Werdet unregierbar. Wie können wir den Faschismus stoppen? Sechs Vorschläge von Paul Mason

Vorlage zur Verbreitung und antifaschistischer Nutzung vom "Campaign Service 2010" nach einer Idee von Wenzel Ruckstein„Eins ist sicher: Der Faschismus ist nicht mehr retro. In Brasilien regiert ein Faschist. In den USA marschieren Männer mit Sturmgewehren unter einer Parodie der Nazi-Kriegsflagge. Der Mann, der in Neuseeland 50 Muslime erschoss, trug ein Symbol der Waffen-SS an seinem Körper. Der Faschismus lebt – und wenn wir uns ihm nicht in den Weg stellen, werden wir seine Zeitungsverkäufer am Bahnhof und seine Sturmtruppen neben uns am Tresen antreffen, so wie Christopher Isherwood sie in den letzten Jahren der Weimarer Republik in Berlin antraf. Man könnte erwarten, dass die Frage, wie man ihn stoppen kann, Thema Nummer eins unter Gebildeten und Progressiven wäre. Aber dem ist nicht so. Netflix und Hollywood haben den Kampf gegen den Nazismus dermaßen kommerzialisiert, dass es den meisten Menschen kaum auffällt, dass die Bedrohung real ist. (…) Wir stehen vor einer dreifachen Krise: ein Wirtschaftssystem, das nicht funktioniert, schwindende Zustimmung zur Demokratie und hartnäckige Versuche von Unternehmen und Staaten, mithilfe von Algorithmen Kontrolle über unsere Gedanken und unser Verhalten zu erlangen. Es gibt vieles, was wir von anderen fordern können: dass die Redakteure von Fernsehnachrichtensendungen aufhören, denen eine Bühne zu bieten, deren einziges Markenzeichen darin besteht, weiße Vorherrschaft zu predigen. Von den Behörden können wir fordern, die volle Härte des Gesetzes gegen rechtsextremen Terrorismus und Hassreden walten zu lassen, von den bürgerlichen Parteien, keine Koalitionen mit der extremen Rechten einzugehen. Von den großen Technologiekonzernen schließlich, damit aufzuhören, aus Hass Geld zu machen. Aber damit das 21. Jahrhundert nicht zur Wiederholung der 1930er Jahre wird, müssen wir unregierbar werden.(…) Die gegenwärtigen Revolten gegen die autoritäre Rechte und gegen die maschinelle Kontrolle sind in Wirklichkeit ein und dieselbe Revolte. Als wir die neoliberale Idee akzeptiert haben, wonach der Markt eine autonome Maschine ist, die effektiver denken kann als jeder Mensch, haben wir die Grundlage für alles geschaffen, worauf wir jetzt reagieren müssen: die Anbetung mächtiger Verbrecher, die Rückkehr antiuniversalistischer Politik und die Kapitulation vor der algorithmischen Kontrolle. Die radikale Verteidigung des Menschen beginnt nicht bei politischen Führern, bei Klimaaktivisten, die an Fracking-Plattformen gekettet sind, oder in der Ethikkommission Ihres Unternehmens. Sie beginnt mit Ihnen“ Essay Paul Mason vom 12. Mai 2019 bei der Freitag Ausgabe 19/2019 externer Link (Übersetzung: Mladen Gladić) Paul Masons „Klare lichte Zukunft. Eine radikale Verteidigung des Humanismus“ erscheint am 13. Mai bei Suhrkamp (Übers. Stefan Gebauer)

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