Cottbus: Wenn Flüchtlinge gegen Gesetze verstoßen, gibt es Kollektivstrafen. Wenn Rechte solche Vergehen zur Mobilisierung nutzen, Beifall

Dossier

Initiative Gemeinsam ohne Angst Cottbus Nach mehreren Auseinandersetzungen zwischen Syrern und Deutschen wird das Land Brandenburg zunächst keine Flüchtlinge mehr nach Cottbus schicken. Dies teilte das Innenministerium am Freitag nach einem Besuch von Minister Karl-Heinz Schröter (SPD) in der Stadt mit. Damit wird die Verteilung von Flüchtlingen aus der zentralen Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt entsprechend geändert. „Wir hoffen, dass wir die Lage damit entspannen können“, sagte der Sprecher des Ministeriums, Ingo Decker. Zu dem Maßnahmenpaket zählen auch fünf zusätzliche Streifen plus zivile Kräfte, der dauerhafte Einsatz von Videotechnik und eine verstärkte Zusammenarbeit der Polizei mit den Schulen. Zuletzt hatten zwei 15 und 16 Jahre alte Syrer nach einem Streit unter Jugendlichen einen 16-jährigen Deutschen mit einem Messer im Gesicht verletzt. Beide wurden gefasst und am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen. Für Aufsehen sorgte zuvor auch ein Angriff von drei jungen syrischen Flüchtlingen auf ein deutsches Ehepaar. Es gab zuletzt aber auch eine Attacke Unbekannter auf Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft…“ – aus dem Beitrag „Cottbus wird zur No-Go-Zone“ am 19. Januar 2018 in der taz externer Link über die Anlässe aktueller rechtsradikaler Mobilisierungen in der Stadt. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge und neu dazu:

  • In Cottbus nichts Neues: Rechte Angriffe und das Schweigen in der Stadt / Spendenaufruf New
    Auch Cottbus scheint für eine demokratische Gesellschaft und rechtsstaatliche Mindeststandards verloren zu sein: Die Organisation „Women in Exile“ — ein Zusammenschluss von vor Gewalt, Verfolgung, Krieg und Zerstörung geflüchteter Frauen aus aller Welt — hatte am vergangenen Samstag zu einer Demonstration aufgerufen, weil es in den zurückliegenden Wochen zu zahlreichen rassistischen Angriffen und rechtem Terror gekommen war, die völkisch-nationalistische „Bürgerbewegung“ „Zukunft Heimat“ sich formiert hat und — laut der jüngsten Wahl-Blitzumfrage — die rechtspopulistische AfD auf fast 30 Prozent der Stimmen kommen würde. In der Höhle der Rechten waren die Protestierenden mit Anfeindungen, einem rassistischen Angriff, einem Anschlag auf den Demonstrationsbus und einer tatenlosen Polizei konfrontiert. Wir dokumentieren wütend und solidarisch die Pressemitteilung von „Women in Exile and Friends“ und „Cottbus Nazifrei“ vom 12.03.2018 (…) Der bunte Protest wurde durch Übergriffe von Gegnern der Demonstration überschattet. In der Nacht von Sonntag auf Montag wurde der von der Organisation Women in Exile genutzte Omnibus auf dem Oberkirchplatz in Cottbus schwer beschädigt. Die Angriffe während und nach der Demonstration von Frauen und Geflüchteten zeigen erneut, wie hemmungslos in Cottbus gegen Andersdenkende vorgegangen wird. Vor den Augen der Polizei und trotz erhöhter Polizei-Präsenz in Cottbus wurde die Demonstration von zahlreichen Vorfällen überschattet. „Für uns ist klar, dass die Zerstörung des Busses ein gezielter Angriff war…“ Dokumentation vom 14. März 2018 im Antifra-Blog der RLS externer Link. Wichtig: Der bislang geschätzte Schaden am Bus beläuft sich auf mehrere Tausend Euro. Um finanzielle Unterstützung wird gebeten. Spenden können auf folgendes Konto überwiesen werden: Opferperspektive e.V., Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE34100205000003813100, BIC: BFSWDE33BE, Betreff: Bus-Schaden Cottbus (bitte unbedingt angeben)
  • Samstag, 03.02.2018: Demonstration „Leben ohne Hass – Gemeinsam gegen die Angst“ 
