Der NSU-Prozess geht weiter. Die Farce auch?

Enver Simsek - im Jahr 2000 vomNSU ermordetSeda Basay-Yildiz widerlegt die Drei-Täter-Theorie der Anklagebehörde und weist nach, dass die Mörder lokale Unterstützer gehabt haben müssen. Nach den „unterlassenen Ermittlungen“ durch die Polizei im Fall Enver Simsek, der das erste von zehn Mordopfern der NSU-Serie wurde, widmete sich die Anwältin der Familie Simsek im zweiten Teil ihres Plädoyers den „unterlassenen Ermittlungen“ durch die Bundesanwaltschaft (BAW) nach der Aufdeckung des NSU-Trios im November 2011. Es war eine fundierte Abrechnung mit der BAW-Theorie der isolierten Dreier-Zelle Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe. Seda Basay-Yildiz trug dabei auch Sachverhalte vor, die zwingend weitere Ermittlungen nötig machen. Der Mord vom 9. September 2000 in Nürnberg wurde zunächst elf Jahre lang nicht aufgeklärt. Bis heute ist unbeantwortet, warum Enver Simsek getötet wurde. Die Nebenklageanwältin nahm sich zunächst vor, was die Angeklagte Beate Zschäpe, die mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zusammenlebte, bei ihrer Einlassung im Dezember 2015 vor Gericht angab. Sie habe erst im Dezember 2000 von dem Mord erfahren, sei geschockt gewesen und ausgeflippt. Sie habe aber von Böhnhardt und Mundlos keine klare Antwort erhalten, warum sie das getan haben“ –aus dem Beitrag „NSU-Prozess: Opferanwältin nimmt Bundesanwaltschaft auseinander“ von Thomas Moser am 11. Januar 2018 bei telepolis externer Link über den zweiten Teil des Plädoyers der Anwältin der Nebenklage, worin die leitende „Drei-Leute-Theorie“ der Staatsanwaltschaft demontiert wurde. Siehe zur Fortsetzung des NSU-Prozesses auch den ersten Teil zum Plädoyer der Nebenklage sowie einen Beitrag zu einer Zeugenaussage:

  • „„NSU-Prozess: „Unterlassene Ermittlungen“ schon beim ersten Mord“ von Thomas Moser am 10. Januar 2018 bei telepolis externer Link unterstreicht zum ersten Teil des selben Plädoyers: „Aufgerufen ist der Fall Enver Simsek, mit dem die Mordserie am 9. September 2000 begann. Der Blumenhändler wurde an seinem Stand am Stadtrand von Nürnberg in seinem Transporter mit neun Schüssen niedergeschossen, acht trafen ihn. Den Mord verübten zwei Täter mit zwei Tatwaffen, der Ceska-Pistole und einer der Marke Bruni. Die Täter machten ein Foto von dem Sterbenden, das auf dem NSU-Video zu sehen ist. Enver Simsek hielt noch zwei Tage durch und erlag am 11. September 2000 in einem Nürnberger Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Er wurde 38 Jahre alt und hinterließ seine Frau Adile, damals 36, sowie zwei Kinder im Alter von 13 und 14 Jahren. Adile Simsek und der Sohn Abdul Kerim sind zum Plädoyer ihrer Anwältin Seda Basay-Yildiz mit nach München gekommen. Der Sohn will auch noch das Wort nehmen“.
  • „Die Überlebenden“ von Konrad Litschko am 10. Januar 2018 in der taz externer Link über die Zeugenaussage des Sohns von Enver Simsek: „Abdulkerim Şimşek kämpft um seine Fassung, ringt mit den Tränen, immer lauter wird seine Stimme. „Warum mein Vater? Wie krank ist es, einen Menschen nur aufgrund seiner Herkunft zu töten? Was hat mein Vater Ihnen angetan?“ Şimşek schreit jetzt fast in den Saal. „Können Sie verstehen, was es heißt, im Bekennervideo den Vater blutend auf dem Boden zu sehen?“ Er muss an sich halten, nimmt einen Schluck Wasser. Dann blickt er zu Richter Manfred Götzl. „Ich möchte, dass alle, die an der Ermordung meines Vaters schuld sind, in höchstem Maße bestraft werden.“ Er hat Abdulkerim Şimşek viel Kraft gekostet, der Auftritt an diesem Mittwoch. Aber der 30-jährige Student der Medizintechnik wollte unbedingt selbst sprechen, jetzt, fast am Ende des Münchner NSU-Prozesses, nach bald fünf Jahren Verhandlung“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=126479
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