Das Urteil im NSU-Prozess ist eine offizielle Bilanz der BRD: Die Gegenbilanzen sind eindeutig – neue Menschenjagd-Aufrufe der Rechten erst recht…

In Gedenken an die Opfer des NSUWenn am heutigen 11. Juli 2018 das Münchener Oberlandesgericht nach rund 5 Jahren Prozess die Urteilsverkündung vornimmt, so kann man dies auch als den Zeitpunkt der Verkündung der offiziellen Bilanz der „NSU-Affäre“ durch die BRD sehen. Im Verlaufe dieser 5 Prozessjahre haben NebenklägerInnen und ihre Anwälte, antifaschistische Gruppierungen und Organisationen von MigrantInnen und die kritischen JournalistInnen verschiedener Medien immer wieder die Beschränkungen der Prozessführung insbesondere durch die Staatsanwaltschaft hervor gehoben und kritisiert. Nach dem Motto „1-2-3, was darüber ist, ist von Übel“ wurde alles getan, um tiefer gehende Nachforschungen zu verhindern – das wurde viele Male deutlich und deutlich gemacht und auch LabourNet Germany hat darüber immer wieder berichtet. Seien es ungeklärte Todesfälle rund um die NSU-Nachforschungen oder die Beteiligung der Geheimdienste, die immer wieder als „Versagen“ beschönigt wurde oder, gelinde gesagt, höchst seltsame (Nicht)Vorgänge rund um Heilbronn. Passend zum „Bilanztag“ kommen neue Drohungen faschistischer Banden ans Tageslicht – weswegen auch die „Kontinuität der Mordbrenner“ ein höchst aktuelles Thema ist. Siehe dazu ein exemplarisches Interview mit einem Terror-Betroffenen, eine aktuelle Enthüllung über Nazi-Menschenjagd-Aufrufe im Juli 2018, über die eindeutige (Nicht)Reaktion von Polizei&Co, über längst bekannt gewordene weitere NSU-Taten und Verbindungen  – und einen ausführlichen Hintergrundbeitrag zur Mordpolitik der Faschisten in der BRD, sowie Fakten zur Fortexistenz des NSU:

  • „“Der Rechtsstaat hat in Deutschland Löcher““ am 11. Juli 2018 in der SZ Online externer Link ist ein Interview von Oliver Das Gupta mit Abdulkerim Şimşek, dessen Vater das erste NSU-Opfer war. Darin drückt er seine Meinung aus, die auch die vieler anderer vom Terror betroffener Menschen ist: „… Auf der einen Seite ist dieser Tag für mich und meine Familie eine große Erleichterung. Ich habe am Anfang nicht gedacht, dass uns das so mitnimmt. Inzwischen sind wir total fertig. Natürlich fände ich es positiv, wenn die Angeklagten die Höchststrafe bekommen. Es ist mir auch sehr wichtig gewesen, dass die Polizei im Gericht erklärte, dass mein Vater unschuldig gewesen ist. Auf der anderen Seite bin ich sehr enttäuscht vom Prozess. (…) Es gibt immer noch keine Antworten auf die Fragen, die für meine Familie am Wichtigsten sind. Wir wollen die genauen Umstände der Ermordung meines Vaters erfahren: Warum wurde gerade er Opfer? Wie sind die Täter vorgegangen? Und wer sind die anderen Helfer des NSU?…“ – und er verklagt jetzt die Bundesrepublik.
