Nach dem rassistischen Terror-Anschlag von Bottrop: Sprache regelt

PRO ASYL: Rassismus verursacht tödliche VerhaltensweisenWas genau soll überhaupt »fremd« heißen? Der Täter hatte vermutlich »fremdenfeindliche« Motive heißt es durchweg in den Meldungen. Außerdem wird immer wieder Reul mit den Worten zitiert, der Täter habe die »klare Absicht gehabt, Ausländer zu töten«. Mit Sicherheit hat der Mann jedoch vor seinem Angriff niemanden nach seiner oder ihrer Nationalität gefragt und er hatte es offenbar auch nicht auf weiße Schweizer*innen abgesehen. Wenn in deutschen Medien von Ausländern die Rede ist, sind fast immer Menschen mit dunkler Haut, dunklen Haaren, Hijab oder anderen äußeren Merkmalen gemeint, die sie in irgendeiner Weise von der weißen, deutschen »Mehrheitsgesellschaft« unterscheiden. Sie werden sogar oft dann noch als Ausländer bezeichnet, wenn sie einen deutschen Pass haben oder in Deutschland geboren sind. Außerdem scheinen sie schneller unter die Kategorie »fremd« zu fallen, als beispielsweise der weiße Tourist aus den USA. Diese gebräuchliche Praxis der Begriffsverwendung in deutschen Medien erinnert stark an das Rassendenken im Nationalsozialismus: Nur wer blond und blauäugig ist, gehört wirklich zur deutschen Nation…“ – aus dem Beitrag „»Fremdenfeindlichkeit«? Das Problem heißt Rassismus“ von Lou Zucker am 02. Januar 2019 in neues deutschland externer Link, worin auch noch weitere Beispiele rassistischer Alltagskultur angeführt werden… Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge:

  • „Rassistische Mordanschläge in der Silvesternacht: Die Konstruktion des „wirren Einzeltäters““ von Michael Lausberg am 02. Januar 2019 bei scharf links externer Link unterstreicht beispielsweise:Die These einer „psychischen Erkrankung“ des Täters wird bislang transportiert und dient zur Abwertung und Bagatellisierung seiner offenkundigen rassistischen Motivation. Erinnerungen an die mysteriösen Amokfahrt im vergangenen Jahr in Münster werden zwangsläufig wach: Dort lenkte am 7. April 2018 ein 48-Jähriger im Zentrum von Münster einen Kleinbus in eine Gruppe von Menschen. Vier Personen starben, als 20 wurden zum Teil schwer verletzt. Der Täter erschoss sich anschließend selbst. Dies wurde in weiten Teilen der Medien und offiziellen Stellungnahmen als Suizid mit der Tötungsabsicht Unbeteiligter gewertet. Diese rassistischen Mordversuche durch einen „wirren Einzeltäters“ zu deuten, verschleiert die gesellschaftspolitischen Hintergründe der Taten, bei der es nur durch Zufall gab es keine Toten gab. Der von Neonazis, AfD und ihren bürgerlichen Stichwortgebern geschürte Rassismus, der nach der Faktenlage der „Mitte-Studien“ von einer Vielzahl von Normalbürgern geteilt wird, gerät durch die Pathologisierung der Mordanschläge nicht in den öffentlichen Fokus. Hass gegen Geflüchtete oder pauschal gegen alles Nichtdeutsche wird systematisch ausgeblendet und darf weiterhin Bestandteil der politischen Kultur der BRD bleiben…
  • „Die Gewalt der Sprache“ von Sebastian Bähr am 02. Januar 2018 in neues deutschland externer Link zum einschlägig bekannten Innenminister unter anderem: „Handelte es sich hier nun um eine »unpolitische Attacke eines geistig Verwirrten« oder um einen rechten Terroranschlag? Zumindest Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte gegenüber Medien: »Die offensichtlich fremdenfeindlich motivierte Amokfahrt in Bottrop hat mich sehr betroffen gemacht.« Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums ergänzte am Mittwoch, dass man den Vorfall nicht als »Terror« bezeichnen könne. Es sei die kriminelle Tat eines Einzelnen. Auf nd-Nachfrage hieß es vom BMI lediglich: »Die Äußerungen des Ministers stehen für sich.« Für eine abschließende Einordnung müsse man weitere Ermittlungsergebnisse abwarten. In mehrfacher Hinsicht ist Seehofers Wortwahl problematisch. Zum einen durch seine Motivbeschreibung »fremdenfeindlich«, die von zahlreichen Medien aufgegriffen und unkritisch übernommen wurde. Genau wie der Begriff »Ausländerhass« wird auch »Fremdenfeindlichkeit« von den »Neuen deutschen Medienmachern« als »ungenau« kritisiert: »Selten geht es um tatsächliche Fremde wie etwa Touristen«, heißt es in dem Glossar der Initiative. Von der vermeintlichen »Ausländerfeindlichkeit« seien in der Regel oft deutsche Staatsangehörige betroffen. Werden »Ausländerhass« oder »Fremdenfeindlichkeit« als Motive genannt, gebe das die Perspektive der Täter wieder. »Präziser ist es, die Straftaten und Motive als rassistisch, rechtsextrem oder neonazistisch zu bezeichnen.«…
  • „Der Fremdenhass kriecht aus allen Ritzen“ von Matthias Drobinski am 02. Januar 2018 in SZ Online externer Link hat zwar selber eine einschränkende Überschrift, hebt aber trotzdem zu Recht hervor: „Diese Entpolitisierung rechter Gewalt – und die Amokfahrt des Mannes aus Bottrop war eine politisch motivierte Tat – ist aber alles andere als ein Einzelfall. Die Bundesregierung selber teilte im Juni mit, seit dem 3. Oktober 1990 seien 76 Menschen durch rechte Gewalttäter ums Leben gekommen, andere Berechnungen gehen von mehr als 150 aus. Mit weitem Abstand hat keine andere politisch motivierte Gewalt in der Geschichte der Bundesrepublik so viele Opfer gefordert wie die von rechts. Nur wurde und wird sie immer noch oft nicht als politisch motivierte Gewalt angesehen: War halt eine Kirmesschlägerei, sind irgendwelche Idioten aneinandergeraten, war ein Totschlag im Suff…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142229
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