner Quelle traute, ist nachvollziehbar: Kuhn höchstselbst, der Leitende Oberstaatsanwalt, also Chef der Ermittlungsbehörde, war damals mit von der Partie gewesen. (…) Als weisungsbefugter Chef der Staatsanwaltschaft kann Kuhn den Umfang der Recherchen seiner Dezernent*innen steuern und auch ihr Ende erzwingen. Zwar muss sich auch ein Staatsanwalt nicht selbst belasten. Wer allerdings verhindert, dass ein anderer für seine Missetaten durch die Justiz belangt wird, macht sich strafbar. „Die strafrechtlichen Ermittlungen sind massiv verschleppt worden“, so der Vorwurf von Ulrike B.’s Anwalt Johannes Eisenberg. (…) Mit ihren Äußerungen hatten die beteiligten Staatsanwälte laut Verwaltungsgericht „unzulässig in die Privatsphäre“ von Ulrike B. eingegriffen und sie unzulässig vorverurteilt. So hatten sie dem Journalisten gegenüber geprahlt, über „zahlreiche Beweise für eine kriminell kollusive Zusammenarbeit“ zu verfügen und von einer unabwendbaren Haftstrafe geraunt. Insgesamt ging es beim Gespräch laut Verwaltungsgericht darum, „ein ehrenrühriges Bild“ von Ulrike B. zu entwerfen. Demzufolge hätte sie ihre Amtspflichten verletzt, „um einem der beteiligten Anwälte zu gefallen, ohne dass er ihre Zuneigung erwiderte.“ Der plumpe Sexismus dieser Story macht noch immer sprachlos. (…) Generalstaatsanwältin Graalmann-Scheerer rechnet mit einem Ergebnis der Ermittlungen „hoffentlich noch diesen Sommer“, wie sie der taz erklärt.“ Artikel von Benno Schirrmeister vom 3. Mai 2021 in der taz online externer Link
  • Was vom Bamf-Skandal übrig blieb 
    Die Bremer Affäre um angeblich betrügerische Asylanträge erschütterte 2018 die Republik und führte zum Umbau der Zentrale in Nürnberg. Nun beginnt ein vergleichsweise winziger Strafprozess.  (…) An diesem Donnerstag beginnt vor dem Bremer Landgericht das Verfahren, das den sogenannten Bamf-Skandal rechtlich aufarbeiten soll. Von ursprünglich sechs Beschuldigten sind zwei Angeklagte übriggeblieben. Ulrike B., ehemals Chefin der Bremer Bamf-Außenstelle, und der Hildesheimer Rechtsanwalt Irfan C. Eigentlich hatte die Staatsanwaltschaft drei Personen angeklagt und von 121 Straftaten gesprochen, doch das Landgericht Bremen ließ im November 2020 nur einen Bruchteil davon zu und wies die dritte Anklage gegen einen weiteren Anwalt komplett ab...“ Artikel von Ralf Wiegand vom 14. April 2021 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link – siehe dazu:

    • Der Bremer BAMF-Skandal wird ab heute NICHT vor dem LG Bremen verhandelt
      Fast drei Jahre nachdem auf allen Kanälen vom großen „BAMF-Skandal“ die Rede war, ein Thema, das vom April bis zum Herbst 2018 die Nachrichtenlage (mit)bestimmte, beginnt heute vor dem LG Bremen eine Hauptverhandlung gegen zwei Angeklagte. Diese wird sich aber nicht mit dem BAMF-Skandal befassen, sondern mit einigen Vorwürfen der Dienstgeheimnis-Verletzung, mit zwei angeblich für eine Beamtin bezahlten Hotelrechnungen (Vorteilsannahme/Vorteilsgewährung, Gesamtbetrag: 130 Euro), mit dem Vorwurf der Fälschung beweiserheblicher Daten, mit rechtsanwaltlicher Unterstützung beim illegalen Aufenthalt in ein paar Fällen. Das sind zwar allesamt tatsächlich strafrechtliche Vorwürfe, aber nicht solche, die unter normalen Umständen mehr als eine Meldung in der Lokalpresse verursachen würden. Und Hinweise auf Unregelmäßigkeiten, die ein (längst eingeleitetes) Disziplinarverfahren rechtfertigten, das schon. Aber kein großer Korruptionsskandal, nirgends. Und keine bandenmäßigen Machenschaften, die zum illegalen Aufenthalt tausender Geflüchteter geführt hätten. Der eigentliche BAMF-Skandal, den ich an anderer Stelle im Beck-Blog über viele Monate nachverfolgt habe externer Link, wird dagegen heute nicht vor dem LG Bremen verhandelt. Das ist einerseits der Skandal der Medienberichterstattung und andererseits der Skandal der Strafverfolgung. Der Skandal der Medienberichterstattung bestand darin, dass hier voreilig rufschädigende Sachverhalte als Ergebnisse journalistischer Recherche verkauft wurden…“ Meldung  von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 15.04.2021 im Blog der beck-community externer Link
  • Wende im Bremer „Bamf-Skandal“: Ermittlungsgruppe soll Entlastungsmaterial im Fall Bremen unterdrückt haben.
