Der Rechtsruck (nicht nur) bei den Landtagswahlen: Gemeinsamkeiten werden offener vertreten

[Aufruf von Pro Asyl] Wir geben keine Ruhe - Gemeinsam gegen Rassismus!„… Aber so etwas passiert immer wieder. Vor ein paar Monaten habe ich in der Mensa der Fachhochschule Potsdam ein paar Flyer ausgelegt. Auf einen Tisch, auf dem alle ihre Flyer auslegen. Da ist ein junger Mann aufgestanden, er hat die Flyer weggeschmissen und zu mir gesagt: ‚Ich brauche die nicht und dich brauche ich auch nicht, hau ab von hier.‘ Wegen solcher Ereignisse habe ich vor ein paar Jahren begonnen, mich selber in der Flüchtlingshilfe und bei anderen zivilgesellschaftlichen Organisation zu engagieren. Während des Wahlkampfs war ich ziemlich viel unterwegs. Ich wollte mir auch anschauen, wie die AfD arbeitet. Das Unheimlichste war da vielleicht ein Treffen in Cottbus. Björn Höcke und der AfD-Chef von Brandenburg, Andreas Kalbitz, sind da vor der Stadthalle aufgetreten. Das ist unfassbar, was die reden, richtig krass. Die reden von Messereinwanderung, von Remigration, die sind einfach gegen Menschenrechte. Asyl ist ein Menschenrecht. Und jetzt hat die AfD 15 Direktmandate gewonnen, das macht mir richtig Angst. Einmal, weil die auch von vielen jungen Leuten gewählt worden sind. Und weil die AfD ihre Strukturen im Land jetzt immer weiter ausbauen wird.“...“ – aus dem Beitrag „“Wir müssen hier weg““ von Jan Heidtmann und Ulrike Nimz am 13. September 2019 in der Süddeutschen Zeitung online,externer Link worin mehrere aktive Flüchtlinge und MigrantInnen zu Wort kommen über die Situation, wie sie sie nach den Landtagswahlen erleben… Siehe dazu auch drei weitere aktuelle Beiträge über den zunehmend gemeinsamen rassistischen Alltag verschiedener politischer Gruppierungen – und Personen:

  • „Die rechten Enkel der Wende“ von Pia Stendera am 13. September 2019 in der taz online externer Link über zeitliche Kontinuitäten über Generationsgrenzen hinweg unter anderem: „… Demokratieforscher Marcus Spittler beschäftigt sich am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) mit der Bedeutung von populistischen und demokratischen Einstellungen für die Wahlentscheidung. Sein Fokus liegt auf jungen Erwachsenen. Spittler untermalt seine Aussagen stets mit Daten aus Regressionstabellen, erklärt Korrelationen, malt Graphen mit seinen Armen nach. „Wir wissen schon lange, dass rechtspopulistische Parteien in dünner besiedelten Regionen deutlich stärker gewählt werden, und das färbt auf die Jüngeren natürlich genauso ab“, sagt Spittler. Der Stadt-Land-Effekt, der sich auch in Philipps Ausführungen zeigt, sei viel stärker als die Ost-West-Unterschiede. Die Differenz zwischen unter und über 25-Jährigen erklärt er anhand der Wahlmotive. Die Älteren seien „die Selektion von Leuten, die dageblieben sind, gerade auf dem Land“, sagt Spittler. „Es ist ja nicht Zufall, wer geht und wer dort bleibt.“ Die Ängste um die Region seien bei ihnen die gleichen wie bei den Alten. Für die U25 sei die Wahl jedoch noch mehr ein Ausdruck von Identitätsbildung, eine Entscheidung darüber, welche Art von Leben sie führen wollen. Antworten finden sie nicht bei den klassischen Parteien. Das ergibt polarisierte Ergebnisse: „Wir sehen bei den Jungen, dass sie das Parteiensystem neu strukturieren: Entweder du bist AfD oder du bist grün“, sagt Spittler. Zudem sei die Orientierung an den Eltern nicht bestreitbar. Allgemein lasse sich laut Spittler über die Entscheidung für die AfD sagen: Das Argument der Demokratieunzufriedenheit ist nicht zentral. Und auch die häufig angeführte persönliche Betroffenheit spiele tatsächlich viel weniger eine Rolle, als vermutet wird. „Der stärkste Faktor für die Wahl einer rechtspopulistischen Partei ist immer die Übereinstimmung mit den Inhalten dieser Partei und nicht die Protestwahl“, so Spittler…“
