Was (nicht nur) die CDU mit der AfD eint, ist: Alles, was die Rechten verschiedener Strömungen eint

Aktionstage gegen AfD und autoritäre Europapolitik am 16./17. Mai„… Report Mainz hat zudem die CDU-Fraktionsvorsitzenden in fast 60 Kommunalparlamenten in Sachsen und Thüringen zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der AfD befragt. Zwei gaben an, bereits mit der AfD gemeinsam Mehrheiten organisiert zu haben. Dabei bestehen die Kommunalparlamente in den beiden Bundesländern erst wenige Wochen. Sechs weitere CDU-Fraktionsvorsitzende antworteten, sie hielten es für wahrscheinlich, in Zukunft gemeinsam mit der AfD Mehrheiten zu organisieren. Nach Recherchen von Report Mainz gibt es in mindestens 18 Kommunalparlamenten Hinweise auf eine Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD. So haben zum Beispiel im thüringischen Saale-Holzland-Kreis laut Teilnehmern CDU-Abgeordnete einen AfD-Kandidaten gewählt, der bei der rechtsextremen Thügida aufgetreten war. In Chemnitz wurde nach Aussagen von Teilnehmern offenbar mit den Stimmen aus CDU, FDP und AfD der Jugendhilfeausschuss neu besetzt. Stadträte der Grünen und Linken werfen der Chemnitzer CDU vor, sich mit der AfD abgesprochen zu haben…“ – aus der Meldung „CDU und AfD nähern sich in Kommunen an“ am 10. September 2019 bei tagesschau.de externer Link zum aktuellen Nachwahlstand der Dinge. Siehe dazu eine kleine aktuelle Materialsammlung, in der an verschiedenen Stellen sowohl faktisches Zusammenwirken, als auch inhaltliche Überschneidungen deutlich werden:

„Die Basis bastelt an Schwarz-Blau“ von Hendrik Lasch am 10. September 2019 in neues deutschland online externer Link speziell zu Sachsen: „ Im Freistaat haben sich in den vergangenen Wochen Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage konstituiert, die im Mai gewählt worden waren. In diesen ersten Sitzungen werden Ausschüsse besetzt und Mandate an kommunalen Firmen vergeben. Gleich in mehreren Fällen kam es dabei zu aufschlussreichen Allianzen. In Zwickau zog die CDU ihren eigenen Kandidaten für den Verwaltungsrat der Sparkasse zurück, damit ein AfD-Mann gewählt wird. In Pirna sprachen sich CDU, AfD, Freie Wähler und die Fraktion »Pirna kann mehr« vorab über die Verteilung von Posten ab – zulasten von LINKE, SPD und Grünen. Die Lokalzeitung nannte dies eine »Machtdemonstration«. In Radebeul boten laut einem grünen Stadtrat CDU, Freie Wähler und FDP der AfD »Zusammenarbeit« an. (…) Bemerkenswert ist, dass der Hang zu schwarz-blauer Harmonie auch in der politischen Heimat von Kretschmer und Dierks ausgeprägt ist. Ersterer kommt aus Görlitz. Dort verhalfen Teile der CDU-Fraktion einem AfD-Mann zu einem Sitz im Ausschuss für Umwelt und Ordnung – der als Waffennarr und Fan der Identitären Bewegung gilt. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Franziska Schubert bescheinigte der CDU angesichts der Unbotmäßigkeit ihrer Basis gegenüber der Abgrenzungspolitik in Land und Bund »Führungsschwäche auf allen Ebenen«. Die Allianz von CDU und AfD in Görlitz ist um so bemerkenswerter, als sich beide Parteien unlängst bei der OB-Wahl ein Duell lieferten. CDU-Mann Octavian Ursu gewann dies nur, weil Schubert ihre Kandidatur in Runde zwei zurückzog und Grüne, etliche Wählervereinigungen und die LINKE zur Wahl Ursus rieten. Dankbarkeit? Fehlanzeige. Statt dessen, sagen LINKE und Grüne, werde auch in Görlitz ein CDU-interner »Machtkampf« über die Frage ausgetragen, wie man es mit der AfD hält…“