    „Zuvor war bereits bekannt geworden, dass das Landgericht Bremen von 121 angeklagten Fällen nur etwa 20 zur Hauptverhandlung zugelassen hat. Bei den zurückgewiesenen hundert Fällen sah die Strafkammer keinen hinreichenden Tatverdacht. Anfangs waren die Ermittler:innen von 1200 womöglich rechtswidrigen Asylbescheiden aus den Jahren 2013 bis 2016 ausgegangen. Doch später hätten sich die meisten Verdachtsfälle als rechtmäßig herausgestellt, schreibt der anonyme Hinweisgeber laut NDR und SZ in einem Brief an das Landgericht. Daher habe sich in der Ermittlungsgruppe Verzweiflung breitgemacht. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft sei die EG dazu übergegangen, ehemalige Asylsuchende persönlich zu befragen, um vielleicht dadurch „zu belastenden Sachverhalten zu kommen“. Außerdem seien entlastende Mails der Hauptbeschuldigten Ulrike B. absichtlich nicht zu den Akten genommen worden. Der Informant soll ferner behauptet haben, dass sich die EG auf türkischstämmige Anwälte konzentriert habe, obwohl auch deutsche Kanzleien involviert gewesen seien. Daher habe er die Frage nach rassistischen Motiven aufgeworfen. (…) Eine Verteidigerin von Ulrike B., Lea Voigt, kritisierte laut NDR und SZ, dass nun ausgerechnet die Bremer Staatsanwaltschaft gegen die EG ermittele. Dafür sei sie „denkbar ungeeignet“. Sprecher Passade sagte dazu, in Flächenstaaten könnten auswärtige Staatsanwaltschaften solche Ermittlungen übernehmen – in einem Stadtstaat aber nicht. Der Verteidiger des mitangeklagten Anwalts Irfan C., Henning Sonnenberg, kritisierte, dass die Ermittlungen „in höchstem Maße unfair“ gewesen seien. Im Vorfeld seien Täter markiert worden und anschließend die Taten gesucht worden, die man ihnen „anhängen“ könne. Der Bremer Flüchtlingsrat kommentierte, der behauptete Bamf-Skandal habe sich „vollständig in Nichts aufgelöst – es gab ihn nur als Kampagne gegen das Recht auf Asyl für Verfolgte“…“ Artikel von Eckhard Stengel vom 11. November 2020 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • BAMF-Prozess: »Die Bremer ›Affäre‹ ist objektiv benutzt worden«. Prozess um angeblich unrechtmäßige Asylbescheide: Verteidiger spricht von Vorverurteilung 
    „[Im April 2018 sorgte der »BAMF-Skandal« für Schlagzeilen. Die frühere Leiterin der Außenstelle Bremen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, die Sie vertreten, wurde beschuldigt, in rund 1.200 Fällen Asylsuchenden unrechtmäßig einen Aufenthaltsstatus verschafft zu haben. Bild sprach von »unfassbarem Asylbetrug« und »Saustall BAMF«. Viel blieb davon nicht übrig, oder?] Nein. Als im August 2019 die Staatsanwaltschaft Bremen Anklage gegen meine Mandantin und zwei weitere Personen erhob, waren noch 121 Fälle übrig, in denen die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Relevanz zu erkennen meint. Die zuständige Kammer des Bremer Landgerichts sitzt seitdem über dem Vorgang und denkt nach, ob sie Anklage eröffnen soll oder nicht, ob die Anhaltspunkte ausreichen, um eine Hauptverhandlung durchzuführen. [Ist das nicht eine sehr lange Zeit?] Ja, natürlich. Aber das hängt damit zusammen, dass das BAMF sich bis heute weigert, die Akten zu den Vorgängen herauszugeben, um die es in der Anklage geht. Nur wenn man die konkreten Sachverhalte kennt, lässt sich überhaupt beurteilen, ob ein staatlicher Strafanspruch gegen meine Mandantin besteht. Wir müssen diese Akten sehen, um dies aus den tatsächlichen und rechtlichen Umständen der jeweiligen Fälle ableiten zu können. (…) Uns wurde mit immer neuen Volten und Ausreden die Einsicht verweigert, zum Beispiel wegen des Datenschutzes. Mir ist es durch Hartnäckigkeit schließlich gelungen, dass eine Akte herausgerückt wurde. Aus der ergab sich, dass das Verwaltungsgericht Hannover schon im November 2019 feststellte, dass der angeblich strafwürdige Bescheid der Außenstelle rechtmäßig war. Das hat – nach unserer Kenntnis – weder die Staatsanwaltschaft erfahren noch das Gericht. Wir vermuten nun, dass es sich in den meisten anderen angeklagten Fällen auch so verhält. Oder dass das BAMF in manchen Fällen gar nicht versucht hat, Bescheide zu widerrufen. Das hieße, dass meine Mandantin für rechtmäßige Bescheide strafrechtlich verfolgt würde. (…) Ich frage mich, warum das Gericht nicht einfach sagt: Wir verlassen uns nicht auf das BAMF, die Staatsanwaltschaft oder die Polizei, sondern beschlagnahmen endlich die Akten, und zwar vollständig und ohne jede Filterung, sehen sie durch und lassen die Verteidigung sie durchsehen. Schließlich sind wir durch unsere Mandantin besonders geeignet, die wirklich komplizierte Rechtslage zu beurteilen. Was sich jetzt schon festhalten lässt: Meine Mandantin ist von ihrem Dienstherrn vorverurteilt worden, von Bundesinnenminister Horst Seehofer, CSU, und seinem Staatssekretär Stephan Mayer. Die Staatsanwaltschaft hat sie durch ihre Pressearbeit ebenfalls vorverurteilt. Beides hat das Verwaltungsgericht Bremen im Nachhinein untersagt. Und sie ist bislang vom Dienstherrn bei dem sehr belastenden Verfahren nicht unterstützt worden, trotz der bestehenden Fürsorgepflicht…“ Interview von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom vom 05.11.2020 externer Link mit Johannes Eisenberg – Rechtsanwalt Johannes Eisenberg vertritt die frühere Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle, Urike Bremermann
