Zeitarbeitsfirmen setzen auf Flüchtlinge

Dossier

Aufkleber "Leiharbeit verbieten" von Kollegen der Daimler-Werke Wörth und Bremen„… Es dürfte in Mitteldeutschland niemanden geben, der mehr Flüchtlinge beschäftigt als Florian Meyer. Der Vorstand der GeAT – Gesellschaft für Arbeitnehmerüberlassung Thüringen AG hat rund 150 Flüchtlinge unter Vertrag. Er verleiht sie an Logistiker, an Lebensmittelhersteller oder an die Kunststoffindustrie. Zudem bildet er sie in einer hauseigenen Akademie weiter. (…) Auch andere Zeitarbeitsfirmen engagieren verstärkt Flüchtlinge. MDR AKTUELL liegen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vor. Von denen, die eine Arbeit aufnehmen, fängt fast jeder fünfte Flüchtling bei einer Zeitarbeitsfirma an. Unter deutschen Arbeitnehmern geht nicht einmal jeder Zwanzigste in die Zeitarbeit. (…) Rolf Düber ist Sekretär für Strukturpolitik beim DGB Thüringen. Er kritisiert, Zeitarbeit schaffe ein Zwei-Klassen-System. Im Durchschnitt würden Zeitarbeiter noch immer 20 Prozent weniger verdienen als Stammbeschäftigte eines Betriebes. Wenn Flüchtlinge und Zuwanderer verstärkt in die Leiharbeit gingen, berge das eine große Gefahr. (…) Fast die Hälfte aller Zeitarbeiter bleibe höchstens drei Monate in einem Betrieb. Von Integration könne da keine Rede sein, kritisiert Düber…“ Beitrag von Ralf Geißler bei MDR AKTUELL vom 30. Mai 2017 externer Link. Siehe dazu auch:

  • Flüchtlinge: Der Trend geht zur Leiharbeit – Immer mehr Geflüchtete arbeiten, aber Bürokratie und fehlende Qualifikation stehen häufig im Weg New
    „Die Beschäftigungsquote steigt, die Arbeitslosenquote sinkt: Auf den ersten Blick lassen die Zahlen zur Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen Gutes vermuten. Für den Herbst 2019 erfasst der Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine Beschäftigungsquote von 36,6 Prozent unter Personen aus Asylherkunftsländern. Im Vergleich zum Vorjahr stieg sie um knapp fünf Prozentpunkte. Parallel dazu sank die Arbeitslosenquote seit dem Hoch nach der Fluchtmigration von 2015 stetig und lag im Oktober 2019 bei 32,5 Prozent. Laut IAB stellt dies eine positive Entwicklung dar. Dennoch gibt es weiterhin Probleme bei der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Allein der Erhalt der Arbeitserlaubnis ist eine Hürde. Nur Personen, die einen positiven Asylbescheid haben, als Flüchtling anerkannt sind oder unter subsidiärem Schutz stehen, dürfen uneingeschränkt einer Tätigkeit nachgehen oder sich selbstständig machen. (…) Personen, die eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung erhalten, dürfen lediglich nach Genehmigung durch die Ausländerbehörde und das Arbeitsamt arbeiten. Von den Mitte 2019 etwa 572 000 Personen in dieser Gruppe traf das auf knapp 79 000 Personen zu. (…) Die meisten derjenigen mit Arbeitserlaubnis sind in der Leiharbeitsbranche untergekommen. Im Jahr 2018 war es laut einer Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung rund ein Drittel. Auch im einfachen Dienstleistungsgewerbe und dem Gastgewerbe haben viele Arbeit gefunden. Doch laut Berlin-Institut seien diese Stellen nicht nachhaltig und gingen oft nicht über Helfertätigkeiten hinaus. (…) Besonders schlecht sehen die Beschäftigungszahlen bei geflüchteten Frauen aus. Die Erhebungen der Bundesagentur zeigen, dass im Juni 2019 Männer rund 87 Prozent der Erwerbstätigen aus Asylherkunftsländern ausmachten, während es bei den Frauen nur rund 13 Prozent waren. (…) Es ist eine Mischung aus persönlichen, rechtlichen und institutionellen Barrieren, die es für geflüchtete Menschen besonders schwer macht, im hiesigen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Noch dazu erschweren selbst Maßnahmen, die Integration erleichtern sollen, den Zugang… „ Beitrag von Valerie Eiseler vom 27. Januar 2020 bei der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • „Acht von zehn Migranten finden hier dauerhaft Arbeit“ [allerdings nur durch Leiharbeit bei „Social Bee“] 
    Die Betreiberin einer gemeinnützigen Zeitarbeitsfirma, Zarah Bruhn, lobt sich in einem Welt-Interview von Elke Bodderas vom 22. Juli 2019 externer Link mit den Worten: „… Unser Geschäftsmodell sieht ziemlich anders aus als das branchenübliche. Wir machen keinen Gewinn, es ist gemeinnützige Zeitarbeit. Bei uns haben Firmen keine Chance, die von uns mal eben eine Arbeitskraft für zwei oder drei Monate ausleihen wollen, um sie dann wieder auf die Straße zu setzen. Wir stellen Geflüchtete bei uns ein, versorgen sie mit einem regelmäßigen Gehalt, wir finanzieren ein einjähriges Integrationsprogramm mit Sprachkursen, Tickets, Qualifikationen und einem Integrationsmanager, der sich um ihre privaten und beruflichen Probleme kümmert. Die Unternehmen zahlen einen Stundensatz, von dem wir einerseits die Löhne finanzieren und den Rest in die Integration investieren. (…) Zu unseren Kunden gehören Dachser, Alnatura, Kärcher, Denns Biomarkt und auch Daimler. Allerdings sortieren wir auch Hunderte Firmen aus. Es gibt jede Menge Anfragen nach dem Motto, wir hätten gerne günstig jemanden für ein paar Wochen oder Monate. Aber wir denken an Firmen, die langfristig Mitarbeiter wollen, die ein Personalproblem haben, die keine guten Mitarbeiter finden und hier eine Chance sehen. (…) Acht von zehn Mitarbeitern, die mindestens drei Monate in einem Unternehmen waren, arbeiteten dort anschließend dauerhaft. Wir haben bis heute 180 Geflüchtete eingestellt, derzeit sind 100 in Unternehmen im Einsatz, 80 haben das Programm durchlaufen und wurden übernommen. Wir können jedem, für den wir eine Arbeitserlaubnis bekommen, einen Arbeitsplatz beschaffen. Auch wenn über den Asylantrag noch nicht entschieden wurde..“ Interessant ist diese „gemeinnützige“ Unternehmenstaktik schon: Auch ohne Asylgenehmigung günstige Arbeitskräfte und kostengünstige Probezeit. Siehe die Selbstdarstellung von „Social-Bee: Integration leicht gemacht“ externer Link München: „Integration durch gemeinnützige Zeitarbeit“
  • Hoffnungen auf Integration durch Leiharbeit erfüllen sich für die meisten Flüchtlinge nicht 
    „Die Hoffnungen auf eine Integration der Flüchtlinge in den regulären Arbeitsmarkt haben sich für die meisten Leiharbeiter unter ihnen nicht erfüllt. Das berichtet die Düsseldorfer „Rheinische Post“ (Freitag) unter Berufung auf eine Auflistung der Bundesregierung auf Anfrage der Linken. 90 Tage nach dem Ende eines Leiharbeitsverhältnisses landen danach rund 80 Prozent aller syrischen, afghanischen und irakischen Staatsangehörigen nicht in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, sondern in der Arbeitslosigkeit (54 Prozent), in geringfügiger Beschäftigung (knapp sechs Prozent) oder in neuer Leiharbeit (20 Prozent). Konkret schafften es im vergangenen Jahr von 9742 Leiharbeitern aus den Kriegsgebieten nur 2191 nach dem Ende ihrer Verträge in reguläre Jobs. Wie sich aus der Übersicht des Bundesarbeitsministeriums weiter ergibt, unterscheidet sich der Umgang mit Flüchtlingen als Leiharbeiter signifikant von dem mit ihren deutschen Kollegen. Bezogen auf alle beendeten Leiharbeitsverhältnisse werden bei Syrern, Afghanen und Irakern 83 Prozent bereits innerhalb von neun Monaten beendet, während es bei deutschen Staatsangehörigen nur 27 Prozent sind. Nach neun Monaten müssen Leiharbeiter vergleichbare Löhne zur Stammbelegschaft erhalten. Linken-Arbeitsmarktexpertin Jutta Krellmann bezeichnet es vor diesem Hintergrund als „zynisch“, Leiharbeit als Integrationsmotor anzupreisen. „Leiharbeit ist eine Sackgasse und kein Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt“, unterstrich die Politikerin.“ Meldung von Dirk Lauer vom 16. November 2018 bei Behoerdenstress.de externer Link
  • Adecco: „Zeitarbeit eignet sich sehr gut, um Flüchtlinge zu integrieren“ 
    Interview von Zacharias Zacharakis mit Alain Dehaze vom 26. April 2018 bei der Zeit online externer Link in dem der Chef der weltgrößten Personalfirma Adecco u.a. erklärt: „… Wir wollen allen Menschen in den Arbeitsmarkt helfen – egal ob Deutscher oder Flüchtling. Wenn wir aber schon über Flüchtlinge reden: Wir wollen Deutschland dabei helfen, das Demografieproblem zu verringern und diese Menschen in Jobs zu bringen. Zeitarbeit eignet sich sehr gut, um sie zu integrieren, auch in ihr soziales Umfeld. (…) Meistens sind das allein aufgrund der geringen Sprachkenntnisse schon Stellen, die eine niedrige Qualifikation oder nur einfache technische Fähigkeiten erfordern. Das erleichtert den Einstieg erheblich. Das kann zum Beispiel in der Logistik oder in der Produktion sein. Aber auch im Bau und im Handel gibt es einen Personalmangel. (…) In Deutschland waren es zuletzt mehr als eintausend Flüchtlinge, die wir gemeinsam mit deutschen Firmen in den Arbeitsmarkt integrieren konnten…“
  • Am häufigsten bieten Zeitarbeitsfirmen Geflüchteten Einstiegschancen 
    Jede vierte Zeitarbeitsfirma hat im vierten Quartal 2016 schon Erfahrungen mit den Geflüchteten gesammelt, die seit 2014 nach Deutschland gekommen sind. Nach den Zeitarbeitsfirmen folgen die Bereiche „Gastgewerbe“ sowie „Erziehung und Unterricht“ mit jeweils knapp 16 Prozent und der Bereich „Metalle und Metallerzeugung“ mit gut 13 Prozent. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor…“ Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom 20. Juni 2017 externer Link und die IAB-Stellenerhebung: Geflüchtete kommen mehr und mehr am Arbeitsmarkt an. IAB-Kurzbericht 14/2017 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=117019
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