  • „Geschäftsführer der hessischen Filmförderung trifft sich mit AfD-Chef Jörg Meuthen“ von Hanning Voigts am 13. September 2019 in der FR online externer Link darüber, wer sich so alles mit wem trifft: „… Dass das Foto, Mitte Juli auf dem Instagram-Account des AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen veröffentlicht, in Hessen derzeit für einiges Kopfschütteln sorgt, liegt an den beiden Männern, die neben Meuthen darauf zu sehen sind. Es sind der bekannte Frankfurter PR-Berater Moritz Hunzinger und Hans Joachim Mendig, Fernsehproduzent und seit 2015 Geschäftsführer der Hessen Film und Medien GmbH – der hessischen Filmförderung. Jörg Meuthen, seit 2015 einer von zwei Bundessprechern der in Teilen rechtsextremen AfD, wird oft als gemäßigter Vertreter seiner Partei wahrgenommen. Doch auch Meuthen ist schon durch radikale Aussagen aufgefallen. 2017 klagte er etwa bei einem AfD-Bundesparteitag, er treffe in seiner Heimatstadt „nur noch vereinzelt Deutsche“. Deutschland sei aber „unser Land“, und: „Wir müssen es zurückerobern“. Dass PR-Mann Moritz Hunzinger, der auch als Honorarprofessor an einer ukrainischen Universität tätig ist, mit derartigen Aussagen eher wenig Probleme hat, liegt zumindest nahe. Erst kürzlich hatte er für Wirbel gesorgt, weil er auf Facebook unter den Eintrag eines CDU-Bundestagsabgeordneten geschrieben hatte: „Mit Kohl gäbe es diese scheußliche Masseneinwanderung von Wilden hierzulande nicht.“ Die im Anschluss folgenden Rassismus-Vorwürfe wies Hunzinger zurück, er stehe „wie eine Eins“ zu Deutschland und sei eben ein Gegner einer „unkontrollierten Einwanderung“.  Bleibt die Frage, was Hans Joachim Mendig, für die Förderung hessischer Filmschaffender und ein Budget von 11,5 Millionen Euro pro Jahr zuständig, mit Meuthen und Hunzinger zu besprechen hatte. Trotz mehrfacher Nachfrage der Frankfurter Rundschau war Mendig allerdings für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Das hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das für die Hessen Film und Medien GmbH zuständig ist, teilte der FR mit, man habe nach Bekanntwerden des Fotos umgehend bei Mendig nachgefragt, wie dieses entstanden sei. Nach Mendigs Angaben habe es sich um eine private Gelegenheit gehandelt, „die nicht in Bezug zur Hessen Film und Medien GmbH stand“. Man nehme diese Aussage „ebenso zur Kenntnis wie die Verwunderung über dieses Treffen in der hessischen Filmszene, die für Vielfalt, Akzeptanz und Weltoffenheit steht“, so das Ministerium. Ministerin Angela Dorn (Grüne) teile diese Verwunderung...“
  • „Frankfurt: Rassismus-Vorwurf gegen Amt“ von Florian Leclerc am 14. September 2019 ebenfalls in der FR online externer Link zu alltäglichen rechten Gemeinsamkeiten: „… Ein Absatz aus einem vertraulichen Bericht des Revisionsamtes ließ die Stadtverordneten am Donnerstag im Kulturausschuss baff zurück. In der Debatte über das Kinder- und Jugendtheater im Zoo-Gesellschaftshaus, für das die Stadtverordneten mehrheitlich eine Konzepterstellung beschlossen, deckte Mathias Mund (BFF) zunächst auf, dass die AfD-Fraktion aus dem vertraulichen Bericht zitiert hatte. „Aufgrund des Konzeptes und der Zielgruppe von Kindern aus Migrantenfamilien sind keine kostendeckenden Einnahmen zu erwarten“, heißt es in dem AfD-Antrag über das Kinder- und Jugendtheater. Michael Müller (Linke) wies dies schon im Ausschuss als „xenophobes Ressentiment“ zurück. Denselben Zungenschlag hörten Stadtverordnete aber auch aus einem Bericht des Revisionsamtes heraus, auf den sich die AfD bezieht und welcher der Frankfurter Rundschau vorliegt. Darin heißt es: „Angesichts der im Betreiberkonzept beschriebenen Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, deren Eltern aus fremden Kulturen stammen, werden aus den Eintrittsgeldern keine kostendeckenden Einnahmen zu erwarten sein“. Unterzeichnet von Amtsleiter Hans-Dieter Wieden. Das Revisionsamt fällt in die Zuständigkeit von Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). Der Amtsleiter wird vom Stadtparlament gewählt. „Es ist schlimm, dass sich das Revisionsamt öfter politisch äußert und zum Beispiel den Kulturpolitikern vorschreiben möchte, wie Kulturpolitik geht, aber wenn sich das Revisionsamt in einem Bericht rassistisch äußert, ist das ein Skandal, der Konsequenzen haben muss“, sagte der Stadtverordnete Nico Wehnemann (Die Fraktion). „Ich fordere den Amtsleiter auf, klarzustellen, wie er genau darauf kommt, dass Kinder mit Migrationshintergrund weniger Geld haben als Kinder biodeutscher Eltern“...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154463
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