Die CDU rückt weiter. Nach Rechts

WORTE gegen RECHTSSpätestens seit den Tiraden eines Herrn Tönnies hat man gelernt: Wer rassistische Hetze betreibt, ist kein Rassist. So sieht es die „politische Mitte“ in der BRD. Also ist jemand, der die Rechten aus der AfD zurückholen will, indem er rechtere Politik durchsetzen will, auch kein Rechter. Was beispielsweise die Herren Merz und Maaßen sofort bestätigen würden. Vermutlich hat letzterer auch gar nicht gelogen, als er damals zu den Nazi-Banden in Chemnitz meinte, er habe keine rechten Schläger gesehen. Ob er Schläger der Richtung gesehen hat, die er vermutlich als „politische Mitte“ betrachtet, hat ihn ja niemand gefragt. Und die waffenstarrende Parteivorsitzende versucht krampfhaft, den beiden das rechte Profil nicht alleine zu überlassen. Einige aktuelle Beiträge zur Entwicklung der politischen Mitte – nach Rechts:

„Werte-Union meldet neuen Mitgliederrekord“ am 23. August 2019 im Tagesspiegel online externer Link ist eigentlich ein Verweis auf einen Artikel beim Spiegel, wobei wir diesen dennoch hier verlinken – weil dieses Blatt dazu begleitend (und wer das lesen will, muss schon ohne einen Link von uns auskommen) ein Interview mit dem Vorkämpfer der Rechten verbreitet. Zur Bilanz der Werte Union heißt es dabei in diesem Begleitbeitrag: „Die konservative Werte-Union meldet nach der Debatte um einen Parteiausschluss des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen einen neuen Mitgliederrekord. Das meldet das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Die Zahl der Mitglieder ist in den vergangenen Tagen um mehrere Hundert gestiegen und liege mittlerweile bei fast 3000, sagte der Vorsitzende der Vereinigung, CDU-Politiker Alexander Mitsch, dem Magazin. „Wir kommen gar nicht mehr hinterher, alle Mitgliedsanträge zu bearbeiten“, sagte er. „Ehrenamtlich ist das nicht mehr zu bewältigen.“ Die Werte-Union ist eine Vereinigung von CDU-Mitgliedern, aber keine offizielle Gliederung der Partei. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Wochenende einen Parteiausschluss Maaßens nicht ausgeschlossen. Später musste sie klarstellen, dass sie keinen Parteiausschluss Maaßens gefordert habe...“

„Deutschland bricht auf“ von Felix Schilk am 22. August 2019 in der jungle world externer Link hält dazu unter anderem fest: „… Es ist ein geradezu apokalyptisches Szenario, das Alexander Mitsch, der Vorsitzende der rechtsnationalen Werte-Union, beschreibt: Im Herbst 2015 habe die Bundesrepublik am Abgrund gestanden. Am 4. September sei die »Wunde«, die dem Land durch Abschaffung der Wehrpflicht, Energiewende, Euro-Rettung, Gender Mainstreaming und Political Correctness »schon seit Jahren hinzugefügt wurde«, schließlich aufgerissen, der »GAU« nicht mehr aufzuhalten gewesen. Monatelang seien »Massen an unregistrierten Einwanderern nach Deutschland« geströmt und hätten Identität, Frieden, Freiheit und Wohlstand im »Europa der Vaterländer« gefährdet. Doch in der Bevölkerung habe sich »nach und nach ein breiter werdender Widerstand« gezeigt, »der den Zustand der Politik- und Staatsverweigerung nicht länger« habe hinnehmen wollen. Innerhalb von CDU und CSU gründete sich im März 2017 der »Freiheitlich-konservative Aufbruch« als Zusammenschluss von konservativen und rechtslibertären Kräften, der sich wenig später in Werte-Union umbenannte und die Unionsparteien wieder zu ihrem »Markenkern« zurückführen will: restriktive Einwanderungspolitik, Leitkultur, Patriotismus, Heimattümelei, Law and Order und das christliche Abendland…“

„Merz: CDU muss Wertkonservative zurückholen“ von Daniela Vates am 24. August 2019 in der FR online externer Link fragt den anderen bekannten Vorkämpfer: „… Was ist der Grund dafür, dass die AfD sich so stabilisiert hat und die Volksparteien schwächer geworden sind? / Wir sollten die AfD mehr in die Diskussionen um die Themen zwingen. Ihr Menschenbild und ihr Bild von unserer Gesellschaft sind mehr als fragwürdig, genauso wie ihre Haltung zu unseren internationalen Partnern und zur EU. Viele Aussagen sind einfach inakzeptabel, aber Kontaktsperren und Sprechverbote helfen auch nicht weiter, sie nutzen im Gegenteil nur der AfD, weil ihre Thesen unwidersprochen bleiben. Die Union muss auch ihrerseits bereit sein, kritisch zu überprüfen, ob im Gesamtbild der Partei etwas fehlt. [Fehlt etwas?] Ja, die CDU hat die Wertkonservativen zum großen Teil aufgegeben. Viele von denen sagen: Nicht ich habe die CDU verlassen, sondern die CDU hat mich verlassen. Die Partei muss den Anspruch haben, diese Gruppe der Enttäuschten zurückzugewinnen. [Einer derjenigen, die sagen, die CDU habe ihn verlassen, ist Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Er tritt dennoch bei CDU-Wahlveranstaltungen auf. Wie hilfreich ist er für die Partei?] Und Maaßen kritisiert dort lautstark eine Bundesregierung, deren Staatssekretär er vor gerade einmal einem Jahr noch werden wollte. Er beschreibt die Lage in düsteren Farben und gibt doch kaum Antworten auf die Fragen, die sich damit verbinden. Aber in dem Kontext geht es dann auch um die Diskussionskultur und um die Verengung unseres Meinungsspektrums. Die CDU muss wieder lernen, abweichende Meinungen vom Mainstream auszuhalten und über die großen Themen unserer Zeit auch kontrovers zu diskutieren, über die Eurorettung und die Flüchtlingspolitik genauso wie über ökologische Themen…“