„Empörung über „Ehrenbrief“ für Republikaner“ von Robert Roßmann am 10. September 2019 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link über Sachsen im Westen, also Hessen – und einen sozialdemokratischen OB: „… Der „Mann mit rechter Gesinnung“, mit dem die Christdemokratin nichts zu tun haben will, ist Bert-Rüdiger Förster. Der 76-Jährige ist Fraktionschef der Republikaner in der Hanauer Stadtverordnetenversammlung und „geschäftsführender Landesvorsitzender“ seiner Partei. Außerdem sitzt Förster im Kreistag von Main-Kinzig, in dem auch Höhne-Weigl lange Mitglied war. Dort bildet er zusammen mit dem NPD-Abgeordneten eine Fraktion. Und ausgerechnet dieser Bert-Rüdiger Förster ist vor knapp drei Wochen ebenfalls mit dem Ehrenbrief des Landes ausgezeichnet worden. Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) hat Förster die Auszeichnung persönlich überreicht. „Auch wenn uns politisch in unserer Grundausrichtung vieles trennt, so lässt sich allemal zugestehen, dass die Hanauer Stadtverordnetenversammlung ärmer wäre ohne seinen Humor, seine langjährige kommunalpolitische Erfahrung und seine Hartnäckigkeit in der Sache“, hat Kaminsky damals erklärt. (…) „Es sorgt mich, wenn die Demokraten nicht klar sind in ihrer Abgrenzung nach links und rechts“, sagt Tauber der SZ. „Wenn ein ehrenamtlicher Ortsbeirat wie in Altenstadt geschehen in überparteilicher Naivität einen NPD-Mann wählt und das dann mühsam korrigiert“, dann sei das „schon schlimm“. Nicht weniger bedenklich sei es aber, „wenn ein sozialdemokratischer Oberbürgermeister nichts dabei findet, einen Republikaner, der vor Ort eine Fraktionsgemeinschaft mit der NPD pflegt, mit dem Landesehrenbrief auszuzeichnen“. Doch der OB ist sich keiner Schuld bewusst. Auf Nachfrage der SZ, ob er die Auszeichnung inzwischen für einen Fehler halte, lässt er ausrichten: „Nein“. Förster habe sich zwar im Wahlkampf „oft mit derben“ und „schwer erträglichen Parolen geäußert“...“

„“Die wussten doch, wen sie da wählen““ von Valentin Dornis und Josef Wirnshofer am 10. September 2019 ebenfalls in der SZ online externer Link ist zwar abopflichting, aber es genügt auch schon die einleitende Feststellung: „Seit in Altenstadt-Waldsiedlung ein NPD-Mann den Ortsvorsteher gibt, ist die Hölle los. Nur nicht in Altenstadt. Was ist da passiert?...“ – um daran zu erinnern, dass es auch „im Osten“ viele Male Aufregung gab. Von außerhalb…