  • »BAMF-Skandal«: Unschuldsvermutung gilt – Anklageerhebung gegen Exchefin der Bremer BAMF-Außenstelle 
    „Die Staatsanwaltschaft Bremen hat Anklage gegen die frühere Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Ulrike B., und zwei Rechtsanwälte erhoben. Die Vorwürfe lauten auf Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung sowie Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt. Die Beamtin wird zudem der Korruption beschuldigt. Sie soll auf Anwaltskosten in einem Hotel übernachtet haben. Die mitangeklagten Anwälte sollen bei der Verleitung zum Asylmissbrauch »gewerbsmäßig« gehandelt haben. Nach Ansicht ihrer Verteidiger ist dies absurd, da ihren Mandanten letztlich vorgeworfen würde, für ihre rechtsanwaltliche Tätigkeit Honorare in Rechnung gestellt zu haben. Die Ermittlungen zum angeblichen »Bremer BAMF-Skandal« wurden mit einem unglaublichen Personal-, Zeit- und Arbeitsaufwand geführt. Dass es vor diesem Hintergrund zur Anklageerhebung kommen würde, war abzusehen – auch wenn von den ursprünglichen Vorwürfen und zum Teil hysterischen Anschuldigungen nur noch wenig übriggeblieben ist. (…) Fakt ist: In allen BAMF-Außenstellen wurden in den Jahren 2015/2016 wegen der von Unions-Innenministern zu verantwortenden massiven Unterausstattung der Behörde Fehler gemacht, so auch in Bremen. Inwieweit dabei Vorsatz im Spiel war, muss nun das Gericht klären. Für Ulrike B. und ihre Mitangeklagten gilt dabei die Unschuldsvermutung. Sie können sich gegen die Anschuldigungen nun endlich konkret zur Wehr setzen. Schon jetzt aber ist klar: Ulrike B. wurde für ihre humanitäre Grundhaltung kriminalisiert und diszipliniert. Schaden genommen hat dabei die deutsche Asylpolitik insgesamt. Denn vorhandene Vorurteile gegenüber Flüchtlingen wurden durch die Art und Weise der Skandalisierung massiv gefördert. Gestärkt wurden damit radikale rechte Parteien.“ Beitrag von Ulla Jelpke bei der jungen Welt vom 19. September 2019 externer Link

    • Anm.: Hier ist zu beachten, dass die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden ist. Der politische Hintergrund solcher Anweisungen ist klar: Man will sich nicht völlig blamieren nachdem man zunächst ein riesiges Fass an Unterstellung und Hetze aufgemacht hat. Soweit bisher ersichtlich, hat die Staatsanwaltschaft jedoch vor allem nach Mängeln in der Antragsstellung gesucht und versucht nun – völlig anders als bei rechtswidriger Ablehnung übrigens – daraus ein bewusstes, strafrechtliches Verhalten von Ulrike B. zu basteln. Ebenso sollen die Rechtsanwälte wegen ihrer völlig legalen Interessenvertretung ihrer Mandanten belangt werden – ein rechtstaatliches Kuriosum, besonders wenn man berücksichtig, dass sogar eine Rechtsvertretung des massenhaften Betruges von VW beim Verkauf von Dieselfahrzeugen mit einem Richterposten bei Bundesverfassungsgericht belohnt wurde.
  • Heiße Luft – Es habe in Bremen massenhaft Asylbetrug gegeben, hieß es vor einem Jahr. Nun fallen die [endgültig] Vorwürfe in sich zusammen 
    „Die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wurde für einige Monate dichtgemacht, in Nürnberg musste Bamf-Chefin Jutta Cordt zurücktreten, zwei Prüfkommissionen wurden eingerichtet, Bundesinnenminister Horst Seehofer, CSU, geriet enorm unter Druck. Doch was vor einem guten Jahr als riesiger bundesweiter Asylskandal begann und die Republik erschütterte, fällt in sich zusammen, je länger und genauer die Justiz ermittelt. Vom Vorwurf des massenhaften Asylmissbrauchs und der Komplizenschaft, genauer gesagt der „bandenmäßigen Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung“, bleibt nichts übrig. Im Gegenteil, die Hauptbeschuldigten haben rechtmäßig gehandelt. Das jedenfalls haben ihnen die Verwaltungsgerichte Hannover und Minden inzwischen mehrfach bescheinigt, die Urteile liegen der ZEIT vor. (…) Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen der Überprüfung im Bamf beträgt die Fehlerquote der Bremer Entscheidungen lediglich etwa ein Prozent. So stand es im März in einer schriftlichen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke. Damit hat die Bremer Filiale weit besser gearbeitet als viele andere Außenstellen. Mehr noch: Nach diesen rund 12.000 Aktenüberprüfungen hat die Zentrale in Nürnberg lediglich 28 positive Asylbescheide zurückgenommen und korrigiert, weil sie ihrer Meinung nach rechtswidrig waren. (…) Kurzum: Ulrike B. und Irfan C. haben nach Recht und Gesetz gehandelt. Warum die Staatsanwaltschaft Bremen dennoch weiterermittelt und wahrscheinlich anklagen wird, bleibt einstweilen ihr Geheimnis.“ Artikel von Martin Klingst vom 14. August 2019 bei der Zeit online externer Link – Warum die Staatsanwaltschaft Bremen da immer noch weitermacht, ist kein Geheimnis. Sie ist weisungsgebunden, was nicht zuletzt der EuGH sehr kritisch sieht.
