Flüchtlinge: Auch Abgelehnte haben Rechte

Tödliche Folgen der Flüchtlingspolitik“ .. Fahlbusch ist Anwalt, seine Liste enthält jene seiner Mandanten seit 2001, deren Haft rechtskräftig für rechtswidrig erklärt wurde. Knapp jeder zweite seiner Mandanten (genau 842) saß zu Unrecht im Gefängnis, mal für einen Tag, mal für mehrere Monate. (…) Dass viel schief läuft, sagt nicht nur er, das stellte auch Johanna Schmidt-Räntsch, Richterin am Bundesgerichtshof, fest: Haftentscheidungen der Amtsgerichte hätten sich bei einer BGH-Prüfung „in einem bemerkenswert hohen Umfang – geschätzt 85 bis 90 Prozent – als rechtswidrig erwiesen“. Das schrieb sie 2014. Und heute? Auf SZ-Anfrage zählte der BGH nach: Seit 2015 beschäftigte man sich mit 301 Abschiebehaftfällen; davon verwies der BGH gut 13 Prozent zurück an Landgerichte, um nachzubessern; 99 Fälle entschied er selbst: „Hier wurde in der Regel die Haftanordnung für rechtswidrig erklärt.“ Fast jeder dritte Fall also. (…) „Diese Flüchtlinge haben keine Lobby.“ Fahlbusch erklärt sich so, warum das Thema kaum jemanden interessiert. Das ist auch der Tenor in Hohenheim: Weil die Leidtragenden der Justizfehler „nur“ abgelehnte Flüchtlinge sind, und weil nach jahrelanger Asyldebatte weitgehend gesellschaftlicher Konsens besteht, möglichst viele rasch von ihnen außer Landes zu schaffen. So erklärt sich Fahlbusch auch, dass die Bundesregierung keine belastbaren Zahlen und kaum Interesse an seinen Erkenntnissen habe. (…) Im Jahr 2017 gab es bei rund 24 000 Abschiebungen gut 4000 Fälle von Abschiebehaft. Davon rechtswidrig? Unbekannt. (…) Nach knapp neun Minuten ist Fahlbuschs Film durchgelaufen. 842 Fälle in 842 Zeilen. Ganz rechts unten steht die addierte Zahl der Hafttage, die seine Mandanten zu Unrecht im Gefängnis saßen: 22 077. Das sind, umgerechnet, mehr als 60 Jahre.“ Beitrag von Bernd Kastner vom 28. Januar 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link

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