  • „Rechtsextreme setzten Kopfgeld auf irakische Flüchtlinge aus“ von Lukas Wittland am 08. Juli 2018 in den Ruhr-Nachrichten externer Link war der erste Beitrag über den neuesten Terror-Akt der Menschenjäger (Artikel für Abonnements), in dem es einleitend heißt: „Per Flugblatt wurden im Internet 500 Euro für Hinweise auf den Aufenthaltsort einer irakischen Familie im Kirchenasyl ausgelobt. Für den Fall hat sich auch der Staatsschutz interessiert. Ende Juni hat eine christliche irakische Familie die Erlaubnis erhalten, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Zuvor hatte die Familie seit Februar im Kirchenasyl gelebt, das ihr die Evangelische Christus-Kirchengemeinde aus dem Stadtbezirk Lütgendortmund gewährt hatte…
  • „Mord unter staatlicher Aufsicht: Von Solingen zum NSU“ von Rolf Gössner in der Ausgabe Juli 2018 der Blätter für Deutsche und Internationale Politik externer Link ist ein ausführlicher Beitrag, der sowohl zum Prozess, als auch zu den aktuellen rechten Akten, wie eben die erneute Dortmunder Menschenjagd „passt“. Darin heißt es zum Verhalten der Behörden in diesen 25 Jahren (und damit ist konkret nicht die Staatsanwaltschaft Dortmund gemeint): „… Die langjährige Nichtaufklärung der NSU-Mordserie sowie die Ausblendung ihres rassistischen Hintergrunds haben uns drastisch vor Augen geführt, dass „Verfassungsschutz“ und Polizei im Bereich „Rechtsextremismus/Neonazismus“ grandios versagt haben. Speziell vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ist das besonders schockierend. Denn es waren nicht nur Pannen und Unfähigkeit, wie gerne kolportiert wird, nein, da waren ideologische Scheuklappen und struktureller Rassismus im Spiel, die zu Ignoranz und systematischer Verharmlosung des Nazispektrums führten und damit zu einem beispiellosen Staatsversagen – begünstigt übrigens auch durch eine jahrzehntelang einseitig gegen sogenannten Links-extremismus, Ausländerextremismus und Islamismus ausgerichtete „Sicherheitspolitik“.  Schon im Laufe der 1990er Jahre entstand in Neonazi-Szenen und -Parteien ein regelrechtes Netzwerk aus V-Leuten, Verdeckten Ermittlern und Lockspitzeln. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass in Neonazi-Szenen rekrutierte V-Leute nicht etwa „Agenten“ des demokratischen Rechtsstaates sind, sondern staatlich alimentierte Nazi-Aktivisten – also meist gnadenlose Rassisten und Gewalttäter, über die sich der Verfassungsschutz heillos in kriminelle Machenschaften verstrickt. Brandstiftung, Körperverletzung, Totschlag, Mordaufrufe, Waffenhandel, Gründung terroristischer Vereinigungen: Das sind nur einige der Straftaten, die V-Leute im und zum Schutz ihrer Tarnung begehen…
  • „Viel Unterstützung in Nürnberg für den NSU?!“ von Patrick Rank im Stoffwechsel-Magazin von Radio Z externer Link am 09. Juli 2018 beim Freie-radios.net dokumentiert, ist eine Sendung, in deren Skript es unter anderem, in Bezug auf neue und erweiterte Informationen über den NSU-Terror heißt: „… Die Trio-These, also dass nur Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe an den Morden beteiligt waren, ist fraglich. Das Unterstützer*Innennetzwerk dagegen groß, wie die Untersuchungsausschüsse, der NSU-Prozess selbst, die Nebenklage-Anwält*Innen, Opfer-Initiativen und verschiedene Medien ermittelt haben. Auch gibt es viele Verwicklungen des Verfassungsschutzes auf Landes- und Bundesebene zum NSU. Auch in Nürnberg fand das Kerntrio eine Nazi-Community, die sie unterstützt haben muss. Zum Beispiel beim Anschlag auf die Pilsbar Sunshine im Juni 1999, der nun nach neuen Recherchen dem NSU und dem Umfeld zugeschrieben wird. Mehr über die Verquickungen vom NSU hier in Nürnberg erfahrt ihr jetzt von Jonas Miller, der für den Störsender des BR berichtet. Mein Kollege Patrick Rank fragt ihn: Was für neue Erkenntnisse es durch Recherchen des BR und der NN zu dem Fall gibt?…
  • „»Den NSU gibt es noch«“ von Niklas Franzen am 10. Juli 2018 in neues deutschland externer Link, unter anderem mit folgenden Aussagen: „»Den NSU gibt es noch«, sagt Rob Seedorf, Mitorganisator der Demonstration in Berlin. Recherchen zeigen, dass der NSU auf ein großes Netzwerk zurückgreifen konnte. Eine große Zahl der Unterstützer*innen der Terrorgruppe ist weiterhin auf freiem Fuß und militante Nazistrukturen bestehen vielerorts ungestört weiter. Auch die Sprecherin des Bündnisses »Irgendwo in Deustchland«, Weerstand meint: »Es wuchert fort, was zur Zeit des NSU entstand.« Das Terrornetzwerk gründete sich in einem Klima des gesellschaftlichen Rassismus. »Der NSU stärkte seine Überzeugung, das Land im Sinne der Mehrheit mit Gewalt zu verändern, aus dem Zuspruch zu den rassistischen Pogromen der 1990er Jahre wie in Hoyerswerda oder Lichtenhagen«, sagt Seedorf. »Nicht erst seit den Pogromen von Heidenau und Freital sehen wir wieder solche Entwicklungen.«…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=134524
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