„Der nette Nazi von nebenan“ von Peter Nowak am 10. September 2019 bei telepolis externer Link erinnert an Traditionen: „… Der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber sprach im Deutschlandfunk von parteiübergreifender Naivität bei dem Fall des NPD-Funktionärs und erklärte vollmundig, dass die CDU nie für einen NPD-Mann die Hand heben würde. Allerdings hatte sich ein CDU-Mitglied in Hessen mit Stimmen der NPD zum Bürgermeister von Bad Hersfeld wählen lassen. Es handelt sich um Hartmut Böhmer. 1989 machte er bundesweit Schlagzeilen, weil er sich von CDU und NPD zum Hersfelder Bürgermeister wählen ließ. Er sei von hessischen CDU-Funktionären ausdrücklich zu diesem schwarz-braunen Bündnis gedrängt worden, rechtfertigte er sich. Böhmer hatte sich in seiner langen Amtszeit die NPD-Unterstützung redlich verdient, wie das von Kathi Seewald und Timo Schadt herausgegebene Buch „Deutschlands Mitte – rechts daneben“ belegt hat. In einem generellen Zutrittsverbot für Sinti und Roma in Bad Hersfeld mochte er 1983 keine Diskriminierung sehen. Und bei einem Treffen der ehemaligen Waffen-SS in Hersfeld in jenem Jahr war Böhmer Ehrengast. Einen darob empörten Bürger beschied er: „Als Privatperson kann ich Ehrengast sein, selbst wenn Ihnen das nicht gefällt. Ich nehme mir auch in Zukunft die Freiheit, in meiner Freizeit zu tun und zu lassen, was ich will.“ Nicht alle sahen das so. Über 8000 Antifaschisten nahmen damals an einer Demonstration zur Verhinderung des SS-Treffens teil, die auch als „Hersfelder SS-Festspiele“ bezeichnet wurden. International bekannte Schauspieler sagten ihre Teilnahme bei den Hersfelder Festspielen ab. „Doch in Hersfeld hatten wir absolut keine Unterstützung“, erinnert sich der damalige Hersfelder DGB-Vorsitzende Julius Klausmann, dem seinerzeit als Organisator eines breiten Antifa-Bündnisses gegen das SS-Treffen der geballte Hass des Hersfelder Establishments entgegengeschlagen war. Ein CDU-Stadtverordneter hatte ihn damals öffentlich „Volksschädling“ genannt. In mehreren Läden Hersfelds wurde Klausmann nicht mehr bedient, anonyme Anrufer drohten ihm mit dem Tode. Ventiliert wurde die Kampagne vom damaligen Chefredakteur der Hersfelder Zeitung, Arnold zum Winkel, der sich selbst als Wahrer des gesunden Volksempfindens bezeichnete. Die Hersfelder Zeitung handelte sich wegen ihrer NPD-freundlichen Berichterstattung eine Rüge von den IG Medien ein. Später wurde Arnold zum Winkel Herausgeber von regionalen Heimatblättern...“

„AfD-Festspiele im ZDF“ von Katja Thorwarth am 06. September 2019 in der FR online externer Link über den Sender, der älteren Menschen noch als Wegbereiter und Vollzugsorgan geistig-moralischer Wenden (damals noch ohne die Konkurrenz des MDR) in Erinnerung ist und sein heutiges Wirken im Sinne von Normalisierung: „… Tatsächlich, auch wenn die AfD-Protagonist*innen gerne das Gegenteil unters Anhängervolk jubeln, sind die Rechten medienübergreifend stets präsent. Selbst in der Sommerpause, um nur ein Beispiel zu nennen, bekam AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen Präsenzzeit im prominenten ZDF-„Sommerinterview“, wo er vom Winde verweht und in Wiesen eingebettet den bürgerlichen Verständnispolitiker mimen durfte. Es wird also permanent das „Verbotene“ ausgesprochen und gleichzeitig die Gefühlsebene des in Selbstwahrnehmung zum Schweigen verdammten „Volks“ medial als Fakt behauptet. Schon einigermaßen schizophren, doch offenbar scheinen sie jetzt noch eine Schippe drauf legen zu wollen. Dass die AfD im Ersten während des Wahlabends als „bürgerlich“ durchrutschte, kann passieren, zumal, wenn man zu sehr darauf fixiert ist, die selbsternannte Opferpartei nicht in die Kategorie einzuordnen, in die sie gehört. Weil sie ja gewählt ist und weil sie so gerne „bürgerlich“ wäre. Damit gibt man halt seinen berufsbedingten Einordnungsauftrag bei der Maske ab. Doch es geht noch konsequenter. Nur drei Tage später zeigte das ZDF, dass das Zweite eine Schippe drauflegen kann. Der Sender veranstaltete nämlich am Mittwochabend AfD-Festspiele, die Bundessprecher Jörg Meuthen bei Dunja Hayali und im Anschluss Alexander Gauland inklusive Hundekrawatte bei Markus Lanz die Bühne bereiteten…“