  • Medien: Die Asyl-Skandalisierer 
    „Der vermeintliche Bamf-„Skandal“ ist das Musterbeispiel: Selbst linksliberale Journalisten beteiligen sich an Skandalisierung und Panikmache, sobald es um Geflüchtete geht. Und driften ab in eine so falsche wie rechtslastige Berichterstattung. (…) Der Bremer Asylskandal wurde zur medialen Tatsache und nachfolgend zum Brandbeschleuniger in der gesamten Flüchtlings- und Migrations-Debatte“, sagte der Anwalt Henning Sonnenberg, der einen der derzeit neun Beschuldigten vertritt, bereits im vergangenen Herbst. Ein Opfer der Brandbeschleunigung war Jutta Cordt: Am 13. Juni 2018 setzte Innenminister Horst Seehofer sie von ihrem Posten als Präsidentin des Bamf ab – wegen ihrer vermeintlichen Mitverantwortung für Vorfälle, die nach heutigem Stand nicht einmal annähernd in dem einst angenommenen Umfang stattgefunden haben. (…) Interessanter ist aber noch eine andere Frage: Wie sehr haben die beteiligten Journalisten gewollt, dass die skandalösen Vorgänge, die sie als möglich beschrieben haben, wirklich stattgefunden haben? Man kann die anfängliche Berichterstattung über die Bremer Bamf-Außenstelle durchaus als ein Symptom sehen für jüngere Entwicklungen im Milieu des linksliberalen Journalismus. Wann immer im Raum steht, es gebe zu viele positive Asylrechtsbescheide oder es werde nicht genug oder nicht effizient genug abgeschoben, stehen linksliberale Journalisten Gewehr bei Fuß. (…) Ja, es gab in den vergangenen Monaten Artikel beispielsweise darüber, dass ein Teil der deutschen Flüchtlingspolitik in der Unterstützung libyscher Folterknechte besteht. Verglichen mit der Berichterstattung über vermeintlich kriminelle Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge fällt die Anzahl der Beiträge aber sehr gering aus.“ Beitrag von René Martens vom 5. Juni 2019 ain der Kontext: Wochenzeitung externer Link
  • 43.000 Fälle überprüft: Nur wenige Flüchtlinge haben Bleiberecht erschlichen – Von wegen Skandal 
    „Dem Bundesamt für Migration wird vorgeworfen, viele Asylanträge zu Unrecht bewilligt zu haben. Die Prüfung Zehntausender Fälle ergab nun: Mehr als 99 Prozent der Migranten suchten demnach zu Recht Schutz in Deutschland. Nur wenige Flüchtlinge erhalten ihren Schutzstatus in Deutschland zu Unrecht: Von mehr als 43.000 abgeschlossenen Prüfverfahren endeten im ersten Halbjahr 2018 nur 307 (0,7 Prozent) damit, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den bereits zugestellten Schutzbescheid widerrief. 99,3 Prozent der überprüften Migranten suchten demnach zu Recht Schutz in Deutschland. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervor, die dem MiGAZIN vorliegt. Zuerst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Die hohe Zahl an Prüfungen ist eine Konsequenz aus Affären innerhalb des Bundesamts, die Zweifel an der Richtigkeit positiver Asylbescheide hatten aufkommen lassen. Im Fall Franco A. hatte ein deutscher Bundeswehrsoldat als angeblicher syrischer Flüchtling Asyl bekommen. In der Bremer BAMF-Außenstelle steht die damalige Leiterin im Verdacht, mehreren Hundert Menschen zu positiven Entscheiden verholfen zu haben. Allein in der ersten Jahreshälfte 2018 leitete das BAMF mehr als 100.000 Prüfverfahren ein, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. (…) Die Abgeordnete Jelpke sagte, es werde „von politisch interessierter Seite“ immer wieder der Eindruck erweckt, es gebe erhebliche Sicherheitsmängel im BAMF: „Nichts davon ist wahr.“ Das Problem seien nicht die Anerkennungen, sondern die „hohe Zahl fehlerhafter Ablehnungen„, die von den Gerichten korrigiert werden müssten…“ Meldung vom 21. August 2018 von und bei MiGAZIN externer Link
  • Bandenmäßig vorverurteilt. Teilerfolg für Ex-Chefin des Bremer Bamf 
    Gerichtsbeschluss in Bremen: Bundesinnenministerium darf nicht mehr behaupten, in der Bamf-Außenstelle sei „bandenmäßig“ und „kriminell“ gearbeitet worden. (…) In einer einstweiligen Verfügung entschied das Gericht am Mittwoch, dass aus dem Bundesinnenministerium vorläufig nicht mehr behauptet werden darf, die Vorgänge in Bremen seien auch deshalb möglich gewesen, „weil hochkriminell kollusiv und bandenmäßig mehrere Mitarbeiter mit einigen Rechtsanwälten zusammengearbeitet haben“. So hatte es Stephan Mayer (CSU), Staatssekretär beim Bundesinnenministerium, in der Sendung „Anne Will“ am 27. Mai behauptet. Ulrike B. sah sich unzulässig vorverurteilt sowie ihre Beamtenrechte und die Loyalitätspflichten durch den Dienstherrn verletzt. Bezüglich einer weiteren Aussage des Bundesinnenministeriums hat das Gericht dem Unterlassungsantrag von B. indes nicht stattgegeben: Dass im Ankunftszentrum Bremen „bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden“, hatte das Bundesinnenministerium in einer Pressemitteilung anlässlich des Revisionsberichts am 11. Mai erklärt. Diese Äußerung habe das Gebot der Sachlichkeit beachtet, so das Gericht. Zwar habe Ulrike B. einen Ansehensverlust erlitten. Angesichts der Medienberichterstattung habe aber das Interesse überwogen, die Öffentlichkeit zu informieren…“ Artikel von Jean-Philipp Baeck vom 1.8.2018 bei der taz online externer Link
  • Ausgebamft – Nur ein Bruchteil der Entscheidungen in der sogenannten Bamf-Affäre muss zurückgenommen werden. Was ist noch übrig vom Skandal? 