    Am Samstag, dem 3. Februar wollen wir uns um 11.00 Uhr auf dem Altmarkt in Cottbus treffen, um für ein friedliches Miteinander zu demonstrieren. Wir sind Menschen aus Syrien, Afghanistan, Libanon und Deutschland und leben gemeinsam in Cottbus. Wir spüren, dass sich seit Anfang des Jahres die Atmosphäre in unserer Stadt verändert hat. Die körperlichen und verbalen Übergriffe untereinander nehmen zu. Vor allem die beiden Vorfälle am Blechen Carré werden jetzt genutzt, um die Stimmung mit einer fremdenfeindlichen Kampagne anzuheizen. Die dadurch entstehende Angst treibt uns auseinander. Es kommt zu Diskriminierungen und Pauschalisierung von Geflüchteten als Gewalttäter – doch Gewalt ist keine Frage der Herkunft! Wir wollen gemeinsam für ein friedliches Miteinander eintreten, in dem alle Menschen gerecht behandelt werden. Cottbus ist die Stadt von uns allen. Wir wollen hier gemeinsam leben. Unser Zusammenleben soll von Frieden, Solidarität und Respekt geprägt sein – dafür steht das Symbol der Yasminblume. Lasst uns gemeinsam zeigen, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen und die Angst voreinander überwinden können!“ Aufruf der Initiative Gemeinsam ohne Angst Cottbus auf deren Fratzebuch-Seite externer Link zur Demo um 11Uhr auf dem Altmarkt in Cottbus, die InitiatorInnen sind Menschen aus Syrien, Afghanistan, Libanon und Deutschland und leben gemeinsam in Cottbus und wenden sich gegen die Diskriminierungen und Pauschalisierung von Geflüchteten als Gewalttäter. Cottbus Nazifrei unterstützt externer Link die Initiative von Geflüchteten “Gemeinsam ohne Angst in Cottbus”. Siehe nun den Bericht:

    • Proteste in Cottbus: 1500 solidarische Einwohner gegen 3000 Asylfeinde 
      Viele Bürger und der brandenburger Stadt demonstrierten Mitmenschlichkeit – rechte Asylfeinde mobilisierten jedoch doppelt so viele
      »Leben ohne Hass« wollen die 1500 Menschen aus mindestens sieben Ländern, die am Sonnabend in Cottbus demonstrierten. Es war ein bunter, fast fröhlich anmutender Zug, trotz der leidenschaftlichen Reden, die um die ernsten Probleme in der Stadt kreisten. Luftballons, fantasiereiche Transparente, Rosen, die von Flüchtlingen an die Cottbuser verteilt wurden, Musik. Mittendrin eine riesige, auf Stoff gemalte Jasminblüte als Symbol von Frieden, Solidarität und Respekt. (…) Luise Meyer, Sprecherin vom Netzwerk »Cottbus nazifrei«, hob hervor, dass mit dieser Demonstration zum ersten Mal Flüchtlinge selbst ihre Stimme erhoben, um zu zeigen, dass nicht sie in ihrer Mehrzahl das Problem in der Stadt sind. »Nazis sind das Problem in Cottbus und ›Zukunft Heimat‹ ist das Problem in Cottbus. Und denen überlassen wir nicht die Straße in unserer Stadt.« Cottbus sei von der fremdenfeindlichen Initiative »Zukunft Heimat« wegen seiner starken rechten Szene als Ort einer Kampagne gewählt worden, um Leute aufzuhetzen und Hass zu schüren. Wie diese Saat aufgeht, zeigte sich am Nachmittag erneut am Oberkirchplatz, wo die Asylfeinde von »Zukunft Heimat« zur Demonstration mit Gästen von Pegida & Co. aufgerufen hatte…“ Bericht von Henry-Martin Klemt beim ND online vom 05.02.2018 externer Link
  • Das bunte Cottbus herausgefordert: Asylfeindliche Demonstration macht auf gewachsenes rechtes Problem der Stadt aufmerksam 