„Keine Protestwähler“ von Fabian Hillebrand am 05. September 2019 in neues deutschland online externer Link ist ein Gespräch mit Matthias Quent, in dem dieser unter anderem hervorhebt: „… Die AfD punktet durch die rassistische bzw. kulturalisierende Umdeutung von sozialen Konflikten. Zum Beispiel in der Rentenpolitik. Sie sagt: »Sichere Renten sind möglich, wenn man Ausländer ausklammert und Flüchtlinge abschiebt.« Das ist ein Beispiel für die Ethnisierung der Politik. Viele Linke glauben aber, darin liegt die Hauptursache für den Erfolg der AfD. Ich glaube, es ist auch wichtig zu sehen, dass die AfD die Grundwerte der liberalen Demokratie angreift – das heißt die offenen Werte in vielen Bereichen. Damit stößt sie auf Zustimmung. Es gibt schon immer ein konstantes rechtsradikales Einstellungspotential in unserer Gesellschaft – das ruft die AfD nun ab. Was wir erleben, ist ein Kampf zwischen offener und geschlossener Gesellschaft. Und in Ostdeutschland ist diese offene Gesellschaft weniger ausgeprägt und verfestigt. Das kann man an unterschiedlichen Aspekten ausmachen, sei es die Demokratieerfahrungen, sei es der Migrationsanteil in der Bevölkerung. An zweiterem hängt ja die Frage: Wie normal wird kulturelle und ethnische Vielfalt wahrgenommen? In vielen ostdeutschen Regionen ist man eher an Neonazibanden gewöhnt als zum Beispiel an muslimische Familien. Man muss aber auch sagen: Die AfD ist kein ostdeutsches Problem. In absoluten Zahlen kommt bundesweit der Großteil der AfD-Wähler aus Westdeutschland…

„Linksradikale sind für CDU extrem wichtig“ von Philip Blees am 09. September 2019 ebenfalls in neues deutschland online externer Link über eines der zentralen gemeinsamen rechten Themen: „… Der rechtsextrem motivierte Mord an CDU-Politiker Walter Lübke scheint die Prioritäten seiner Berliner Kolleg*innen nicht zu beeinflussen: Am Montag wollte die CDU-Fraktion im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses einen »Aktionsplan gegen linke Gewalt« diskutieren. Der Inhalt? Das Übliche: härteres Vorgehen gegen »Linksextreme«, insbesondere in der Rigaer Straße, durch Strafverfolgung und Gefahrenabwehr, aber auch Präventionsarbeit, beispielsweise an Schulen. »Das Gewaltpotenzial linksextremer Täter ist nicht geringer als das rechtsextremer Gewalttäter«, heißt es zur Begründung des Antrags. Linke Gewalttaten seien auch Hassverbrechen und jeder Steinwurf ein Mordversuch. Deshalb müsse der Senat dringend handeln...“

„Barbarossa als Touristenmagnet und Mythos der extremen Rechten“ von Henry Bernhard am 03. September 2019 im Deutschlandfunk Kultur externer Link über durchaus gemeinsame Mythen: „… Auch der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke bedient sich gern am Barbarossa-Mythos – wenn auch weniger belustigt. „In der Höhle des Kyffhäuserberges schläft ein Kaiser, um eines Tages mit seinen Getreuen zu erwachen, und wenn die Not am Größten ist, des Reiches Herrlichkeit wiederherzustellen. Liebe Freunde, innere Kraft aus Mythen zu schöpfen, ist in Wendezeiten immer hilfreich gewesen. Und wir leben zweifellos wieder in einer Wendezeit.“ Seit ein paar Jahren versammelt sich Höckes völkischer bis rechtsextremer „Flügel“ der AfD immer Anfang Juli zum Kyffhäusertreffen. Höcke spricht gern über den schlafenden Kaiser als Erlöserfigur und lässt dabei recht deutlich mitschwingen, wen er in Nachfolge Barbarossas für den möglichen Erlöser hält. „Und dieser neue Mythos, der wird darüber entscheiden, ob wir diese Wendezeit nicht nur erleben und erleiden, sondern tatkräftig gestalten!“...“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154256
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