    „Von Unrecht und Skandal ist beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nicht mehr viel übrig: 4.500 Akten hat die Innenrevision bislang in einem ersten Durchgang untersucht, wie die Behörde der taz bestätigte. Bei diesen Fällen prüft die Revision intensiver, ob eine Rücknahme oder ein Widerruf geboten ist. Gerade einmal 13 Asylentscheidungen sind bislang aufgrund falscher Angaben kassiert worden, wie aus einer Frage der Linke-Abgeordneten Ulla Jelpke im Bundestag hervorgeht. Vier weitere wurden widerrufen, bei 16 liefen noch Rücknahme- und Widerrufsverfahren. Wobei Widerruf nicht einmal heißt, dass irgendetwas „zu Unrecht“ gewährt worden wäre, sondern nur, dass sich inzwischen die Rechtslage geändert hat, weil es beispielsweise im Herkunftsland sicherer geworden sei. Wie viele der 4.500 Akten bereits abschließend geprüft wurden, ist unklar, offiziell unbestätigt soll es sich um eine Zahl im höheren dreistelligen Bereich handeln – ergibt also 13 Rücknahmen auf wenigstens 501 Fälle, das entspricht gerade einmal 2 Prozent. Das ist für eine Behörde keine schlechte Quote, vor allem, wenn man sich anschaut, wie überbelastet die Außenstellen des Bamfs 2015 waren…“ Artikel von Gareth Joswig vom 27. Juli 2018 bei der taz online externer Link
  • Bremen: Zweifel an Vorwürfen gegen Bamf-Außenstelle 
    In der Affäre um mutmaßlich rechtswidrige Asylentscheidungen der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sind in internen Revisionsberichten der Behörde offenbar falsche Behauptungen aufgestellt worden. Dabei gehe es sowohl um die Zahl der Asylentscheidungen als auch um Vorwürfe gegen einzelne Mitarbeiter der Behörde, wie NDR und Radio Bremen berichteten. So habe es in einem Bericht geheißen, in Bremen seien 1371 Asylentscheidungen getroffen worden, obwohl die Außenstelle nur für 142 davon zuständig gewesen sei. Dabei sei jedoch übersehen worden, dass der Außenstelle zeitweise offiziell die Zuständigkeit auch für Fälle aus anderen Bereichen übertragen worden sei. Der internen Revision sei dies „zum Zeitpunkt der Prüfung nicht bekannt“ gewesen, teilte das Bamf den Sendern auf Anfrage mit…“ Meldung vom 13. Juni 2018 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • „Zu viele“ Flüchtlinge anerkannt. Der Skandal-Skandal. Der „Skandal“ um die Bremer Bamf-Außenstelle ist ein Manöver für eine rigidere Flüchtlingspolitik. Von den Vorwürfen bleibt wenig übrig 
    „… Kam es in Bremen zu Unregelmäßigkeiten? Wahrscheinlich schon. Aber: Reichen die für einen Skandal? Jesiden, die vor dem Genozid geflüchtet sind, haben einen Anspruch auf Schutz. Verfahren schnell und effektiv abzuarbeiten, waren erklärte Vorgaben der Zentrale in Nürnberg. Hunderttausende Asylanträge hatten sich seit 2015 angestaut. Die Behörde war danach bundesweit im Krisenmodus. Hinweise darauf, dass Geld zur Bestechung an Ulrike B. geflossen wäre, gibt es bis heute keine. Es waren wohl eher persönliche Motive. B. gilt als eine, die Probleme der Schutzsuchenden nicht kalt ließen. Ihr Anwalt Erich Joester weist alle Vorwürfe zurück. (…) Was der Öffentlichkeit nicht für Aufruhr sorgte: Dass jedes Jahr Tausende abgelehnte Asylentscheidungen des Bamf von den Gerichten korrigiert werden müssen. Zuletzt klagten vor allem Syrer, die meist nur noch subsidiären Schutz erhielten – seit ihnen mit diesem Status seit Frühjahr 2016 der Familiennachzug verwehrt wird. (…) Darin aber, so heißt es nun unter anderem von den Flüchtlingsräten, liege doch der eigentliche Skandal: Dass bundesweit viele Tausend Flüchtlinge eben nicht durch Entscheidungen des Bamf zu ihrem Recht kommen, sondern erst, wenn sie sich einen guten Anwalt leisten und den mühsamen Weg über die Gerichte bestreiten. Und sie sagen, die aktuelle Diskussion diskreditiere die Schutzsuchenden und ihre Fluchtgründe insgesamt. Doch der Appell der Flüchtlings-AktivistInnen läuft weit gehend ins Leere.“ Komentar von Jean-Philipp Baeck vom 8.6.2018 in der taz online externer Link
  • Opfer einer Intrige? Der Anwalt der ehemaligen Leiterin der Bremer Außenstelle argumentiert, die Vorwürfe gegen Ulrike B. würden durch Unterlagen entkräftet.