    „Es wirkt ein wenig so, als erwache Cottbus erst ganz allmählich aus einem Albtraum. Ganze 1500 Menschen hatte der rechte Verein »Zukunft Heimat« am Sonnabend in der Cottbuser Innenstadt zusammengebracht. Vorgeblich als Reaktion »besorgter Bürger« auf kriminelle Attacken von jugendlichen Syrern gegen Deutsche – unentschuldbare Vorfälle, gegen die der Staat aber entschieden vorgeht. Doch die »besorgten Cottbuser Bürger« hatten dabei nicht nur den Schulterschluss zur AfD gesucht, sondern sich gleich noch gemein gemacht mit Identitären, erklärten Rassisten und Ausländerfeinden von ganz rechts und aus der gewaltbereiten Hooligan-Szene. Und es blieb nicht nur bei verbalem Unmut und Drohungen, sondern es kam zu Tätlichkeiten, zu Gewalt nicht zuletzt gegen Journalisten. Vorgänge, auf die das andere Cottbus, das für Offenheit und Toleranz einsteht, zunächst keine Antwort gefunden hat. »Wir machen jetzt erst mal keine Gegendemo«, sagt Bettina Handke vom Förderverein »Cottbuser Aufbruch« am Montag unter Verweis auf die aufgeheizte Situation in der Stadt dem »nd«. Die Aktivisten konzentrierten sich auf die Vorbereitung der traditionellen Aktion »Cottbus bekennt Farbe« am 15. Februar, dem Tag des Gedenkens für die Opfer der Bombardierung der Stadt kurz vor Kriegsende 1945. Ein Datum, dass Rechtsradikale und vor allem Neonazis seit jeher für sich vereinnahmen wollten. »Wir werden in diesem Jahr einen Sternmarsch für ein buntes, weltoffenes Cottbus in der Stadt veranstalten, der mit einer Kundgebung an der Oberkirche beendet werden soll. Ein Ort, den die Rechten jahrelang für sich reklamiert hatten. Wir wollen zeigen, dass wir ihn für die Demokraten zurückerobert haben.«…“ Beitrag von Tomas Morgenstern bei neues Deutschland vom 23. Januar 2018 externer Link
  • „Angriff auf Journalisten bei rechter Demo in Cottbus“ am 21. Januar 2018 in neues deutschland externer Link ist eine Meldung über die Demonstration gegen Flüchtlinge, in der einleitend berichtet wird: „In Cottbus ist es am Samstag bei einer Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik Medienberichten zufolge zu Angriffen auf Journalisten gekommen. Aufgerufen zu dem Protest habe der rechte Verein »Zukunft Heimat«, berichtet der »Tagesspiegel« (Sonntag). An der Anti-Flüchtlings-Demonstration hätten etwa 1500 Menschen teilgenommen. Unter anderem hätten sich Politiker der AfD-Landtagsfraktion sowie Mitglieder der rechtsextremen »Identitären Bewegung« und von Neonazi-Gruppen daran beteiligt. Politiker anderer Parteien und Medienvertreter seien als »Volksverräter« beschimpft worden, berichtet die Zeitung weiter. Zudem seien bei dem Protestmarsch mehrere Journalisten heftig attackiert worden. Unter anderem sei eine auf einer Bank stehende Journalistin, die gerade Fotos machte, von einem 44-jährigen Mann geschubst worden. Die Frau habe sich abfangen können und sei unverletzt geblieben. Ein anderer Journalist sei von einem 25-jährigen Protestteilnehmer angerempelt worden. Dadurch sei das Handy des Journalisten zu Boden gefallen und beschädigt worden. Die Polizei konnte beide Tatverdächtige in unmittelbarer Nähe stellen und hat Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und versuchter Körperverletzung aufgenommen. Zudem seien von Demonstrationsteilnehmern gegen den RBB Beleidigungen skandiert und Drohungen gegen anwesende Reporter ausgesprochen worden…
  • „Feuerwehr grüßte rechte Kundgebung“ am 22. Januar 2018 ebenfalls in neues deutschland externer Link berichtet über den behördlichen Beifall an die rechte Demonstration: „1500 Teilnehmer zählte am Sonnabend eine Kundgebung des Vereins »Zukunft Heimat« am Einkaufszentrum Blechen-Carré in Cottbus. Zwei Journalisten wurden tätlich angegriffen. Ein rbb-Hörfunkredakteur berichtete, ein vorbeifahrendes Feuerwehrauto habe per Lautsprecherdurchsage »die Patrioten« gegrüßt. Die Berufsfeuerwehrleute müssen nach Informationen des »Tagesspiegel« mit Konsequenzen wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot rechnen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=126944
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