Fast zu Tode geprügelt. Sachsen-Anhalt: Nach brutalem Neonaziüberfall in Bernburg demonstrieren Antifaschisten Solidarität

Nazis morden und die Gesellschaft sieht zu«, skandierten sie. Bis zu 100 Antifaschisten haben am Freitag und Sonntag in Bernburg »Solidarität mit Abdul« bekundet. Der 34jährige Abdul R. ist das jüngste Opfer neofaschistischer Gewalt in Sachsen-Anhalt. Er liegt lebensgefährlich verletzt auf der Intensivstation der Uniklinik Halle (Saale) im künstlichen Koma. Vor gut einer Woche wurde der aus der Türkei stammende Imbißbetreiber von neun Neonazis vor seinem Geschäft im Bahnhof der 35000-Einwohner-Stadt überfallen und brutal zusammengeschlagen…“ Artikel von Susan Bonath in junge Welt vom 30.09.2013 externer Link

  • Urteile gegen Neonazis in Magdeburg: Eine „menschenverachtende Tat“
    Im September 2013 wurde in Bernburg ein türkischer Imbissbesitzer fast tot geschlagen. Vier Täter müssen nun in den Knast. Rassisten sind sie laut Urteil nicht. Artikel von Konrad Litschko in der taz online vom 02.05.2014 externer Link
    Aus dem Text: „… Der Fall Bernburg zeige, sagte damals Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Deutschland, „die potenziell tödliche Dimension rassistischer Gewalt, mit der wir es Tag für Tag zu tun haben, auch nach dem NSU“. Es sei wichtig, dieses Motiv vor Gericht „angemessen zu würdigen“. Hier aber zeigt der Fall Bernburg ein zweites: Wie schwer sich Teile der Justiz weiter damit tun, mit rechter Gewalt umzugehen. Die Staatsanwaltschaft wertete den Angriff in ihrer Anklage als versuchten Totschlag, nicht als versuchten Mord. Für Letzteres fehle das nötige, niedere Tatmotiv: Rassismus etwa. (…) Dass auf der Anklagebank Neonazis sitzen, steht auch für das Gericht außer Frage. Ein Angeklagter spaziert mit Thor Steinar-Mütze in den Saal. Einige der Männer sind frühere Kameradschaftsmitglieder, ihre Tattoos zeigen Runen, Wehrmachtssoldaten sowie ein Hakenkreuz. Einer, Francesco L., erregte schon einmal größere Aufmerksamkeit. 2006 malträtierte er in Pömmelte (Sachsen-Anhalt) mit zwei Freunden stundenlang einen 12-jährigen Deutschäthiopier wegen dessen Hautfarbe. (…) Auch die Staatsanwältinnen fordern am Ende hohe Haftstrafen: bis zu neun Jahre und zwei Monate. Sie aber bleiben dabei: Es war versuchter Totschlag. Dem folgt auch Richter Sternburg. Dass auf der Anklagebank Neonazis sitzen sei „relativ eindeutig“. Deren Tat aber sei spontan gewesen. Auch sei nicht auszuschließen, dass Abdurrahman E. nach einer ersten Beleidigung tatsächlich mit einem Gegenstand gedroht habe. „Ausländerhass“ sei daher „nicht das tragende Motiv gewesen“. Sternburg verurteilt vier Angeklagte zu Haftstrafen zwischen fünf Jahren und acht Jahren und zwei Monate. Die restlichen fünf Männer kommen frei: Ihnen seien konkrete Tritte und Schläge nicht zweifelsfrei nachzuweisen…“ Siehe dazu:

    • Magdeburger Urteil schockiert die Opfer. Nur vier von neun Angreifern für Überfall auf Bernburger Imbissbetreiber bestraft
      Für den fast tödlichen Angriff auf einen Imbissbetreiber in Bernburg wurden vier Nazis zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, fünf weitere aber freigesprochen. Die Opfer reagierten entsetzt…“ Kommentar von Hendrik Lasch, Magdeburg, im ND online vom 03.05.2014 externer Link
  • Gesinnung dokumentiert
    „Der Prozeß gegen neun Männer vor dem Landgericht Magdeburg neigt sich dem Ende zu. Sie hatten am 21. September 2013 in Bernburg (Sachsen-Anhalt) einen Imbißbetreiber türkischer Herkunft brutal überfallen und lebensgefährlich verletzt…“ Artikel von Susan Bonath in der jungen Welt vom 15.04.2014 externer Link Aus dem Text:  “… Zudem stehe jetzt fest, daß die Täter allein provoziert hätten. Der Imbißbetreiber habe beim Schließen der Ladenfenster auf dem Bahnsteig lediglich freundlich gefragt, wie es gehe, zitierte Nedelmann aus dem Protokoll. Als Antwort habe einer gebrüllt: »Verschwinde, dreckiger Ausländer, Kanakenstück!«. Als seine Freundin dann als »Ausländerschlampe« beschimpft wurde, habe E. versucht, zu deeskalieren. Doch seine Worte, »so spricht man nicht mit einer Frau, macht doch mal Multikulti«, wurden dem Mann zum Verhängnis. Flaschen seien geflogen, die ganze Gruppe habe sich auf E. gestürzt. »Nur dank der schnellen medizinischen Notversorgung überlebte der Geschädigte«, steht für die Anwältin fest. Die neofaschistische Gesinnung der Angeklagten, die in einer Neonazi-»Kameradschaft« in Schönebeck (Elbe) verortet werden, zeigt sich laut Nedelmann in offenen Bekenntnissen und einschlägigen Vorstrafen, darunter Volksverhetzung und schwere Körperverletzung…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=45213
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