    „Jeder Skandal hat sein Gesicht. Im Skandal um womöglich unrechtmäßig erteilte Asylbescheide ist es das Gesicht von Ulrike B., 57 Jahre alt, ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf). (…) Die ZEIT hat zum Teil vertrauliche Berichte aus dem Bundesamt eingesehen und mit Beamten aus dem Bamf und dem Bundesinnenministerium gesprochen, mit Asylanwälten, Vertrauten und mit dem Strafverteidiger von Ulrike B. Sie alle erzählen eine andere Geschichte über Ulrike B. Auch der Verteidiger, der sich bislang kaum öffentlich geäußert hat. Ulrike B. erscheint in dieser Darstellung als erfahrene Beamtin, die sich zwar über Dienstvorschriften hinweggesetzt haben mag, sich aber nicht strafbar machte. Als gewissenhafte Juristin, die wohl überschießend war in ihrem Engagement für Flüchtlinge, aber vor allem solchen Menschen einen positiven Asylbescheid verschaffte, die ihn auch anderswo mit einiger Wahrscheinlichkeit bekommen hätten. Und: Ulrike B. könnte in dieser Perspektive zugleich auch selbst Opfer sein, ein Opfer von Intrigen und Ablenkungsmanövern. Gescholten von Politikern, die die Verantwortung für den desolaten Zustand des Bamf von sich zu schieben versuchen. Angeschwärzt von einem Mitarbeiter, den ein ehemaliger Vorgesetzter als „psychisch auffällig“ bezeichnet und der womöglich von Beschwerden ablenken wollte, die gegen ihn selbst gerichtet waren – er soll Mitarbeiterinnen der Bremer Bamf-Außenstelle sexuell belästigt haben…“ Beitrag von Martin Klingst und Caterina Lobenstein vom 6. Juni 2018 in der Zeit online externer Link
  • Verloren im Aktengebirge: Eine Bamf-Beamtin erzählt 
    Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollte ein Serviceamt sein, in dem Aslysuchende Orientierung und Hilfe finden. Doch davon sei seit 2015 nichts mehr übrig, sagt eine leitende Bamf-Beamtin aus Bayern – ein anonymer Erfahrungsbericht über Aktenberge auf Tisch und Boden, Akkordarbeit und Missachtung geltenden Rechts. (…) „Also, was die Mitarbeiter besonders gestört hat, war diese Überheblichkeit von Herrn Weise und Roland Berger und wie sie alle hießen, die jetzt kommen und sagen, ach, die Mitarbeiter, die bisher im Amt gearbeitet haben, sind alle unfähig, die ganzen Arbeitsabläufe sind falsch. Und jetzt kommen wir und reformieren alles. Und letztlich hat sich dann herausgestellt, so schlecht war es ja gar nicht.“ (…)“De Maizière ist in meinen Augen ein Aussitzer, Reagierer höchstens, ein Umsetzer der Vorgaben von der Frau Merkel oder wem auch immer. Er hat Weise schalten und walten lassen. Weise war für mich der falsche Mann am falschen Ort. Man sagt, in der Wirtschaft, bei Stückzahlen von Autos oder so, mag das funktionieren, aber das ist ein Grundrecht, über das entschieden wird von diesem Amt, und da ist für mich ein Mensch, der alles an Zahlen orientiert, einfach an der falschen Stelle.“Artikel von Susanne Lettenbauer vom 07.06.2018 beim Deutschlandfunk externer Link
  • ver.di: Beim BAMF muss niemand entlassen werden – Gewerkschaft fordert die Entfristung aller Beschäftigten 
    Als Groteske à la Kafka bezeichnete heute ver.di-Vorstandsmitglied Wolfgang Pieper die Vorstellung, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) müsste qualifiziertes Fachpersonal entlassen und neue befristete Beschäftigte eingestellt werden. „Die richtige Antwort auf die Herausforderungen im BAMF sind Entfristungen aller Beschäftigten, statt sie zu entlassen,“ erklärte Pieper. Es bedürfe dazu lediglich politischer Entscheidungen. ver.di hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach die Forderung erhoben, alle Beschäftigten zu entfristen. Diese Forderung sei nach wie vor nicht nur aktuell, sondern brandaktuell…“ Pressemitteilung vom 07.06.2018 externer Link
  • Schnell geprüft, schlecht entschieden. Der angebliche BAMF-Skandal in Bremen verdeckt die wirklichen rechtsstaatlichen Probleme 
    Die Diskussion über rechtswidrig gewährte positive Asylbescheide täuscht über die tatsächlichen Probleme im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hinweg: Die Ökonomisierung des Asylverfahrenssystems gefährdet die Rechtsstaatlichkeit. Einer der am häufigsten gebrauchten Sätze in der derzeitigen Diskussion über die Flüchtlingspolitik lautet: »Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist in Gefahr.