„Hüter der Konservativen“ von Stefan Braun am 23. August 2019 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link zur Haltung des Bundestagspräsidenten: „… Um Wolfgang Schäuble ist es zuletzt still geworden, insbesondere in Fragen, die sich um die CDU drehen. Seit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 hat sich der Bundestagspräsident nicht mehr zur eigenen Partei, ihrer Lage, ihren Problemen, ihren Hoffnungen eingelassen. Umso bemerkenswerter ist es, wie er sich jetzt zur Debatte um einen möglichen Parteiausschluss von Ex-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen geäußert hat. Schäuble sagte der Bild: „Die Frage, ob Herr Maaßen Mitglied der CDU sein darf oder nicht, gehört in den Bereich von Witzveranstaltungen.“ (…) Angesichts dieses Verlaufs spricht manches dafür, dass Schäubles Attacke dann doch eher der Parteichefin galt. Als Zeichen dafür, dass er sich bis heute als Hüter auch der betont Konservativen in der CDU versteht. Zumal Schäuble derlei auch in der Vergangenheit immer mal wieder gemacht hatte. So ist es Schäuble gewesen, der in den besonders schwierigen Phasen der Flüchtlingskrise dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière zur Seite sprang, als dieser eine härtere Linie beim Familiennachzug verlangt hatte und daraufhin von Angela Merkels Regierungssprecher öffentlich abgekanzelt worden war. Noch stärker ist freilich jener Auftritt des damaligen Finanzministers in Erinnerung geblieben, bei dem Schäuble ziemlich unverhohlen über die Fehler und möglichen Folgen der Merkel’schen Flüchtlingspolitik räsoniert hatte…

„CDU auf Kurssuche: Darf’s ein bisschen rechts sein?“ von Daniela Vates am 24. August 2019 in der FR online externer Link zum Kurs der Parteivorsitzenden: „“… Immer wieder hat Kramp-Karrenbauer auch danach nachsteuern, richtigstellen, ihre eigenen Äußerungen erklären müssen. Zuletzt war dies der Fall, nachdem sie am vergangenen Wochenende in einem Interview Sympathie für ein Parteiausschlussverfahren gegen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hatte erkennen lassen, der sich inhaltlich oft klar von der aktuellen CDU-Politik distanziert und der von einer CDU-Kanzlerin regierten Bundesrepublik einen Mangel an Rechtsstaatlichkeit unterstellt. Die CDU-Zentrale versicherte schnell, an ein solches Verfahren werde keinesfalls gedacht. Gleichwohl trifft das den Kern der Auseinandersetzung: Wie weit nach rechts kann und soll sich die CDU bewegen? Die Klage nach zu wenig Konservatismus begleitet die CDU fast die gesamte Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mit ihrem Liberalisierungskurs der Partei lange große Mehrheiten sicherte. In der kleinen, aber lautstark agierenden Werteunion mit ihrer Symbolfigur Maaßen haben die Konservativen eine öffentlich wahrnehmbare Vertretung gefunden – und in der AfD eine rechte Konkurrenzpartei...“

„Was normal ist„ von Hans Suilmann am 15. August 2019 in der jungle world externer Link war ein Kommentar, in dem zu Tönnies Tiraden bereits bilanziert wurde: … Wie es derzeit aussieht, wird der Vorfall für Tönnies jedoch keinerlei gravierende Konsequenzen haben – außer einer dreimonatigen Auszeit von seinem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender, die er selbst gewählt hat. Der Ehrenrat des FC Schalke 04, der Tagesschau-Kommentator Kai Gniffke und weitere Rassismusexperten wie Huub Stevens, Sigmar Gabriel und Wolfgang Kubicki stellten explizit fest, dass Tönnies’ Aussagen nicht rassistisch gewesen seien. Tönnies entschuldigte sich nicht einmal bei jenen, die er mit seinen Aussagen direkt herabgewürdigt hatte. All das illustriert die Regression der Konservativen sehr anschaulich. Wilhelm Heitmeyer sprach auf Spiegel Online von einer »Selbstentlarvung, man kann auch sagen Selbstdemaskierung, von Eliten«. Es handele sich um ein Lehrstück, »von Eliten quasi beglaubigt: Die Würde des Menschen ist antastbar.« Das ist in diesem konkreten Fall vielleicht etwas dick aufgetragen, trifft die Tendenz aber ziemlich gut. Der ganze Vorgang ist aber auch aus einem weiteren Grund ­deprimierend. Ein Skandal zeigt, was eine Gesellschaft nicht akzeptieren will. Im Umkehrschluss zeigt er auch, was eine Gesellschaft ­eigentlich für ganz in Ordnung hält, für normal, für nicht der Rede wert. Tönnies betreibt den größten Schlachtbetrieb in Deutschland, mit einem Jahresumsatz von etwa sechseinhalb Milliarden Euro. Zahlreiche Medienberichte weisen darauf hin, wie schlimm die Zustände in Tönnies’ Schlachtbetrieb sind…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=153583
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