Nach dem Sturm auf die Grenzen

Corasol: Flucht ist kein Verbrechen - Asylgesetzverschärfung stoppen!Kurz vor dem staatlich verordneten Ende des «kurzen Sommers der Migration» im Herbst 2015 haben wir angefangen, uns im Berliner Stadtteil Neukölln mit Geflüchteten zu organisieren und den Schwung des europäischen Grenzsturms gemeinsam zu nutzen, um gegen die Isolation und Entsolidarisierung durch das Lagersystem und die Verschärfung der Asylgesetze vorzugehen. Nach eineinhalb Jahren stellen wir nun unsere Erfahrungen und Erkenntnisse zur Diskussion und ziehen Bilanz…“  Bilanz einiger Linksradikaler aus Neukölln vom 20. Mai 2017 beim lowerclassmag externer Link

  • Aus der Bilanz: „… Unsere Hoffnungen haben sich bis auf weiteres zerschlagen. So kann von einem Common Ground für gemeinsame Kämpfe momentan kaum die Rede sein. Die schnell durchgepeitschte Verschärfung der Asylgesetze (Asylpaket I) im Oktober 2015 war nur ein erster Vorgeschmack darauf, wie in Zukunft mit den neu Eingereisten verfahren werden sollte. Die Spaltungen nach Ethnie und Nationalität verschärften sich. (…) Spätestens ab dem Winter 2015/2016 kam es zu weiteren Spaltungstendenzen. So wurden Syrer von Behörden wie BAMF und LaGeSo bevorzugt behandelt, bekamen schneller ihre (wenn auch nur befristeten) Aufenthaltstitel und somit Zugang zu Wohnungen, Sprachkursen etc. Im Gegensatz zu vielen anderen gilt ihre Bleibeperspektive zumindest für die nächsten Jahre als gesichert. (…) Angesichts der objektiven Situation, in der Geflüchtete in Deutschland erstmal stecken (keine Wohnung, keine Arbeit, unklare Bleibeperspektive, mangelhafte medizinische Versorgung), ist es nicht verwunderlich, dass wir uns oft in der Rolle der Helfenden in alltäglichen Problemsituationen wiederfanden. (…) Sämtliche Geflüchtete stecken in einer derart prekären Lebenssituation, dass Handlungsspielräume begrenzt sind und wenig Aussicht auf erfolgreiche Kämpfe besteht. (…) Mit unserer politischen Intervention sind wir vorerst gescheitert. Die soziale und politische Situation der neuen Migranten hat sich seit dem Sommer 2015 zunehmend verschlechtert und ist immer unübersichtlicher geworden. (…) Eine breitere Bewegung gegen die neuen Asylgesetze oder die zunehmenden Abschiebungen nach Osteuropa und Afghanistan ist aufgeblieben. (…) Wäre es nicht vorstellbar, dass Stadtteilaktivisten und Flüchtlinge gemeinsam die streikenden Flughafenarbeiter unterstützen und gleichzeitig am Flughafen Tegel gegen Abschiebungen demonstrieren und anschließend zusammen mit zahlreichen Unterstützern die Stadtautobahn besetzen? Was würde passieren, wenn die nächste Kiezdemo mit dem Thema bezahlbarer Wohnraum für alle vor dem Massenlager Tempelhof startet und die Migranten mit in die Mobilisierung mit einbezieht?
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=116700
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