« Die Wortführer aus Politik und Medien kritisieren dabei nicht etwa den Versuch der bayerischen Behörden, jüngst eine hochschwangere Asylsuchende ohne ihren Lebenspartner nach Italien abzuschieben. Gemeint sind auch nicht die Hunderttausenden Gerichtsverfahren, in denen Flüchtlinge gegen rechtswidrige Bescheide vorgehen müssen. Der Rechtsstaat sei vielmehr in Gefahr, weil in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zwischen 2013 und 2016 mindestens 1 200 Personen rechtswidrig positive Asylbescheide erhalten haben sollen. (…) Die hitzige Diskussion über den »BAMF-Skandal« lenkt indes von den eigentlichen Problemen im Asylverfahren ab, die sich negativ für die Flüchtlinge auswirken. Ab dem Herbst 2015 wurden das BAMF und das Asylverfahrenssystem neu organisiert, ökonomische Kriterien wie Effizienz und Leistung verdrängten die ohnehin im Lauf der Zeit herabgesenkten rechtsstaatlichen Standards immer stärker. Für diesen Prozess ist insbesondere Frank-Jürgen Weise verantwortlich, dem die Bundesregierung im Herbst 2015 als »Krisenmanager« die Leitung des BAMF mit dem Auftrag übergab, die Asylverfahren zu beschleunigen. Eine der ersten Entscheidungen Weises bestand darin, Unternehmensberatungen wie McKinsey, Ernest & Young und Roland Berger damit zu beauftragen, die Verwaltungsabläufe im BAMF zu begutachten und ein neues »integriertes Flüchtlingsmanagement« zu entwickeln. (…) Das »integrierte Flüchtlingsmanagement« führte im BAMF dazu, dass der Einzelfall kaum noch sorgfältig geprüft werden konnte. Zeitweilig trennte die Behörde Anhörer und Entscheider systematisch; die Personen, die über den Asylantrag letztlich entscheiden sollten, bekamen die Antragsteller deshalb nie zu Gesicht. Dabei ist die Anhörung der Kern des Asylverfahrens und die Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus hängt maßgeblich von der Glaubwürdigkeit des einzelnen Asylsuchenden ab. Eine Folge dieser Trennung zwischen Anhörern und Entscheidern dürfte auch das häufig zu beobachtende Phänomen sein, dass sich in sehr vielen Bescheiden standardisierte Textbausteine finden, die sich gar nicht mit der Situation des Antragstellers in seinem Herkunftsland auseinandersetzen. (…) Ohne angemessene öffentliche Kritik werden Flüchtlinge seit nunmehr drei Jahren in qualitativ schlechten Verfahren mit einer offenkundig hohen Zahl rechtswidriger Bescheide abgespeist. Der Angriff auf die rechtsstaatlichen Garantien für Erwerbslose und Flüchtlinge zeigt zudem, dass die politischen Kämpfe dieser Gruppen untrennbar miteinander verknüpft sind.“ Artikel von Maximilian Pichl in der Jungle World vom 07.06.2018 externer Link
  • Bamf-Affäre: Zweifel am Skandal mehren sich 
    „Asylrechtsanwälte nehmen die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Schutz. Einige der Vorwürfe gegen Leiterin Ulrike B. bezeichnen sie als „völligen Blödsinn“. In der Affäre um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehren sich die Zweifel an der Schuld der abgesetzten Leiterin. Zumindest teilweise könnte Ulrike B. im Rahmen des Zulässigen gehandelt haben. Die suspendierte Beamtin soll in den Jahren 2013 bis 2016 rund 1200 Flüchtlinge als schutzbedürftig anerkannt haben, ohne die Voraussetzungen dafür korrekt zu überprüfen. Viele der Asylbewerber seien nicht erkennungsdienstlich behandelt worden; zudem sei das Bremer Amt für die meisten dieser Fälle nicht zuständig gewesen, so die Vorwürfe der Strafermittler. Der Rechercheverbund von NDR, Radio Bremen und „Süddeutsche Zeitung“ ist jetzt auf eine Studie des Bamf und des EU-Migrationsnetzwerks aus dem Jahr 2017 gestoßen. Daraus geht hervor, dass das überlastete Bundesamt von November 2014 bis Ende 2015 „bei Asylantragstellenden aus Herkunftsländern mit besonders hoher Schutzquote temporär sogenannte vereinfachte Asylverfahren“ durchführte. Statt persönlicher Anhörung und erkennungsdienstlicher Behandlung genügte das Ausfüllen eines Fragebogens. Diese Regelung galt unter anderen für Flüchtlinge aus Syrien sowie für Jesiden aus dem Irak – also für genau jenen Personenkreis, der angeblich den Großteil der strittigen Bremer Fälle ausmachte…“ Beitrag von Eckhard Stengel vom 4. Juni 2018 bei der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Im Zweifel für Menschen in Not. Die ehemalige Leiterin der Bremer BAMF verdient eine Auszeichnung wegen Zivilcourage 
    Es ist schon mehr als ein Jahrzehnt her, als Erwerbslosenaktivisten die Aktion „Fabienne gesucht“ machten. Sie bezogen sich dabei auf die französische Leiterin eines Arbeitsamtes Fabienne Brutus, die öffentlich erklärte, sie wolle Erwerbslose beraten, werde sie aber nicht sanktionieren. Dieses Statement sorgte auch in Deutschland für Aufmerksamkeit und führte eben dazu, dass auch in Deutschland Erwerbslose nach Mitarbeitern in den Ämtern guckten, die sich ebenfalls weigerten, zu sanktionieren. (…) Nun könnte Ulrike B., die ehemalige Leiterin der BAMF in Bremen, auch eine solche Fabienne sein, eine Frau, die im Zweifel für die Migranten entschied und die sich nun selber öffentlich äußerte, nachdem sie seit Wochen im Mittelpunkt des sogenannten Bremer BASMF-Skandal steht. (…) Während in vielen Ausländerämtern negative Asylbeschiede ausgestellt werden, die oft von den Gerichten wieder kassiert werden, hatten in Bremen mehr Menschen Aussicht auf ein Asyl, besonders viele Jesiden waren darunter, die nicht nur von den Islamterroristen der IS verfolgt und versklavt wurden. Jesiden hatten in den letzten Jahren allgemein eine gute Asylquote. Umso unverständlicher ist die wochenlange Kampagne gegen die Entscheidungen von BAMF Bremen, die unter Ulrike B. weniger bürokratisch und mehr an den Menschen und ihren Rechten orientiert waren. Das könnte eigentlich Vorbild für andere Behörden sein und wird stattdessen mit der Kampagne denunziert. (…) Nun muss man Ulrike B. ja nicht das Bundesverdienstkreuz zumuten. Warum aber gibt es keine Initiative aus der parlamentarischen oder außerparlamentarischen Linken, die Ulrike B. für ihre Zivilcourage würdigt? Das könnte eine Kooperation von Flüchtlings- und Erwerbslosengruppen sein, die eben Beschäftigte mit Zivilcourage wie Fabienne Brutus suchen, die im Zweifel für die Menschen in Not und gegen Vorgaben von Behörden entscheiden…“ Kommentar von Peter Nowak vom 01. Juni 2018 bei telepolis externer Link
  • Bremer Ex-Bamf-Chefin steht zu ihrem Verhalten 
    Die Bremer Ex-Bamf-Chefin Ulrike B. verteidigt sich. Sie habe den Menschen in der Not helfen wollen, um Korruption sei es nie gegangen. Kritik übt sie an ihren Vorgesetzten. (…) Ihr sei es bei ihrer Arbeit stets darum gegangen, dass Menschen in Not zählten, nicht blanke Zahlen, sagte B. der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch. Daher stehe sie zu allem, was sie getan habe. Sie versicherte, niemals Geld angenommen zu haben. Der Vorwurf der Korruption sei daher lächerlich. (…) Mit dem Amtsantritt von Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise sei es in der Asylbehörde nicht mehr um die menschlichen Schicksale gegangen, sondern nur noch um Fallzahlen und Bearbeitungszeiten, sagte B. Auf Wunsch der Regierung habe Weise das Amt auf Tempo und Effizienz getrimmt. Dabei hätten alle Beteiligten gewusst, dass die massiv erhöhte Zahl von Anträgen mit dem vorhandenen Personal nicht ordnungsgemäß abgearbeitet werden konnte, sagte B. dem Blatt. Auch Weises Nachfolgerin Jutta Cordt habe diesen Trend nicht verändert, obwohl sie vom Systemversagen gewusst habe…“ Agenturmeldung vom 30.05.2018 bei der FR online externer Link
  • Das BAMF, das Prinzip »Zahlen vor Menschen« und Politik per Untersuchungsausschuss 
    Die Bremer Ex-BAMF-Chefin Ulrike B. hat sich zu Wort gemeldet – gut so. Denn ihre Worte rücken das eigentliche Problem ins Zentrum: die Folgen eines Umbaus von Behörden entlang ökonomischer Kriterien, bei dem aus Menschen Zahlen werden, und Effizienz vor Rechtsstaat geht. Wer die Nachrichten verfolgt, muss den Eindruck bekommen, das größte Problem in der Bundesrepublik sei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wobei man dazu noch ergänzen muss: Meist wird das Problem als eines der Migration beleuchtet, es soll falsche Bescheide gegeben haben, wobei »falsch« hier in der Regel auch nur diejenigen meint, mit denen Asyl gewährt wurde. Bis in die Linkspartei hinein radikalisiert sich die Rhetorik (…) Worauf Ulrike B. versucht hinzuweisen, ist der eigentliche Knackpunkt: »Mit dem Amtsantritt von Ex-BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise sei es in der Asylbehörde nicht mehr um die menschlichen Schicksale gegangen, sondern nur noch um Fallzahlen und Bearbeitungszeiten, sagte B. Auf Wunsch der Regierung habe Weise das Amt auf Tempo und Effizienz getrimmt«, so fasst es die »Frankfurter Rundschau« zusammen. »Dabei hätten alle Beteiligten gewusst, dass die massiv erhöhte Zahl von Anträgen mit dem vorhandenen Personal nicht ordnungsgemäß abgearbeitet werden konnte.« (…) Um die vielen Anträge abzuarbeiten, sei eine auf Effizienz getrimmte Bearbeitung nötig gewesen. »Dass es durch viele neue Mitarbeitende auch zu Fehlern kommen kann, war klar, aber im Rahmen der Risikoabwägung das kleinere Übel«, so Weise. Der Punkt hier ist: Das »kleinere Übel« sind eben nicht nur Antragsnummern, sondern es geht um Menschen. Und wo Weise die Bescheide im Kopf haben mag, die nun zu der angeheizten BAMF-Aufregung beitragen, sind es vielmehr die fehlerhaften Entscheidungen, mit denen die Rechte von hierher Fliehenden beschnitten werden, etwa durch falsche Ablehnungen…“ Artikel von Svenja Glaser vom 30.05.2018 im OXI-Blog externer Link
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